Was ist neu

Kidurf

Mitglied
Beitritt
10.06.2009
Beiträge
4

Kidurf

KIDURF

Kidurf verließ das Haus bebend. Schon wieder hatte der Telefonterror diese Nacht begonnen. Er wollte in ein anderes Land auswandern, in ein Land ohne Telefone. Er durchtrennte alle Leitungen und Kabel, die ihm in den Weg kamen. Plötzlich stand er in einer Wüste, total trocken um ihn. Keine Menschen. Wie angenehm dies sein könnte, dachte er. Aber bedrückend war es auch.

Die menschliche Stille, die Menschenstille belebte und tötete gleichzeitig. Wohin er sich wandte, er fand nur sich. Wohin sich wenden, wenn sonst niemand da ist? Kidurf kam es vor, wie in einem glänzenden Alabasterpalast. Alles sah gleich aus, seine Augen tränten, das grelle weiße Licht blendete ihn. Das Licht war stechend heiß, der Alabaster schien kalt und personlos. Kidurf hatte das Gefühl, zu ertrinken; er schnappte immer häufiger nach Luft, immer schneller, immer schneller. Je schneller er atmete, desto mehr dachte er, ersticken zu müssen. Die Menschenleere war Vakuum. Vor seinen Augen wurde es schwarz, Sterne blitzten in immer kürzeren Zeitabständen auf.

Als er sich wiederfand, kroch Kidurf auf dem Trottoir der belebten Einkaufsstraße. Eigenartig, obwohl er sich in einem höchst ungewöhnlichen Zustand befand, schien ihn niemand zu beachten. Die Menschen um ihn führten ihr Leben fort, als wäre er einer von ihnen. Kidurf versuchte sich aufzurichten, um auf die Beine zu kommen. Doch sein Rücken versagte. Nur langsam lösten sich seine Hände vom staubigen Pflaster, sein Körper kam nur mit größter Kraftanstrengung in die dem Menschen eigentümliche Haltung. Gerade als Kidurf bei seiner Haustüre anlangte, stand er wieder vollkommen aufrecht.

Er trat durch das große Tor in den kühlen Gang des alten Hauses. Die Gemäuer rochen feucht. Kidurf schleppte sich zum Mezzanin, in den ersten Stock zu seiner Wohnungstüre. Kidurf hatte vorher alle drei Schlösser versperrt. Das tat er nur selten. Immer dann, wenn er fliehen wollte.

Er sperrte mühsam und verärgert die drei Schlösser auf und ging in seine Wohnung. Sein erster Weg führte Kidurf zum Telefon. Er nahm den Hörer und rief sich selber an. Der Telefonterror begann von neuem.

 

Hej Gedun,

ich habe Deine Geschichte gelesen, weil der Titel interessant klang. Die Person mit dem seltsamen Namen "Kidurf" ist mir aber fremd geblieben, insofern verspricht der Titel mehr als die Geschichte bietet (Kidurf rückwärts gelesen klingt übrigens sehr IKEA-mäßig, Frudik, bestimmt gibt es eine Lampe oder einen Klapptisch, der so heisst).

Schon wieder hatte der Telefonterror diese Nacht begonnen.
Den Satz würde ich umstellen, so klingt er irgendwie wurstelig. Wie wäre z.B.: Schon in der Nacht hatte der Telefonterror begonnen.

, total trocken um ihn.
hier fehlt mir ein "es war". "Total" trocken klingt für mich eher nach Umgangssprache.

Die menschliche Stille, die Menschenstille
Ich vermute, ich weiß, was Du meinst, aber ich finde es zu unklar dargestellt. Es klingt, als wäre es ein allgemein menschliches Phänomen.
Ein Mensch kann Stille in sich finden, ein eher positiver Vorgang, aber selber niemals gänzlich still sein, es sei denn, er lebt nicht mehr.

Kidurf kam es vor,
Worauf bezieht sich dieses "es"? Vielleicht eher: Kidurf kam es vor, als befände er sich in einem glänzenden Alabasterpalast. Oder: Kidurf kam sich vor, wie in einem glänzenden Alabasterpalast.

der Alabaster schien kalt und personlos.
Hierüber musste ich lächeln. Ich würde auch gerne mal einem personellen Alabaster begegnen :)

Die Menschenleere war Vakuum.
Wieder so ein Satz, von dem ich nicht weiß, was er mir sagen will: Menschenleer stimmt schon mal nicht. Vakuum auch nicht. Kidurf ist ja da, auch wenn er sich gerade nicht oder nur als im Schwinden begriffen wahrnimmt.

obwohl er sich in einem höchst ungewöhnlichen Zustand befand
In welchem? Hyperventiliert er noch? Sieht er jetzt anders aus? Beschreib das doch.

um auf die Beine zu kommen. Doch sein Rücken versagte.
Beschreib das genauer. Zum Aufstehen benutzt man zuerst - wie Du schreibst - Beine. Und Arme. Dann käme der Rücken und die Darstellung, was nicht funktioniert.

Ich interpretiere die Geschichte als Beschreibung einer Art Angststörung (nachdem ich nachgelesen habe, womit sich Geronto-Psychiatrie beschäftigt versuche ich es auch noch mit Schizophrenie, Depression oder Demenz, aber das schnelle Atmen wirkt auf mich eher ängstlich als alles andere). Ein Mensch, der den eigenen Gedanken ausgeliefert ist, sich in eine Angst hinein flieht, die ihm ein kurzes Entkommen möglich macht, von außen schwer zu erkennen ist und von neuem beginnt, sobald er wieder bei sich selber angekommen ist.

Ob das jetzt die richtige Lesart ist oder nicht, ich finde, die Geschichte ist ausbaufähig.

Viele Grüße
Ane

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom