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Kind sein
„Manchmal bereue ich diesen Wunsch. Ich meine, man macht viel im Leben falsch, aber ich wollte sie damals einfach nicht mehr! Ich habe sie mir noch nicht mal rauben lassen. Nein! Ich habe sie einfach weggegeben und dann ist sie verschwunden.“
Er sitzt zuhause und denkt nach. Er steht auf, schaut aus dem Fenster und betrachtet die kleinen Kinder auf der Straße. Aufgeschürfte Knie, aber immer noch ein Lachen im Gesicht.
„Ich war nicht so wie sie da draußen. Ich wollte groß sein, und ich will immer noch groß sein. Mit 10 fing es an: Ich will erwachsen sein! Ich will! Ich will! Ich will!
Was daran so komisch ist? Eigentlich wenig, es träumt doch jeder Junge davon möglichst groß zu sein.“
Die Klingel dröhnt in seinen Ohren und reist ihn aus den Gedanken. Er geht an die Tür schaut sich um, sieht niemanden. Ein kleines Mädchen rennt gerade um die Hausecke, wo wahrscheinlich die ganze Meute versammelt ist.
„War ich auch so? Na ja, ich wünschte mir groß zu sein. Ich wünschte mir erwachsen zu sein; endlich mal etwas, wo andere zu mir aufschauen können. Und mir hat man den Wunsch erfüllt.
Ich bekam die gleichen Privilegien wie meine großen Geschwister und bekam die gleiche Verantwortung - nur ein paar Jahre früher.
Doch wie kann man mit so viel Verantwortung und Vorzügen, noch Kind sein. Ich redete anders! Ich war arrogant! Oder nein nicht arrogant ich wollte nicht auf ihrem Niveau sein!“
Er geht zurück an den Schreibtisch mit viel Arbeit, die noch auf ihn wartet, doch vor der er Angst hat. Was wenn sie ihn wirklich überfordert?
„Nun ich muss es zugeben, ich wurde wirklich arrogant! Aber auch einsam!
Ich war überfordert - nur hab ich es nicht gemerkt. Ich hatte Angst die Maske zu verlieren und das war das Einzige was ich noch hatte, an das es sich zu Klammern lohnte. Die Maske. Nun die Maske trage ich immer noch, doch habe ich neue Wünsche. Ich will wieder mal Kind sein. Ich will mal wieder Kind sein dürfen. Will die Welt durch den bunten Blick eines Kindes sehen können, will noch staunen können. Ich will! Ich will! Ich will!“
Er hält kurz inne „Was wenn ich jetzt raus gehe, zu den Kindern und mitspiele?“
Er nimmt die Fernbedienung, schaltet den Fernseher ein und lenkt sich ab.