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Kreis der Vergangenheit
Kreis der Vergangenheit
Für immer und ewig.
Ich ließ meine Hand sinken.
Für immer und ewig. War das möglich? Eine innere Stimme sagte mir, dass sei es nicht, und ich wusste, sie hatte Recht. Dafür hatten mir einfach schon zu viele Männer ihre Liebe versprochen. Aber dieser ist anders, sagte die Stimme wieder, doch ich wusste, dass sie diesmal log.
Alle Männer waren gleich.
Irgendwo, irgendwie waren sie alle gleich. In ihrem Innersten, in ihrem Denken, in ihrem Sein.
“Nathalie?”
“Gib mir Zeit.”
Ich blickte in seinen dunklen Augen, sah seine Enttäuschung. Was dachte er denn? Dachte er, ich wüsste nicht, was in Wirklichkeit in ihm vorging?
“Nathalie, ich hab dir doch Zeit gegeben. Sind fünf Monate nicht genug Zeit?”
Ein höhnisches Lachen wallte in meiner Kehle, doch ich schluckte es hinunter, versuchte an etwas anderes zu denken, als an die schrecklichen Bilder, die ich seit diesen einen Tag nicht mehr aus meinem Kopf bekam. Der schwarze Schatten in der Küche. Das Geräusch im Bad. Die Hand, die mir von hinten ins Gesicht greift, meinen Schrei unterdrückt, mich aufs Bett zieht. Die Gestalten, die in meinen Schränken kramen, alles herausreißen, mein Leben auseinander nehmen,.. zu geflüsterte Bemerkungen, "Sollen wir?", und das geflüsterte "Ja", das Tag für Tag in meinem Kopf klingelt... und dann, dann
Ein Echo setzte sich in meinem Kopf fest, verbat mir jeden anderen Gedanken, zwang mich zu Boden zu schauen.
Wie sollen fünf Monate reichen?, fragte es mich, du weißt doch noch nicht einmal, ob dein ganzes Leben reicht!
“Ich brauche noch ein wenig”, presste ich mühsam hervor. Mein Ton war kalt, abweisend.
“Ich weiß nicht, ob ich sie dir geben kann”, seine Worte rissen mich aus meiner Abwesenheit. Wollte ich denn, dass er sie mir gab?
“Bitte ... Tomas ... ich bin noch nicht so weit.”
Ein mitleidiger Blick erreichte mich, ich wusste, dass Tomas ahnte, dass ich nie so weit sein würde.
“Nathalie ... “, er wandte sich kurz von mir ab, suchte nach den Worten, die seine Blicke ausdrückten.
“Willst du denn überhaupt so weit sein?”
Wieder erschien das Bild meines höhnisches Lachen vor meinen Augen, doch wieder konnte ich es überwinden, es von mir weisen, zehn Minuten länger Tomas’ Nathalie spielen.
“Natürlich will ich... Aber es ist nicht einfach”, sagte ich nach einer Weile.
Er lächelte verlegen.
“Nichts ist einfach.”
“Doch”, sagte ich so leise, dass er es kaum hören konnte. Weglaufen, höhnten meine Gedanken, tu doch das, was du in den letzten fünf Monaten auch getan hast...
“Was?”, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. “Nichts, es ist nichts, ich habe nur laut gedacht.”
Verunsichert schaute er mich an, seine dunklen Augen flehten um Mitleid.
“Nathalie... Was erwartest du von mir?”
Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste doch selbst nicht, was ich eigentlich wollte.
“Der ... Der Überfall ist jetzt fast ein halbes Jahr her. Was soll ich denn tun?”
Ich zuckte mit den Schultern. Überfall! Schrie es in mir innerlich, Überfall! So nannte er es also, einen Überfall! Ich begann zu zittern, nur mühsam brachte ich mich wieder unter Kontrolle, Tomas hatte nichts bemerkt.
“Gib mir Zeit”, sagte ich nur und stand auf, entfernte mich von dem Mann, der sein ganzes Leben mit mir teilen wollte.