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Kriminelle Energie

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09.04.2008
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Kriminelle Energie

Ich habe mich heute wieder einmal aufgemacht, ohne Ziel, nur so darauf los, umherzuwandern in meinem Kiez. Ich brauche es manchmal, mir einfach nur die Beine zu vertreten, mich zu bewegen und dabei vielleicht sogar kleine Entdeckungen zu machen. Es ist schon spät im Jahr, die Sonne bringt fast gar keine Wärme mehr und jetzt ist sie schon verschwunden. Der Himmel ist jedoch noch nicht ganz schwarz, er hat noch einen dunkelgrünen Schimmer. Von den Sternen kann ich nichts sehen, obwohl die Witterung klar ist. Das liegt einfach an der Beleuchtung der Straßen, meine Augen sind geblendet von dem Licht der Gasstrümpfe. Ich gehe auf die Kreuzung zu, ich will unbedingt diese Grünphase der Ampel noch erreichen. Die letzten zehn Meter renne ich. Zwei Schritte vor der Fahrbahn schaltet das Signal auf Rot. Ich ärgere mich, obwohl ich eigentlich Zeit habe.
Direkt neben mir befindet sich ein Laternenmast und schnell vergesse ich meinen Ärger. Gebannt lese ich: „Tausendfünfhundert Euro Belohnung! Keine Fragen, keine Anzeige.“ Natürlich will ich wissen, was ich für dieses Geld beschaffen soll, doch das ist kleingeschrieben. Ich krame meine Brille aus der Tasche, inzwischen ist schon wieder grün, aber das ist jetzt egal. Was ist einem Menschen so viel Geld wert, so viel Geld und auch die Arbeit, die mit diesem Aushang verbunden ist? Ich lese: MX-901-PAD – Was soll das denn sein? – aha, da steht, das sei ein Notebook! Wie kann denn nur ein Notebook verloren gehen? Darauf passt man doch auf! Da bietet der Besitzer dem Dieb Straffreiheit und noch dazu ein gehöriges Sümmchen Geld. Was ist denn nur so wichtig an diesem Notebook? Ich lese weiter, dass sich darauf unersetzbare Daten befänden.
Ich wende mich wieder der Ampel zu. Es ist grün und ich gehe weiter. Das Notebook betrifft mich nicht, ich bin unschuldig. Trotzdem lässt mich das nicht los. Kann ich nicht doch irgendwie an dieses Geld kommen? Und wie stelle ich das an?
Ganz automatisch tragen mich meine Füße auf meinem Lieblingsweg durch mein Viertel, doch nehme ich heute niemanden wahr, die Szenekneipen, die mich sonst locken, haben heute überhaupt keinen Reiz für mich.
Sollte ich bei Online-Elektronik-Shops recherchieren, zu welchem Preis dieses Modell mit diesem merkwürdigen Namen angeboten wird? Wenn es preiswerter zu haben ist, als diese eintausendfünfhundert Euro, wesentlich preiswerter, dann… ja, dann hätte ich eine Chance! Aber es gibt einen großen Haken: Die unersetzbaren Daten. Welcher Art sind sie? Selbst wenn ich das wüsste, würde ich nicht die genauen Details kennen, und die wären wichtig.
Also brauche ich eine andere Strategie.
Ein anonymer Anruf!
In der Art von: ‚Ich habe Ihr Notebook! Gegen Vorkasse, sie überweisen mir das Geld und ich schicke es Ihnen per UPS oder hinterlege es in einem Schließfach!’ Würde derjenige sich darauf einlassen? Aber anhand der Bankverbindung würde er mich schließlich doch über die Polizei finden können.
Ein ganz anderer Aspekt kommt mir plötzlich noch in den Sinn: Was, wenn der eigentliche Dieb das Notebook gerade wegen der unersetzbaren Daten gestohlen hat? Mein Hirn arbeitet fieberhaft, aber eine akzeptable Lösung kann ich einfach nicht finden… Ich merke, wie mich meine kriminelle Energie langsam wieder verlässt. Sich so etwas auszudenken, macht schon Spaß. Aber will ich wirklich Betrügerin sein?
Ein paar hundert Euro mehr wären schon nicht schlecht! Aber ich komme auch ohne zurecht. Dann muss ich eben billig einkaufen. Mein Freund sagt immer dazu: „Billigangebote sind Dinge (z.B. Äpfel), die du, wenn du nach der Uhrzeit fragst, an den Kopf geworfen bekommst!“ Als ich das zum ersten Mal hörte, schüttete ich mich aus vor Lachen. Aber wenigstens stimmt es. Doch ist es nur ein kleiner Trost. Geld kann man ja bekanntlich nie genug haben.
Nun führt mich mein Weg wieder zurück. Schon von weitem sehe ich die Laterne. Im Vorbeigehen reiße ich spontan mit einem kräftigen Ruck diesen Zettel ab und in Stücke. Niemand soll davon profitieren, weder der Dieb noch der Besitzer. Und niemand sonst außer mir soll auf meine Idee kommen! Ich gönne es ihm einfach nicht.

 

Hey Jeanne, du Zettelabreißerin!

Tja also wie gesagt, ich habe den Zettel auch gelesen. Aber da hätte man doch mehr draus machen können. So wirkt das Ganze noch unausgegoren.

Waaaa? Es gibt diesen Zettel wirklich? Ich muss dahin! Sagt mir, wo das ist, ich hab da so eine Idee. :D

Also, Jeanne, da geht mehr, das hat rueganerin auch gesagt, und da teile ich ihre Meinung. Die Idee und die kriminelle Energie finde ich wirklich gut, entweder machst du etwas Komisches daraus oder etwas Tragisches, ich könnte mir gut vorstellen, dass beide funktionieren würden, aber ich bevorzuge den lustigen Weg.
Jedenfalls etwas Unterhaltsames, das hier ist, na ja, nicht viel. Das könnte auch so in einem Blog stehen, und ich sehe da nix Künstlerisches, ich möchte Kunst lesen, Kunst!
Schau dir "Burn after Reading" an, vielleicht inspirierts dich aus der Idee etwas Ordentliches zu machen.

JoBlack

 

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