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Kunstgriff
Er sitzt in seinem Zimmer. Alles ist dunkel, fast schwarz. Nur eine Kerze brennt schwach auf seinem Tisch, hinter ihm ein Schemen, alles, was ihm einmal vertraut gewesen war. Draußen regnet es. Er hört die Tropfen, wie sie auf das Blätterdach prasseln und den Boden leicht vibrieren lassen. Ein sanftes Trommeln, nicht wie sein schreiendes Herz, gleichklingend, anders als sein ruheloser Geist. Es ist spät, doch er hat nicht die Kraft, dem Tag zu begegnen. Trotz seiner Bemühungen, Kraft aus tröstenden Gedanken zu schöpfen, greifen die Krallen des Ungeheuers in ihm nach seinem Halt, immer gleichgültiger, immer einsamer fühlt er sich. Er verharrt regungslos auf seinem Stuhl und betrachtet die Kerze. Sie flackert. Eine Träne rollt über sein Gesicht. Ein Echo holt ihn ein. Lachen. Spott. Bilder verschwimmen vor seinen Augen. Hitze. Langsam dreht er sich zu dem Gespenst um.
„Ich habe Angst“, sagt er. Viel Kraft kostete ihn dieses Geständnis an sich selbst.
„Ich weiß“, erwidert der Geist.
*
Ochenta Ebel, Mutter eines dreißigjähigen Gnomes, Ehegnomin eines alterlosen Forschers, Bewohnerin eines mit hoher Sicherheit sehr alten (von Zeit zu Zeit von großen mehr oder weniger behaarten Wesen als Klo missbrauchten) Baumes im Hedi Park und gerade in diesem Moment stinkwütend, klopfte noch einmal energisch an die Tür. Unerbittlich kämpfte sie für die Aufrechterhaltung des gesunden Menschenverstandes in ihrem Haus.
„Komm schon, Septimus, mach die Tür auf“, seuselte die Mutter.
„Ich kann nicht!“ , antwortete der Sohn energisch.
„Ich kann verstehen, wenn du Angst hast. Aber heute ist doch dein erster Tag“, erwiderte Ochenta immer noch freundlich. Hiernach kassier ich ihm den Zimmerschlüssel ein für alle mal ein.
„DANKE“, die Stimme des Gnomes wurde schriller, „Dass du mich daran erinnerst!“
„Septimus, jetzt schließ die Tür auf. Alle werden dich wunderbar finden und ein paar Leute bei der Wache sollen wirklich...ähm....entgegenkommend sein.“
„Nein!“
Langsam, sehr langsam, riss Ochentas Geduldsfaden. Einen Moment meinte sie, das Knirschen und Reißen der einzelnen Stränge physisch hören zu können. Als sie genauer lauschte, stellte sie fest, dass es sich doch nicht um ein Geräusch innerhalb ihres Körpers handelte, es war ein dumpfes Gemurmel auf der anderen Seite der Holztür.
„Mit wem redest du?“, ihre Stimme wurde strenger.
„Mit Lunk!“ Septimus wieder.
„Lunk, verlass sofort mein Haus!“ Ochenta.
„Er hört nicht auf dich.“
„Natürlich hört er nicht auf mich, er is ja auch tot! Jetzt mach die Tür auf! Es reicht. Wenn du jetzt nicht SOFORT aufmachst, bin ich RICHTIG sauer auf dich, Septimus!“
Zu dieser Drohung muss eine Nebeninformation gegeben werden. Während seines Lebens kristallisierten sich für Septimus drei Spezies heraus, die seiner aufrichtigen Zuneigung wert waren. Erstens Pflanzen, zweitens Frösche und drittens seine Mutter. Niemand hat den Anspruch, diese Einteilung nachvollziehen zu können. Zumindest niemand, der diesen Text liest, da er vermutlich nicht zu den genannten drei Gruppen gehören wird. Es wird Septimus´ Geheimnis bleiben, wie so viele wirre Aussagen von ihm, die von Zeit zu Zeit an die Oberfläche kommen.
Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass Ochenta kurz nach ihrer donnernden Androhung das Geräusch eines aufschnappenden Türschlosses vernahm. Die Tür schwang auf und ihr Sohn stand reumütig vor ihr. Sein Gesicht sah noch etwas zerknautscher aus als sonst, auf seiner Pläte und in seinem dichten braunen Bart waren kleine Schweißperlen zu sehen, sein schwerer Atem bewegte die hagere Brust unter seinem Flickenmantel auf und abwärts.
„Du wirst das schaffen“, ermutigte sie ihn noch einmal. „Und jetzt pack deine Sachen.“
*
Der Gnom verließ die Baumbehausung (es war kein einziger Nagel in der Konstruktion zu finden, der dem Baum hätte schaden können) und schritt schnellen Fußes in Richtung des Sees. Auch wenn er sonst nicht allzu viel von seiner Umgebung mitbekam, wusste Septimus doch, dass er ein Außenseiter war. Er war anders als die anderen. Unnormal. Seltsam. Verrückt. Durchegeknallt. Sie hatten viele Beschreibungen für ihn.
Die Menschen konnten ihn einfach nicht leiden. Und er? Nun, er hatte versucht sie zu mögen, war aber gescheitert. Als er jünger war, hatte er eine Weile die Theorie, diese Leute in Ergia würden tatsächlich eine andere Sprachen sprechen als er. Sie verstanden einfach nicht, was er ihnen mitteilen wollte. Letztendlich kam er zu dem Schluss, dass der Großteil der Einwohner schlichtweg begriffstutzig war. Am liebsten wäre es ihm, wenn sie ihn alle in Ruhe ließen.
Seit dem heroischen Tod seines besten und einzigen Freundes Lunk hatte Septimus nur noch selten das heimische Baumloch verlassen. Rar wurden die Patrollien im Hedi Park und an den Ufern des Ergs. Zu zweit war es einfach besser, verantwortungslose Umweltverschmutzer nieder zu machen. Nach zwei Jahren Trauer, einer Menge Gespräche mit den Eltern und einem drohenden Rückfall in sein teilweise explosiv aggressives Verhalten, hatte er den Beschluss gefasst, einen Neuanfang, eine Ausbildung bei der Stadtwache, zu wagen. Vielleicht konnte er dort seine Ziele verwirklichen. Das feste soziale Gefüge, die Regeln, das Eintreten für die Gerechtigkeit und für DIE Sache würden ihm gut tun, so dachte jedenfalls seine Mutter.
Septimus konnte bereits das fröhlich monotone Quaken der Frösche am See vernehmen. Hier fühlte er sich wohl. Verbunden mit der Natur, friedvoll, unkompliziert, wunderschön bis ins das kleinste Detail, alles um ihn herum, verschmelzen, akzeptieren, schuldlos, sicher. Er verbrachte viel Zeit im Hedi Park, kam her, um zu denken, um akzeptiert zu werden. Hier gab es keine argwöhnischen Lästermäuler, hier gab es keine Arroganz oder selbst auferlegte Blindheit. Hier konnte er ungestört denken, die Frösche hören, die Lichter spüren und sich mit Lunks Geist über alte Zeiten unterhalten.
Umso mehr erbosten ihn die störenden Einflüssen und Beeinträchtigungen, wie beispielsweise Umweltverschmutzung und Lärm. Ausgangspunkt seines Widerstandes war die Erhaltung des Lebensumfelds der Tiere, Pflanzen und, wenn er es zugab, auch der Gesundheit der Menschen. Manchmal, so dachte er, muss man sie vor sich selbst schützen. Dies schloss einen höchst aufmerksamen und unnachgiebiegen Schutz der umgebenen Natur in einem gewissen Umfang mit ein. Trotz dieser in ihrer Logik absolut bestechenden Sachlage, waren sich einige Umweltschänder nicht einmal über ihre Taten bewusst oder, was viel schlimmer war, vollzogen sie trotzdem. Es war ihnen schlichtweg gleichgültig. Septimus´ unumstößlichen Ziel, mit dem er mutterseelenallein in der Stadt war, führte daher nicht selten zu hitzigen Konflikten.
Septimus fand den Frosch an dessen Lieblingsort vor, einem feuchtholzigem Schuhschrank, der zur Hälfte im schwarz-braunen Uferschlamm steckte. Die nähere Umgebung war von Abfällen und Müll befreit, nur der rettungslos verpestete Schlick zeugte von Menschen. Jeden Abend verbrachte der Gnom mehrere Stunden damit, das Ufer und den restlichen Park von Dreck und Störenfrieden zu befreien. Außer ein paar Obdachlosen, die sich über das nächtliche Verschwinden ihrer Papierdecken und Pappbehausungen wunderten, fielen Septimus´ Taten niemandem auf.
Mit einem einzigen großen Sprung von der Schuhschrankinsel näherte sich der Frosch und gab ein mittellautes „Quak“ zur Begrüßung von sich. Nach Lunk war er Septimus´ bester Kamerad. Manchmal konnten die Gespräche mit ihm recht eintönig sein, doch der Gnom war schon geübt darin, ein breites Sprektum ihm bekannten Emotionen in die einsilbigen Kommentare seines Begleiters zu interpretieren. Zur Begrüßung streichelte er ihm den glitschigen Kopf. Dann saß er auf und verließ die sichere Zone.
*
Septimus´ Weg zur Krümmelstraße verlief ganz gewöhnlich. Er machte fünf verschiedene Leute zur Schnecke. Er führte mehrere wichtige Debatten mit Lunk und schrie dabei noch etwas lauter. Die verwirrten Blicke der vorbeieilenden Passanten fielen ihm nicht auf. Als er an der Krümmelstraße ankam, war er glänzender Laune. Schon vor Beginn seines Arbeitstages hatte er fünf Täter, die sich der Untat der Straßen-Verschmutzung schuldig gemacht hatten, zur Rechenschaft gezogen. Zufrieden mit seiner Leistung stieg er von dem Frosch und sagte mit bedeutungsvoller Stimme: „Ich weiß nicht, wie lange die mich da drinn behalten. Warte nicht auf mich!“
„Quak“, antwortete der Frosch, blieb aber sitzen.
Septimus atmete noch einmal tief ein, bevor er die Eingangstür des Wachhauses aufdrückte. Er zuckte zurück. Theoretisch kannte er die Mechanik neue Leute kennenzulernen, hielt sich jedoch wegen seiner schlagartig schwach gewordenen Knie kaum auf den Beinen. Er bekam eine Gänsehaut und konnte dem Drang, die Last seiner Eingeweide (ein Frühstück aus Kräuterquark) loszuwerden kaum widerstehen. Im nächsten Moment rannte er die Straße hinab.
*
Um halb neun gab Hatscha al Nasa ihrem Sohn einen Schmatzer auf die Wange, band ihn mit Hilfe eines Tuches auf ihren Rücken und marschierte in Richtung Wachtresen. Gerade erst kam die Eingangstür in Sicht, da wurde sie auch schon aufgestoßen. Viele Zentimeter tiefer als Hatscha es erwartet hatte war ein außergewöhnlich großer Frosch zu sehen, der einen zappelnden Gnom im Maul hatte. Der Frosch machte einen Satz nach vorne und setzte den hechelnden Gnom sanft ab. Dann vermittelte er allen Anwesenden ein deutliches „Quak“ und hüpfte zur Straße hinaus.
Das muss mein Neuer sein, dachte Hatscha mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Aber vor allem mit Neugier. Er wirkte als würde er einen inneren Kampf austragen und seine Beine zwingen ihn weiter zu tragen. Schnell gelang es ihm, seine Körperhaltung umzustellen. Mit einem mal wirkte er aufrecht und freundlich. Wenn auch seine Stimme vor gestelzter Unsicherheit zu splittern und seine Hände zitternd am Dasein der Dinge zu zweifeln schienen. Die Sandalen des Rekruten schlurfen auf dem Boden, die Überbleibsel des Regengussen gaben mit jedem Schritt ein Glucksen von sich, während der Kleine still vor sich hin murmelte.
Am Wachtresen wurde er von einer Gnomin empfangen. Das Auffälligste an ihr waren die wirren Haare und ihre runden Augen. Obwohl sie für ihre Verhältnisse freundlich lächelte, schätzte Septimus sie als potenzielle Gefahr ein. Er wusste, dass wenn er den Mund öffnen und etwas sagen würde, alle Freiheit erstarren würde. Wieder ein Augenblick, in dem du stirbst, dachte er. Ein Gedanke, eine Geste, ein Wort und ihr Urteil über ihn, über alles was er sein sollte, war unumstößlich. Egal. Mach einfach! Er gab ihr eine Chance.
„Guten Tag“, grüsste die Gnomin pflichtgemäß.
„Ebel“, brachte Septimus heraus. „Melde mich zum Dienst.“
„Hallo. Und nun...willkommen in der Wache. Hast du auch einen Vornamen?“
Damit war ihre Chance verspielt. Er reagierte sensibel auf ihren Ton, der zwar freundlich, aber doch mit einer gewissen Unterschwelligkeit ironisch wirkte. Auf die Idee, dass die neulich graduierte Wächterin lediglich todmüde war, kam Septimus schlicht und einfach nicht. Das war nicht die Art und Weise, wie sein Verstand arbeitete.
„Septimus´“, brummte er.
„Und wie heisst dein Ausbilder?“
„Hadschalnas.“ Innerlich freute Septimus sich, dass er den schweren Namen seiner Ausbilderin richtig ausgesprochen hatte. Diese Freude wurde ihm in dem Moment genommen, als die Gnomin antwortete:
„Gesundheit!“
„Nein!“, sagte er verärgert. „Hatscha-al-Nasa.“
Nun wiederum war die Gnomin empört über den wüsten Ton ihres Gegenübers. Sie antwortete schnippisch: „Die findest du - “
„Hier!“, rief Hatscha, trat in den Sichtbereich der beiden Kleinwüchsigen und nieste. „Bereit, dich herzlich in der Wache willkommen zu heißen.“ Kurz wendete sie sich an die Gnomin: „Danke, Mögebier.“ Sie erklärte knapp: „Ich zeige dir, wo du dich umziehen kannst. Ich erwarte dich in fünf Minuten am Eingang. Wir haben etwas außerhalb zu erledigen.“
*
Ohne Schutz vor den haselnußgroßen Regentropfen machten sie sich auf den Weg. Zielstrebig begann Hatscha den Weg in den Tag und Septimus hechtete hinter ihr her. Er war gut zu Fuß. Der lockere Laufschritt, den er einlegen musste, um mit seiner Ausbilderin mithalten zu können, kostete ihn wenig Kraft. Auf dem Weg wies Hatscha ihn in den Fall ein:
„Grund unseres Ausfluges ist die Beschwerde eines Künstlers namens Martin Bunterhund. Er hat wohl das Gefühl bei einem Handel über´s Ohr gehauen worden zu sein. Herr Bunterhund war bis vor zwei Monaten der Angestellte von Oinos Könnix, der sich Künstler nennt und der Besitzer des Kunstgeschäfts „Bunt mit Hund“ ist. Könnix größter Konkurrent ist Pelops Tahler, ein eigenständiger Künstler, dessen Werke beliebt sind. Zwischen Thaler und Könnix entwickelte sich ein Streit, bei dem es darum ging, wer der bessere Künstler sei. Dies sollte sich, so dachten die beiden, an der Anzahl der verkauften Gemälde und dem daraus resultierenden Geld angemessen ermitteln lassen. Herr Bunterhund berichtete von einer öffentlichen Wette zwischen den Rivalen. Es wurde ein Zeitraum von einem Monat vereinbart, in dem jede Partei versuchen sollte, möglichst großen Gewinn durch den Verkauf von Bildern zu machen. Der Sieger sollte das freistehende Gebäude in der Nähe des Palastes bekommen, um das sich Thaler und Könnix schon ewig getritten haben. Es hat eine gute Lage.“
„Und was ist an dieser Wette unrechtlich?“, unterbrach Septimus sie.
„Ich bin noch nicht fertig, Rekrut Ebel“, antwortete sie und schneuzte sich mit einem Stofftaschentuch die Nase. „Während des Wettstreites trat Tahler an Herrn Bunterhund heran und bot ihm eine Beiteiligung an dem Wettgewinn an, falls dieser von nun an für ihn arbeiten würde. Herr Bunterhund nahm dieses Angebot an und wechselte von „Bunt mit Hund“ zu „Der goldene Rahmen“. Daran ist auch nichts weiter schlimm, er war ein freier Mann und nicht an die Wette eines anderen gebunden. Könnix hat der Verlust Bunterhunds in den Ruin getrieben, außerdem war er gezwungen den Namen seines Geschäftes zu ändern. Jedenfalls gewann Tahler die Wette gegen Könnix und kassiert jetzt mit seinem zweiten Geschäft eine ganze Menge Geld. Den Lohn für Bunterhunds Wechsel gibt er seit vier Wochen nicht heraus. Er leugnet, ihm ein solches Angebot gemacht zu haben. Tahler wohnt in der „Straße schlauer Künstler“ gleich an der Ecke „Lange Straße“. Wir werden ihm einen Besuch abstatten.“
Es folgte Stille, in der Septimus versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Eigentlich war Septimus ständig dabei, seine Gedanken zu ordnen, aber nun kreisten sie um den Fall. Seinen Fall. Den Ersten. Für ihn stand fest, Pelops Tahler war der Böse. Er wollte nicht für dumm gehalten werden, daher erwähnte er die eine Frage nicht, die ihm noch unklar war: Warum ging Oinos Könnix Geschäft zu Grunde als sein Angestellter ihn verließ?
*
Es gibt zwei Dinge auf die Gnome beim Gehen auf belebten Straßen zwangsweise kucken müssen. Das sind erstens die Füße der Riesen vor, hinter und über einem. Und zweitens ist man als Gnom ständig gezwungen, größeren Wesen in die Nasenlöcher zu schauen. Es kommt ganz automatisch und ist in der Regel nicht beabsichtigt. Hatschas Nasenlöcher, die Zeit ihres Lebens verstopft gewesen waren, irritierten Septimus so sehr, dass er die Treter der Menschen auf der Straße vernächlässigte. „Ich will,“ sagte Hatscha und blieb abrupt stehen, (Der durch diese Bewegung abgelenkte Septimus wurde von einer mobilisierten Schuhspitze getroffen, durch die Luft geschleudert und in einer für ihn hüfthohen Pfütze versengt.) „dass du dich zurückhälst, wenn wir Tahler befragen. Das soll keine Beleidigung deiner Fähgkeiten sein. Ich kann dich nur noch nicht allzu gut einschätzen. Damit das nicht so bleibt, kannst du durchaus etwas sagen. Aber dezent. Dezent heisst – Oh!“
Jetzt erst entdeckte Hatscha den triefend nassen Gnom, der noch immer in der Pfütze saß. Zu ihrer Überraschung lächelte er breit. „So ein Glück, dass die nicht tief war!“
*
Er brachte sie zum Lachen. Leider blieb dies eine Seltenheit. Denn Septimus verstand ihr Lachen so, wie er die meisten menschlichen Verhaltensweisen ihm gegenüber einschätzte: Als Hohn. Hatscha hielt die Situation nun für ein wenig aufgelockerter und hatte damit keine Ahnung, was in dem bewässerten Bündel auf zwei Beinen vorging. Die Knappheit ihrer Gespräche auf dem Weg in die „Straße schlauer Künstler“ ließ sie berechtigterweise an ihrer Einschätzung zweifeln. Die Höhepunkte der Konversation waren folgende:
„Ich kenne mich übrigens recht gut mit Pflanzen aus. Zu Hause habe ich eine rein pflanzliche Paste, die ausgezeichnet gegen Schnupfen hilft.“
„Vielleicht werde ich darauf zurückkommen, danke. Wie bist du denn auf das Hobby mit den Pflanzen gekommen? Das ist sehr ungewöhnlich für einen Ergianer.“
„Meine Eltern sind Forscher. Wir kommen von außerhalb.“
„Der Sohn eines Forschers zu sein, muss sehr aufregend sein. Dann kannst du ja immer die neuen Gegenstände ausprobieren, die deine Eltern so erfinden.“
„Mit allem Respekt, Ma´am, aber das sind Erfinder. Alle Versuche, an denen mein Vater mich teilhaben ließ, waren eher schmerzhaft als aufregend.“
Der zweite Höhepunkt verdient nicht einmal seiner Bezeichnung:
„Wie heisst dein Frosch?“
„Der Frosch.“
„Ja, mit dem du her gekommen bist.“
„Der Frosch.“
„Ja. Und der Name?“
„Er-heißt-der- Frosch.“
*
Es geschah, was geschehen musste. Es geschah auf der Alten Straße. Und es sah für Außenstehende lächerlicher aus, als es tatsächlich war. Die Zeit blieb fast stehen. Wie schweres Blei krachten die Regentropfen um ihn herum auf den Boden. Das Geräusch entfernte sich. Alle anderen taten es ihm nach, sie spührten die angespannte Atmosphäre sofort und wollten kein Risiko eingehen. Teile seines Sichtfeldes verschwammen zu einer bedeutungslosen Masse, die einen kreisförmigen Fleck freiließ. In diesem Fleck stand ein haarloser fettleibiger Mann, der gerade eben einen Behälter fallengelassen hatte, aus dem eine giftgrüne Flüssigkeit austrat, und sich nun gleichgültig anschickte weiterzugehen.
Septimus machte sich kampfbereit. Angespannte Glieder. Sein Herzklopfen ersetzte die fahnenflüchtigen Geräusche problemlos. Mitten auf der Straße blieb er breitbeinig stehen und schrie mit aller Kraft:
„HEE, DA! AUFHEBEN!“
Schwerfällig drehte sich der Koloss um und suchte argwöhnisch nach dem Störenfried.
Septimus schrie erneut: „Heb das auf! Das sind mindestens zwanzig Liter Grundwasser, die du gerade verpestest!“
Als der Mann die Größenordnung der Auseinandersetzung mit einem Blick auf den Gnom erkannte, lächelte er herablassend und sagte: „Na? Was haben wir denn, Kleiner?“
Das war taktisch unklug. Wenige können von einer Situation berichten, in der ein Gnom öffentlich auf seine Größe hingewiesen wird, denn wenige wollen sich nach ihren Schmerzen noch einmal daran erinnern. Blitzartig schoß Septimus auf den Dicken zu. Jetzt erst erkannte Hatscha die Lage und eilte ihm nach. Der Gnom stand bereits auf der Brust des Mannes, ihm wild ins Gesicht stierend.
„Ich bin nicht zu klein!“, sprach er so laut, dass die umliegenden Leute sich zu ihm umschauten. „Ihr anderen seid zu groß! So groß, dass ihr nicht SEHT wenn ihr etwas sehr Schädliches fallenlasst. Bald“, und er tippte energisch mit seinem winzigen Spatzenfinger auf die Brust des Mannes, „lebt ihr in einem einzige stickenden Müllhaufen. Also: Aufheben!“
Kühl war der Blick des Dicken als er die Mundwinkel herunter und, die Augenbraue herauf zog: „Wasserpest? Müllseuche? Es könnte mir nichts egaler sein.“
„Gut. Du hast etwas fallengelassen, das dir gehört. Es ist dir egal, ob es dafür sorgt, dass Gift in das Wasser kommt. In das gleiche Wasser, das auch deine Mutter, deine Frau, vielleicht deine Kinder trinken. Aber ich will trotzdem, dass du deinen Müll AUFHEBST!“
Hatscha tauchte hinter Septimus Rücken auf. Die Miene des Dicken änderte sich, als er das Wappen auf ihrer Uniform erkannte. Er räusperte sich kräftig.
„Ich weiß nicht, was du von mir willst. Ich habe nichts weggewofen!“
„Ach, nein? Und, was meinst du, warum plausche ich gerade so nett mit dir, mh?“
„Weil ich was getan haben soll, das ich nicht getan habe. Ich habe nichts damit zu tun.“
„Ist das so? Meinst du, ich bin blöd oder was?“
„Nein...ich meine...ich weiß nicht.“
„Warum weisst du das denn nicht? Bist du etwa blöd?“
„Wie? Ich weiß nicht...nein.“
Hier schaltete sich Hatscha ein. Septimus brachte sie in eine unangenehme Lage. Es war überaus ungewöhnlich, dass die Wache tatsächlich gegen die Straßenverschmutzung vorging. Sie wusste noch nicht einmal genau, ob es sich um eine Straftat handelte. Doch das Ansehen eines Mitgliedes der Stadtwache, sei es auch ein Rekrut, musste gewahrt bleiben. Außerdem befürchtete sie, das Geschreie könnte ihren Sohn Kai aufwecken.. „Sage mir erst einmal deinen Namen“, verlangte sie und tat so, als würde sie ihn notieren. „Wir werden sicher eine friedliche Einigung finden.“
Doch Septimus war nicht zu bremsen. Er deutete auf die Flasche mit der grünen Flüssigkeit: „Hast du diese Flasche gekannt?“
„Was?!“
„Also, ja.“
„Nein....äh....ja.“
„Was war drinn?“
„Äh...Fruchtsaft.“
„Aha! Eben wusstest du noch gar nichts von der Flasche. Aber du kennst sie ganz genau. Und du weisst auch, dass das hier kein Fruchtsaft sondern giftge Kupferhut-Essenz ist. Gibt’s zu!“
„Nein! Ich bin unschuldig. Ein anderer hat das Zeug hier hin geworfen. Ich schwör´s. Ich dachte nur, es sieht aus wie-.“
„Ist das Schweiß? Sehe ich da einen Schweißtropfen? Bist du etwa nervös?“
„Nein.“
„Warum bist du nervös? Weil du es warst, richtig? Ich weiß, du warst es.“
„Nein. Ich schwitze nicht. Ich habe nichts mit dieser Flasche zu tun!“
Hatscha hatte einen Einfall. Sie musste diese Situation retten. „Unfälle zu vermeiden, ist deine Pflicht als Bewohner dieser Stadt. An deiner Stelle würde ich ehrlich sein. Denn Leute, die eine Straße verschmutzen, bekommen Mitschuld an einem Unfall, der durch die Straßenverschmutzung verursacht wurde. Das ist kein Witz. So oder so solltest du das Ding aufheben.“
Unbeirrt stachelte der Gnom weiter. „Du kennst diese Flasche. Sie stand dir nahe, nicht?“
„Es ist eine Flasche...nur eine Flasche“, jammerte der Dicke.
„Wie sah sie aus? War sie eine gute Flasche? Beschreibe sie!“
„Was?! Was sollte das denn ändern?“
„Wir wollen dir nur helfen“, versicherte Hatscha.
„Wann hast du die Flasche das letzte mal berührt, he?“ Septimus.
„Ich sagte doch bereits, dass-“
Da zog Septimus eine lange silberne Pinzette hinter seinem Rücken hervor und hielt sie unter die haarigen Nasenlöcher seines Gegenübers. Seine Stimme senkte sich zu einem bedrohlichen Flüstern: „Weisst du, ich kann richtig gut damit umgehen. Und ich kenne die Stellen an deinem Körper, an denen es besonders wehtut. Versprochen.“
Von hinten knurrte Hatscha ihm zu: „Ärgh, du solltest -“
„Hast du Angst?“ Septimus.
„Wovor sollte ich Angst haben?“ Der Dicke.
„Vor mir ... Vor dem, was geschehen könnte.“
„Ich...äh...ich weiß nicht. Vielleicht.“
Der Gnom fischte einen kleinen Keks aus einer seiner Taschen. Das kleine Gebäck sah nicht im Geringsten bedrohlich aus. Jetzt flüsterte er: „Siehst du das? Wir werden dich mitnehmen. Und wenn wir alleine sind, du und ich, dann wirst du das hier schlucken. Und du wirst deine Eingeweide auskotzen. Und dann wirst du hungrig sein. Lange. Lange genug, um zu lernen, das erste mal für etwas dankbar zu sein.“ Jetzt hatte der Kcks plötzlich etwas Bedrohliches.
Hier beendete Hatscha das Gespräch, scharf an den Täter gewand: „Du bist verwarnt.“
Dann deutlich zu Septimus: „Rekrut! Mitkommen.“
Im Nachhinein ärgerte es Septimus, wie schnell er diesem Befehl gefolgt war. Aber er war an seinen Schwur und damit an Gehorsam gebunden. Widerwillig trottete er hinter seiner Ausbilderin her, die, als sie außer Hörweite des verwirrt zurückgebliebenen Mannes waren, zu einer Standpauke ansetzte: „Rekrut Ebel. Du solltest dich schämen. Dein Verhalten war unüberlegt und nicht angemessen. Erst die Fakten prüfen, dann mich fragen, dann handeln. Verstanden? Ach, und gehe immer vorsichtig mit Blöffen um. Du hattest Glück, dass ihm bei deinem Schweiß-Trick nicht aufgefallen ist, dass es regnet und man gar keinen Schweiß hätte sehen können. Denke immer daran, den guten Ruf der Wache zu wahren. Dies ist kein Alleingang. Außerdem: Man muss nicht schreien, wenn man jemanden wehtun oder zu etwas zwingen will.Vorsicht, Misstrauen, Geschmeidigkeit. Damit solltest du es einmal probieren. Agression zeigt keinen Erfolg. Daran sind die Leute hier zu sehr gewöhnt. Von jetzt an, haaatschiiee, hälst du dich zurück.“
Ja, Septimus fühlte Scharm. Sie ging nicht tief, aber sie war da. Hatschas halb strenger, halb verständnisvoller Ton besänftegte zwar seinen Groll gegenüber seiner Ausbilderin, verschlimmerte indes sein Gefühl des Scheiterns. Scharmgequält ärgerte er sich, dass er sich nicht besser hatte kontrollieren können. Dabei hatte er dies so oft während seiner AAA (Anti-Agressions-Ausbildung) geübt. Aber ein anderer Septimus bereute nur, dass er diesen Kerl nicht einfach verdroschen hatte. Jetzt war es zu spät. Aber er konnte es besser. Er wollte keine Schande für die Wache sein. Bald würde es ernst werden. Sie näherten sich der „Straße schlauer Künstler“. Septimus ballte die Faust und nahm sich fest vor, von nun an gesellschaftsfähiger zu sein. Dabei zerquetschte er den Keks in seiner Hand. Erfreut über die Wiederentdeckung des halben Frühstücks stopfte er sich die Krümmel in den Mund.
*
„Der goldene Rahmen“ war ein windschiefen Haus voller mehr oder weniger abstrakter Kunstgegenstände. Zielstrebig, als ob sie schon einma dort gewesen wäre, bahnte Hatscha sich einen Weg durch das Geschäft zu dem hinteren Räumen und stieß unbarmherzig dir Türe von Tahlers Arbeitszimmer auf. Sein Büro war viel zu steril für das eines Künstlers. Es war groß, aber darüber hinaus unerwartet nichtssagend. Abgesehen von dem klassischen Schreibtisch mit dem noch klassischeren bequemen Stuhl auf der Cheffseite und zwei unbequemen auf der Nicht-Cheffseite fielen nur noch die Porträits an den bleichen Wänden auf, die ebenfalls klassische Helden in verschiedenen Posen zeigten. Tahler selbst sah aus wie eine dieser uralten Statuen, die man auf öffentlichen Plätzen oder auf eben solchen Gemälden sehen konnte. Seine schwarzen Locken klebten glänzend an seiner Kopfhaut. Er hatte eine große Hakennase, einen schmalen Mund und einen kantigen Kiefer. Seine Augen waren perfekt mandelförmige Ovale und sie blickten in diesem Moment mit einer Kälte auf die Eindringlinge, gegen die der Blick des Dicken ein gegenstandsloses Häufchen Elend gewesen war.
„Nun, Pelops – ich darf dich doch Pelops nennen? - du weißt, warum wir hier sind. Du hättest die Prozedur vereinfachen können, wenn du auf meine Nachricht reagiert hättest und zur Wache gekommen wärst. Aber nein, du musstest den Weg wählen, der für uns mit mehr Aufwand verbunden ist. Wie schade.“
„Ich habe nichts verbrochen. Ihr könnt mir glauben, dass diese Situation für mich nicht angenehm ist.“
Hatscha gab Septimus ein Zeichen. Er trat hervor, griff an das Tischbein und schleifte den Tisch mit Leichtigkeit zur Seite. Schreckhaft fuhr Pelops zusammen, schutzlos, den beiden Wächtern bis aufs Wort ausgeliefert. Jetzt hatte das Büro etwas von einem Verhörungssaal. Es gehörte den Wächtern, nicht mehr ihm.
„Warum warst du nicht in der Wache?“ Hatschas Ton war ruhig, aber fordernd. Sie wirkte ungedulig, bedrohlich, überlegen.
„Ich war beschäftigt.“
„Mit Geldausgeben?“
„Mit Einrichten.“
„Des neuen Geschäftes?“
„Ja.“
„Rechtmäßig erworben?“
„Durch eine Wette.“
„Mit Herr Bunterhund?“
„Ja...äh...nein. Mit Könnix.“
„Aber du kennst Herr Bunterhund.“
„Ja.“
„Kennst du ihn gut?“
„Es geht. Er hat für mich gearbeitet.“
„Warum?“
„Wie ´warum´? Weil ich ihn bezahlt habe.“
„Unsere Zeugen sagen etwas anderes.“
„Welche Zeugen?“ Pelops rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum.
„Uninteressant.“ antwortete Hatscha.
„Hilf doch mal mit!“ rief der Gnom plötzlich aus. Er starrte, wild gestikulierend, auf eine leere Ecke des Raumes.
„Was?!“ riefen Pelops und Hatscha gleichzeitig.
„Äh...Euch mein ich nicht.“
Hatscha versuchte das Verhör fortzusetzen, aber der Gnom unterbrach sie erneut.
„Was soll das heißen ´du kannst nicht´?“, zischte Septimus immer noch deutlich hörbar die Zimmerecke an. „Ach so, ja, da hast du Recht. Tod erschwert Interaktion.“
„Was ist mit dem?“, flüsterte Pelops.
„Der ist unberechenbar“, raunte Hatscha zurück. Dann plötzlich und energischer als zuvor:
„Ich will wissen, Pelops, warum du Bunterhund eingestellt hast.“
„Vielleicht ist Pelops einfach nett.“, warf Septimus ein.
„Das ist richtig.“ Keinen Augenblick wandte Hatscha die Augen von dem Verdächtigen. „Vielleicht ist er aber auch des Betruges schuldig und sollte bestraft werden.“
„In diesem Falle würde sein Entgegenkommen die Strafe mildern.“ ergänzte der Rekrut.
„Das ist auch richtig.“
„Ich habe nichts Unrechtes getan. Es gibt nichts zuzugeben!“
„Warum sollte Bunterhund von Könnix zu dir wechseln? Es ging ihm gut bei „Bunt mit Hund“.“
„Ich....ich weiß nicht.“
„Ich warne dich, Pelops. Wir haben Zeugen.“
„Vorsicht“, warnte auch Septimus, „sie kann richtig böse werden.“
„Ihr habt gar nichts.“
„Es reicht. Für so einen machtgierigen, geldgeilen Betrüger wie dich gibt es keine Strafmilderung. Wenn du nicht lügst, warum hast du Könnix dann belauscht?“
„Belauscht?“
„Tja. Ein Mann hat beobachtet, wie du Könnix und seine Frau bei einem Gespräch belauscht hast, in dem er ihr gestand, dass er gar nicht malen kann. Sondern seinen Angestellten Bunterhund für ihn malen ließ.“ Trumph.
In diesem Moment konnte Pelops ein verräterisches Grinsen nicht unterdrücken.
„Ich habe Recht!“ Hatscha.
„Ja. Aber das sagt noch gar nichts -“
„Nenn mir einen guten Grund, warum Bunterhund zu dir hätte wechseln sollen.“
Stille. Doppeltrumph. Aber es reichte noch nicht.
„Möchtest du etwas trinken?“ mischte der Gnom sich ein.
„Was? Äh...ja.“
Septimus nahm einen Becher vom Schreibtisch, schüttelte diverse Stifte heraus und goß eine klare Flüssigkeit hinein.
„Sehr freundlich“, meinte Pelops, den Becher entgegen nehmend.
„Einen Keks?“ Septimus.
„Nein, danke. Wer bist du?“
„Jemand, der dir helfen will.“ Mit übertriebener Deutlichkeit zückte Septimus ein weiteres kleines Fläschchen und treufelte eine bräunliche Flüssigkeit in den Becher. „Weisst du, was das ist? Das ist ein sehr hilfreiches Serum. Selbst hergestellt. Ich bin sehr stolz darauf. Wie auch immer, falls du uns etwas zu verschweigen hast, werden ein paar wenige Tropfen ausreichen, um es aus dir heraus zu holen. Du wirst gar nicht mehr fähig sein zu lügen. Aber keine Angst, du hast schließlich nichts zu verheimlichen, oder?“
„So ein Quatsch.“ Pelops Ton klang verächtlich, aber seine Augen weiteten sich vor Panik.
Hatscha reagierte schnell auf Septimus Improvisation: „Bist du dir sicher? Dann wird es dir wohl nichts ausmachen, einen Schluck zu kosten?“
Pelops rang die von Schweiß feucht gewordenen Hände. Er stierte den Becher an, als könne er dadurch die Chancen erhöhen sich glimpflich aus dieser Situation zu retten. Dann grunzte er etwas beihnahe Unverständliches: „Ja. Jaischabihmnangbotgmacht. “ Pelops griff sich an die Kehle und verdrehte mit einem überraschten Gesichtsausdruck die Augen.
„Wie bitte?“ Hatscha bohrte weiter. „Was ist los? Warum so still? Ist das eine Träne? Heulst du jetzt etwa? Warum heulst du? HAST DU IHN BETROGEN?“
„Ja!“ keuchte Pelops. „Ja, verdammt noch mal! Ich habe ihm ein Angebot gemacht!“
Zufrieden lehnte Hatscha sich zurück. Wieder gab sie dem Gnom ein Zeichen mit der Hand. Ohne Widerstand ließ Pelops sich in Handschellen legen. Immer noch keuchte und würgte er, Tränen in den Augen. Der Verlust seines Geldes tat ihm sichtlich weh. Der Gnom gab an den Täter das Gefühl weiter, welches seine Ausbilderin ihn heute aufgedrückt hatte. Sehr leise, für niemanden sonst hörbar, flüsterte Septimus ihm ins Ohr: „Schäme dich.“
*
Als Septimus am Ende seines ersten Arbeitstages auf den Frosch aufsaß, war er hervorragender Laune. Vorsicht, Misstrauen, Geschmeidigkeit, wiederholte er noch einmal im Geiste. Geschmeidigkeit. Grinsend dachte er an das Fläschchen „Varitas-Serum“ in seiner Tasche. Mutters Kamillentee war zu so einiges gut. Das letzte Mal hatte er den Varitas-Trick benutzt als er dreizehn Jahre alt gewesen war und aus Lunk herausquetschen wollte, ob dieser eine gewisse Magda Nudeltopf geküsst hatte oder nicht. Ich bin so gut! dachte er auf dem Heimweg. Ich bin...ich bin fast Gott!
„Du übertreibst.“, meldete sich Lunk.
„Aber nur ein wenig.“, gestand der Gnom.
* ENDE *