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Kurz vor dem Verblassen

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19.02.2006
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Kurz vor dem Verblassen

Wenn ich im Bilde drin bin, ist mir nicht bewusst, was ich tue.
- Jackson Pollock


Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage. An guten Tagen ist jeder Pinselstrich ein Ausdruck meines Lebensgefühls. Erst durch die Berührung von Pinsel auf Leinwand spüre ich mich selbst. Es ist eine Verbindung, die Leben schafft – und oft scheint es mir, als schaffe ich mir selbst erst eine Daseinsberechtigung, indem ich Leben auf die Leinwand bringe.
An schlechten Tagen ist es tatsächlich so, als drücke ich meine Lebenskraft auf den Malgrund. Jeder Strich laugt mich aus und die Bilder werden so verschwommen, wie ich mich selbst wahrnehme.
An diesen Tagen fühle ich mich selbst wie ein Bild. Ich bin kein Mensch, ich bin das Abbild eines Menschen. Dazu fahrig gemalt. Man muss schon die Augen zusammenkneifen, um mich zu bemerken.
Um ehrlich zu sein, sind die guten Tage Teil einer Erinnerung, die unsauber aufgetragen wurde und allmählich abblättert.

Früher wollte ich immer etwas Besonderes sein. In diesem Eifer beschloss ich, nur bedingt Teil dieser Welt zu sein. In meiner jugendlichen Arroganz fühlte ich mich auserkoren, zu etwas Höherem berufen, über den Dingen stehend. Ich bildete mir ein, das System zu durchschauen und belächelte all jene, die es mit ihrem Alltag fütterten. Als strahlenden Helden nahm ich mich wahr. Als jemanden, der für den wahren Sinn des Lebens focht. Mein Schwert war der Pinsel, mein Schild die Leinwand, die Staffelei das Ross. Ich malte mir meine eigene Welt - in der störrischen Überzeugung, dass sie wahrhaftiger sei, als die Welt außerhalb meines Ateliers. Und ich war ebenso überzeugt, dass die Menschen diese Tatsache alsbald erkennen würden und lauerte auf die Sonnenstunde meiner Entdeckung.

„Du hast den Bezug zur Realität verloren“, sagte Thomas damals zu mir.
„Wenn man etwas Großes schaffen will, muss man über das hinaus gehen, was sich Realität schimpft!“, habe ich verdrossen geantwortet. „Realität ist nur ein anderes Wort für Fessel.“
„Das mag schon sein“, räumte Thomas ein. „Aber mit der Realität verhält es sich so, wie mit Freunden. Wenn man sie verstößt, werden sie auch dich irgendwann verstoßen.“

Thomas behielt Recht, aber das habe ich erst erkannt, als es schon zu spät war.
Früher bestätigte mich die Ignoranz der Welt in meinem Denken, konnte sie es in meinen Augen doch nur nicht ertragen, dass ich etwas unvergleichlich Schöneres schuf, als sie es ihr Eigen nannte. Etwas Erhabenes.
Irgendwann jedoch erkannte ich den Fluch, der in dieser gegenseitigen Blindheit lag.
Das war in dem Moment, als ich ihr begegnete. Wie eine Erscheinung schwebte sie durch mein Blickfeld und brachte die Welt um sich herum zum Leuchten. Es ging eine Schönheit von ihr aus, die so gewaltig war, dass ich körperliche Pein verspürte. Und ich kostete diesen Schmerz aus, wie eine lang vermisste Umarmung, spürte ich doch in ihm die Essenz dessen, was ich mich stets mühte auf die Leinwand zu bannen.
Als sie verschwunden war, nahm alles wieder stumpfe Gleichgültigkeit an, die atemlähmend und drückend mein Herz infizierte.
Ich stolperte durch die graue Einförmigkeit, die mir beißender als je zuvor erschien. Benommen folgte ich ihrer Fährte. Wie ein Licht in der Dunkelheit floss sie durch die Menschenmenge und hinterließ eine Spur aus Lebendigkeit und Wärme.
Ich schwamm im Kielwasser aus nicht gekannter Farbigkeit, die mich trunken machte, fand mich irgendwann vor einem spanischen Restaurant wieder. Gespannt starrte ich durch die Scheibe. In dem Maße, in dem ich meine Nase am Glas pattdrückte, wuchs meine Verzweiflung. Panisch suchte ich ihr Licht, doch kein Leuchten durchdrang das fahle Alltagskolorit. Allmählich klang das Rauschen in meinem Ohren ab und in mit breitete sich der nagende Verdacht aus, dem Phantom meiner Wünsche nachgelaufen zu sein. Mit dem wiederkehrenden Atem sog ich dumpfe Wirklichkeit ein und wandte mich ab.
Dann nahm ich aus den Augenwinkeln ein Schimmern wahr und drehte mich so rasch wieder um, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Sie stand mit dem Rücken zu mir und doch erkannte ich sie sofort. In ihrem schlichten schwarzen Rock und ihrer weißen Bluse hob sie sich so warm und klar vom Alltagsgrau ab, dass sie ihr Umfeld zum Glänzen brachte.
Der Glanz wanderte mit ihr, als sie sich zum nächsten Tisch bewegte, ein Lächeln im Gesicht und einen kleinen Block in der Hand.
Vittoria las ich auf ihrem Namensschild. Die Kunden, die sie bediente, schienen nichts von der Magie mitzubekommen, sahen nicht, wie die Blicke der Kellnerin das Licht selbst zum Lachen brachte.
Es kostete mich große Überwindung, das Lokal zu betreten. Meine Ausflüge unter Menschen beschränken sich auf das nötige Minimum. Selten brachte ich längere Strecken zustande, als bis zum Supermarkt an der Ecke.
Schweißgebadet schlüpfte ich ins Restaurant, duckte mich innerlich, fürchtete, mit der Eingangstür eine Grenze überschritten zu haben, die ins Verderben führte. Doch alles war wie immer: Niemand beachtete mich. Erst wollte sich Erleichterung einstellen, doch dann wurde mir das ganze Ausmaß meines Fluches bewusst.
Vittoria nahm mich genauso wenig wahr wie alle anderen Menschen.

„Das verstehst du nicht“, behauptete ich. Ich wusste, dass ich wieder in diesem süffisanten Ton sprach, den niemand leiden konnte. Mich selbst eingeschlossen.
Thomas hob die Arme in einer hilflosen Geste und sagte: „Deine Bilder mögen ja großartig sein. Aber wenn niemand davon weiß, wird auch niemand an deine Tür klopfen und danach fragen. Das Leben kommt nicht zu dir – du musst auf das Leben zugehen. Begreif das doch endlich!“
„Meine Zeit wird kommen.“ Wieder in diesem Ton.
„Die einzige Zeit, die existiert, ist das Hier und Jetzt“, insistierte Thomas. „Der Augenblick ist gedankenlos. Wenn du nicht zupackst, rauscht er an dir vorbei. Einfach so. Weg ist er. Und mit jedem Augenblick, den du so verstreichen lässt, wird es schwieriger irgendwann aus dieser Passivität auszubrechen.“

Ich sitze so oft es mir möglich ist in dem spanischen Restaurant. Was nicht sehr häufig ist, denn ich bin wohl das, was man einen professionellen Hungerkünstler nennt. Alles was ich habe und was mich ausmacht, ist das, was ich auf die Leinwand bringe. Und das reicht selten über mein Atelier hinaus.
Wie gerne hätte ich das Loch meiner Existenz mit Alkohol gefüllt. Aber ich könnte es nicht einmal länger mit Farbe kaschieren. Die letzten brauchbaren Reste habe ich heute auf eine ranzige Pappe geschmiert. Der künstlerische Wert erschöpft sich im Einklang von Malgrund und Malweise: In jeder Hinsicht lausig.

„Wie willst du deine Miete zahlen?“, fragte Thomas.
Ich lachte verächtlich auf. „Hätte Pollock sich um solche Dinge geschert, anstatt sich auf sein Werk zu stürzen, wäre die Kunstwelt heute um einiges ärmer.“
„Da suchst du dir genau die richtige Gestalt aus“, erregte sich Thomas. „Du machst es dir so richtig gemütlich in der Rolle des verkannten Genies. Ein Pollock willst du also sein, ja? Ich sag dir mal was: Pollock war ein Arschloch und er hat sich selbst zugrunde gerichtet. Und weißt du was - wenigstens in dieser Richtung schreitest du konsequent in seine Fußstapfen!“
„Glaubst du, als Börsenmakler trägst du einen Teil zu einer besseren Welt bei?“, spie ich wütend aus. „Wo sind deine Jugendträume, Thomas? Wollten wir nicht das System verändern? Und was machst du heute – du unterstützt die Wurzel allen Übels, die unsere Welt entzwei reißt! Du verrätst dich und deine Ideale!“ Ich schrie jetzt: „Du zerstörst, Thomas. Ich erschaffe etwas!“
„Ja – und zwar ein Traumschloss, in welchem du dich vor der Welt, die du verändern willst, verkriechst. Verrammelt mit einem Doppelschloss aus Feigheit und Arroganz!“
An der Tür bleibt Thomas noch einmal stehen. „Übrigens: Pollock hatte eine Frau, die ihm gehörig in den Arsch getreten hat. Ohne sie wäre aus ihm nichts geworden, weil er genauso blind war wie du. Aber du hast keine Frau. Du hast nicht einmal mehr einen Freund.“

Ich spiele mit den letzten Münzen in meiner Hosentasche. Henkersmahlzeit, denke ich. Mein Magen knurrt. Ich bin müde.
An Tagen wie diesen wirkt die Welt um mich noch kraftloser als sonst, die Farben bilden keine Kontraste, sondern verschwimmen zu einem monotonen Brei. Heute jedoch scheint selbst dieser Brei ausgewaschen und blass.
Erst als ein junges Pärchen an meinem Tisch Platz nehmen will und die Dame dabei über mich stolpert, wird meine Anwesenheit bemerkt. Dennoch schafft es der Kellner bei der Aufnahme meiner Bestellung durch mich hindurch zu sehen.
Ich verstehe meine eigenen Worte kaum, sie scheinen aus weiter Ferne zu kommen. Mit dem Verebben der Geräusche nimmt auch die Beleuchtung ab. Selbst die scheinbar ewigen Gerüche des Lokals dünnen aus. Hilflos muss ich mit ansehen, wie die Welt zerfasert.
Ein alles verschlingendes Summen formt sich zu einem Trichter und saugt mich in sich hinein. Eine Faust umschließt mein Herz.

Früher hat mich die Fantasie begleitet, die gesamte Welt wäre nur für mich inszeniert und existierte nur, damit ich mich durch sie erfahren konnte. Jetzt habe ich plötzlich Angst, es ist anders herum. Bin ich vielleicht nur ein Pigmentkorn, das abgestoßen wird, weil es farblich nicht passt?
Panik packt mich, als Vittoria durch mein Blickfeld haucht. Beinahe hätte ich sie gar nicht wahrgenommen. Nur noch als schwache Andeutung hebt sie sich vom zerlaufenden Hintergrund ab.
Zu sehen, wie Vittoria in das alles umspannende Grau schmilzt, weckt eine Verzweiflung in mir, die ich nie für möglich gehalten hätte.

„Erst wenn du auf die Welt zugehst, wird sie auch dich wieder einladen.“ Thomas sagte das damals mit einer Bestimmtheit, die mich seltsam ängstigte. Ich tat die Worte natürlich ab, doch jetzt hallen sie plötzlich in der mich umgebenden Leere wider und entfalten ihre maliziöse Wahrheit.
„Aber so wie du dich abschottest, lässt du ja nichts an dich heran, was dich berühren könnte und damit wert wäre, darum zu kämpfen.“ Ich sehe deutlich Thomas’ resigniertes Kopfschütteln vor mir. „Wahrscheinlich wirst du eines Tages einfach verblassen und niemand wird bemerken, dass du je da warst und gegangen bist.“

Ich kneife die Augen zusammen, doch Vittoria wird ohne einen Laut verschluckt.
Erst ist da nur Verzweiflung. An diesem Punkt strandete ich oft in meinem Leben, aalte mich dort in meinem eigenen Elend und hasste mich für diese Schwäche. Doch diesmal geht es weiter. Tiefer, viel tiefer. Ich durchdringe die Verzweiflung und finde Wut. Die Wut verbrennt und legt die Kraft frei. Sie reicht bis ins Mark, ist die Nabelschnur zu meinem Kern, der tausend Schreie zusammenhält. Ich stoße zu und halte die Welle nicht auf, die ausbricht. Ein Seufzen entringt sich mir und ergießt sich in alle Richtungen.
Eine Geburt vollzieht sich. Aus dem Nichts schält sich die Welt, doch es ist nicht die Welt, die geboren wird. Es ist meine Geburt.
Es ist, als werde mein Augenlicht von einem langen schwarzen Gähnen befreit. Licht und Farbe sickert in die Poren der Wirklichkeit und spült den Staub von der schlafenden Schönheit ab.
Für einen Moment bin ich ganz fest mit dem Hier und jetzt verbunden, spüre das kurze Kribbeln, dass die Menschen erfasst, registriere, wie sie sich verunsichert und scheu umblicken, um dann den Kopf zu schütteln und sich wieder ihren Gedanken zu widmen.
Vittoria bleibt mitten im Schritt stehen, als die Woge sie erfasst und sie in das Leuchten aufnimmt. Sie blinzelt irritiert und blickt sich um. Als ihr Blick auf mich fällt, lächelt sie.
Ich lächle zurück.

 

Hallo sim,

da ist ja eine ganze Menge zusammen gekommen :)

Liest sich für mein gefühl ungelenk und nicht passend. Auch bin ich nicht sicher, ob es das ist, was du ausdrücken möchtest, denn bis dahin leidet dein Prot schon darunter, dass er seine Umwelt als gleichgültig empfindet, ab hier aber scheint er auch sich als gleichgültig zu empfinden. Vorschlag: Als sie verschwunden war, nahm alles wieder seine stumpfe Gleichgültig an, die atemlähmend und drückend mein Herz infizierte.Solltest du bei deiner Variante bleiben, tausche bitte Luft wengistens durch Atem.
Wow, an diesem Absatz habe ich jetzt echt ewig gesessen. Gedreht und gewendet, wollte eigentlich nur die abgespeckte Version (Atem - ist wirklich treffender) übernehmen, doch dann hat es klick gemacht. Habe also deinen Vorschlag restlos übernommen. Klingt so wirklich stimmiger

Ich stolperte durch die graue Einförmigkeit, die mir mit einem Mal beißender als je zuvor erschien.

mit einem Mal
erscheint mir überflüssig.

Recht hast du - gestrichen
Ich schwamm (baden empfinde ich als ruhende Handlung, den Prot geht aber)im Kielwasser aus nicht gekannter Farbigkeit, die mich trunken machte, fand mich irgendwann vor einem spanischen Restaurant wieder. Gespannt starrte ich durch die Scheibe. In dem Maße, in dem ich meine Nase am Glas pattdrückte, wuchs meine Verzweiflung. Panisch suchte ich ihr Licht, doch keine leuchtende Farbe durchdrang das fahle Alltagskolorit. Allmählich klang das Rauschen in meinem Ohren ab und in mit breitete sich der nagende Verdacht aus, dem Phantom meiner Wünsche nachgelaufen zu sein. Mit dem wiederkehrenen Atem sog ich dumpfe Wirklichkeit ein und wandte mich ab.
auch diesen Vorschlag habe ich nach langem Erwägen übernommen. Lediglich die fette Stelle erscheint mir noch nicht wirklich rund. Vielleicht schlicht Leuchten?
Nein, er nahm aus den Augenwinkeln ein Schimmern wahr, sonst sind es die Augenwinkel die schimmern.
gut aufgepasst. geändert

Du nutzt die immergleiche Wahrnehmung nicht für eine aufgebaute Struktur
ich muss zugeben, dass mich diese Äußerung verunsichert hat. Was genau meinst du damit?
Deinen Vorschlag habe ich zumindest übernommen. Von dieser Seite aus wrikt es stärker, da hast du recht
auch wenn es eine generelle Aussage ist, bleibe im Erzähltempus
was du alles so siehst. Ausgebessert
Schweißgebadet schlüpfte ich ins Restaurant, duckte mich innerlich, fürchtete, mit der Eingangstür eine Grenze überschritten zu haben, die ins Verderben führte.
auch hier hast du mich überzeugt
"zum ersten Mal" würde ich streichen.
und hier ebenfalls. Ist Füllsel, kann weg
du unterstützt die Wurzel allen Übels, die unsere Welt entzwei reißt!

Bild ist schief, da Wurzeln nicht entzwei reißen, sondern im Gegenteil Halt geben, Erdrutsche verhindern.

da hast du natürlich Recht. Allerdings fällt mir gerade keine andere Formulierung ein, die ich passend finde. Sobald ich was habe, bessere ich danach. Danke fürs Aufmerksam machen
einem" würde ich streichen und stattdessen "monotonem" in den Dativ setzen.
da tue ich mich gerade schwer. nach etlichen Malen des vor-mich-hinsagens komme ich zum Schluss, dass sich meine Variante besser anhört.

Mit dem Verebben der Geräusche nimmt auch die Beleuchtung ab

Ich bin ja eh kein Freund dieser von dir recht oft bemühten substantivierten Verben, hier erschiene mir "Mit dem Geräuschpegel nimmt auch die Beleuchtung ab" stimmiger.

auch hier kann ich mich nur schwer von trennen. Ich finde das Bild ganz treffend
Früher hat mich die Fantasie begleitet, die gesamte Welt wäre nur für mich inszeniert und existierte nur, damit ich mich durch sie erfahren konnte. Jetzt habe ich plötzlich Angst, es ist anders herum. Ich bin nur ein Pigmentkorn, das abgestoßen wird, weil es farblich nicht passt
Hier erntest du wider meine Zustimmung. Allerdings habe ich den Satz mit dem Pigmentkorn in einer Frgae belassen.

Panik packt mich, als Vittoria durch mein Blickfeld haucht.

"haucht" empfinde ich als zu zart für das mächtige Gefühl, das er beschreibt.

es ist ja darauf gemünzt, dass Victoria nur noch ein Hauch dessen darstellt, was sie einst verkörpert hat. Insofern finde ich es also recht passend

du wählst mit Vehemenz die umständlichere Alternative
Dank, dass du mir das aufgezeigt hast. Das war mir bisher noch nicht so recht bewusst.
Ein Seufzen entringt sich mir und ergießt sich in alle Richtungen.

So viel wütende Energie und nur ein Seufzen? Warum schütteln die anderen Gäste dann den Kopf?

da spiele ich weniger auf den Laut an, als auf die (energetisch) spürbare Veränderung, die durch die Neugeburt des Prots freigesetzt wird.

vielen, vielen Dank für deine Mühen mit meinem Text. Gut allerdings, dass deine Kritik erst so spät eingetrudelt ist, da sie mir doch schon etwas zugesetzt hat. So konnte ich mich wenigstens erstmal etwas im Lob suhlen und stärken, bevor mir jemand deutlich meine Mängel sichtbar macht. ;)
Ich bin wirklich erstaunt, was es an diesem Text noch alles zu filtern gibt, obwohl ihn schon einige Leute gelesen haben. Du gibst einen großartigen Lektor ab, aber da bin ich ja nicht der erste, der dir das sagt.
Was mich interessieren würde, ist, ob dir der Text dennoch gefallen konnte. Das frage ich nicht, um mir nachträglich noch Streicheleinheiten abzuholen, sondern schlicht deswegen, weil dir ja am Text Dinge aufgefallen sind, die mir nicht bewusst waren (und anscheinend auch anderen Kommentatoren entgangen ist, die den Text gelobt haben) - und ich jetzt wissen möchte, ob diese vehement verfolgte Verkomplizierung den Text zu sehr schwächt, ihn wirklich sperrig macht. Oder mit anderen Worten: ob dieses neblige, von dem du sprichst, (typischen) Schreiberling-Fehlern zuzuschrieben ist oder das noch gutmütig unter Stil zu verbuchen ist :shy: ;)

mit den zunehmenden Notizen beim Lesen bekam ich ein immer schlechteres Gewissen, weil ich so viel an deiner Geschichte auszusetzen hatte
ein schlechtes Gewissen sollst du auf jeden Fall nicht haben! Ich weiß deine Auseinandersetzung mit dem Text zu schätzen. Da ich wirklich die Ambitionen habe mich schreibtechnisch weiter zu enwickeln, tust du mir mit solchen kommentaren einen großen Gefallen. Manchmal zupft es natürlich am Ego, aber nur so lernt man wohl weiter zu kommen. Und das will ich auf jeden Fall. Also noch mal vielen Dank

grüßlichst
weltenläufer

 

auch diesen Vorschlag habe ich nach langem Erwägen übernommen. Lediglich die fette Stelle erscheint mir noch nicht wirklich rund. Vielleicht schlicht Leuchten?
Ja, das geht auch.
Du nutzt die immergleiche Wahrnehmung nicht für eine aufgebaute Struktur
ich muss zugeben, dass mich diese Äußerung verunsichert hat. Was genau meinst du damit?
Nicht verunsicher lassen, das ist mit das Schwierigste am Schreiben und ich habe bisher nicht herausgefunden, wie ich es gut erklären kann. Es geht ums Timing. In dieser Geschichte gibt es drei Attribute der Frau, die du immer wiederholst. Das ist auch durchaus möglich, wenn es die Attribute sind, die ihn am meisten gefangen nehmen, so sehr, dass er gar keine anderen Wörter dafür findet. Wiederholung ist schließlich ein Stilmittel. Damit es aber als solches erkannt wird und "verstärkend" wirkt, muss es ein Timing geben, wann die Wörter wiederholt werden. Das wärmende Leuchten, bietet sich als Attribut durchaus dafür an. Dann vielleicht immer am Ende eines Absatzes und immer mit idemtischem Satz. Die Kunst beim Timing ist es, etwas in der Wirkung zu kalkulieren, ohne dass es kalkuliert wirkt. Da ich das nur nach Gefühl mache, kann ich dir leider wenig theoretische praktische Hilfe dazu geben, außer eben die (Ab)sätze so umzuschreiben, dass das Timing für mein Gefühl besser klappt. Vielleicht weiß Rick da ein paar theoretische Grundlagen, schließlich beherrscht er das Timing ja recht gut.
da spiele ich weniger auf den Laut an, als auf die (energetisch) spürbare Veränderung, die durch die Neugeburt des Prots freigesetzt wird
Die Frage bleibt für mich, wie und wodurch wird die Energie der Veränderung für die anderen Restaurantbesucher (und für mich als Leser) in ihrer Power spürbar?
Gut allerdings, dass deine Kritik erst so spät eingetrudelt ist, da sie mir doch schon etwas zugesetzt hat. So konnte ich mich wenigstens erstmal etwas im Lob suhlen und stärken, bevor mir jemand deutlich meine Mängel sichtbar macht.
Immer ein schwieriges Thema, denn oft habe ich es auch erlebt, dass gerade durch das Lob vorher die Kritik noch niederschmetterner aufgenommen wurde. Es sind übrigens nicht deine Mängel, sondern nur die des Textes.
Was mich interessieren würde, ist, ob dir der Text dennoch gefallen konnte.
Was Texte für mich meistens stark macht, hat wenig mit den Optimierungsmöglichkeiten zu tun, sondern erstmal damit, ob es eine Erzählabsicht gibt, ob mich das Thema reizt, ob ich begreifen, warum eine Geschichte erzählt wird. In der Beziehung sagte mir der Text durchaus zu. Sonst hätte ich es dabei belassen ein paar Beispiele vom Anfang zu posten und den Text nicht zu Ende gelesen.
Die Veränderung oder das Umdenken kommen zum Schluss vielleicht etwas schnell, aber sie wurden durch den Freund ja schon eingeleitet. In sofern ist das in Ordnung.

Lieben Gruß
sim

 

Salü weltenläufer,

diese Geschichte ruht schon länger bei mir im Kasten, hat mir im Februar bereits gefallen. Aber ich bin im Kommentieren halt nicht immer so fix bei der Sache, ich lese gerne mehrmals :) Nun hab ich aber die Kommentare nur überflogen, vielleicht hörst Du nix Neues von mir.

Ja, dieses Hocken wie unter einer ’Glasglocke’ … Schüchterne, in Trotz verpackte Blicke und Gehversuche nach draussen, dort wo dieses richtige Leben stattfinden soll, wo die Kontakte gepflegt, die Inspirationen gespeist werden sollten! Eingesponnen in den Traum vom grossen Werk des künftigen Genies, abseits der Alltäglichkeit der Welt … Wow, ja das beschreibst Du eindrücklich.

Deine Geschichte kommt gut bei mir an. Sogar der `Topdog’ Thomas, den ich mir als innere Stimme vorstelle, die zwar hilfreich sein möchte, aber doch eher Widerspruch als Einsicht provoziert. Von daher muss er etwas ungriffig und farblos scheinen, meine ich. Da hat Vittoria in ihrer leuchtenden Lebendigkeit eine viel grössere Sogwirkung um das Ich hinauszulocken, dorthin, wo die Farben entweder endgültig verblassen oder neu gemischt und aufgefrischt werden.

Entschuldigung, ich beginne fast eine eigene Geschichte zu schreiben :) Es soll Deine bleiben.

Hier noch einige Stolpersteinchen:

Als sie verschwunden war, nahm alles wieder stumpfe Gleichgültig an, die atemlähmend und drückend mein Herz infizierte.

> Gleichgültigkeit

Mit dem wiederkehrenen Atem sog ich

> wiederkehrenden

Dann nahm er aus den Augenwinkeln ein Schimmern wahr und drehte mich so rasch wieder um, dass ich

> er / mich / ich. Oder meinst du mit ‚er’ den vorher erwähnten ‚Verdacht’?
Nö, oder?

Diese Geschichte hat mir sehr gefallen, ich hab sie gerne wieder 'ausgegraben' und hoffe, Du hast noch Kontakt zu ihr.

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Gisanne

und einen ganz großen lieben Dank an dich. Es freut mich, dass du diese Geschichte wieder 'ausgebuddelt' hast - und ja, ich habe sehr wohl noch Kontakt zu ihr.

Habe gerne deine Gedanken dazu gelesen und mich daran erfreut.

Entschuldigung, ich beginne fast eine eigene Geschichte zu schreiben Es soll Deine bleiben.
Dafür brauchst du dich in jedem Fall nicht zu entschuldigen. Gedankenketten solcher Art zeigen doch nur, dass meine Gedanken scheinbar jemanden erreicht haben. Ich stelle meine Geschichten natürlich hautsächlich hier ein, um zu lernen, aber ich möchte ja gleichzeitig etwas mitteilen, insofern macht es mich doch glücklich, wenn dies nicht ganz streng nur 'meine Geschichte' bleibt :)

Die Fehler habe ich ausgebessert, danke für dein wachsames Auge.

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Nun Weltenläufer,

es gibt wohl wenige Menschen, die sich nicht für etwas besonderes halten, womit sie selbstredend alle recht haben und so sprichst du mit dieser Perspektive beinahe jeden an. Dadurch funktioniert die Geschichte bei mir. Gleichzeitig holt sie mich auf den Boden der Tatsachen zurück, weil ihr Verfasser so verdammt treffend schreibt!

Die theatralische Sprache kann mir dabei nicht zu viel sein, weil ich dir den Künstler 100% abnehme, was du bereits im ersten Absatz geschafft hast. Dabei ist es wirklich erstaunlich, wei du dieses Thema, was in deinen Geschichten doch häufig Gegenstand ist, immer wieder neu bearbeitest. Ich male übrigens auch und kenne das, was du im ersten Absatz formuliert hast nur zu gut.


Um auch Mal etwas Negatives zu sagen: Thomas ist mir etwas zu eintönig und zu altklug, obwohl ohne ihn diese Geschichte nicht funktionieren würde. Allerdings weicht er niemals von seinem Standpunkt ab, nicht einen Millimeter und man fragt sich, auf welcher Basis die Freundschaft der beiden stehen mag, da sie in einer anderen Welt leben. Man hat etwas das Gefühl, dass die Geschichte Thomas braucht, um zu funktionieren, aber ich glaube nicht, dass er genau so reden würde. Sicherlich ist es nützlich solche Freunde zu haben, aber die gehen da normalerweise doch etwas vorsichtiger zur Sache.

Gruß
Jan

 

Hallo Jan,

danke fürs Ausgraben meiner Geschichte. Sie gehört zu denen, die mir auch heute noch sehr nahe sind.

es gibt wohl wenige Menschen, die sich nicht für etwas besonderes halten, womit sie selbstredend alle recht haben und so sprichst du mit dieser Perspektive beinahe jeden an..
mja, das halte ich für einen gewagten Schluss. Alos, dass man mit dieser Egozentrik jeden anspricht.
Dadurch funktioniert die Geschichte bei mir
Aber es freut mich natürlich, wenn es bei dir funktioniert hat.

Gleichzeitig holt sie mich auf den Boden der Tatsachen zurück, weil ihr Verfasser so verdammt treffend schreibt!
immer wieder erstaunlich wie sehr einen das freuen kann :shy:

Die theatralische Sprache kann mir dabei nicht zu viel sein, weil ich dir den Künstler 100% abnehme, was du bereits im ersten Absatz geschafft hast.
ja, ich denke auch, dass eine andere Erzählstimme auch zu einer anderen Geschichte geführt hätte.
Ich male übrigens auch und kenne das, was du im ersten Absatz formuliert hast nur zu gut.
ja, ähnliche Beitrage kamen auch von anderen die ebenfalls malen. Ich denke, das ist zu vergleichen mit dem Thema Schreibblockade bei Schreibenden Menschen. Das kennt einfach jeder und schafft Vetrautheit.

Um auch Mal etwas Negatives zu sagen:
das klingt ja so, als gehöre das in einen vernünftigen Kom ;)

Sicherlich ist es nützlich solche Freunde zu haben, aber die gehen da normalerweise doch etwas vorsichtiger zur Sache.
ich verstehe deinen Einwand. Da kam schon ein ähnlicher Kritikpunkt. Ab einem bestimmten Punkt allerdings, bringt Behutsamkeit nicht mehr viel. Samthandschuhe sind zum Holzhacken eben nicht geeignet.

Ich danke dir fürs Ausbuddeln und Gutfinden. Immer wieder interessant, ältere Geschichten von einem selbst noch einmal zu lesen.

grüßlichst
weltenläufer

 

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