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Kurzes Vergessen (Arbeitstitel)
Klaas erhob sich sehr langsam. Der Alkohol wirkte, wenn auch nicht, wie Klaas es wollte. Statt ihn abzulenken ließ er lediglich das Zimmer vor seinen Augen leicht rotieren.
Der kleine Tisch war voll mit fast leeren Flaschen, aber Klaas fingerte noch den halbvollen Whiskey heraus. Er trank gerne Whiskey, hatte aber einen sehr eigenen Geschmack, und Jim Beam war ganz bestimmt nicht seine Lieblingsmarke. Trotzdem goss er sich noch einen Doppelten ein.
Das leise Klirren der Flaschen und das sanfte Plätschern im Glas waren die ersten Laute, die seit einer guten halben Stunde den Raum erfüllten, von wenigen, kurzen und leisen Schnarchern abgesehen. Klaas’ Blick wanderte zur Uhr. Halb drei.
Er überschlug kurz, wie lange er Zeit hatte, bevor er wieder in sein Auto steigen musste und ob er dann fahren konnte, schwenkte nachdenklich den Bourbon im Glas, der Duft stieg ihm in die Nase.
„Scheißzeug“, bemerkte er halb in Gedanken, halb leise ausgesprochen und stürzte den Jim Beam runter. Für einen Moment betäubte der Geschmack seine Gedanken. Einen winzigen, kostbaren Moment lang, in dem er nicht nachdachte, sondern einfach mal Ruhe hatte. Bis der Whiskey den Magen erreicht hatte und der Geschmack nachließ und die Gedanken wie ein Blitz schlagartig zurückkehrten.
Die kleine, aber äußerst feuchtfröhliche Feier war seit einer Stunde vorbei, seit sich Sara und die beiden anderen verabschiedet hatten und nur noch Klaas und Markus im Zimmer saßen. Schon nach einer Viertelstunde lag Markus auf dem Sofa und schlief ruhig und friedlich. Klaas hatte indessen kein Auge zukriegen können. Und hatte in einer Dreiviertelstunde drei doppelte Whiskey intus, um sich von dem Schauspiel abzulenken, das sich ihm bot.
Er beobachtete, wie sich Markus’ Brust rhythmisch hob und senkte, hörte den sporadischen Grunzlauten zu, die nur wegen der sonst absoluten Stille hörbar waren, betrachtete den schlafenden jungen Mann die ganze Zeit über.
Das Gesicht, in dem ein kaum merkliches Lächeln eingefroren war und das leicht von der zum Kissen erklärten Jacke zusammengedrückt wurde, ließ Klaas nicht mehr los. Auch sonst konnte er den Anblick nicht abschütteln, aber jetzt, allein mit Markus, war es unendlich viel schlimmer.
Klaas liebte ihn, und Markus wusste es. Aber Markus war eben nicht schwul. Ganz einfach. Klaas dachte immer, er könne das akzeptieren, schließlich hatten es die wenigen Mädchen, die auf ihn gestanden hatten, auch annehmen müssen. Doch jetzt, wo er selbst in der Situation seiner Exfreundin war, wo er selbst dastand und akzeptieren musste, ging es einfach nicht mehr. Obwohl er wollte.
Markus drehte sich erst geräuschvoll auf den Rücken, dann auf die Seite zurück, dann spannte er die Schultermuskeln an und schlug schließlich blinzelnd die Augen auf. Klaas sah ihm direkt in die Augen, wieder nur für einen kurzen Moment, bis er sich abwandte, bevor die Gedanken ihn übermannten.
„Wie spät is’ denn?“, kam es vom Sofa her.
„Viertel Vier.“
Markus schmatzte irgendetwas, das Klaas nicht verstand, fragte dann deutlicher, aber nicht minder verschlafen:
„Wieso schläfst du eigentlich nicht?“ Klaas überlegte, ob er die Wahrheit sagen sollte, verwarf den Gedanken aber sofort wieder, verlegte sich stattdessen auf ein Achselzucken und antwortete:
„Ich hab zuviel gesoffen. Wenn sich alles dreht, kann ich halt nich einschlafen.“ Markus kommentierte die Erklärung mit einem beiläufigen Nicken und kämpfte gegen die ihn wieder übermannende Müdigkeit an. Klaas versuchte, ihn nicht anzusehen. Markus drehte sich mit halb zugefallenen Augen auf den Bauch und schlief fast sofort wieder ein. Klaas hatte jetzt den perfekten Blick auf seinen Hintern.