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Leben lassen!?

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28.11.2009
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Leben lassen!?

Ein kleiner, schüchterner Feldhase besuchte die Tiere auf dem Bauernhof. Er traf auf eine Gans, die – wie eine Diva posierend - ihr Spiegelbild in einer Wasserpfütze betrachtete. Der kleine Feldhase wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Die Gans, die sich so eitel präsentierte, sah in ihrem zerrupften, teils kahlen Federkleid und dem glanzlosen Schnabel einfach nur erbärmlich aus.
Er bekam Mitleid mit dem Federvieh, und da er sich sehr einsam fühlte, begann er, die Gans zu umwerben. Diese lachte ihn jedoch nur aus und meinte: „ Geh mir aus den Augen, Kleiner, du hast mir doch nichts zu bieten“, und jagte ihn mit lautem Geschnatter vom Hof. Irritiert und mit gesenktem Kopf machte sich der Hase auf den Weg zurück in sein Wäldchen.
Viele Monate später hoppelte der Hase, inzwischen Ehemann und Vater, über die Felder. Dabei traf er auf die Gans, die erbärmlich schluchzte. „Warum weinst du denn, Gans?“, fragte der Hase anteilnehmend. „Ach, ich arme Gans“, jammerte sie, „die Tiere des Hofes haben mich verstoßen. Sie sagen, ich würde nicht in die Gemeinschaft passen. Jetzt bin ich ganz alleine.“ Sie flehte den Hasen an: „Kann ich nicht mit dir kommen?“
Der Hase verneinte bedauernd. Schließlich war er sehr damit beschäftigt, seine Familie zu ernähren und sie vor dem bösen Fuchs zu beschützen, der hier in der Gegend sein Unwesen trieb.
Daraufhin schluchzte die Gans: „Ach, wie töricht war ich doch“, schluchzte sie, „du hättest für mich gesorgt und mich beschützt. Jetzt bin ich alleine“. Und ganz leise fügte sie hinzu: „Mein Leben ist so ganz sinnlos“. „Aber nein“, versuchte der Hase die Gans zu trösten, „kein Leben ist sinnlos, du wirst schon sehen“, und hoppelte davon.
Am nächsten Morgen fand der Bauer nicht weit von seinem Hof entfernt am Wegrand einen toten Fuchs, umgeben von zahlreichen stumpfen und zerzausten Federn. Aus dem Maul des Fuchses hing noch ein Gänseflügel.
Als der Hase von dem Schicksal der beiden Tiere erfuhr, meinte er zu seiner Frau: „Siehst du, kein Leben ist sinnlos. Selbst die ungenießbare Gans hat ihre Aufgabe im Leben noch gefunden“.

 

Salve Marion und herzlich willkommen bei KG.de,

Deine kleine Fabel stößt mir irgendwie sauer auf.
Zum einen die Moral: klar, bei Texten dieses Genres wird sie meist sehr plakativ formuliert. Doch den Lebenssinn darin zu finden, sich vom Fuchs fressen zu lassen, ist doch sehr zynisch - allzumal in Deinem Text nicht ersichtlich wird, dass die Gans ihren Tod in Kauf genommen hatte, um jemand oder etwas anderes zu schützen, was auch eien posthume Wiederaufnahme in die Gesellschaft rechtfertigte.
So bleibt ihr die Ehre, Bauernopfer gewesen zu sein, um den Fuchs zur Strecke zu bringen. Eien sehr fragwürdige Textaussage, mE.

Über ein paar Details kann man in Anbetracht des Genres hinweg sehen, z.B. warum die Tiere die Gans aus einer Gesellschaft ausschließen können, in der der Bauer das Sagen hat (er wird ja ein Interesse am Verbleib der Gans haben), oder warum der Hase Mitleid mit der offensichtlich arroganten, selbstverliebten Gans hat und sie dann auch noch umwirbt - Mitleid und partnerschaftliches Interesse scheinen mir gar nicht zusammen zu passen.

LG, Pardus

 

Hallo Pardus,
es ist ein Missverständnis, dass die Gans ihren Tod in Kauf genommen hat, um jemanden oder etwas anderes zu schützen – genauso wenig hatte sie „die Ehre, Bauernopfer zu sein“.
Ich hatte es mir so gedacht: die hässliche, dumme Gans ist arrogant und selbstverliebt. Keiner kann ihr das Wasser reichen, und das kleine schüchterne Häschen schon gar nicht.Da sie in ihrer Art unerträglich ist, wird sie von der Hofgemeinschaft ausgeschlossen. Plötzlich steht sie alleine da, kann sich nicht selbst ernähren, ist hilflos in der freien Natur.
Der Hase, das einzige Tier, das die Gans trotz ihrer unausstehlichen Art damals umworben hatte, ist auch schon vergeben. Sie sieht keinen Lebenssinn mehr.
Ob sie dem Fuchs entgegen gewatschelt ist oder ob der Fuchs die Gans gefunden hat, habe ich offen gelassen (aber ich denke, dass sie einfach nicht mehr leben wollte und sich dem Fuchs geopfert hat).
Die Gans war aber so ungenießbar, dass Sie dem Fuchs „im Halse steckengeblieben“ ist. So hat sie - ohne es zu wollen - wenigstens im Tod noch eine gute Tat erbracht.
Ob man es zynisch findet oder nicht, ist wohl Geschmackssache. Aber warum sollte ich in einer Fabel aufführen, wie die Tiere die Gans verstoßen können, wo doch der Bauer der Hofherr ist? Ich finde, das gehört nicht in eine Fabel.

Der Hase hat die arrogante, hässliche Gans deshalb umworben, weil er so schüchtern und einsam ist. Er hat wohl gedacht, dass eine Gans, die so hässlich und arrogant ist, sich auch einsam fühlt und nach einem Partner sehnt.
Gruß, Marion

 

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