Leiden
Ich habe diese Geschichte vor einiger Zeit geschrieben und würde gerne wissen was ihr darüber denkt:
Leiden
Ich bin wütend. Ich zittere vor Wut. Ich denke an all die Sachen die sie mir angetan haben, all diese schrecklichen Sachen. Worte, die tiefer schneiden als jedes Messer, Gelächter das mich nachts verfolgt, das mich nicht schlafen lässt. Gelächter welches jeden Tag für mich zur Qual werden lässt, an das ich beim Aufwachen bereits denken muss, vor dem ich Angst habe. Erniedrigung. Schmerz. Nein, kein körperlicher Schmerz. Schmerz der weit über diesen hinausreicht, der für die anderen nicht erfassbar ist, den nur ich fühle und den nur ich allein verstehen kann. Ich bin allein auf der Welt, allein, keiner der mich verstehen kann. Ich bin nichts Wert sagen sie, nichts Wert. Bin ich nichts Wert? Haben sie Recht? Wieso machen sie das mit mir, wieso ausgerechnet mit mir? Diese Hölle die ich jeden Tag durchlebe, Hölle, Hölle… Macht es ihnen Spaß? Es macht ihnen Spaß. Meine Wut weicht der Trauer. Ich bin ein Wrack, ein Wrack… Wofür lebe ich? Was ist der Sinn? Bringt mir der Tod Erlösung, oder falle ich in ein noch schwärzeres Loch? Ich sehe in den Spiegel über dem Waschbecken. Ich sehe ein fahles, pickeliges Gesicht. Leere Augen starren mich an. Ich erinnere mich, diese Augen waren einst voll Lebensfreude, haben oft geleuchtet, doch was ist nun? Was ist nun? Das Leuchten ist erloschen. In mir ist etwas erloschen, nicht nur in den Augen, tief in mir. Die Freude in mir, die Fähigkeit Glück zu empfinden. Ich fühle mich immer gejagt, klein unter den Augen der anderen. Alle sind stärker als ich, sind schneller, schöner, besser. Werde ich es tun? Ich bin verzweifelt, ich werde es tun. Ich muss nur die Wut wieder finden, Wut ist Stärke, ich muss die Trauer in ihr ersticken. Ich starre in den Spiegel. Ich sehe die kümmerliche Gestalt und spüre wie sie in mir aufsteigt, die Wut auf mich selbst. Wie kann ich das nur alles mit mir machen lassen? Wie kann ich nur so schwach sein? Wieso kann ich das Gelächter nicht ertragen, nicht stark sein? Wieso bin ich so schwach. Ich bin nicht wütend auf die anderen, ich bin Schuld. Ich bin immer Schuld. Ich bin schwach.
Ich muss dieses eine Mal stark sein, dann ist alles vorbei. Ich wünsche mir nur dass mein Leiden ein Ende hat. Ob mich jemand vermissen wird? Meine Mutter? Nein, sie war immer zu beschäftigt, ich kenne sie nicht. Meine Klassenkameraden? Ja, wen sollen sie nun verhöhnen? Wird es Weh tun? Nein, ich weiß wie ich es tun muss damit ich nichts spüre, ich habe es oft im Fernsehen gesehen. Ich mache den Mund auf und schiebe den Lauf langsam hinein. Eine Träne läuft meine Wange hinab. Was hat mich nur zu dem gemacht was ich jetzt bin, zu dem getrieben was ich gerade tue? Ich wünschte mir immer Freunde, immer… Jemand der mehr sieht als mein Äußeres, der nicht über mich lacht. Verständnis…. Die Umgebung verschwimmt durch die Tränen in meinen Augen. Es ist Zeit zu gehen. Abschied brauche ich keinen zu nehmen, von was auch? Mein Finger umfasst den Abzug, drückt ihn langsam hinunter. Ein letzter Atemzug, ich höre mich keuchen, fühle wie eine verirrte Träne auf meinem Hemd landet und von dem Stoff aufgenommen wird. Ich drücke den Abzug durch. Aus.