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Copywrite Leviathan

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24.01.2009
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Leviathan

Die Wellen waren hoch wie Omas Kirschbaum, der Wind hatte die Kraft einer Herde Elefanten und alles auf dem Schiff geriet durcheinander. Die Männer kullerten über die Planken wie Glasmurmeln und manch einem fiel etwas auf den Kopf. Der Kapitän hatte sich mit einem Tau fest ans Steuer gebunden und hielt das Schiff auf Kurs. Und als der Sturm zu Ende war, da sahen die Männer schon Land voraus.

»Und morgen kommt der Papa wieder nach Hause«, sagt Gretha.
»Ja, mein Schatz. Morgen ist der Papa wieder zu Hause.« Ich gebe meiner Tochter einen Gute-Nacht-Kuss, lösche das Licht, höre mein Herz schlagen und starre die Decke an.

Damals hatte ich Onkel Friedel besucht. Fuhr mit dem Auto vom Westen in den Osten. An einer Raststelle traf ich einen Tramper: schwarze Hose, schwarze Weste, schwarzer Hut, weißes Hemd. Ich fuhr vor, kurbelte das Fenster runter, fragte: »Potsdam?«, der Typ nickte, wir luden seinen Seemannssack in den Kofferraum und er fuhr mit bis Potsdam, mit bis zu mir nach Hause. Drei Jahre später kam unsere Tochter Gretha auf die Welt.

»Mama?«, sagt Gretha.
»Ja?«, sage ich.
»Wenn man lügt, kommt man dann ins Gefängnis?«
»Wie kommst du darauf?«
»Leo sagt, das stimmt alles gar nicht mit dem Papa.«
»Sagt der Leo das?«
»Aber es stimmt doch?«
»Natürlich. Keine Sorge, niemand wird dich in ein Gefängnis stecken. Und jetzt schlaf.«

Wir treffen uns beim Italiener an der Havel. Als Felix kommt, springt Gretha auf und fliegt ihm entgegen. Ihre Beine sind langsamer als die Freude, Felix hebt das Kind vom Boden auf, wirft es in die Luft und seine kleine Prinzessin vergisst darüber das Heulen. Seine Hose ist neu. Keine Jeans. Die hat er sich niemals selbst ausgesucht. Sarah wird sie ihm gekauft haben. Und braun ist er schon, dabei gab es gerade mal fünf bis acht Sonnenstrahlen in diesem Jahr. Heute fällt der neunte vom Himmel. Die Hose sieht albern an ihm aus. Nur, weil er jetzt in einer Studenten-WG wohnt, ist er noch lange keiner. Er ist keine zwanzig mehr. Hat er abgenommen? Wirkt irgendwie schmaler. Felix und Gretha kommen zum Tisch gelaufen, ich stehe auf, umarme ihn zur Begrüßung, sauge seinen Duft ein, spüre seinen Körper und muss mich zwingen, meine Hände nicht in seinen Locken zu vergraben, ihn wieder loszulassen.
Gretha will Schokoeis und Pistazieneis und Haselnusseis und Vanilleeis und Kokoseis und Walnusseis. Wir verhandeln auf Schoko und Kokos. Felix nimmt einen Schwedenbecher, ich denke an die Waage im Badezimmer und bestelle eine Tasse Kaffee. Schwarz. Ohne Zucker, ohne Milch.
»Schöne Hose«, sage ich.
»Weiß nicht«, sagt Felix. »Ist ungewohnt.«
Ich nicke verständnisvoll.
Gretha weicht ihm nicht von der Seite, bleibt auf Papas Schoß, auch als die Eisbecher kommen.
»Und?«, fragt er.
»Ja, gut«, sage ich.
»Wirklich?«
»Ja. Sicher.«
»Freut mich.«
Wir schweigen, bis Gretha ihre Finger in den Eierlikör vom Schwedenbecher tunkt.
»Lass das!«, sage ich.
»Lass sie doch«, sagt Felix.
Ich lass sie. »Und bei dir so?«
»Auch gut.«
Ich schau ihm ins Gesicht, aber kein Zug verrät, dass er nicht die Wahrheit sagt. Felix sieht zufrieden aus.
»Kommst du finanziell klar? Braucht Gretha irgendwas?«
Himmelherr, sie braucht tausend Dinge. Aber ich weiß, was er als Zimmermann verdient. Er tut sein Möglichstes. »Geht schon.«
»Macht ihr Urlaub im Sommer?«
»Bei Onkel Friedel. Im Wohnwagen. Auf dem Zeltplatz.«
»Ja. War immer schön da.«
Natürlich ist es dort schön! Jedes Jahr war es unser Zuhause für zwei Sommerwochen. Felix hat die Zeit dort geliebt. Den Steg, das Boot, seine Angel, den Grill, den Hochstand im Wald, von dem aus wir die Wölfe erspähen wollten, aber nie einen sahen, auf dem er mir den Heiratsantrag machte, in einer Vollmondnacht, mir einen Ring aus dem Spielzeugautomaten an den Finger steckte.
Felix hat ihn abgenommen, seinen Ehering. Ich trage meinen noch. Gretha zieht ihren Papa weg von mir auf den Spielplatz. Ich schlüpfe aus meinen Schuhen, lege die Füße hoch und raffe den Rock ein Stück höher, lass den neunten Sonnenstrahl an meine Kokosbeine. So hat Felix sie genannt. Seine braunen Beine außen, meine Beine innen.
Nach zwanzig Minuten kommen sie zurück, Gretha muss auf die Toilette, danach will sie für Felix ein Bild malen. Sie malt ein rosa Schiff und einen blauen Mann darauf. »Das ist Papa.«
»Erzählst du ihr immer noch diesen Mist?«
»Erklär du es ihr. Hier und jetzt.«
»Ich habe mir gedacht, dass ich sie das nächste Mal mit nach Berlin nehmen könnte.«
»Nein.«
»Du kannst ihr nicht ewig diese Märchen erzählen.«
»Erklär du es ihr.«
Seine Prinzessin überreicht ihm stolz das Bild. Er war noch nie gut darin, ihr weh zu tun. Arztbesuche - ich. Den Fernseher abschalten - ich. Gretha die Schokolade verbieten - ich. Sie in die Kita bringen - ich. Er öffnet seinen Mund, ich halte den Atem an, er schließt ihn wieder, ich atme aus. Felix nimmt ihr das Bild ab, betrachtet es, zeigt auf einen Kringel und fragt Gretha: »Was ist das?«
»Die Welle!«
»Ah, natürlich. Ist es eine gute oder eine böse Welle?«
»Eine böse«, sagt Gretha.
»Bleibst du zum Abendessen?«, frage ich. »Gibt Rouladen.«
Für Rouladen stirbt Felix.
»Habe noch was vor heute Abend.«
»Verstehe. Gretha wird traurig sein.«
»Tut mir leid.«

In ihrem Kindersitz schläft Gretha ein. Sie bekommt nicht mit, wie Felix aussteigt, noch einmal die Hintertür öffnet, ihr übers Haar streicht. Zwei Finger küsst und sie ihr auf die Wange legt. Ich fahre nicht direkt nach Hause, soll Gretha ruhig noch ein bisschen schlafen. Sie hat es nicht gut aufgenommen, als Felix ihr erklärt hat, dass er jetzt gleich wieder weg muss, nicht mit ihr in die Badewanne geht. Ich werde die Rouladen für ihn einfrieren. Es ist lächerlich. Felix ist keine zwanzig mehr, kein Student, keiner, der gern in einer WG wohnt.

Ein Ungeheuer so groß, wie noch nie jemand ein Ungeheuer gesehen hatte. Alle Männer auf dem Schiff waren starr vor Schreck. Es riss sein Maul auf und verschluckte das ganze Schiff. Einfach so, als wäre es eine Erbse. Stockdunkel war es in dem Ungeheuer. Das Schiff schaukelte und drehte, es überschlug sich sogar, bis es im Bauch des Ungeheuers zur Ruhe kam. Die Matrosen hielten sich die Nase zu, denn es stank furchtbar im Ungeheuerbauch. Sie erzählten Geschichten, denn mehr konnten die Männer nicht tun, während das Ungeheuer durch den Ozean trieb, hier und da noch ein paar Schiffe schluckte, bis sein Bauch ganz voll war. Da musste das Ungeheuer schrecklich von pupsen und alle und alles flog zurück auf den Ozean. Die Schiffe fuhren zurück nach Hause und damit ist die Geschichte zu Ende.

»Wie heißt es?«, fragt Gretha.
»Das Ungeheuer?«
»Ja.«
Sarah. Es heißt Sarah, denke ich.

 

Liebe @Chai,

noch so ein Sommergewitterkommentar, wozu ich sagen muss, ich mag diese Gewitter sehr, solange ich dabei nicht irgendwo in der Wallachei bin. Bin ich gerade nicht :D.

Auf den ersten Blick kommt sie so leichtfüßig daher mit diesem Seemannsgarn, hinter dem aber eine tiefe Tragik steckt ohne rührselig zu sein.
Schön, wenn es so beim Leser funktioniert. Das ist wirklich cool.

Die größte Tragik ist für mich, dass deine Prota glaubt, es damit Gretha zu erleichtern, dabei leidet sie fast noch mehr unter der Trennung, will es sich aber nicht eingestehen.
Da bin ich ganz bei Dir.

Sie tut mir mehr leid als Gretha.
Das Leid der einen wird zum Leid der anderen. Verfluchtes Leben halt.

Man fragt sich, wer hier mehr an dieser Märchenwelt festhalten will, die Prota oder Gretha.
Ja.

Nicht mal ein Gespräch kommt auf zwischen den beiden. Autsch. Das tut schon verdammt weh.
Nicht wahr -

Hast mich voll erwischt, Fliege!
Ach, das freut mich.

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Lob gefällt immer, ist klar, aber tut auch gut.

Jaaaaaa @Isegrims,

tja, @Fliege, ich wünsch mir von dir so ein Fliegefeuerwerk aus frischfrechen Beobachtungen, Figuren, die sich fliegemäßg aneinander reiben, mir den Atem rauben, damit der Wow-Effekt eintritt, ...
Wir reden hier also von enttäuschter Lesererwartung. So so. Ich finde die reiben sich, vielleicht etwas subtiler, aber doch, die tun das schon. Also die Prot./das Kind, die beiden zerreibt es total. Und Papa ist so glücklich mit der Situation sicher auch nicht. Was die Beobachtungen und den Wow-Effekt betrifft, ja klar, mehr geht immer, aber mehr floss diesmal halt nicht aus der Feder. Und ich mag den Text jetzt auch nicht künstlich tunen, ich finde den ganz gut geerdet und ich finde auch, dass es ihm gut tut. Sorry, ich glaub, ich muss Dich auf irgendwann mal vertrösten. Meine letzten Text waren ja oft mehr Rätsel für die Leser (was nie meine Absicht war), deshalb freue ich mich jetzt einfach mal, dass der von Anfang an funktioniert. Klar, er ist auch viel geradliniger, aber das will ich ihm jetzt nicht zur Last legen. Nein, er macht schon gut, was er machen soll. Mein persönliches Empfinden, auch so aus den Kommentaren heraus.
Danke für deinen Motivationsversuch. Aber es ist heiß, meine Schreiblust mit dem CW vorerst befriedigt, ich freue mich auf all die anderen Storys, vielleicht will ja doch irgendwann noch was in den Text. Wenn es mir unter kommt, mach ich das.

Liebe Grüße an Euch beide! Und seit wann jagen Mücken eigentlich Fliegen? :D
Schönen Tag Euch
Fliege

 

Moin, moin @Fliege,

ich stecke gerade völlig fest in meinem Copy-Versuch, da hilft vielleicht ein Ausflug in andere Welten ...
Das Problem ist nur, was soll ich hier kommentieren, das zitieren des Textes und Daumen hoch ist zum Glück "verboten", aber auch nach nochmaligem Lesen mag ich ihn einfach so, wie er ist! Ich gönne mir also lauter Lob-Zitate

Leviathan
Die Männer kullerten über die Planken wie Glasmurmeln und manch einem fiel etwas auf den Kopf.
:herz:
wirklich eine schöne Idee, die Gute-Nacht-Geschichte als Rahmen, den Titel musste ich zwar kurz googlen, finde ihn aber sehr passend und wirklich für Friedel gemacht.

Ich fuhr vor, kurbelte das Fenster runter, fragte: »Potsdam?«, der Typ nickte, wir luden seinen Seemannssack in den Kofferraum und er fuhr mit bis Potsdam, mit bis zu mir nach Hause. Drei Jahre später kam unsere Tochter Gretha auf die Welt.
Klasse, knapp vier Jahre in drei Zeilen. Die Lösung versuche ich mir mal zu merken.

»Natürlich. Keine Sorge, niemand wird dich in ein Gefängnis stecken. Und jetzt schlaf.«
Ja, und das liebe ich an Deinem Text (eigentlich ja in all Deine Texten) - Dieses Mitfühlen. Hier ist die Mutter für mich mit den Gedanken gar nicht bei diesem Gespräch, so Mutter-mäßig ja, ja. Denn eigentlich erzählt sie ja die "Lügen". Aber genauso fühlt man es mit.

Als Felix kommt, springt Gretha auf und fliegt ihm entgegen. Ihre Beine sind langsamer als die Freude, Felix hebt das Kind vom Boden auf, wirft es in die Luft und seine kleine Prinzessin vergisst darüber das Heulen.
Da steckt soviel Protbeschreibung zwischen und in den paar Zeilen. Tolles Beispiel für Show, don´t tell

Und braun ist er schon, dabei gab es gerade mal fünf bis acht Sonnenstrahlen in diesem Jahr.
Ich mag die Gedankengänge total, da wird soviel gezeigt, sie liebt ihn noch, sorgt sich ein wenig, ist sauer, ja unglaublich dicht dran

Wir verhandeln auf Schoko und Kokos.
gut verhandelt

»Schöne Hose«, sage ich.
böser Spruch, in harmlosem Kleid

Gretha weicht ihm nicht von der Seite, bleibt auf Papas Schoß, auch als die Eisbecher kommen.
ich bin ganz dicht an der Kleinen, die großen verstehe ich voll, und trotzdem kann ich mit der Lütten mitfühlen

Natürlich ist dort schön!
ja, Absicht! Trotzdem fehlt mir hier das "Es". Doofe Dopplung zum Folgesatz, aber diese Stelle war ein Minihaker.

lass den neunten Sonnenstrahl an meine Kokosbeine.
:herz:

»Erzählst du ihr immer noch diesen Mist?«
»Erklär du es ihr. Hier und jetzt.«
ich höre geradezu ihre Tonlage und das anheben der Lautstärke, Danke für die Lektion, mal schauen, ob was hängenbleibt

»Bleibst du zum Abendessen?«, frage ich. »Gibt Rouladen.«
Für Rouladen stirbt Felix.
Frau kämpft mit allen Mitteln

Da musste das Ungeheuer schrecklich von pupsen und alle und alles flog zurück auf den Ozean. Die Schiffe fuhren zurück nach Hause
Ich würde so gerne die Gute-Nachtgeschichte lesen - schreib Sie doch bitte

Sarah. Es heißt Sarah, denke ich.
Ja, da ginge noch was, aber nö, ich finde das Ende total passig, schlüssig, so tickt sie halt.
Wirklich ein schöne wunderbare Copy, das Original war schon Klasse, aber ich mag diese noch etwas lieber

Okay, ich nehme mein "Gemecker" über Dein Tempo zurück, es wäre schade gewesen, uns die Geschichte noch länger vorzuenthalten
Beste Wünsche
witch

 

Liebe grüne witch,

habe so viel lieben Dank!

ich stecke gerade völlig fest in meinem Copy-Versuch, da hilft vielleicht ein Ausflug in andere Welten ...
Ich hoffe, es hat geholfen. Ich drücke Dir feste die Daumen. Ansonsten pack alles unters Kopfkissen und träume drüber :).

Ich gönne mir also lauter Lob-Zitate
Ach, dazu gönne ich mir doch einen Kaffee und leg die Beine hoch. Wackel hin und weieder mit der großen Zehe und liebe das Leben.

... finde ihn aber sehr passend und wirklich für Friedel gemacht.
Nicht wahr?!

Ja, und das liebe ich an Deinem Text (eigentlich ja in all Deine Texten) - Dieses Mitfühlen. Hier ist die Mutter für mich mit den Gedanken gar nicht bei diesem Gespräch, so Mutter-mäßig ja, ja. Denn eigentlich erzählt sie ja die "Lügen". Aber genauso fühlt man es mit.
So war der Plan. Immer schön, wenn der aufgeht.

Ich mag die Gedankengänge total, da wird soviel gezeigt, sie liebt ihn noch, sorgt sich ein wenig, ist sauer, ja unglaublich dicht dran
Ach, da geht mir doch das Herz auf.

ich bin ganz dicht an der Kleinen, die großen verstehe ich voll, und trotzdem kann ich mit der Lütten mitfühlen
Und schon wieder. Mein großer Zeh ist ganz außer sich.

Frau kämpft mit allen Mitteln
So sind sie.

Ich würde so gerne die Gute-Nachtgeschichte lesen - schreib Sie doch bitte
Ach nö. Ich habe einen ganzen Gute-Nacht-Roman geschrieben. Mit dem Thema bin ich vorerst durch.

Okay, ich nehme mein "Gemecker" über Dein Tempo zurück, ...
Da habe ich aber Glück gehabt :)

Ich danke dir sehr für all die schönen Zeilen und wünsche Dir eine fliegende Feder für dein Copy.
Liebe Grüße, Fliege

 

Liebe @Fliege ,

"Eine federleichte Fliegengeschichte", dachte ich nach dem ersten Lesen. Sie kommt verspielt daher, das perlt so: die Seefahrergeschichte, die das Ganze einrahmt und die kindlichen Bilder, in denen Grethas Perspektive mit einfließt. Aber dahinter verbirgt sich eine traurige Geschichte von Bitterkeit, Sehnsucht und Verlassenheit. Und das tut dann zwischendurch auch richtig weh.

Ihre Beine sind langsamer als die Freude, Felix hebt das Kind vom Boden auf, wirft es in die Luft und seine kleine Prinzessin vergisst darüber das Heulen.
Es könnte alles so schön sein ...

Felix und Gretha kommen zum Tisch gelaufen, ich stehe auf, umarme ihn zur Begrüßung, sauge seinen Duft ein, spüre seinen Körper und muss mich zwingen, meine Hände nicht in seinen Locken zu vergraben, ihn wieder loszulassen.
Kennst du "Kommando Untergang" von Anna Depenbusch?

Ich schau ihm ins Gesicht, aber kein Zug verrät, dass er nicht die Wahrheit sagt. Felix sieht zufrieden aus.
Scheiße aber auch.

Den Steg, das Boot, seine Angel, den Grill, den Hochstand im Wald, von dem aus wir die Wölfe erspähen wollten, aber nie einen sahen, auf dem er mir den Heiratsantrag machte, in einer Vollmondnacht, mir einen Ring aus dem Spielzeugautomaten an den Finger steckte.
Auf den Spielzeugautomatenring würde ich spontan lieber verzichten. Das ist mir zu kitschig süß. Und vielleicht auch schon etwas verbraucht. Andererseits zeigt es gerade, dass die beiden, besonders er, ihre Liebe möglicherweise aus dieser verspielten Jugendzeit nicht in die Zeit retten konnten, wo es ernst wird, wo ein Kind geboren wird. Du deutest das später gut an, wie er als Vater eher wegläuft:

Er war noch nie gut darin, ihr weh zu tun. Arztbesuche - ich. Den Fernseher abschalten - ich. Gretha die Schokolade verbieten - ich. Sie in die Kita bringen - ich. Er öffnet seinen Mund, ich halte den Atem an, er schließt ihn wieder, ich atme aus.
Hier finde ich die Anmerkung von @Chai sehr passend. Dass sie selber mindestens so sehr unter der Wahrheit leidet, wie ihre Tochter es tun würde.


»Erzählst du ihr immer noch diesen Mist?«
»Erklär du es ihr. Hier und jetzt.«
Toller Dialog, der soviel zeigt. Sie ist die ganze Zeit mühsam um Fairness bemüht, reißt sich zusammen, zeigt ihren Schmerz nicht, aber hier blitzt etwas von ihrer Wut auf, dass er sich davongemacht hat. Und auch er zeigt was von der Härte, zu der er offenbar auch fähig ist.


Sarah. Es heißt Sarah, denke ich.
Guter Schluß. Hier ist sie selber ein bisschen kindlich, rettet sich über den Schmerz, verlassen worden zu sein, durch die Vorstellung, dass Sarah ihn einfach gefressen hat, den Felix.

Ich finde es ziemlich stark, wie ich, trotz der Kürze des Textes, doch ein ziemlich genaues Bild von der Dynamik zwischen den beiden und Gretha bekomme. Wie Gretha mit dieser unausgesprochenen Wahrheit umgeht, darum kreist, so als gäbe es da etwas, was sie ahnt, was für sie nicht fassbar ist.

Um die Brücke zu Friedels Text zu schlagen: Dort ist der Vater der einzige, der ein verantwortungsvolles Verhalten zeigt. (Und ich würde es auch übrigens deinem Felix durchaus zutrauen, zu helfen. Das könnte er vielleicht besser, als seiner Prinzessin das Fernsehen zu verbieten.) Er ist für Gretha auch rätselhaft, sie findet ein eigenes kindliches Erklärungsmuster für sein Verhalten. In beiden Geschichten geht es um die kindliche Wahrnehmung vor einem verwirrenden Verhalten der Erwachsenen. Die Geschichte im Hintergrund, wie du sie entwickelt hast, erscheint mir dazu sehr plausibel.

Sehr gelungenes Copywrite, finde ich. Ich bin auch bald soweit. Trau mich noch nicht, meine Geschichte loszulassen.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hey @Fliege,

hat mir richtig gut gefallen! Ich hab' jetzt auch die Komms gelesen und weiß gar nicht, was ich noch hinzufügen könnte. Sehr schön austariert alles. Steckt viel in und zwischen den Zeilen.
Ich finde nichts zum Meckern, es hat sich mir bloß mal eine Frage aufgedrängt, aber jetzt nicht so, dass mich das sonderlich gestört hätte - auch mit etwas Abstand nicht. Also ... kaum :).
Was für ein Treffen war das jetzt? Ich hab' das so verstanden, dass es darum geht, seine Tochter zu sehen/ treffen. Dann zwei Kugeln Eis und das war's dann? Echt? Könnte mir vorstellen, dass er irgendwas mit ihr unternimmt (Zoo, Puppenbühne, whatever - nur er und seine Tochter) und die Mutter in der Eisdiele wartet. Das würde ihn als Vater etwas aufwerten, das gönne ich ihm einfach.
Einbauen ließe sich das bsp. dort, wo das Smiley ist; dann Leerzeile.

... mich zwingen, meine Hände nicht in seinen Locken zu vergraben, ihn wieder loszulassen.
:)

Gretha will Schokoeis und Pistazieneis und Haselnusseis und Vanilleeis und Kokoseis und Walnusseis.

Und während deine Prota wartet, könntest du die Passage "Damals hatte ich Onkel Friedel besucht" einbauen, bevor es mit dem Eis weitergeht.

Aber wie gesagt, kein Gemecker, nur so 'ne Idee, die sich aus der Frage ergibt, die sich mir gegen Ende aufgedrängt hat.

Schöne Geschichte, sehr gutes CW!

Vielen Dank fürs Hochladen

hell

 

Liebe Chutney,

deine Besuche sind auch immer schön! Also klar, ich habe mich sehr gefreut.

"Eine federleichte Fliegengeschichte", dachte ich nach dem ersten Lesen. Sie kommt verspielt daher, das perlt so: die Seefahrergeschichte, die das Ganze einrahmt und die kindlichen Bilder, in denen Grethas Perspektive mit einfließt. Aber dahinter verbirgt sich eine traurige Geschichte von Bitterkeit, Sehnsucht und Verlassenheit. Und das tut dann zwischendurch auch richtig weh.
Können Fliegen schmelzen? Können sie!

Kennst du "Kommando Untergang" von Anna Depenbusch?
Kannte ich nicht. Wat ist das traurig! Und ich sehe durchaus die Paralellen.

Auf den Spielzeugautomatenring würde ich spontan lieber verzichten.
Du bist schon Nummer zwei. Ich überlege mir was.

Andererseits zeigt es gerade, dass die beiden, besonders er, ihre Liebe möglicherweise aus dieser verspielten Jugendzeit nicht in die Zeit retten konnten, wo es ernst wird, wo ein Kind geboren wird.
Ein schöner Gedanke. Den will ich auch nicht hergeben. Ich überlege weiter.

Hier finde ich die Anmerkung von @Chai sehr passend. Dass sie selber mindestens so sehr unter der Wahrheit leidet, wie ihre Tochter es tun würde.
Einfach nur: ja.

Sie ist die ganze Zeit mühsam um Fairness bemüht, reißt sich zusammen, zeigt ihren Schmerz nicht, ...
Ich fand sie auch so tapfer.

Hier ist sie selber ein bisschen kindlich, rettet sich über den Schmerz, verlassen worden zu sein, durch die Vorstellung, dass Sarah ihn einfach gefressen hat, den Felix.
Hehe. Mir lag ja mehr daran, dass am Ende jeder Geschichte steht, dass die Männer nun nach Hause segeln können, aber stimmt schon, zwischenzeitlich wurden sie gefressen.

Ich finde es ziemlich stark, wie ich, trotz der Kürze des Textes, doch ein ziemlich genaues Bild von der Dynamik zwischen den beiden und Gretha bekomme. Wie Gretha mit dieser unausgesprochenen Wahrheit umgeht, darum kreist, so als gäbe es da etwas, was sie ahnt, was für sie nicht fassbar ist.
Danke auch dafür.

Ich bin auch bald soweit. Trau mich noch nicht, meine Geschichte loszulassen.
Wie ihr das immer macht? Ich würde die am liebsten schon posten, wenn sie fertig im Kopf ist, oder nachdem der erste Absatz geschrieben steht. Ich kann da nie drüber schlafen, dabei wäre es so gut und richtig. Und ich weiß das auch, aber ...

Vielen Dank für den Kommentar. Prosecco? Bier? Torte?
Liebe Grüße!


Hey hell,

das war ja ein Überraschungsbesuch. Wie schön!

hat mir richtig gut gefallen!
Sehr gut!

Ich hab' jetzt auch die Komms gelesen und weiß gar nicht, was ich noch hinzufügen könnte.
Ja, da steht schon viel, viel drin. Und so unendlich ergibig ist der Text nun auch nicht.

Ich finde nichts zum Meckern, es hat sich mir bloß mal eine Frage aufgedrängt,...
Schieß los!

Ich hab' das so verstanden, dass es darum geht, seine Tochter zu sehen/ treffen. Dann zwei Kugeln Eis und das war's dann? Echt? Könnte mir vorstellen, dass er irgendwas mit ihr unternimmt (Zoo, Puppenbühne, whatever - nur er und seine Tochter) und die Mutter in der Eisdiele wartet. Das würde ihn als Vater etwas aufwerten, das gönne ich ihm einfach.
Ja ja, ihn als Vater. Aber was hätte denn die Mutter davon? Die hat ihn ja auch nur, wenn er das Kind sehen will. Der Spielplatz ist das größte Zugeständnis was sie aufbringen kann. Da sieht sie ihn wenigstens noch und kann so schön Tagträumen.
Fliege schrieb:
»Ich habe mir gedacht, dass ich sie das nächste Mal mit nach Berlin nehmen könnte.«
»Nein.«
Er versucht es ja. Und so aus theoretischer Sicht, klar würde der Vater mit einer solchen Szene besser bei wegkommen, aber die Geschichte an sich würde es null vorwärts bringen.

Aber wie gesagt, kein Gemecker, nur so 'ne Idee, die sich aus der Frage ergibt, die sich mir gegen Ende aufgedrängt hat.
Hoffe die Antwort erklärt mein Empfinden. Aber ich verstehe schon, warum sie sich dir aufgedrängt hat.

Vielen lieben Dank auf jeden Fall für deine Zeilen. Nachdem die letzte Geschichte so sperrig war, ist schön zu lesen, dass die hier einfach mal funktioniert und macht, was sie soll.

Schönes Wochenende und beste Grüße!

 

Hallo @Fliege!

»Und?«, fragt er.
»Ja, gut«, sage ich.
»Wirklich?«
»Ja. Sicher.«
»Freut mich.«
Das ist ein geiler Dialog. Sehr authentisch.

Wir schweigen, bis Gretha ihre Finger in den Eierlikör vom Schwedenbecher tunkt.
Ich denke an Friedels Vorlage!

Es ist wirklich eine interessante Geschichte, die du aus Friedels Text gemacht hast. Sehr Fliege-Style, und das meine ich positiv. Ich hab die Story wirklich gerne gelesen, v.a. fand ich die Interaktion zwischen den Geschiedenen (?) sehr authentisch und gut. Da wird viel zwischen den Zeilen gesagt. Auch die Prot kommt mir sehr authentisch vor, ihre Kontrollsucht gegenüber der Tochter und die sehr weibliche Art, wie sie Felix anblickt bzw. was sie sieht, wenn sie ihn anblickt (die neue Hose etc.) Das fand ich sehr gut gemacht und ist im Endeffekt Friedels Story, bloß aus der Sicht der Mutter - und ohne den Vater, der im Knast ist, oder?
Das ist ein Punkt, den ich nicht ganz verstanden habe - bzw. schon verstanden habe, also wenn ich Friedels Vorlage nicht kennen würde, würde ich nach dem Lesen deines Textes denken, dass Felix wirklich in einer WG in Berlin wohnt. Aber, liebe Fliege, ich fände es irgendwie extrem gut, wenn Felix ein Knacki auf Freigang wäre. Ich weiß auch nicht, wieso. Ich finde, das gäbe der Story noch so eine gewisse Zutat, würde Felix noch weiter charakterisieren. Das mit der WG und dass er sich so jung gibt ist auch gut, aber ich persönlich finde das schon sehr irgendwie würzig, wenn Felix jemand auf Freigang wäre. Oder war es von dir so gemeint?

Ein Ungeheuer so groß, wie noch nie jemand ein Ungeheuer gesehen hatte. Alle Männer auf dem Schiff waren starr vor Schreck. Es riss sein Maul auf und verschluckte das ganze Schiff. Einfach so, als wäre es eine Erbse. Stockdunkel war es in dem Ungeheuer. Das Schiff schaukelte und drehte, es überschlug sich sogar, bis es im Bauch des Ungeheuers zur Ruhe kam. Die Matrosen hielten sich die Nase zu, denn es stank furchtbar im Ungeheuerbauch. Sie erzählten Geschichten, denn mehr konnten die Männer nicht tun, während das Ungeheuer durch den Ozean trieb, hier und da noch ein paar Schiffe schluckte, bis sein Bauch ganz voll war. Da musste das Ungeheuer schrecklich von pupsen und alle und alles flog zurück auf den Ozean. Die Schiffe fuhren zurück nach Hause und damit ist die Geschichte zu Ende.
Mir persönlich ist das zu lang. In einem reinen Kindertext würde das sehr gut kommen, auch weiter ausgeführt, aber im Rahmen dieser Geschichte ist mir das ein bisschen zu viel. nach "verschluckte das ganze Schiff" könntest du nach meinem Gefühl schon aus der Geschichte im Kursiven gehen. Der Teil soll ja nur die fiktive Welt, in der der Vater ein Seefahrer ist, zeigen. Für mich würde das reichen.

Toll!

Viele Grüße
zigga


P.S.: Scheiße, die warst ja echt verdammt schnell mit dem Schreiben der Geschichte! :D

 

Hey zigga,

Danke für deinen Besuch. Hat mich gefreut. War ja auch ein sehr netter :).

Das fand ich sehr gut gemacht und ist im Endeffekt Friedels Story, bloß aus der Sicht der Mutter - und ohne den Vater, der im Knast ist, oder?
Das Knast-Ding ist Friedels Version, obwohl man da auch nicht so genau weiß, ob dem so ist. Man könnte es zumindest vermuten.

... würde ich nach dem Lesen deines Textes denken, dass Felix wirklich in einer WG in Berlin wohnt.
Ja, bei mir tut er das.

Aber, liebe Fliege, ich fände es irgendwie extrem gut, wenn Felix ein Knacki auf Freigang wäre. Ich weiß auch nicht, wieso. Ich finde, das gäbe der Story noch so eine gewisse Zutat, würde Felix noch weiter charakterisieren.
Aber dann könnte Mutti ja nicht so schön leiden. Dann würde er ja wiederkommen. Das würde die ganze Story in ein anderes Licht stellen, das wäre eine andere Geschichte. Bei mir ist ja, dass sie sich nicht lösen kann, sie darauf wartet, dass er seines Lebens in der WG überdrüssig wird und zurückkommt, deswegen hält sie "alle Türen" offen.

Das mit der WG und dass er sich so jung gibt ist auch gut, aber ich persönlich finde das schon sehr irgendwie würzig, wenn Felix jemand auf Freigang wäre.
Sicher hätte das auch was. Aber dann wäre der Text eben anders.

... aber im Rahmen dieser Geschichte ist mir das ein bisschen zu viel. nach "verschluckte das ganze Schiff" könntest du nach meinem Gefühl schon aus der Geschichte im Kursiven gehen. Der Teil soll ja nur die fiktive Welt, in der der Vater ein Seefahrer ist, zeigen. Für mich würde das reichen.
Mir persönlich ist total wichtig, dass der Text darauf endet, dass die Männer nach dem "Abenteuer" wieder nach Hause kommen. Das ist ja der Strohhalm, an den Mama sich klammert. Scheint man zwar als Leser nicht so wahrzunehmen, aber ich denke, im Unterbewussten, im Magen murmelt das schon irgendwie mit. Und die drei Zeilen, die schafft der Leser auch noch. Aber ich verstehe deinen Gedanken dahinter.

Freude! Die letzten Texte ließen sich ja etwas schwieriger an.

P.S.: Scheiße, die warst ja echt verdammt schnell mit dem Schreiben der Geschichte! :D
Manchmal bin ich von mir selbst überrascht. Aber ich war auch echt heiß, hatte richtig Bock auf CW und Schreiben. War 'ne gute Kombi von allem. Auch von der Vorlage her.

Viele liebe Grüße an Dich! Ich arbeite mich auch langsam durch die viele CW vor. Mann, da haben diesmal aber echt viele mitgerundet, man weiß gar nicht wo anfangen mit dem Lesen. Also, bis die Tage, Fliege

 

Hej liebe @Fliege ,

nachdem ich diese Geschichte zu Ende gelesen hatte und bemerkte, wie kurz sie an Worten war, wurde mir mal wieder klar, dass manches eben nicht viele braucht. Zum Beispiel wenn eine liebende und kluge Frau ihrer Tochter eine Geschichte erzählt. Es braucht auch keine spektakulären Bilder und originelle Wortschöpfungen. Man sollte Wärme und Tiefe erzeugen können wie du hier.

Papa mag ich persönlich ohne Artikel lieber. Es ist einzig und wie hier seiner Gretha wunderbar nah.

Bei der Zahl neun denke ich an die Musen der griechischen Mythologie, an die Töchter Zeus’ und sicher ist die Ich-Erzählerin eine Göttin, denn wie könnte sie sonst so über den Dingen stehen, den Blick für die Bedürfnisse und Ängste ihrer beiden Lieben haben, auf sie achten, Verständnis für Felix und sein Bemühen, seine Situation haben, auf seine Kosten zurückzustehen für Gretha und auch für ihn. Ach, Fliege, die Liebe ist schon auch grausam.

... meine Hände nicht in seinen Locken zu vergraben,...

Mein Felix hätte mit großer Sicherheit auch Locken gehabt. ;)

Erstaunlich und nicht zu erwarten war für mich der Ausgang des Gesprächs um die Geschichte für Gretha. Felix verzichtet auch auf Gretha. Aus Liebe. Warum sind die drei nochmal nicht die kleine wundervolle Familie, die sie sein müssten? :hmm: Ach ja, die Herrin.

Es ist lächerlich. Felix ist keine zwanzig mehr, kein Student, keiner, der gern in einer WG wohnt.

Ich glaube, sie sitzt das einfach aus und Felix kommt das nächste Mal mit ... zum Rouladenessen und Zelten.

Die Adaption auf @Friedrichard s Text ist schön geworden, liebe Fliege. Du hast so viel richtig gemacht und Gretchens Erzählung in eine feine Szene gearbeitet, Elemente genutzt und ausgebaut. Ich habe den Dreien gerne zugesehen.

Lieber Gruß, Kanji

 

Liebe Kanji,

und lieben Dank für deinen Besuch! Das war schön!

nachdem ich diese Geschichte zu Ende gelesen hatte und bemerkte, wie kurz sie an Worten war, wurde mir mal wieder klar, dass manches eben nicht viele braucht.
Ich musste ja auch nicht ewig an einem Netz knüpfen, um dem Leser die Situation zu erklären. Frau wird verlassen und kommt damit nicht klar ist etwas, wo man gut auf die Erfahrungen der Leser aufbauen kann. Da spart man sich viel Erklärung.

Zum Beispiel wenn eine liebende und kluge Frau ihrer Tochter eine Geschichte erzählt. Es braucht auch keine spektakulären Bilder und originelle Wortschöpfungen. Man sollte Wärme und Tiefe erzeugen können wie du hier.
Dankeschön.

Bei der Zahl neun denke ich an die Musen der griechischen Mythologie, an die Töchter Zeus’ und sicher ist die Ich-Erzählerin eine Göttin, denn wie könnte sie sonst so über den Dingen stehen, den Blick für die Bedürfnisse und Ängste ihrer beiden Lieben haben, auf sie achten, Verständnis für Felix und sein Bemühen, seine Situation haben, auf seine Kosten zurückzustehen für Gretha und auch für ihn. Ach, Fliege, die Liebe ist schon auch grausam.
Na ja, all ihre Fairness hat ja auch seinen Preis. Es erhöht die Fallhöhe für Gretha. Und ob das nun wieder so gut und richtig ist, möchte ich mal bezweifeln. Ja, Liebe ist grausam.

Mein Felix hätte mit großer Sicherheit auch Locken gehabt.
:)

Erstaunlich und nicht zu erwarten war für mich der Ausgang des Gesprächs um die Geschichte für Gretha. Felix verzichtet auch auf Gretha. Aus Liebe. Warum sind die drei nochmal nicht die kleine wundervolle Familie, die sie sein müssten? :hmm: Ach ja, die Herrin.
Ja, warum? Gute Frage. Vielleicht kommt er nach seinem Ausflug in die Studenten-WG ja tatsächlich zurück. Möglich wäre es schließlich. Dann werden Rouladen aufgetaut, Gretha und Papa spritzen den Boden im Badezimmer nass und Mutti zieht neue Bettwäsche auf.

Ich glaube, sie sitzt das einfach aus und Felix kommt das nächste Mal mit ... zum Rouladenessen und Zelten.
Also, wie du schon sagtest :D

Ich habe den Dreien gerne zugesehen.
Das freut mich sehr! Ich komme dann auch ganz bald. Ich nähere mich dem Kommentarhorizont. Diese CW-Runde ist echt groß, aber so viele tolle Geschichten auch. Irgendwie ist vielleicht auch schade, wenn ich am Horizont angekommen bin.

Liebe Grüße, Fliege

 

Hi Fliege,

ich steige direkt ein.

Und als der Sturm zu Ende war, da sahen die Männer schon Land voraus.

»Und morgen kommt der Papa wieder nach Hause«, sagt Gretha.

Ein schöner Anfang, der das Thema gut aufgreift, der suggeriert, Papa sei Seemann.

er fuhr mit bis Potsdam, mit bis zu mir nach Hause. Drei Jahre später kam unsere Tochter Gretha auf die Welt.
Zwei knackige Sätze, die alles zusammenfassen. Sehr gut.

Ihre Beine sind langsamer als die Freude, Felix hebt das Kind vom Boden auf,
Kann mir bildlich richtig vorstellen, wie sie sich beeilt.
Hier ist Gretha noch "das Kind", fällt mir auf.

Seine Hose ist neu. Keine Jeans. Die hat er sich niemals selbst ausgesucht. Sarah wird sie ihm gekauft haben.
Stärker herausgestellt fände ich es so:
"Die hat er sich niemals selbst ausgesucht - Sarah wird sie ihm gekauft haben."

Und braun ist er schon, dabei gab es gerade mal fünf bis acht Sonnenstrahlen in diesem Jahr. Heute fällt der neunte vom Himmel.
Kommt da die Eifersucht hoch?

und muss mich zwingen, meine Hände nicht in seinen Locken zu vergraben, ihn wieder loszulassen.
Ja, sie hat noch Gefühle für ihn.

Gretha will Schokoeis und Pistazieneis und Haselnusseis und Vanilleeis und Kokoseis und Walnusseis.
Aufzählung genau so, wie Gretha es aufsagen würde :thumbsup:

seine kleine Prinzessin
Stufe 2: aus "das Kind" ist "seine Prinzessin" geworden.

Gretha weicht ihm nicht von der Seite, bleibt auf Papas Schoß,
Und hier das gleiche aus der Sicht von Gretha: "Papas Schoß".
Gefällt mir.

»Und?«, fragt er.
»Ja, gut«, sage ich.
»Wirklich?«
»Ja. Sicher.«
»Freut mich.«
Wir schweigen,
Ja, so ist das ... Kommt am Anfang kein Gespräch auf.

Aber ich weiß, was er als Zimmermann verdient.
Ah, habe ich die anfangs beschriebene Kleidung also richtig gedeutet :)

Er war noch nie gut darin, ihr weh zu tun. Arztbesuche - ich. Den Fernseher abschalten - ich. Gretha die Schokolade verbieten - ich. Sie in die Kita bringen - ich.
"Nicht weh tun" und "in Kita bringen" finde ich nicht ganz passend.
I.d.R. ist das doch bei den Kindern nur am Anfang etwas Schlimmes, was ihnen wehtut.

»Verstehe. Gretha wird traurig sein.«
»Tut mir leid.«
Wo ist Gretha eigentlich? Hört sie hier nicht zu?

Ich werde die Rouladen für ihn einfrieren. Es ist lächerlich. Felix ist keine zwanzig mehr, kein Student, keiner, der gern in einer WG wohnt.
Verstehe ich nicht. Was hat Rouladen einfrieren mit Felix' Alter zu tun?

Ein Ungeheuer so groß, wie noch nie jemand ein Ungeheuer gesehen hatte.
Das Märchen, die Geschichte wird düster.

»Wie heißt es?«, fragt Gretha.
»Das Ungeheuer?«
»Ja.«
Sarah. Es heißt Sarah, denke ich.
Ja, das war klar.

Ich finde, du hast alles richtig gemacht. Tolle Geschichte.

Liebe Grüße und einen schönen Tag,
GoMusic

 

Liebe @Fliege,

du kleine Streberin, da hast du ja in Windeseile eine wunderbare kleine Geschichte geschrieben,
wie macht man denn sowas? Deine drei wirken so echt, als ob man sie kennt, das hast du wirklich super drauf. Na gut, der Felix ist ja so ein Traumprinz in den Augen deiner Prota, für mich bleibt er ein klein wenig blass - aber für sie ja eben nicht, das ist die Hauptsache. Und man nimmt ihr ihre Eifersucht und die immer noch glimmenden Hoffnungsschimmer auf jeden Fall ab.

Damals hatte ich Onkel Friedel besucht. Fuhr mit dem Auto vom Westen in den Osten.
Ein zurück nach Auto fände ich gut
Als Felix kommt, springt Gretha auf und fliegt ihm entgegen. Ihre Beine sind langsamer als die Freude
Das ist echt schön!
Felix hebt das Kind vom Boden auf, wirft es in die Luft und seine kleine Prinzessin vergisst darüber das Heulen. Seine Hose ist neu.
Würde es umgedreht besser finden: Felix hebt seine kleine Prinzessin … Dann sind die beiden seine auch nicht so dicht zusammen.
Die Hose sieht albern an ihm aus. Nur, weil er jetzt in einer Studenten-WG wohnt, ist er noch lange keiner. Er ist keine zwanzig mehr. Hat er abgenommen? Wirkt irgendwie schmaler.
Gefällt mir richtig gut, wie sie hier alles ins Negative zieht, als könne sie damit vielleicht sein Unterbewusstsein erreichen.
Gretha muss auf die Toilette, danach will sie für Felix ein Bild malen. Sie malt ein rosa Schiff und einen blauen Mann darauf. »Das ist Papa.«
Warum malt sie nicht einfach? Ist ja klar, dass sie das will
»Erzählst du ihr immer noch diesen Mist?«
»Erklär du es ihr. Hier und jetzt.«
»Ich habe mir gedacht, dass ich sie das nächste Mal mit nach Berlin nehmen könnte.«
»Nein.«
»Du kannst ihr nicht ewig diese Märchen erzählen.«
»Erklär du es ihr.«
Gefällt mir auch sehr. Aber ich denke eigentlich, das Mädel hört mit zu, würde man da nicht anders reden?
Er öffnet seinen Mund, ich halte den Atem an, er schließt ihn wieder, ich atme aus.
:thumbsup:
Felix nimmt ihr das Bild ab, betrachtet es, zeigt auf einen Kringel und fragt Gretha
Felix nimmt Gretha das Bild ab klingt besser mMn, halt vertauscht das Ganze
»Bleibst du zum Abendessen?«, frage ich. »Gibt Rouladen.«
Ganz zufällig.
Ich werde die Rouladen für ihn einfrieren.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ihre Liebe hat sie auch konserviert, klar.
»Wie heißt es?«, fragt Gretha.
»Das Ungeheuer?«
»Ja.«
Sarah. Es heißt Sarah, denke ich.
Hat schon mal jemand gesagt, dass das ein feiner Schluss ist? ;)

Sehr gern gelesen, Fliege!
Liebe Grüße von Raindog

 

Hey @GoMusic,

und lieben Dank für deine Zeilen!

ich steige direkt ein.
Ich dann jetzt auch :D

Kommt da die Eifersucht hoch?
Ein bisschen ...

Ja, sie hat noch Gefühle für ihn.
Unbedingt.

Ja, so ist das ... Kommt am Anfang kein Gespräch auf.
Und über das, worüber sie eigentlich reden sollten ... Ach, Menschen!

Ah, habe ich die anfangs beschriebene Kleidung also richtig gedeutet
:thumbsup:

I.d.R. ist das doch bei den Kindern nur am Anfang etwas Schlimmes, was ihnen wehtut.
Ich kenne auch andere Kinder. Nach dem Urlaub oder wenn Mutti/Papa zu Hause sind, dann wollen sie auch.

Wo ist Gretha eigentlich? Hört sie hier nicht zu?
Schätze, sie hört zu. Da sind die beiden eben keine Vorzeige-machen alles richtig -Eltern.

Verstehe ich nicht. Was hat Rouladen einfrieren mit Felix' Alter zu tun?
Na ja, laut der Prot. wird ihm dieses Jugendleben mit Sarah nicht auf Dauer glücklich machen. Und weil er eben älter als 20 ist, kommt er wieder und dann hat sie Rouladen für ihn.

Ich finde, du hast alles richtig gemacht. Tolle Geschichte.
Dankeschön.

Ich wünsche Dir ein zauberhaftes Wochenende!

Liebe @Raindog,

du kleine Streberin,
Boah! Das hat ja noch nie wer zu mir gesagt :D

da hast du ja in Windeseile eine wunderbare kleine Geschichte geschrieben,
Okay, Du darfst. Habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut. Herzlichen Dank dafür.

Deine drei wirken so echt, als ob man sie kennt, ...
Das freut mich so doll.

... gut, der Felix ist ja so ein Traumprinz in den Augen deiner Prota, für mich bleibt er ein klein wenig blass - aber für sie ja eben nicht, das ist die Hauptsache.
Ich finde ja immer, gerade bei Traumprinzen, je mehr man die beschreibt, je mehr läuft man Gefahr, dass der Leser da eine ganz andere Vorstellung von hat. Das ist ja subjektiv, wer da nun Prinz oder nicht Prinz ist.

Und man nimmt ihr ihre Eifersucht und die immer noch glimmenden Hoffnungsschimmer auf jeden Fall ab.
Das ist gut.

Gefällt mir richtig gut, wie sie hier alles ins Negative zieht, als könne sie damit vielleicht sein Unterbewusstsein erreichen.
Hehe

Deine sprachlichen Anmerkungen schaue ich mir noch in Ruhe an, aber ich habe beim Lesen schon genickt und Dir recht gegeben.

Gefällt mir auch sehr. Aber ich denke eigentlich, das Mädel hört mit zu, würde man da nicht anders reden?
Die beiden da eben nicht. Man ist ja nicht immer total perfekt und macht alles richtig.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ihre Liebe hat sie auch konserviert, klar.
:herz:

Sehr gern gelesen, Fliege!
Ich deinen Kommentar auch.

Das war schön! Habe auch Du ein tolles Wochenende und bei der nächsten CW-Runde lesen wir uns. Die kann übrigens jeder jederzeit ins Leben rufen.

Grüße, Grüße, Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Fliege

der Text gefällt mir. Ich mag diese absatzweisen Wechsel. Ich wusste nie, wie groß genau der (Zeit-)Sprung war, hab mich positiv überrascht gefühlt, als unangekündigt Grethas Geschichte erzählt wurde. Die Sehnsucht deiner Protagonistin (wonach genau auch immer) ist für mich rübergekommen. Besonders berührt hat mich der Dialog über die Lüge. Ich mochte auch die Stimme Grethas (und ihre Ungeheuer-Geschichte). Ich habe sie mir durch den Dialog gut vorstellen können. Noch ein paar Anregungen: Es kam mir vor, als wäre Felix ein bisschen zu gut weggekommen. Bei ihrem Treffen, nimmt Sarah ihn ja quasi in Schutz (›Himmelherr, sie braucht tausend Dinge. Aber ich weiß, was er als Zimmermann verdient. Er tut sein Möglichstes.‹). Das könnte ruhig auch aus einer Verletzung geschildert werden. Der zweite Punkt war diese Sache mit dem Heiratsantrag zu Vollmond. Das kam mir als Idee von Felix so abgedroschen vor. Hier würde ich Sarah etwas bitterer zurückblicken lassen. Sonst habe ich nicht wirklich was zu meckern.
Gern gelesen.

Carlo

 

Hey @Carlo Zwei,

vielen Dank für deinen Kommentar und entschuldige bitte, die späte Antwort. Ist gerade ein bisschen voll und schön mein Leben, der Tag hat einfach zu wenige Stunden. Gefreut habe ich mich aber natürlich!

Noch ein paar Anregungen: Es kam mir vor, als wäre Felix ein bisschen zu gut weggekommen. Bei ihrem Treffen, nimmt Sarah ihn ja quasi in Schutz (›Himmelherr, sie braucht tausend Dinge. Aber ich weiß, was er als Zimmermann verdient. Er tut sein Möglichstes.‹). Das könnte ruhig auch aus einer Verletzung geschildert werden.

Ich glaube, hier bist Du etwas mit den Namen durcheinander gekommen. Sarah ist die neue von Felix. Aber egal, stimmt Grethas Mutter ist sauer, zugleich hat sie ihn aber noch nicht "überwunden", sie liebt ihn noch. Hier spricht die Liebende, die darauf wartet, das Felix von seinem Abenteuer zurück nach Hause kommt. Und sie will ihn ja auf keinen Fall gegen sich aufbringen.

Der zweite Punkt war diese Sache mit dem Heiratsantrag zu Vollmond. Das kam mir als Idee von Felix so abgedroschen vor.
Ja. Da könnte sich mir wirklich mal Gedanken drum machen. Ist ja nur ein halber Satz, den ich ersetzen müsste ...

Sonst habe ich nicht wirklich was zu meckern.
Gern gelesen.
Das hört man doch gern. Vielen Dank. Habe deine Mohnkuchengeschichte auch schon vor ein paar Tagen gelesen, bis zum richtigen Kommentar schon mal soviel, ich mag sie :).

Bis denn, beste Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Fliege,

schwarze Hose, schwarze Weste, schwarzer Hut, weißes Hemd.
Aha, ein wandernder Geselle. Zimmermann wahrscheinlich.

Ich fuhr vor, kurbelte das Fenster runter, fragte: »Potsdam?«, der Typ nickte, wir luden seinen Seemannssack in den Kofferraum und er fuhr mit bis Potsdam, mit bis zu mir nach Hause.
Seemannssack? Hmmm.
Sarah wird sie ihm gekauft haben
.
Ah, die Neue.

Nur, weil er jetzt in einer Studenten-WG wohnt, ist er noch lange keiner.
Sarah ist demnach sehr jung?

Gretha will Schokoeis und Pistazieneis und Haselnusseis und Vanilleeis und Kokoseis und Walnusseis. Wir verhandeln auf Schoko und Kokos.
So schön. Nur hätte ich dann die Beine nicht kokosfarben definiert, ich finde das in dem Zusammenhang schade, dass Kokos zweimal vorkommt.

Himmelherr, sie braucht tausend Dinge. Aber ich weiß, was er als Zimmermann verdient. Er tut sein Möglichstes. »Geht schon.«
Da komme ich nicht mit. So schlecht verdienen Zimmerleute nicht. Und wieso braucht die Kleine tausend Sachen? Überreagiert da die Mama ein wenig unangemessen?

Sie malt ein rosa Schiff und einen blauen Mann darauf. »Das ist Papa.«
»Erzählst du ihr immer noch diesen Mist?«
»Erklär du es ihr. Hier und jetzt.«
Also ich verstehe das richtig, dass die Mutter der Gretha erzählt hat, der Papa ist immer auf See und deswegen nie da? Dabei lebt er in Berlin mit seiner Neuen?
Wie ist die denn drauf? Ich meine, irgendwann wird Gretha es doch kapieren, dass sie von der Mutter angelogen worden ist - und ich frage mich: Wieso?

Seine Prinzessin überreicht ihm stolz das Bild. Er war noch nie gut darin, ihr weh zu tun. Arztbesuche - ich. Den Fernseher abschalten - ich. Gretha die Schokolade verbieten - ich. Sie in die Kita bringen - ich.
Es müsste doch dem Vater auch viel daran liegen, dass die Tochter weiß, was mit ihm los ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er ihr einfach überlässt, so ein Lügengebäude aufzubauen. Komisch.


»Wie heißt es?«, fragt Gretha.
»Das Ungeheuer?«
»Ja.«
Sarah. Es heißt Sarah, denke ich.
Das Problem ist die neue Freundin?

Also toll geschrieben ist die Geschichte, auch wunderbar neu aufgefangen von dem Original, aber inhaltlich komme ich irgendwie nicht so recht mit. Also wieso die Mutter so einen Käse in die Welt setzt und der Vater das zuläßt. Und sich die Mutter in ein Riesenschlamassel reinreitet, wenn Gretha irgendwann kapiert, dass sie angelogen worden ist. Das muss der Mutter doch klar sein.
Die Mutter scheint etwas Realitätsverlust zu haben. Sie ist ja nicht die erste Frau, die verlassen wird.

Der Seesack hat mich durcheinandergebracht, die Zimmerleute haben in ein Tuch ihre Siebensachen eingewickelt. Da eine Kurve zu der Lüge zu bekommen, bringt meiner Ansicht nach keine Klarheit in die Geschichte.

Meine 5 Cent. Wahrscheinlich kann ich mich jetzt gar nicht richtig an der schönen Schreibe erfreuen, weil mir der Inhalt so suspekt ist.

Liebe Grüße
bernadette

 

»Bei Onkel Friedel. Im Wohnwagen. Auf dem Zeltplatz.«
»Ja. War immer schön da.«
Natürlich ist es dort schön! Jedes Jahr war es unser Zuhause für zwei Sommerwochen. Felix hat die Zeit dort geliebt. Den Steg, das Boot, seine Angel, den Grill, den Hochstand im Wald, von dem aus wir die Wölfe erspähen wollten, aber nie einen sahen, ...

„Das Meer da, groß, breit zuhanden, ein Gerege ist dort ohne Zahl, kleine Tiere mit großen, - dort, wo sich Schiffe ergehen, ist der Lindwurm (hebr. „Leviathan“), den du bildetest, darin zu spielen“, übersetzen Buber und Rosenzweig Psalm 104, 25 f., während es bei Luther der „Walfisch“ ist, der mit den Schiffen spielt.
Und nicht erst seit Hobbes, sondern schon bei Plautus ist der Mensch dem Menschen ein Wolf, der in Deiner freundlichen Geschichte,

beste Fliege weit und breit,

selbst vom Hochstand aus nicht zu erkennen ist und dessen Derivate, wenn auch nicht so sehr in den großen Wassern (dabei gibt es Ausnahmen wie etwa Neufundländer) vermeintlich nur spielen wollen. Und auch für den Leviathan als lutherischem „Wal“gibt‘s das positive Signal des Propheten Jona/s ("Taube", wie schon in "Krims und ..." - der seinerzeit zum "Felix", dem Glücklichen, wurde) aber hier

»Potsdam?«, der Typ nickte, wir luden seinen Seemannssack in den Kofferraum und er fuhr mit bis Potsdam, mit bis zu mir nach Hause.
meine ich, dass das zwote „mit“ entbehrlich ist, ist das erste doch die Vorsilbe des „mitfahrens“ bis Potsdam, das durch das zwote „bis“ auf den Punkt gebracht wird als der Erzählerin Zuhause.

Bis bald

Friedel

Ach ja, der legendäre Wohnwagen, der nur per Tieflader transportiert werden konnte, stand seinerzeit in der Nähe von Harlingen direkt hinterm Deich und sommers stank das Watt …zum Gotterbarmen ...

 

Wie würde Friedel sagen: Ein Kopie-Reiter in R(h)einkultur, liebe @Fliege.
Was du da aus Friedrichards, in der Sprache knapp gehaltenem, Kinderwahrnehmungsteil gezaubert hast, das ist schon grosses Gefühlskino.

War ich bei Friedels Gretchen immer sehr nahe bei dem Kind, in ihrer Gefühlswelt und musste mir die Geschichte zwischen den Zeilen ausschneiden und zusammenkleben, so wurde ich bei dir mitgenommen, konnte mich treiben lassen in den schönen Formulierungen und authentischen Dialogen, das war Streichelzoo für die Seele. (Sülz, Schmacht - iss aber so!)

Mir ist das mit dem Zimmermann und dem Seesack gar nicht aufgefallen, muss aber @bernadette recht geben, das passt nicht zum Zimmermann auf der Walz.
Allerdings habe ich das überlesen und so darf ich da gar nicht - will ich auch gar nicht - also hab mich echt wohl gefühlt in deinem Text, anders als Grethas Mama, die ja zwischen Lüge, Verlust(angst) und Eifersucht ...

Sie malt ein rosa Schiff und einen blauen Mann darauf. »Das ist Papa.«
»Erzählst du ihr immer noch diesen Mist?«
»Erklär du es ihr. Hier und jetzt.«
»Ich habe mir gedacht, dass ich sie das nächste Mal mit nach Berlin nehmen könnte.«
»Nein.«
»Du kannst ihr nicht ewig diese Märchen erzählen.«
»Erklär du es ihr.«
(meine Lieblingsstelle)

... aber auch kleinen Glücksfugen wie hier

Ich schlüpfe aus meinen Schuhen, lege die Füße hoch und raffe den Rock ein Stück höher, lass den neunten Sonnenstrahl an meine Kokosbeine.
hin und her mäandert, und so kann ich deine Verteidigungsrede aus einem früheren Kommentar, zu Isegrims wars glaube ich ("Klar, er ist auch viel geradliniger, aber das will ich ihm jetzt nicht zur Last legen. Nein, er macht schon gut, was er machen soll. ") voll unterschreiben.

Mag sein, dass da gewisse Ansichten der Gretha beschützenden Mama etwas unlogisch sind, aber ich erlebe ja ihre Gefühlswelt und die ist halt nicht immer rational. Auch denke ich, dass Gretha die Wahrheit ein bischen ahnt,

»Wenn man lügt, kommt man dann ins Gefängnis?«
»Wie kommst du darauf?«
»Leo sagt, das stimmt alles gar nicht mit dem Papa.«
sich aber auch lieber an das Bild des "Papa ist Seemann" klammert.
Ein schön/trauriges Familiengesellschaftsstück auf engstem Raum ist dir da gelungen.

Liebe Grüsse,
dot

 

Ihr Lieben,

ich weiß, ich bin spät dran, obwohl ich mich doch so sehr gefreut hab. Entschuldige bitte, ich schaffe es seit Tagen nicht, meine to-do-Liste abzuarbeiten. Meine Lese-Kommentier-Liste wird auch nur länger und länger :cry:

Im Einzelnen
Liebe @bernadette,

Aha, ein wandernder Geselle. Zimmermann wahrscheinlich.
Seemannssack? Hmmm.

Auf Wanderschaft wegen des Seemannsacks eher nicht. Habe schon lange auf den Einwand gewartet, aber ich fand das Bild so hübsch, für den Storyverlauf und dann dachte ich mir, na er kann ja auch ohne Wanderschaft in Kluft an der Straße stehen. So was soll es geben. Direkt von der auswertigen Baustelle nach Hause ... oder so. Schätze, dafür finden sich Erklärungen, die aber nix für die Story tun und deshalb auch nicht ausgeführt werden müssen.

Sarah ist demnach sehr jung?
So Anfang 20.

So schön. Nur hätte ich dann die Beine nicht kokosfarben definiert, ich finde das in dem Zusammenhang schade, dass Kokos zweimal vorkommt.
Ja, stimmt, auf der anderen Seite dachte ich mir, why not.

Da komme ich nicht mit. So schlecht verdienen Zimmerleute nicht. Und wieso braucht die Kleine tausend Sachen? Überreagiert da die Mama ein wenig unangemessen?
Jaja, die steht emotional unter Hochspannung. Aber Kinder wollen doch ständig alles und alles ist teuer. Sagen wir, Mama würde Gretha gern mehr verwöhnen als fürs Kind eh gut ist.

Also ich verstehe das richtig, dass die Mutter der Gretha erzählt hat, der Papa ist immer auf See und deswegen nie da? Dabei lebt er in Berlin mit seiner Neuen?
Wie ist die denn drauf? Ich meine, irgendwann wird Gretha es doch kapieren, dass sie von der Mutter angelogen worden ist - und ich frage mich: Wieso?
Ja, alles richtig verstanden. Aber Mama hofft und glaubt, dass Papa vom WG-Studentenleben recht bald die Schnauze voll hat und zurückkommt. Da muss man das Kind noch nicht mit der Wahrheit belasten, so die Logik der Verlassenen. Wenn Mamas Plan nicht aufgeht, tja, dann werden die Probleme nicht kleiner.

Es müsste doch dem Vater auch viel daran liegen, dass die Tochter weiß, was mit ihm los ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er ihr einfach überlässt, so ein Lügengebäude aufzubauen. Komisch.
Aber wenn Menschen immer alles richtig machen, über wen schreiben wir dann unsere Geschichten? Und der Typ hier, der ist einfach feige und/oder auf Harmonie aus. Vielleicht hat er auch Angst, dass Muttern ihn sonst das Kind entzieht. Frauen können da sehr uncool werden.

Die Mutter scheint etwas Realitätsverlust zu haben. Sie ist ja nicht die erste Frau, die verlassen wird.
Jaein. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und so lange sie noch lebt ...

Meine 5 Cent. Wahrscheinlich kann ich mich jetzt gar nicht richtig an der schönen Schreibe erfreuen, weil mir der Inhalt so suspekt ist.
Na ja, vielleicht nicht der Inhalt, sondern Menschen, die so komplett unrational handeln. Ich könnt mich auch stundenlang über die Frau aufregen.

Ich freue mich bombe auf Diche! Bis gleich!


Lieber @Friedrichard,


„Das Meer da, groß, breit zuhanden, ein Gerege ist dort ohne Zahl, kleine Tiere mit großen, - dort, wo sich Schiffe ergehen, ist der Lindwurm (hebr. „Leviathan“), den du bildetest, darin zu spielen“, übersetzen Buber und Rosenzweig Psalm 104, 25 f., während es bei Luther der „Walfisch“ ist, der mit den Schiffen spielt.
Und nicht erst seit Hobbes, sondern schon bei Plautus ist der Mensch dem Menschen ein Wolf, der in Deiner freundlichen Geschichte,
Das hast Du soo schön gesagt.

beste Fliege weit und breit,
und das liebe ich eh :)

... aber hier meine ich, dass das zwote „mit“ entbehrlich ist, ist das erste doch die Vorsilbe des „mitfahrens“ bis Potsdam, das durch das zwote „bis“ auf den Punkt gebracht wird als der Erzählerin Zuhause.
Ein Fluselchen. Werde es zupfen und kompostieren und ein Jahr später auf den Rasen ausbringen, damit Gras drüber wächst.

Ach ja, der legendäre Wohnwagen, der nur per Tieflader transportiert werden konnte, stand seinerzeit in der Nähe von Harlingen direkt hinterm Deich und sommers stank das Watt …zum Gotterbarmen ...
Oh je, oh je!

Liebe, liebe Grüße!


Lieber Herr @dotslash,

Was du da aus Friedrichards, in der Sprache knapp gehaltenem, Kinderwahrnehmungsteil gezaubert hast, das ist schon grosses Gefühlskino.
Oh wie schön. Das ist mal ein fettes Kompliment. Dankeschön. Auch für deinen Besuch im allgemeinen.

(Sülz, Schmacht - iss aber so!)
Egal, ich steh drauf :D.

Mir ist das mit dem Zimmermann und dem Seesack gar nicht aufgefallen, muss aber @bernadette recht geben, das passt nicht zum Zimmermann auf der Walz.
Siehe in der Antwort an bernadette. Aber gar nicht erst drüber stolpern ist in jedem Fall das beste, was dem Text passieren kann.

... anders als Grethas Mama, die ja zwischen Lüge, Verlust(angst) und Eifersucht ...
(meine Lieblingsstelle)
Ja, die hat echt zu tun in ihrem Chaos der Gefühle.

Mag sein, dass da gewisse Ansichten der Gretha beschützenden Mama etwas unlogisch sind, aber ich erlebe ja ihre Gefühlswelt und die ist halt nicht immer rational. Auch denke ich, dass Gretha die Wahrheit ein bischen ahnt,
sich aber auch lieber an das Bild des "Papa ist Seemann" klammert.
Also, ich glaube wirklich, dass es solche Mütter/Frauen gibt, die sich an den Strohhalm klammern und dabei solchen Murks produzieren. Emotionen und Logik sind nicht die beste Freunde unbedingt. Wie oft weiß man es selbst besser und tut dann doch, was der Bauch will, obwohl im Kopf alle Glocken läuten. Ach, Menschen ...

Ein schön/trauriges Familiengesellschaftsstück auf engstem Raum ist dir da gelungen.
Thanks a lot!
Danke für die Zeit mir die Zeilen zu schreiben. Ist so schön, wenn was funktioniert.

Liebe Grüße in die Schweiz!
Fliege

 

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