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Licht im schwarzen Nichts

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04.01.2002
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Licht im schwarzen Nichts

So, genug für heute. Zufrieden mit dem Ergebnis der letzten Stunden, die er mit dem Abmischen eines neuen Songs verbracht hatte, verließ er das Tonstudio. Die verspannten Nackenmuskeln schmerzten. Während er sie mit beiden Händen massierte, erregte der Anrufbeantworter beim Vorübergehen sein Interesse. Die Nachricht, die darauf gespeichert war, traf ihn unvermittelt, nicht mit unseligen Vorahnungen oder vagen Eingebungen angekündigt. Eben nicht so, wie in den meisten überlieferten Fällen zwischen eng verbundenen Personen einer schockierenden Nachricht irgendeine Art von Anzeichen voraus ging. Schlimmer. Keulenschlag. Worte, die jeden Tag, oder mindestens jede Woche einmal irgendwo auf der Welt mit mehr oder weniger Anteilnahme dem Adressaten übermittelt werden. In diesem Fall lautete die Nachricht so: „Hallo, Markus. Ich bins, Jens. Ruf mich bitte zurück. Thomas hatte einen Unfall.“

Die Worte krochen langsam, wie Würmer durch nasse Erde. Von den Ohren über Hindernisse, die in Windeseile auf dem Weg zum Gehirn aufgebaut worden waren, in sein Bewußtsein, wo sie zubissen und schmerzten. Dieser Schmerz löste eine Reaktion aus. Seine Hände griffen entschlossen nach dem Telefon, um gleich darauf von der Angst vor dem, was er nicht hören wollte, gebremst zu werden. Reglos stand er da, kämpfte eine Schlacht mit sich selbst, bis die Hände gewannen. Während er mit klopfendem Herzen und trockenem Mund den Anruf bei Jens tätigte, überschlugen sich die Gedanken in seinem Kopf. Thomas war heute morgen mit Jens und ein paar Freunden ins Lautertal aufgebrochen, um Kajak zu fahren. Dabei mußte ihm etwas zugestoßen sein.

Gut möglich. Kajak fahren war ein gefährlicher Sport, und ihm selbst war noch nie ganz wohl gewesen bei dem Gedanken, mit Behältnissen, die in ihrem Aussehen entfernt an Särge erinnerten, durch wilde, unberechenbare Stromschnellen getrieben zu werden. Er hatte es geahnt. Nein, eben nicht. Nichts hatte er vorhergesehen. Sport ist Mord.
Jens war in der Leitung und versuchte, ihm mit ernsten und dennoch beruhigenden Worten beizubringen, was passiert war. Bei Markus kamen nur Stichworte an. Kajak–Sturz-Wasser–Lebensgefahr–Bergung–Krankenhaus–Koma. Danke, Jens.
Er stand noch einige Sekunden da, das Telefon am Ohr, bis ihm einfiel, dass man am Ende eines Gesprächs den Hörer wieder auflegt.
Koma: tiefe Bewußtlosigkeit. Markus schlafwandelte durch die Wohnung. Im Spiegel des Badezimmers, das er zweimal beehrte, sah er das Gesicht eines jungen Mannes, der aussah, wie der jüngere Klon von Georg Clooney. Sein Gesicht. Achtlos ging er an ihm vorüber. Jacke anziehen, Tür schließen und absperren, Tiefgarage, in das Auto einsteigen. Geschafft! Das Bewußtsein durch eine Blockade gelähmt, begannen seine Körperteile mit der automatisierten Tätigkeit des Fahrens. Auf dem Weg in das Balthasar-Hospital gingen ihm die in solchen Situationen allgemein üblichen Standardgrübeleien durch den Kopf. Warum? Wieso? Hätte er doch nicht und wäre er doch nicht ... Dabei macht doch erst dieses Zusammenspiel der Unvorhersehbarkeiten ein geglücktes Unglück aus. Ja! Es ist sogar eine unabdingbare Voraussetzung dafür. Eine Millisekunde Unachtsamkeit, die Verkettung irgendwelcher Umstände – das wars.

So ziemlich jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens mindestens eine, wenn auch leichte bis mittelschwere, Hätte-/Wäre-Geschichte hinter sich gebracht. Fast immer versucht der menschliche Geist, eine Möglichkeit zu finden, geschehenes Unglück rückgängig zu machen. Immer muß er am Ende einsehen, dass dies unmöglich ist.
Was gäbe er darum ...
Markus wußte nicht wie es ihm gelungen war, ohne einen Unfall zu bauen im Krankenhaus anzukommen. Außer sich vor Sorge eilte er durch den Eingang direkt zum Pförtner, um die Zimmernummer zu erfragen: Zimmer 317 im dritten Stock, Intensivstation. Die Worte, die dieser Information folgten, hörte er nicht mehr. Sein suchender Blick fiel auf einen Aufzug, dessen Türen sich öffneten, um Kranke und Besucher ein- und aussteigen zu lassen. Markus betrat den Aufzug, die Türen schlossen sich. Erster Stock, zweiter Stock, dritter Stock. Er verließ den Lift und drehte sich nach allen Seiten um. Jetzt, kurz vor seinem Ziel, fühlte er sich plötzlich unbehaglich. Die Attribute, die normalerweise seine Wirkung auf die Umwelt ausmachten, wie sicheres Auftreten, innere Stärke, Unerschrockenheit und - nicht zu vergessen - der enorme Anteil an Kampfgeist waren wie weggeblasen. Seine Schritte verlangsamten sich. Zimmer 317 war in Sichtweite, davor standen eine Krankenschwester und ein Besucherpaar. Das mußten die Eltern von Thomas sein.

Bei seinem Anblick setzten beide ihre freundlichen Masken auf. Der Vater: Feldwebel. Wäre er zumindest gern. Übte lange für diese Rolle. Falsch. "Er lebt diese Rolle", sagte Thomas. Die Mutter: Wölfin im Schafpelz. Bei näherer Betrachtung fiel auf, dass Thomas seiner Mutter recht ähnlich sah. Das blonde, störrische Haar, die hellen Augen, ja selbst die schlanke, zarte Statur mußte er von ihr geerbt haben. Was er nach eigenen Angaben glücklicherweise nicht von ihr in die Wiege gelegt bekommen hatte, war die Art und Weise, wie sie es schaffte, sich durch geschicktes Einsetzen von Leiden und Launen unliebsame Konfrontationen mit Gegebenheiten oder Tatsachen, mit denen sie nicht konform ging, vom Leib zu halten.

Zögernd nannte er seinen Namen, bereit, über den eigenen Schatten zu springen und sich wehrlos zu ergeben. Ein Blick in die Gesichter seiner beiden Gegenüber genügte, um zu wissen, dass sein Name das Synonym für alles Übel in der Welt und er selbst der personifizierte schlechte Einfluss zu sein schien. Sie zogen ihre Schilde hoch. Zwei gegen Einen. „Darf ich ihn sehen?“ „Unser Sohn braucht absolute Ruhe.“ Flehend: „Bitte, nur einen Moment. Mir liegt sehr viel daran.“ Dann erst recht nicht. Diese uneinnehmbare Festung vor Augen, bäumte sich der Wurm noch einmal auf. Betteln/schreien/winseln/toben. Ein Wort gab das andere und nachdem es ihm gelungen war, einen Blick in das Zimmer zu werfen, in dem der Halbtote aufgebahrt lag, drehte er völlig durch. Ihm wurde nahegelegt, zu gehen, seine Weigerung mit einem Besuchsverbot "belohnt".
Er fühlte sich leer, ausgebrannt und zutiefst verzweifelt. Auf dem Weg nach Hause erinnerte er sich an die Szenen im Krankenhaus. Dumm gelaufen.

Markus floh zu Miriam, seiner besten Freundin und deren Katze. Miriam erwies sich als große Hilfe. Sie hatte während ihrer Ausbildung zur Krankenschwester ein Praktikum in eben jenem Hospital absolviert und kannte sich dementsprechend gut dort aus. Ihr Plan für ihn: Durch die stets unverschlossene Hintertür der Krankenhausküche hindurch und an der Nachtschwester vorbei zu schleichen, die ab zwanzig Uhr alle zwei Stunden ihre Runden drehte. Es verbliebe also genug Zeit, um ungestört bei dem Patienten auszuharren. Ein Krankenhaus ist schließlich kein Hoch-Sicherheits-Gefängnis. Gut so. Die Katze spendete ihm ebenfalls Trost, indem sie ihm Köpfchen gab und aus seinem Pulli jede Menge Fäden zupfte.

Miriams Plan war gut, hatte nur einen entscheidenden Nachteil: er funktionierte nicht. Der Hintereingang zur Küche war verschlossen. Eine Umrundung des Gebäudes brachte lediglich die frustrierende Erkenntnis, dass der einzige Weg ins Innere des Hauses über den Eingang führte. Da Liebe ungeheure Kräfte verleiht – sowohl physische als auch psychische – fügte er sich selbst mit einer Glasscherbe eine stark blutende Wunde zu. Ab sofort galt er als Notfall, wurde als Patient aufgenommen und versorgt.

Nun saß er da, am Bett von Thomas, dessen Existenz auf ein Minimum reduziert war und von einem maschinellen Lebenserhaltungssystem stabilisiert und überprüft wurde. Aus Berichten über Koma-Patienten wusste er, dass die Chancen für ein Zurückholen umso größer waren, je weniger Zeit vergangen war bis die eingeleiteten Maßnahmen greifen konnten. Welcher Art? Seine Maßnahmen bestanden zunächst einmal aus seiner Anwesenheit und der Nähe zu Thomas. Weiterhin aus einem mitgebrachten Rekorder nebst Kopfhörern und aus einer ebenfalls mitgebrachten Audiokassette, die bespielt war mit gemeinsam geschaffener Musik. Markus strich, Tränen in den Augen, seinem geliebten Partner zärtlich über das Gesicht, nahm dessen linke Hand in seine und hoffte, dass seine Anwesenheit nicht zu schnell entdeckt werden würde. Das leise Geräusch der Apparate beruhigte ihn ein wenig und so hing er traurig alten Erinnerungen nach.

Nie würde er das Open-Air-Konzert vergessen, bei dem er und Thomas sich das erste Mal begegnet waren. Zwei Seelen, die an jenem Tag nicht suchten, hatten sich gefunden. Markus, der Aufbrausende und als Gegenpol der sanfte Thomas, der das Kunststück fertig brachte, die Wogen in seinem Herzen zu glätten.
Sie beschlossen, einige neue musikalische Projekte gemeinsam zu starten. Auf den Vorschlag von Markus hin, zu ihm in die Wohnung zu ziehen hatte Thomas, der noch bei seinen Eltern lebte, seit Monaten versucht, sich seinen Eltern zu offenbaren. Doch jegliche Anläufe in diese Richtung waren bereits im Ansatz fehl geschlagen, weil sie seine Veranlagung schon immer geahnt hatten, jedoch nicht wahrhaben wollten, also wohnte er noch dort.
Markus komponierte, Thomas sang. Ein unschlagbares Team. Immer wieder gelang es Markus, Thomas mit extra für ihn geschriebenen Stücken zu überraschen. Nur die schönsten davon hatte er mitgebracht. Band läuft. Ihm wurde bewusst, wie nahe er daran war, diesen einzigartigen Menschen für immer zu verlieren. Verzweiflung stieg in ihm hoch, kurz darauf leiser Zorn. Wer gab Eltern das Recht, Qualität und Quantität der Liebe, die man ihrem immerhin bereits 23 Jahre alten Sohn entgegenbrachte, zu bewerten?

Während dieser unendlich langen Zeit schwamm Thomas durch ein unendlich tiefes, schwarzes Nichts, das ihn gefangen hielt. Ein kaltes Universum, in dem alle Sterne erloschen waren und in seiner Mitte orientierungslos eine einsame, verlorene Seele. Er ließ sich treiben.

In all dieser undurchdringlichen Schwärze glaubte er plötzlich, einen winzigen Lichtpunkt zu sehen, der ihn magisch anzog. Hoffnung besiegt Apathie. Sein ganzer Wille klammerte sich an dieses winzige Licht, das er wieder zu verlieren fürchtete und er kämpfte sich aus der zähen Schwärze mit ungeheuerlicher Anstrengung frei. Näher und näher bewegte er sich auf das Licht zu, welches sich als rotierende Lichtspirale erwies, in deren Zentrum eine Melodie erklang, erst leise, dann immer lauter werdend. Diese Melodie, das Lied, das Markus für ihn voller Liebe geschrieben hatte, riß ihn mit sich heraus aus dem schwarzen Nichts, hinüber auf die andere Seite, wo die körperliche Hülle mit Namen Thomas ihn wieder als Bewohner aufnahm und sich dabei nahezu unmerklich bewegte.

 

Wunderschön, wirklich!
Ich bin sehr berührt von Deiner Geschichte, sie ist mit sehr viel Zartgefühl und Sensibilität geschrieben. Ich finde sie von der ersten bis zur letzten Zeile spannend. Auch das Ende ist Dir gut gelungen, überhaupt nicht kitschig, sondern fein und genau so, wie ich es mir vorstelle, wenn jemand aus dem Koma erwacht. Sehr schön!

 

Hallo Antonia

Supergut, wirklich, eine tolle Geschichte. Ich bin wahrlich beeindruckt, von der feinsinnigen Art und Weise, wie Du über so ein doch schwieriges Thema schreibst.
Auch wie Du artikulierst ist sehr bemerkenswert. Wie man doch mit einfachen Worten so wunderschöne schriftstellerische "Gemälde" kreieren kann, ist schon erstaunlich.
Wie auch schon in der Kritik zuvor, der ich mich voll anschließen kann, genannt wurde, ist es eine äußerst interessante und echt lesenswerte Story.
Weiter so !

Viele Grüße
Beginner

 

Ich kann mich nur anschließen: die Geschichte ist wirklich sehr schön geschrieben. Man kann mitfühlen und mitleiden, und die ganze Zeit spürt man Markus' Hoffnung. Wirklich gut gelungen!
Gruß,

chaosqueen :queen:

 

Hi!
Um noch mehr zu loben ;) , mir hat die Geschichte auch echt gut gefallen! In deiner Geschichte geht es mal wirklich um die pure Liebe und das ist auch noch eine (bis jetzt) einigermaßen ungewöhnliche!
Super, mach weiter so!

 

Liebe Antonia!

Eine sehr rührende, einfühlsame und zugleich stilistisch mehr als perfekte Geschichte, auf deren Ausgang man bis zum letzten Satz gespannt bleibt.

* :thumbsup: * :thumbsup: * :thumbsup: * :thumbsup: * :thumbsup:

Gäbe es nur mehr Menschen, wie Markus in Deiner Geschichte.....

Freue mich auf weitere Geschichten von Dir! :)

Alles liebe
Susi

 

Hallo Antonia,

eine sehr sensibel geschilderte Extremsituation hast Du da ohne Kitsch auf`s Papier gezaubert. Alles paßt, die „Würmer“ (die Thomas wirklich hätten erwischen können), der nicht aufgelegte Hörer, der Versuch durch Überlegung das Unvermeidliche rückgängig zu machen, der gespielte Feldwebel.
Musik als Überträger von Emotionen in diesem Zusammenhang zu wählen, ist genial.

Liebe Grüße,

tschüß... Siegbert

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, Siegbert!

Freut mich, dass Du diese Geschichte gelesen hast und sie nicht zu kitschig findest. Deine Meinung ist mir, wie Du weißt, sehr wichtig!

Das mit den Würmern ist noch Niemandem aufgefallen. Man merkt halt immer wieder, wie sorgfältig Du die Texte durchgehst.

Der Versuch, das Unvermeidliche durch Überlegung rückgängig zu machen, wird wohl tagtäglich von Betroffenen unternommen. In so vielen Situationen.


Viele liebe Grüße
Antonia


P. S.: An die anderen Kritiker: durch eine Fehlfunktion meines Internet-Zuganges konnte ich wochenlang nicht antworten und dann hatte ich diese KG vergessen. Bitte nicht böse sein!

 

Liebe Antonia,

ich habe diese Geschichte, die ich vor langer Zeit schon gelesen, aber nie kritisiert hatte, jetzt endlich wieder hervorgeholt und bin mir sicher, dass du hierzu noch mehr Beachtung erfahren wirst.

Es ist nämlich eine verdammt gute Geschichte.

Für meine Begriffe eine klassische Liebesgeschichte, die romantisch ist, ohne in Kitsch zu ertrinken und die von Liebe handelt, ohne dass es eine losgelöste Vokabel ist, sondern die gelebte Liebe zeigt.
Der Spannungsbogen und der gesamte Aufbau der Geschichte haben mir sehr gut gefallen. Die immer wieder informativen Einschübe, jeweils zum Zeitpunkt, zu denen sie benötigt werden, beleben die Geschichte, führen den Bogen weiter und bringen den Leser immer ein kleines Stückchen näher an die Protagonisten heran.

Ich glaube fast, der letzte Absatz könnte vollkommen entfallen, weil es gar nicht dieses Happyends bedarf, um diese Geschichte zu beenden.
Jeder vermag sich da sein eigenes Ende der Geschichte auszudenken.
Gesagt ist eigentlich schon alles vorher.

Dein Stil hat mir ebenfalls gut gefallen, keine übertrieben schnörkelige Sprache, aber auch keine kühle sachliche Darstellung, sondern gut in der Balance und so geschrieben, dass man den Eindruck von Authentizität gewinnt.
Eine Formulierung hat mir besonders gut gefallen:

"dabei macht doch erst dieses Zusammenspiel der Unvorhersehbarkeiten ein geglücktes Unglück aus." Wie wahr!

Lieben Gruß
elvira

 

Liebe Elvira!

Welch eine Überraschung! An diese, meine erste Geschichte hier im Forum hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht. Durch Deinen Kommentar wurde ich an zwei Dinge erinnert: Dass ich tatsächlich einmal eine Liebesgeschichte geschrieben habe und dass ich diese noch überarbeiten wollte. Damals hatte ich irgendwie zuviele Kommata über den Text verteilt, die nach Beseitigung schreien. Außerdem sind mir vorhin beim Lesen noch mehrere verbesserungswürdige Worte aufgefallen, die bei dieser Gelegenheit mitverändert werden sollten.
Ob ich den letzten Abschnitt noch kürzen werde (spontaner Einfall), weiß ich noch nicht. Jetzt im Moment erscheint er mir zumindest kitschiger, als die restlichen Abschnitte. Mal sehen ...

Ganz herzlichen Dank fürs Lesen und Deine hilfreichen Anmerkungen!


Lieben Gruß :kuss:
Antonia

 

Hallo Antonia!

Ich wusste erst beim Lesen, dass ich die Geschichte schon mal gelesen hatte, aber auch dieses Mal hab ich sie bis zum Ende gelesen.
Erstaunlicherweise sind mir noch ein paar Fehler aufgefallen:

„Hallo, Markus. Ich bin´ s, Jens. Ruf´ mich bitte zurück. Thomas hatte einen Unfall.“
Apostrophenfimmel? Ich bins ist im Deutschen durchaus erlaubt, ruf ist sowieso der Imperativ und damit ohne Apostroph zu schreiben.
Auf dem Weg in das Balthasar-Hospital gingen ihm die, in solchen Situationen allgemein üblichen Standardgrübeleien durch den Kopf.
Das Komma ist zu viel.
das war´ s.
Siehe oben.
"... lebt diese Rolle",
Hier würde ich die Punkte wegnehmen und einen ganzen Satz draus machen, also ein Er voranstellen.
Durch die stets unverschlossene Hintertür der Krankenhausküche hindurch, an der Nachtschwester vorbei zu schleichen, die ab zwanzig Uhr alle zwei Stunden ihre Runden drehte.
Das Komma hinter hindurch wirkt irritierend. Ich würde den Satz ganz leicht abändern: Durch die stets unverschlossene Hintertür der Krankenhausküche hindurch und an der Nachtschwester vorbei zu schleichen, die ab zwanzig Uhr alle zwei Stunden ihre Runden drehte.
Gut, so.
Komma weg. Außer, ich habe den Sinn dieses Minisatzes nicht richtig verstanden.
Miriams Plan war gut, hatte nur einen entscheidenden Nachteil: er funktionierte nicht.
Markus, der Aufbrausende, und als Gegenpol der sanfte Thomas, der das Kunststück fertig brachte, die Wogen in dessem seinem Herzen zu glätten.
...Qualität und Quantität der Liebe, die man ihrem, immerhin bereits 23 Jahre alten Sohn, entgegenbrachte, zu bewerten?
Komma hinter ihrem und Sohn weg.

Lieben Gruß

chaosqueen

 

Hallo Chaosqueen!

Besten Dank fürs Nochmallesen und die Auflistung der Fehler, um deren Ausmerzung ich mich sofort kümmern werde! Hatte gestern einige davon beseitigt und dafür wohl ein paar neue eingebaut. :D
Das mit den Apostrophen ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln, weshalb ich meistens versuche, ihre Anwendung zu vermeiden. Aber ich arbeite daran ...


Ganz lieben Gruß
Antonia

 

Hi Antonia,

wie furchtbar, sich vorzustellen, dass ein im Koma liegender Mensch, durch ein unendlich tiefes schwarzes Nichts treibt.

Eine einsame Seele in einem kalten Universum.
Was passiert mit ihr, wenn der Faden reißt?
Was empfindet die Seele, was denkt sie?
Ist da wirklich nur noch Lethargie?

Wie gut das es heute praktiziert wird, das solche Patienten Zuspruch von Familie und Freunden bekommen.
Durch vorlesen, erzählen, Musik, Tiere, Streicheleinheiten. Damit der Aufenthalt in ihrer "Welt" wieder mit Farbe, Licht und Wärme gefüllt wird.
Und wenn sie nicht schon zu weit weg sind, finden sie den Weg zurück.

Eine sehr schöne Geschichte, die mich ein wenig betroffen zurückläßt und mich neugierig darauf macht, mehr über Komapatienten zu erfahren.

einen ganz lieben Gruß
coleratio

 

@ Illusionist:

Dieser Satz hatte zur Folge, dass ab da vor meinem geistigen Auge der Clooney rumgehüpft ist und nicht dein Prot.
Tja, damals hatte ich schon gerne den Clooney vor meinem geistigen Auge, hehe. Der Prot. sollte sowohl vom Aussehen, als auch vom Charakter her einen Kontrast bilden zu seinem Partner, und da bot sich diese einfache Lösung an. Heute entspricht Georg eh nicht mehr meinem Geschmack. :D

Freut mich, dass Dir der markante Schreibstil, den ich partout nicht mehr los werde, zusagt.


@ coleratio:

Eine einsame Seele in einem kalten Universum. Was passiert mit ihr, wenn der Faden reißt?
Du hast Recht. Es ist eine grauenhafte Vorstellung, vielleicht für immer durch eine solche Schwärze zu treiben. Zumal ich der Ansicht bin, dass Seelen sich nicht auflösen, also normalerweise auch nicht verloren gehen. Umso wichtiger erscheint mir, alles nur Erdenkliche zu versuchen, um Koma-Patienten zu helfen.

Freut mich, dass ich Dich mit dem Thema erreichen konnte.


Euch beiden herzlichen Dank fürs Lesen und Kommentieren!


Ganz liebe Grüße
Antonia

 

Hallo Antonia,
durch mehr oder weniger Zufall bin ich auf deine Geschichte gestossen.
Und ich muss sagen, wirklich eine einfuehlsame, stimmungsvolle, sensible Geschichte, die auch stilistisch klasse geschrieben ist. Ich bin wirklich beeindruckt. Ueber ein so sensibles Thema so gefuehlvoll zu schreiben und den Aufbau der Geschichte dabei auch noch gut hinzukriegen, ist wirklich Klasse.
Auf jeden Fall danke fuer dies schoene Geschichte.
glg
carrie

 

Hi Antonia,

eine schöne mutige Geschichte, die mich sehr angesprochen hat; ein paar deiner gewagteren Formulierungen lassen mich raten, noch gewagter zu werden :-)) !


Flic

 

Liebe Antonia,

ich habe mal ein wenig gegraben :).

Erst mal zum Text:

„Hallo, Markus. Ich bins, Jens. Ruf mich bitte zurück. Thomas hatte einen Unfall.“
Thomas könnte ja nur ein Kumpel sein, mit dem Markus eng befreundet ist. Sehr spät - für mich zu spät - wird klar, dass sie eine Liebesbeziehung zueinander haben.

Die Worte krochen langsam, wie Würmer durch nasse Erde. Von den Ohren über Hindernisse, die in Windeseile auf dem Weg zum Gehirn aufgebaut worden waren, in sein Bewußtsein, wo sie zubissen und schmerzten.
Der zweite Satz hängt für mich in der Luft. Ich bin keine Freundin von langen Schachtelsätzen, aber hier ist für mich der Punkt nach Erde etwas deplaziert. Aber ich habe auch noch keine bessere Variante gefunden :shy:

Er hatte es geahnt. Nein, eben nicht. Nichts hatte er vorhergesehen. Sport ist Mord.
Das Kursive wirkt sehr plakativ auf mich.
Er stand noch einige Sekunden da, das Telefon am Ohr, bis ihm einfiel, dass man am Ende eines Gesprächs den Hörer wieder auflegt.
:thumbsup:
Koma: tiefe Bewußtlosigkeit. Markus schlafwandelte durch die Wohnung. Im Spiegel des Badezimmers, das er zweimal beehrte, sah er das Gesicht eines jungen Mannes, der aussah, wie der jüngere Klon von Georg Clooney.
Das finde ich auch schade, ein Promi anzuführen, das schränkt so ein.

Markus wußte nicht wie es ihm gelungen war, ohne einen Unfall zu bauen im Krankenhaus anzukommen.
Komma nach bauen
Außer sich vor Sorge eilte er durch den Eingang direkt zum Pförtner, um die Zimmernummer zu erfragen: Zimmer 317 im dritten Stock, Intensivstation.
Dies emfinde ich als etwas doppelt gemoppelt. Wie wäre denn sowas wie:
Außer sich vor Sorge eilte er durch den Eingang direkt zum Pförtner, der ihm Thomas Zimmernummer auf der Intensivstation im dritten Stock nannte. (Wen interessiert die genaue Nummer?)
Sein suchender Blick fiel auf einen Aufzug, dessen Türen sich öffneten, um Kranke und Besucher ein- und aussteigen zu lassen. Markus betrat den Aufzug, die Türen schlossen sich. Erster Stock, zweiter Stock, dritter Stock.
Du willst Spannung erzeugen. Aber das kommt bei mir nicht an. Mir würde hier reichen:
Er benutzte den Aufzug. Als er ihn verließ, drehte sich nach allen Seiten um. Jetzt, kurz vor seinem Ziel, fühlte er sich plötzlich unbehaglich.

Bei seinem Anblick setzten beide ihre freundlichen Masken auf. Der Vater: Feldwebel. Wäre er zumindest gern. Übte lange für diese Rolle. Falsch. "Er lebt diese Rolle", sagte Thomas. Die Mutter: Wölfin im Schafpelz. Bei näherer Betrachtung fiel auf, dass Thomas seiner Mutter recht ähnlich sah. Das blonde, störrische Haar, die hellen Augen, ja selbst die schlanke, zarte Statur mußte er von ihr geerbt haben. Was er nach eigenen Angaben glücklicherweise nicht von ihr in die Wiege gelegt bekommen hatte, war die Art und Weise, wie sie es schaffte, sich durch geschicktes Einsetzen von Leiden und Launen unliebsame Konfrontationen mit Gegebenheiten oder Tatsachen, mit denen sie nicht konform ging, vom Leib zu halten.
Gute Beschreibung :thumbsup:

Zögernd nannte er seinen Namen, bereit, über den eigenen Schatten zu springen und sich wehrlos zu ergeben. Ein Blick in die Gesichter seiner beiden Gegenüber genügte, um zu wissen, dass sein Name das Synonym für alles Übel in der Welt und er selbst der personifizierte schlechte Einfluss zu sein schien. Sie zogen ihre Schilde hoch.
Gefällt mir auch ausgezeichnet, besonders der letzte Satz.


Betteln/schreien/winseln/toben.
Diese Schrägstriche finde ich unpassend. Dann eher noch, wie schon weiter oben benutzt, Bindestriche. Oder jeweils ein Punkt dahinter.
Er fühlte sich leer, ausgebrannt und zutiefst verzweifelt. Auf dem Weg nach Hause erinnerte er sich an die Szenen im Krankenhaus. Dumm gelaufen.
Nein, Antonia, dumm gelaufen trifft es überhaupt nicht. Der Prot muss nach diesem Verbot am Boden zerstört sein. Dumm gelaufen benutzt man, wenn etwas schief geht, über das man sogar vielleicht lachen oder die Schulter zucken kann.

Markus floh zu Miriam, seiner besten Freundin und deren Katze.
Den Satz las ich mehrere Male. Irgendwas stimmt daran nicht. Es liest sich gerade so, als wäre Miriam eine Person, die beste Freundin die andere und noch die Katze dazu :hmm:

Da Liebe ungeheure Kräfte verleiht – sowohl physische als auch psychische – fügte er sich selbst mit einer Glasscherbe eine stark blutende Wunde zu.
Erst hier wird sicher klar, dass es sich um ein Liebespaar handelt. Natürlich könnte man aus den vorherigen Reaktionen so etwas eventuell herauslesen, aber nicht sicher.

Ab sofort galt er als Notfall, wurde als Patient aufgenommen und versorgt.

Nun saß er da, am Bett von Thomas, dessen Existenz auf ein Minimum reduziert war und von einem maschinellen Lebenserhaltungssystem stabilisiert und überprüft wurde.
Von der Ambulanz aus spazierte er mal schnell in die Intensiv... :D
da machst du es dir etwas zu leicht.

Doch jegliche Anläufe in diese Richtung waren bereits im Ansatz fehl geschlagen, weil sie seine Veranlagung schon immer geahnt hatten, jedoch nicht wahrhaben wollten, also wohnte er noch dort.
:confused:
Also eigentlich weiß er, dass sie es wissen, also macht er ihnen eine Freude, um den Schein zu wahren und wohnt weiterhin daheim?

Wer gab Eltern das Recht, Qualität und Quantität der Liebe, die man ihrem immerhin bereits 23 Jahre alten Sohn entgegenbrachte, zu bewerten?
Na endlich wacht er auf.

In all dieser undurchdringlichen Schwärze glaubte er plötzlich, einen winzigen Lichtpunkt zu sehen, der ihn magisch anzog. Hoffnung besiegt Apathie. Sein ganzer Wille klammerte sich an dieses winzige Licht, das er wieder zu verlieren fürchtete und er kämpfte sich aus der zähen Schwärze mit ungeheuerlicher Anstrengung frei. Näher und näher bewegte er sich auf das Licht zu, welches sich als rotierende Lichtspirale erwies, in deren Zentrum eine Melodie erklang, erst leise, dann immer lauter werdend. Diese Melodie, das Lied, das Markus für ihn voller Liebe geschrieben hatte, riß ihn mit sich heraus aus dem schwarzen Nichts, hinüber auf die andere Seite, wo die körperliche Hülle mit Namen Thomas ihn wieder als Bewohner aufnahm und sich dabei nahezu unmerklich bewegte.
Für mich knapp am Kitsch vorbei, aber es geht noch ;).

Abschließend:
Spätestens bei der Konfrontation mit den Eltern müsste meinem Gefühl nach der Leser in die Homo-Beziehung eingeweiht werden. Bis dahin war es für mich trotz der intensiven Gefühle, die Markus empfindet, nicht klar, ob es einfach ein toller Freund oder tatsächlich ein Geliebter ist. Der Geschichte tut das doch keinen Abbruch, auch wenn man das schwarz auf weiß schon früher weiß.
Mal von dem ganzen Text-Gemäkel abgesehen gefällt mir die Geschichte gut, da du auch ein paar äußerst schön formulierte Sätze drin hast.

Ganz liebe Grüße
bernadette

 

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