Was ist neu

Licht

Mitglied
Beitritt
21.06.2001
Beiträge
1

Licht

Stille. Kein Laut ist zu hören, als Anna aufwacht. "Wie spät mag es wohl sein? Vielleicht kann ich ja noch ein bisschen schlafen.", denkt Anna. Die anderen scheinen noch nicht wach zu sein. Doch Moment - warum hört sie ihren kleinen Bruder nicht atmen, der normalerweise wie ein astmatisches Walross schnauft? Und warum ist es so dunkel? Nicht die kleinste Spur von Licht ist zu entdecken, obwohl Anna die Augen so weit aufreißt, dass sie denkt, sie kullern ihr gleich aus dem Kopf. Eigentlich ist es nachts niemals ganz dunkel, trotz der vorgeschriebenen Verdunklung, die die Flugzeuge der Feinde täuschen soll. Irgendwas drückt Anna unangenehm, ja schon schmerzhaft, in den Rücken. Ihre Gedanken quälen sich langsam weiter: "WArum ist mein Bett so unbequem?". Sie kann sich erinnern am Abend ganz normal ins Bett gegangen zu sein. Seit dem weiß sie nichts mehr. Irgendwas stimmt nicht. Erst jetzt fallen ihr die bohrenden Kopfschmerzen auf, die sie erst gar nicht bemerkt hat. Und auch ihre Beine tun fürchterlich weh. Als ob etwas schweres auf ihnen liegt. "Was zum Teufel ist passiert?" denkt Anna beunruhigt. Die Luft, die sie atmet ist staubig und schlecht, verbraucht. Sie hat Durst und langsam steigt eine schleichende Panik in ihr auf. Kein Licht, schlechte, staubige Luft und diese Stille. Plötzlich fällt es ihr wie Schuppen von den Augen. "Oh Gott, unser Haus muss bombadiert worden sein!!!" Nun rasen ihre Gedanken. Warum hat sie keine Alarmsirenen gehört? Sie bekommt keine Luft und Angstschweiß bricht ihr aus. Ein eisiger Schreck durchfährt sie. Was ist mit ihrem Bruder, ihren Eltern??? Sie beginnt zu rufen: " Robert, hörst du mich? Bist du hier irgendwo? Mama, Paps? So sagt doch was!" Tiefe Stille, sie hört nur ihre eigenen rasselnden Atemzüge. Sie schreit und schreit, bekommt keine Luft mehr:" MAMA!!? Bitte antwortet doch!" Sie kann nur noch mühsam röcheln, doch die Luft scheint kaum noch Sauerstoff zu haben. Voller Angst versucht sie sich aufzusetzten, doch ihre Hände finden keinen Halt und schrammen schmerzhaft über scharfe Steinsplitter. Ihr kleiner Körper fällt schwer zurück und sie prallt mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand. Schwarze Schleier tanzen vor ihren Augen und der Schmerz raubt ihr fast das Bewusstsein. Sie kämpft und nach ewig langen Sekunden lichten sich die Schleier wieder. Sie tastet mit den Händen umher. "Steine, nicht als Steine!", denkt sie hoffnungslos. Sie fühlt nach ihren Beinen. Ein länglicher Gegenstand liegt quer darüber und macht es ihr unmöglich sich zu bewegen. Es ist ein schwerer Holzbalken, doch mit einiger Mühe schafft sie es, ihn weg zu schieben. Inzwischen sind ihre Beine vollkommen gefühllos. Nocheinmal versucht sie sich vorsichtig aufzusetzen. Diesmal gelingt es ihr, doch sofort meldet sich ihr malträtierter Kopf. Sie wartet einige Sekunden, bis der Schmerz nachlässt, und merkt, wie ihre Beine langsam wieder unangenehm durchblutet werden. Sie hasst dieses Gefühl. Als das Kribbeln endlich nachlässt, richtet sie sich abermals langsam auf. Die Decke befindet sich nur etwa 20 cm über ihrem Kopf und so zwingt sie ihren Körper, sich hin zu knien. Wieder tasten ihre Hände umher, streifen über Steine, Stahl, Holz und - moment - was ist das?? Weich wie Stoff und darunter..... Anna schreckt mit einer panischen Bewegung zurück. "Nein, bitte lass es nicht wahr sein!!!" Tränen schießen ihr in die Augen und sie beginnt hemmungslos zu schluchzen. Vorsichtig und mit zitternden Händen tastet sie den kleinen, noch warmen Körper entlang. Da sind die Knöpfe des Schlafanzugs, ihre Finger berühren nackte Haut,etwas Feuchtes (BLUT???) das Gesicht. Nun laufen ihr die Tränen in Strömen das Gesichtchen herunter. Voller Panik erkennt sie, dass dieser kleine, leblose Körper Robert, ihr kleiner Bruder, ist. Erleichtert stellt sie fest, dass er noch atmet. Schwach aber durchaus spürbar. Plötzlich hört Anna ein Geräusch und fährt herum und sieht - natürlich nichts. Was hat sie erwartet? Dass plötzlich die Schwärze verschindet und Licht hereinfällt?? Doch da ist wieder dieser Laut. Ein Rumpeln, als ob schwere Steine bewegt würden. In ihr keimt neue Hoffnung auf. "HILFE, HILFE, helft uns doch!! Wir sind hier!". Sie schreit aus vollem Halse, und hat das Gefühl, dass ihre Kehle explodiert. Sie hustet, kann gar nicht mehr aufhören. "Hallo? Ist da jemand?" ruft eine rauhe Stimme. "Ja", krächzt Anna. "Mein kleiner Bruder liegt hier schwerverletzt und meine Familie muss auch hier irgendwo verschüttet sein. Holt uns hier raus! Bitte!" "Ruhig Mädchen! Wir schaffen das,halt noch ein paar Minuten aus!". Was tut es gut endlich eine Stimme zu hören. Sie ist gerettet!! Doch sofort schämt sie sich für diesen Gedanken. Sie weiß nicht, ob ihre Familie noch lebt oder mit zerschmetterten Körpern tot hier begraben liegt. Bei dem Gedanken läuft es ihr eiskalt den Rücken herunter und ein harter Klumpen bildet sich in ihrem Magen. Das Geräusch von fallenden Steinen reißt sie aus ihren Gedanken und da ist doch tatsächlich Licht!!!! Sie blinzelt, doch der Schimmer bleibt, es ist keine Einbildung! Gleich sind sie draußen und können wieder reine Luft atmen. Sie röchelt nun schwer. Jeder Atemzug tut weh. DAs Loch wird größer und gutmütig wirkendes Gesicht taucht in der Öffnung auf. Hände strecken sich ihr entgegen und heben sie aus dem Gefängnis aus Stein. Sie ist frei! Anna kneift die Augen zusammen, denn das grelle Licht blendet sie. Doch wie wunderbar es ist, so warm und gut. Schon wird sie in eine Decke gehüllt und weggeführt. "Aber meine Familie......" flüstert sie noch schwach, dann knicken ihr den Beine ein und alles wir wieder schwarz.

 

Hallo Silke,

es ist zwar schon länger her, dass Du die Geschichte "Licht" hier veröffentlicht hast, aber ich wollte Dir doch noch was dazu schreiben. Sie ist gut geschrieben und lässt die Angst gut nachfühlen. Bis auf den von Max Weigl erwähnten Fehlern ist mir nichts weiter aufgefallen.

Gruß Chrisstories

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom