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Liebe aus der Ferne

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10.11.2004
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Liebe aus der Ferne

Ihr braunes Haar glänzte in der Sonne, damals. Es war Spätsommer, warm, ab und zu wehte ein angenehmer Wind. So habe ich ihn in Erinnerung, den Tag, als ich sie zum ersten Mal sah.
Schmal war ihr Gesicht, schmal eigentlich wie ihr ganzer Körper. Zierlich und fast zu schlank, und doch fand ich sie gleich schön. Ihr blasser Mund war das erste, das mir an ihr auffiel.
Die Farbe ihrer Augen konnte ich nicht erkennen, zu schnell ist sie an mir vorbeigegangen. Sie war nur eine flüchtige Begegnung an jenem Tag, wie so viele andere, und doch blieb sie mir in Erinnerung.

Ich sah sie öfter in den nächsten Wochen, meistens im Supermarkt oder an der Bushaltestelle. Sie hat nie auf den Fahrplan geschaut, wahrscheinlich kannte sie ihn auswendig. Manchmal fragte ich mich, wohin sie wohl fährt.
Nach einer Weile stellte ich fest, dass wir beinahe Nachbarn waren, ihre Wohnung war nur zwei Hauseingänge von meiner entfernt. Kein Wunder, dass ich sie so oft in diesem Stadtviertel sah.
Und mit einem Mal fiel mir auf, wie glücklich ich über diese kurzen Begegnungen war.

Ich entschlüsselte die Farbe ihrer Augen - graublau -, gar nicht so einfach, denn in den ersten Monaten hat sie mich nie direkt angeschaut. Seltsam, ihr Blick war meistens einfach in die Luft vor ihr gerichtet oder auf den Weg vor ihren Füßen. Die Menschen rings um sie ernteten nie mehr als einen kurzen Augenblick.
Dafür betrachtete ich diese Frau um so mehr. Wie oft habe ich mir im Stillen gewünscht: Sieh mich nur einmal an. Schenk mir ein Lächeln, vielleicht. Wenigstens einen Blick.

Mein Herz schlug schneller, als es dann endlich geschah. Ich sah sie im Kino unserer Stadt - endlich hatte ich ein Geheimnis aus ihrem Leben gelüftet. Sie hat meine Eintrittskarte abgerissen und mich danach kurz angeschaut. So wie sie alle anderen Besucher angeschaut hat. Sie hat mich gesehen, aber es lag kein Erkennen in diesem Blick. Ich wollte etwas sagen, wenigstens ein Danke, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Ich sagte nichts und ging weiter.

Es sind fast zwei Jahre vergangen, seit ich ihr zum erstem Mal begegnete, und noch immer beschäftigt sie meine Gedanken.
Sie ist noch schöner geworden seitdem. Interessanter. Ihre Haare sind heute etwas kürzer, sie reichen genau bis zur Schulter. Am liebsten mag ich es, wenn sie einen Pferdeschwanz trägt. Sie sieht so fröhlich aus damit.

Ich bin viel häufiger ins Kino gegangen, seitdem ich weiß, dass sie öfter dort arbeitet. Einmal hat sie mir an der Kasse meine Karte verkauft - das einzige Gespräch, das wir jemals führten. Ihre Stimme zu hören, war wunderbar. Ich lächelte sie höflich an, als ich das Wechselgeld nahm. Sie bemekte nicht, wie sehr meine Hände dabei zitterten. Dann überließ ich den Platz dem nächsten Kunden.
Oft genug habe ich mir die Worte zurechtgelegt, mit denen ich sie beim nächsten Mal ganz bestimmt ansprechen wollte. Doch schon die einfachste Begrüßung brachte ich nur mit einem nervösen Stottern über die Lippen - wie hätte ich da mehr wagen können!

Vor einem Jahr sah ich sie mit einem Mann. Ein junger blonder Mann mit Brille. Er hatte den Arm um sie gelegt. Ihn hat sie länger als einen Augenblick angesehen. Und ich fühlte nur Leere und Trauer in mir.

Einige Male sah ich sie in seiner Begleitung. Dann, vier Monate später, sah ich sie nur noch allein. Ihre Blicke waren noch kürzer als jemals zuvor. Mir schmerzte fast das Herz vor Trauer.

Natürlich habe ich andere Frauen kennen gelernt - lachende Blicke aus kunstvoll geschminkten Augen, runde Hüften, anmutige Bewegungen in der Diskothek -, aber keine von ihnen könnte ihr ebenbürtig sein. Attraktiv sind sie, ohne Zweifel. Aber in jener Frau brennt ein anderes Licht. Irgendetwas, das ich nicht einmal benennen kann; doch damit hat sie mich verzaubert.

Ich wünschte, ich könnte ihr all das ins Gesicht sagen. Ich wünschte, sie wüsste wie ich fühle.
Wenn sie mich nur einmal so ansehen würde wie den Blonden damals... Doch ich bin für sie noch immer nur eine flüchtige Begegnung, keinen Blick mehr wert als der Busfahrer oder die Kassiererin im Supermarkt. Ich wünschte, ich könnte mehr für sie sein. Könnte ich nur ihre Hand berühren...

Sie wird es nie erfahren. Aussprechen kann ich es nicht. Kann die Worte nicht einmal in einem Brief aufschreiben, sie schwirren nur immer durch meinen Kopf und meine Träume - genau wie ihr Bild.
Und so stehe ich nur wieder an der Bushaltestelle, es ist 16.43 Uhr, Donnerstag; in zwei Minuten wird sie hier sein.

 

Hallo Christel,

leider hat mir deine Geschichte nicht gefallen.

Durch die Ansprache des Mädchens mit einem "Du" schliesst du den Leser aus, so dass sich dein Eintrag eher wie ein Tagebucheintrag als eine Geschichte liest.
Für mich als Leser entsteht also durch das Lesen deiner Geschichte keinerlei mehrwert.
Damit es eine Geschichte wird solltest du erst einmal die "Du-Anrede" weglassen - dann müsstest du eher eine Handlung aufbauen.

Textzeugs:

So habe ich ihn in Erinnerung, den Tag, als ich dich zum ersten Mal sah.

Du sprichst das Gegenüber immer mit "du" an und jetzt ist er auf einmal "ihn".

Schmal war dein Gesicht, schmal eigentlich wie dein ganzer Körper.

eigentlich ist ein Wort, dass ich beim Schreiben nicht mag. Entweder es ist so oder eben nicht.

LG
Bella

 

Hallo christel,

ich bin nicht grundsätzlich gegen die "Du-Anrede" in Geschichten, finde sie in deiner Geschichte nicht so angebracht. Sie kann mE ein wirkungsvolles Mittel sein, wenn man die Geschichte des "Du" erzählt, weniger, wenn man die Geschichte des "Ich" erzählt, welches sich in seiner Angst verkriecht, die ersehnte Frau nicht anzusprechen.

Da bin ich beim nächsten Punkt. Der Text schreibt zwar viel über ein Du, über das er fast nichts weiß, die eigenen Gefühle bleiben aber in gewisser Weise außen vor. Die Sehnsucht wird beschrieben, aber nur selten greifbar gemacht.
Ich nehme mal deinen letzten Absatz als Beispiel:

Und so stehe ich nur an der Bushaltestelle, es ist 16.43 Uhr; ich weiß, dass du in zwei Minuten hier sein wirst, wie immer am Donnerstag. Eine kurze Begegnung mit dir läßt mich für einen Tag wieder alle anderen Wünsche vergessen
Hieße der Satz: Und so stehe ich,wie immer am Donnerstag, um16.43 Uhr an der Bushaltestelle, denn ich weiß, in zwei Minuten wirst Du hier sein.
könntest du dir die folgende Beschreibung fortlassen. Durch diese Formulierung hast du die Sehnsucht in das Verhalten gelegt und jeder Leser kann sie sofort empfinden.

Gar nicht erfahren wir leider, was deinen Prot daran hindert, sie einfach mal anzusprechen. Damit meine ich nicht Sätze wie Ich habe Angst, dich anzusprechen, sondern eher verpasste Chancen, etwas beim Abreißen der Karte. Da wird keine Überraschung deutlich, als er in ihr Gesicht schaut, kein Schlucken, als er vielleicht einen Moment überlegt, "Hallo" zu sagen. So weiß man zwar, dass er aus irgendeinem Grund zu schüchtern ist, diese Schüchternheit wird aber nicht spürbar.

Wechsle die Perspektive der Geschichte. Mache eine "Ich-Erzählung" draus, in der du seine Geschichte erzählst. Denn von ihr hast du ja gar nicht so viel zu erzählen, was eine Geschichte hergibt.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Bella und sim,

danke für eure Kommentare!

Ihr habt ja beide die Du-Perspektive als unpassend empfunden, und wenn ich drüber nachdenke, muß ich euch rechtgeben... Es ist wohl gerade dadurch zu viel reiner Gedankengang statt Handlung.
Ich werde versuchen, die Geschichte dahingehend umzuschreiben, daß die "Angebetete" als "sie" statt als "du" vorkommt. Ich kann mir vorstellen, daß es dann auch gleich mehr wie eine Geschichte wirkt als wie ein Tagebucheintrag.

Also danke für die Anregung, an diese Möglichkeit hatte ich gar nicht gedacht, da mir die Idee irgendwie in dieser Form in den Kopf kam.

Werde versuchen, die Gefühle der Sehnsucht und besonders der Mutlosigkeit an einigen Handlungen noch deutlicher zu machen.

@Bella: Das ihn bei Textzeugs bezog sich natürlich auf den Tag, nicht das Gegenüber.

Gruß,
Christel

 

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