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- 24.02.2005
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Liebe geht durch den Wagen
Trish schnarchte wie mein Opa. Sie hatte einen fahlen Mundgeruch, der schon eine halbe Stunde nach dem Zähneputzen einsetzte. Und ihre Stimme nervte, wenn sie aufgeregt war. Doch ihr Fahrgestell machte das alles wett. Keiner meiner Freunde konnte mit so einer Karosserie aufwarten. Egal bei welcher Party ich mit ihr aufkreuzte, zog sie die Performer-Dudes an wie die Fliegen. Die anderen Typen trauten sich erst gar nicht, sie anzulabern. Out-of-Reach-Syndrom. Kannte ich zum Glück nur vom Hören-Sagen.
Mit den Frauen war es genauso wie mit den Autos. Mann konnte und sollte sie pflegen. Doch sie allein entschieden darüber, wie lange die Kiste lief. Wir waren schon fast zwei Jahre zusammen, als mein Smart anfing, Faxen zu machen. Wir hatten uns gerade eine Wohnung mit zwei weit auseinander liegenden Schlafzimmern angeschaut, als die Beifahrertür nicht mehr aufging. Trish rüttelte mit ihren zierlichen Ärmchen am Griff, was echt trollig aussah. Von innen öffnete die Tür dann problemlos. Seltsam. Schon auf dem Weg zur Wohnungsbesichtigung hatte das Beifahrerfenster gestreikt.
“Dein Auto spinnt”, sagte Trish.
“Nein, es hat nur ab und zu seine Tage.”
“Was ist das jetzt? Der Gurt geht nicht mehr rein.”
“Kann eigentlich nicht sein. Versuch´s noch einmal!”
Es klickte einfach nicht zwischen Trish und meinem Smartie.
“Nichts zu machen. Langsam wird mir deine Karre echt unheimlich.”
“Mein Auto”, korrigierte ich sie.
“Ja natürlich, dein herzallerliebster Smartie.”
Ihr Ton gefiel mir gar nicht.
“Dein Ton gefällt mir gar nicht”, sagte ich.
Trish spielte an den Lüftungsklappen herum.
“Wen liebst du eigentlich mehr? Ihn oder mich?”
“Woher weißt du, dass es ein Er ist?”, fragte ich amüsiert.
“Sag schon, wer ist dir wichtiger?”
“Was für eine Frage, du natürlich”, behauptete ich.
“So sicher bin ich mir da nicht”, meinte Trish.
“Ach komm, beruhig´ dich”, sagte ich, wohl vertuschend, dass ich mir da auch nicht so sicher war. Ich wollte keinen der beiden verlieren, soviel stand fest.
Trish musste zur Arbeit. Normalerweise ließ ich sie an der Ecke zum Rathaus raus, doch der Smartie ging schon an der Bushaltestelle in die Eisen. Dann sprang die Tür auf. Trish sah mich mit großen Augen an.
“Steig besser aus!”
Das musste ich ihr nicht zweimal sagen.
“Scheiße, mein Gurt!”
Er hatte sich plötzlich fest gezogen, schnürte mir beinahe die Luft ab.
“Steig aus Max! Die Karre lebt!”
Ich erreichte gerade so den Griff der Fahrertür. Doch sie ging nicht mehr auf. Dafür schloss sich die Beifahrertür, als hätte ihr jemand einen gewaltigen Tritt gegeben. Der Smartie beschleunigte, wie nur Smarties beschleunigen. Als ich das Lenkrad berührte, heulte der Motor auf.
“Ist ja gut, ich halt mich raus”, stammelte ich und erwog in meiner Panik sogar, die Polizei anzurufen. Doch was hätten sie tun sollen? Bloß keine Eskalation, bloß kein Unfall, dachte ich. Vertraue ihm. Immerhin seid ihr schon sieben Jahre zusammen. Zu meiner Beruhigung hielt sich der Smartie an die Höchstgeschwindigkeit und betätigte den Blinker, bevor er abbog. Trish rief an. Der Motor heulte auf. Ich drückte sie weg.
“Keine Sorge Smartie. Du und ich. Nur Du und ich.”
Die nerdige Hupe miepte zweimal. Der Motor beruhigte sich wieder. Wir fuhren hinter der Playa von der Autobahn ab und machten an einer Tanke halt. Genauer gesagt, an einer Waschanlage. Die Tür sprang auf. Mein Gurt entspannte sich und ließ sich wieder öffnen.
“Alles klar Smartieboy, schon verstanden.”
Fünf Minuten später glänzte mein Wagen wie neu. Die Motorhaube sprang auf. Ich maß den Ölstand. Er war kaum noch erkennbar.
“Ich habe dich echt vernachlässigt, tut mir leid. Komme gleich wieder!”
Ich kaufte das teuerste Öl von Repsol, “Elite Long Life”, und wartete geduldig, bis auch der allerletzte feine Tropfen den Behälter gewechselt hatte. Behutsam verschraubte ich den Öltank und entstaubte, wo ich schon einmal dabei war, den gesamten Motor mit einem feuchten Tuch. Abschließend saugte ich den Innenraum und überprüfte den Reifendruck. Dabei musste ich Trish noch drei oder viermal wegdrücken.
“Alles wieder gut. War nur ein Aussetzer”, schrieb ich ihr schließlich per SMS. Dann setzte ich mich wieder in meinen Smartie und tätschelte die Gangschaltung. Rieb ein wenig mit dem Daumen über den runden Knauf und fuhr den Schalthebel entlang, so wie früher. Es dauerte keine Minute, bis die Scheibenwaschanlage ansprang und das Seifenwasser in hohem Bogen auf den Asphalt spritzte. Mein Sitz fiel nach hinten. Ich streckte mich und fuhr zärtlich über das Lenkrad. Das Radio sprang an.
“Words don´t come easy”, einer meiner Lieblingssongs aus den 80ern. Trish klingelte schon wieder an. Ich schaltete mein Handy aus. Private Time. Kann sein, dass mir die Tränen gekommen sind. Falls ja, schäme ich mich nicht dafür. Mein Smartie fuhr sich danach wieder wie eine Eins.
Ich zeigte ihm noch einen schönen Aussichtspunkt bei Tolleric. Toller Blick aufs Meer und den Sonnenuntergang. Am selben Abend lud ich Trish zu einem fürstlichen Abendessen ein. Zum Glück musste ich sie nicht dazu überreden, mit ihrem Auto zu fahren. In meinen Smartie stieg mir nämlich so schnell keine mehr ein.
Mit den Frauen war es genauso wie mit den Autos. Mann konnte und sollte sie pflegen. Doch sie allein entschieden darüber, wie lange die Kiste lief. Wir waren schon fast zwei Jahre zusammen, als mein Smart anfing, Faxen zu machen. Wir hatten uns gerade eine Wohnung mit zwei weit auseinander liegenden Schlafzimmern angeschaut, als die Beifahrertür nicht mehr aufging. Trish rüttelte mit ihren zierlichen Ärmchen am Griff, was echt trollig aussah. Von innen öffnete die Tür dann problemlos. Seltsam. Schon auf dem Weg zur Wohnungsbesichtigung hatte das Beifahrerfenster gestreikt.
“Dein Auto spinnt”, sagte Trish.
“Nein, es hat nur ab und zu seine Tage.”
“Was ist das jetzt? Der Gurt geht nicht mehr rein.”
“Kann eigentlich nicht sein. Versuch´s noch einmal!”
Es klickte einfach nicht zwischen Trish und meinem Smartie.
“Nichts zu machen. Langsam wird mir deine Karre echt unheimlich.”
“Mein Auto”, korrigierte ich sie.
“Ja natürlich, dein herzallerliebster Smartie.”
Ihr Ton gefiel mir gar nicht.
“Dein Ton gefällt mir gar nicht”, sagte ich.
Trish spielte an den Lüftungsklappen herum.
“Wen liebst du eigentlich mehr? Ihn oder mich?”
“Woher weißt du, dass es ein Er ist?”, fragte ich amüsiert.
“Sag schon, wer ist dir wichtiger?”
“Was für eine Frage, du natürlich”, behauptete ich.
“So sicher bin ich mir da nicht”, meinte Trish.
“Ach komm, beruhig´ dich”, sagte ich, wohl vertuschend, dass ich mir da auch nicht so sicher war. Ich wollte keinen der beiden verlieren, soviel stand fest.
Trish musste zur Arbeit. Normalerweise ließ ich sie an der Ecke zum Rathaus raus, doch der Smartie ging schon an der Bushaltestelle in die Eisen. Dann sprang die Tür auf. Trish sah mich mit großen Augen an.
“Steig besser aus!”
Das musste ich ihr nicht zweimal sagen.
“Scheiße, mein Gurt!”
Er hatte sich plötzlich fest gezogen, schnürte mir beinahe die Luft ab.
“Steig aus Max! Die Karre lebt!”
Ich erreichte gerade so den Griff der Fahrertür. Doch sie ging nicht mehr auf. Dafür schloss sich die Beifahrertür, als hätte ihr jemand einen gewaltigen Tritt gegeben. Der Smartie beschleunigte, wie nur Smarties beschleunigen. Als ich das Lenkrad berührte, heulte der Motor auf.
“Ist ja gut, ich halt mich raus”, stammelte ich und erwog in meiner Panik sogar, die Polizei anzurufen. Doch was hätten sie tun sollen? Bloß keine Eskalation, bloß kein Unfall, dachte ich. Vertraue ihm. Immerhin seid ihr schon sieben Jahre zusammen. Zu meiner Beruhigung hielt sich der Smartie an die Höchstgeschwindigkeit und betätigte den Blinker, bevor er abbog. Trish rief an. Der Motor heulte auf. Ich drückte sie weg.
“Keine Sorge Smartie. Du und ich. Nur Du und ich.”
Die nerdige Hupe miepte zweimal. Der Motor beruhigte sich wieder. Wir fuhren hinter der Playa von der Autobahn ab und machten an einer Tanke halt. Genauer gesagt, an einer Waschanlage. Die Tür sprang auf. Mein Gurt entspannte sich und ließ sich wieder öffnen.
“Alles klar Smartieboy, schon verstanden.”
Fünf Minuten später glänzte mein Wagen wie neu. Die Motorhaube sprang auf. Ich maß den Ölstand. Er war kaum noch erkennbar.
“Ich habe dich echt vernachlässigt, tut mir leid. Komme gleich wieder!”
Ich kaufte das teuerste Öl von Repsol, “Elite Long Life”, und wartete geduldig, bis auch der allerletzte feine Tropfen den Behälter gewechselt hatte. Behutsam verschraubte ich den Öltank und entstaubte, wo ich schon einmal dabei war, den gesamten Motor mit einem feuchten Tuch. Abschließend saugte ich den Innenraum und überprüfte den Reifendruck. Dabei musste ich Trish noch drei oder viermal wegdrücken.
“Alles wieder gut. War nur ein Aussetzer”, schrieb ich ihr schließlich per SMS. Dann setzte ich mich wieder in meinen Smartie und tätschelte die Gangschaltung. Rieb ein wenig mit dem Daumen über den runden Knauf und fuhr den Schalthebel entlang, so wie früher. Es dauerte keine Minute, bis die Scheibenwaschanlage ansprang und das Seifenwasser in hohem Bogen auf den Asphalt spritzte. Mein Sitz fiel nach hinten. Ich streckte mich und fuhr zärtlich über das Lenkrad. Das Radio sprang an.
“Words don´t come easy”, einer meiner Lieblingssongs aus den 80ern. Trish klingelte schon wieder an. Ich schaltete mein Handy aus. Private Time. Kann sein, dass mir die Tränen gekommen sind. Falls ja, schäme ich mich nicht dafür. Mein Smartie fuhr sich danach wieder wie eine Eins.
Ich zeigte ihm noch einen schönen Aussichtspunkt bei Tolleric. Toller Blick aufs Meer und den Sonnenuntergang. Am selben Abend lud ich Trish zu einem fürstlichen Abendessen ein. Zum Glück musste ich sie nicht dazu überreden, mit ihrem Auto zu fahren. In meinen Smartie stieg mir nämlich so schnell keine mehr ein.
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