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Linus bleibt liegen

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PGN

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17.01.2021
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Linus bleibt liegen

»Ich will nicht aufstehen, Papa.«
Linus war genervt. Jeden Morgen stand sein Vater in aller Herrgottsfrühe vor seinem Bett und versuchte, ihn zu wecken.
»Ich verstehe ja, dass du noch liegen bleiben möchtest, aber das geht nun einmal nicht. Wir sind doch mit Mama verabredet!«
»Nur noch fünf Minuten!«
»Na gut«, seufzte Papa. »Aber ich lasse schon einmal die Sonne rein.«
Entschlossen stapfte Papa auf das abgedunkelte Fenster zu. Durch die Schlitze sah Linus schon die ersten Strahlen funkeln. Er stöhnte. So viel Licht am frühen Morgen war ihm einfach zu anstrengend.
»Du kannst von mir aus alles machen, um mich zu wecken. Aber lass bloß die Jalousie zu!«
Sein Papa lachte. »Alles, sagst du? Na wart’s mal ab.«
Linus’ Vater verließ das Schlafzimmer. Linus kuschelte sich unter seine Decke. Er hörte, wie Papa in der Küche nebenan eine Tasse aus dem Schrank nahm und den Wasserhahn aufdrehte.
»Er kocht sich wohl Kaffee«, dachte Linus. »Vielleicht darf ich heute wirklich mal im Bett bleiben.«
Er war schon fast wieder eingeschlafen, als er Schritte hörte. Widerwillig blickte er sich um.
Papa stand mit einem Wasserglas in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht vor ihm. Er fing an zu lachen und schüttete seinem Sohn – wusch! – das ganze Wasser ins Gesicht.
Linus prustete. Er wischte sich die Tropfen aus dem Gesicht und schüttelte sich.
»Jetzt schau mal, was du angerichtet hast. Alles ist klitschnass!«
»Ja«, sagte Linus’ Papa mit einem triumphierenden Glucksen. »Aber dafür bist du jetzt wach.«
»Von wegen! Ich will immer noch nicht aufstehen. Nur noch fünf Minuten!«
»Fünf Minuten? Ich kann dich ja mal fünf Minuten durchkitzeln. Mal sehen, ob du dann immer noch zu müde bist um aufzustehen.«
Gesagt, getan. Linus’ Papa stürzte sich auf seinen Sohn und kitzelte ihn nach allen Regeln der Kunst durch. Er krabbelte ihn an den Unterarmen, am Bauch und unter den Achseln, schnappte sich die Füße und die Oberschenkel. Linus musste so sehr lachen, dass er fast vergaß, wie müde er eigentlich war. Das bemerkte auch sein Papa, der schließlich von ihm abließ. »So, das dürfte gewirkt haben. Stehst du jetzt endlich auf?«
»Aber jetzt hab ich mich doch kaputtgelacht. Da kann ich doch erst recht nicht mehr aufstehen!«
Linus’ Papa stieß einen langen Seufzer hervor. Sein Sohn grinste bis über beide Ohren.
»Nur noch fünf Minuten!«
Linus’ Papa schüttelte den Kopf und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Erneut zog sich Linus seine Decke bis direkt unters Kinn. Dass seine Bettwäsche nass war, störte ihn kaum, schließlich war er fast schon wieder eingeschlafen.
Die Zimmertür wurde geöffnet. Linus blinzelte, um zu erkennen, was sein Papa dieses Mal plante. Hatte er da etwa die Stehlampe aus dem Wohnzimmer in der Hand? Es sah ganz danach aus! Papa stellte sie auf den Boden und drehte wieder um. Ein paar Augenblicke später war er mit dem Deckenfluter aus der Küche zurückgekehrt. Und als er das nächste Mal ins Zimmer trat, hatte er seine Nachttischleuchte in der Hand. Als schließlich vierzehn Lampen rund um Linus’ Bett standen und alle Kabel verbunden waren, betätigte Papa den Schalter an der Mehrfachsteckdose.
Gleißend helles Licht blendete Linus. Sofort kniff er die Augen zu und versteckte seinen Kopf unter dem Kissen.
»Das stört mich überhaupt nicht«, lachte Linus. Da zerrte sein Vater ihm auch schon die Decke vom Körper. Linus versuchte noch, danach zu greifen, da hatte er auch schon sein Kopfkissen eingebüßt.
»Und auch das ist mir egal. Für fünf Minuten Schlaf brauche ich doch keine Bettwäsche!«
Papa kniff die Augen zusammen. »Lachen und Licht haben nicht funktioniert. Da bleibt mir wohl nur noch – Lärm!«
Und ehe Linus es sich versah, stand Papa auch schon mit einem Fön in seinem Zimmer. Er verkabelte das Gerät, schaltete es ein und legte es auf den Boden. Anschließend startete er das Hörspiel, das Linus gestern Abend noch zum Einschlafen gehört hatte, und drehte es auf volle Lautstärke. Als nächstes hatte er die Küchenmaschine herbeigeschafft, auf Linus’ Nachttisch ab- und danach angestellt. Papa verließ das Zimmer ein weiteres Mal, nur um es Augenblicke später wieder zu betreten – dieses Mal mit seiner geliebten Schlagbohrmaschine in Händen. Mit einem irren Lachen ließ er das Gerät aufheulen.
Das Chaos war markerschütternd. Linus presste sich die Hände vor die Ohren und vergrub seinen Kopf in der Matratze. Doch er dachte nicht im Traum daran, aufzugeben. Jetzt ging es ums Prinzip.
»Papa, das bringt nichts!«, brüllte Linus über den Lärm hinweg. Er war nicht sicher, ob sein Vater ihn hören konnte. »Du weißt doch, dass mich Leo Löwe und seine Superfreunden immer ganz müde machen!«
Papa legte seine Bohrmaschine ab und schüttelte den Kopf. Er nahm sein Handy zur Hand und wählte eine Nummer. Als sein Gesprächspartner abgenommen hatte, schrie er: »Bitte kommen Sie schnell. Es ist dringend!«
Papa ließ Linus alleine im hell erleuchteten Zimmer, in dem Fön, Hörspiel und Küchenmaschine immer noch vor sich hinlärmten. Doch Linus bemerkte das kaum, weil er sich ganz andere Gedanken machte. Hatte Papa gerade etwa die Polizei gerufen?
Er wusste, dass er Papa ganz schön geärgert hatte. War er dieses Mal zu weit gegangen? Natürlich hätte er längst aufstehen müssen. Aber es hatte doch so viel Spaß gemacht! Und es war so spannend zu beobachten, was Papa sich als nächstes ausdenken würde. Und die fünf Minuten Schlaf hätte er wirklich gut gebrauchen können.
Als Linus gerade aufstehen wollte, um sich bei seinem Vater zu entschuldigen, wurde die Zimmertür aufgestoßen. Linus traute seinen Augen nicht. Im Flur standen bestimmt fünfzehn Menschen. Sie waren zwar in Uniform gekleidet, doch wie Polizistinnen oder Polizisten sahen sie nun wirklich nicht aus. Ihre Anzüge waren rot-weiß gestreift und alle trugen lustige Hüte mit langen weißen Federn. Jeder und jede einzelne von ihnen war mit einem Instrument ausgestattet.
Die Frau, die vor den anderen stand und einen weißen Stab in der Hand hielt, begann zu zählen: »Eins, zwo, drei, vier!«
Da begannen die Menschen zu musizieren. Die Trommeln hämmerten, die Flöten pfiffen und die Trompeten jubilierten im Chor. Sie spielten ein Potpurri aus Ufftata und Dschingderassabumm, dass es eine Freude war.
Die Musikerinnen und Musiker gingen erst im Flur auf und ab, marschierten dann aber, im akkuraten Gleichschritt, in Linus’ Zimmer. Dort gaben sie ihm ein schönes – aber sehr lautes – Konzert. Linus war begeistert. Er sprang in seinem Bett herum, sang lauthals mit und klatschte immer wieder Beifall.
Als die Blaskapelle ihr letztes Lied beendet hatte, gab sich Linus geschlagen.
»Na gut, du hast mich überredet. Ich stehe auf.«
»Endlich!« Papa stieß einen erleichterten Seufzer aus.
Da grinste die Dirigentin des Musikzugs. »Schauen Sie mal aus dem Fenster, Herr Fuchs.«
Linus’ Vater öffnete die Jalousie. Statt der Sonne stand der Mond am Himmel. Es war schon wieder dunkel geworden!
Als Linus’ Papa schließlich zu lachen aufhörte, war Linus längst schon wieder eingeschlafen.

 

Hallo @PGN!

Dein Text hat noch keinen Kommentar. Das will ich mal schnell ändern.

Also, für Linus ist das eine sehr spaßige Situation.
Ich als erwachsene Leserin konnte mich allerdings nicht von den Konsequenzen lösen, die die Situation in der Wirklichkeit gehabt hätte. Also dass zumindest die Sicherungen rausfliegen müssten, wenn nicht gar das Haus abbrennen. Und Linus wird sicher einen bleibenden Hörschaden beibehalten; das geht gar nicht.
Okay, aber wie gesagt, für Kinderleser oder -zuhörer sieht die Geschichte vermutlich ganz anders aus.
Die "Pointe", dass ein ganzer Tag während der Sache vergangen sein soll, ist aber nicht glaubhaft. Dafür müsste viel mehr passieren als ein paarmal noch-fünf-Minuten und ein Konzert.

Grüße,
Chris

 

Na, so ganz stimmt der Titel nicht , aber „bliebe“ dann die Frage, wie weit das angesprochene Publikum den Konjuktiv verstünde oder besser verstände,

liebe @PGN -

und beim Titel war ich als eingefleischter Verehrer von Charles M. Schulz beim Beethoven spielenden Linus und fand mich schließlich in moderner, elektrifizierter Geräuschkulisse – wobei Chris natürlich recht hat oder anders ausgedrückt, kein Unrecht hat. Aber – Du hast es an der Einleitung sicherlich schon gemerkt – Literatur darf übertreiben. Wobei mir eine stilistische Sache hier im Text schon ausgesprochen nervig vorkam – die übetriebene Verwendung des Possessivpronomens bei dem Jungen, obwohl selbst der kleinste Zuhörer/Leser wissen wird, dass es Linus’ Bett und Vater ist. Gilt natürlich gleichermaßen für den Vater

Papa legte seine Bohrmaschine ab und schüttelte den Kopf. Er nahm sein Handy zur Hand und wählte eine Nummer. Als sein Gesprächspartner ...
usw. usf.

Dadurch liest es sich für mich wie ein Beitrag zur Sicherung der Eigentumsordnung - auch Kommentare dürfen übertreiben!, aber Du verstehst, was ich meine.

Flusenlese, fast ausschließlich Zeichensetzung

»Ich will nicht aufstehen, Papa.«
Klingt nach mehr als einem bloßen Aussagesatz …!

Jeden Morgen stand sein Vater in aller Herrgottsfrühe vor seinem Bett und versuchte, ihn zu wecken.
Komma weg – es zerschlägt ein „komplexes“ (heißt: mehrteiliges) Prädikat, in dem Fall „zu wecken versuchen“

Er war schon fast wieder eingeschlafen, als er Schritte hörte. Widerwillig blickte er sich um.
Papa stand mit einem Wasserglas in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht vor ihm.
Wo, außer im Gesicht, kann er sonst grinsen?

Er fing an zu lachen und schüttete seinem Sohn – wusch! – das ganze Wasser ins Gesicht.
Erwähnenswert wäre m. E., wenn er nur das halbe Glas ausschüttete

Mal sehen, ob du dann immer noch zu müde bistKOMMA um aufzustehen.«
zu den Kommas empfehl ich i. d. R. Komma
der Duden ist da immer aktuell und die Rechtschreibreform ist noch lange nicht abgehakt, was bei einer sich ändernden Sprache auch schwachsinnig wäre

Wie dem auch wird, gern gelesn vom

Friedel,
der jetzt raus in den Schnee geht ...

 

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