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Loch

Bas

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16.09.2018
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Loch

Die Arbeit war erledigt. Der Gaul stand im Stall und kaute sein Heu, Feige saß auf der Veranda und rauchte Pfeife, zu seinen Füßen lag schnurrend die Katze Minka. Kurz: Die Welt war in Ordnung. So glich ein Tag dem anderen, bis sich im Acker ein Loch auftat.
Feige ignorierte es. Beim Pflügen führte er den alten Gaul außen herum. Jetzt hatte er also ein kleines bisschen weniger Ackerfläche, wozu sich deshalb den Kopf zerbrechen? So, wie es gekommen war, würde es wohl auch wieder gehen.

Eines Tages, es war im Herbst, die Ernte war schon eingeholt, stand ein Fremder vor dem Loch und blickte hinein. Feige saß auf der Veranda.
»Du hast da ein Loch«, rief der Fremde. Feige erhob sich und schlurfte mit der Hand in der Hosentasche auf ihn zu. In der anderen hielt er seine Pfeife.
»Ach ja?«, fragte er da, und der Fremde blickte ihn an.
»Kann man das übersehen?«
»Viel zu tun«, entgegnete Feige und spuckte aus. In der trockenen Erde bildete sich ein Krater. Ringsum stieg feiner Dunst auf.
»Jedenfalls«, sagte da der andere, »will ich’s dir abkaufen. Wo du’s ja eh nicht brauchst.«
Feige kniff die Augen zusammen. Vielleicht, weil der Wind ihm den Rauch in die Augen wehte, vielleicht, weil die tiefstehende, rotglühende Abendsonne ihn blendete. Vielleicht aber auch, weil er das immer tat, wenn einer einen Scherz machte, den er nicht verstand.
»So«, sagte Feige bloß.
»Also?«
»Bring meiner Minka einen Fisch und dem Gaul eine Möhre und dann mach, was du willst«, sagte Feige, spuckte noch mal aus und ging über die Veranda in seine Hütte.

Am nächsten Morgen regnete es. Eine Krähe saß mit nassglänzendem Gefieder auf dem Geländer der Veranda und schrie gegen die Wolken an. Soll sie nur, dachte Feige, ich bleib heute drinnen.
Gerade, als das Teewasser kochte, klopfte es an der Tür. Feige nahm den Kessel vom Herd und übergoss in kreisenden Bewegungen die Teeblätter. Das Kräuteraroma breitete sich langsam in dem kleinen Raum aus. Erst dann machte er auf.
»Fisch und Möhre. Wie abgemacht.«
Feige kniff die Augen zusammen.
»Ikschwan heiß ich übrigens. Jetzt sind wir also Nachbarn.« Und Ikschwan machte kehrt und stieg über den durchweichten Acker auf das Loch zu, wo er sich am Rand auf seinen Hosenboden fallen ließ und dann in der Erde verschwand.
»Heiß doch, wie du willst«, murmelte Feige und schloss mit Fisch, Möhre und noch immer zusammengekniffenen Augen die Tür.

Jetzt hatte er also einen Nachbarn. Ikschwan hieß der und wohnte in einem Loch auf seinem Acker. Na, wenn’s weiter nix ist, dachte Feige und warf der Katze den Fisch hin.
Von Katzen verstand er was: Nicht gegen den Strich streicheln. Finger weg vom Bauch. Mit den Menschen war das anders.
Als seine Frau damals sagte: Mit dir lässt sich nicht reden, da antwortete er bloß: Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen, und für ihn war das Schweigen in Ordnung, aber für seine Frau nicht.
Seitdem gab es nur noch den Gaul und Minka und manchmal vielleicht noch den Kuno vom Dorf, der auf seiner Kutsche vorbeifuhr und zum Gruß den Arm hob. Und jetzt hatte er also einen Nachbarn, der Ikschwan hieß.
Was der wohl machte, da draußen, dachte Feige, nachdem ein paar Stunden verstrichen waren. Es regnete ja, und er saß da in seinem Loch. Zumindest hatte Feige nicht gesehen, dass er wieder rausgestiegen wäre. Vielleicht sollte er mal nachschauen.

Mit der Kapuze auf dem Schädel stapfte er über den Acker. Die Stiefel blieben im Matsch stecken. Aus dem Loch stieg Rauch auf.
»Ah, Nachbar!«
Feige beugte sich über den Rand und sah den Fremden und vor allem sah er seinen Gaul. Glaubte zumindest, seinen Gaul zu sehen. Aufgespießt, sich im Kreis drehend, über dem Feuer brutzelnd. Vorsichtshalber kniff er die Augen zusammen.
»Was für ein Wetter, nicht wahr? Da dachte ich, dass ich uns was Warmes zu futtern mach.«
»Ist das mein Gaul?«
»Ja, die Ernte ist ja schon eingeholt, und da dachte ich, dass du ihn eh nicht mehr brauchst.«
Ja, da hatte er wohl recht. Jetzt hatte er also ein Maul weniger zu stopfen. Über den Winter hätte der Klepper ja auch satt werden müssen, das Heu konnte er jetzt stattdessen im Dorf verkaufen, Kuno würde ihm einen guten Preis dafür zahlen, und im Frühling könnte er sich dann einen neuen Gaul kaufen, einen besseren. Und doch war es eigenartig. Es war ja nicht bloß ein Gaul, sondern der Holger, der sich da jetzt drehte, derselbe Holger, der gestern noch im Stall gestanden und Heu gefressen und mit seinem Schwanz die Fliegen weggeschlagen hatte. Der Holger mit seinem eigenen Kopf, dem man fünf Mal zurufen konnte: Rechts lang!, und der dann doch nach links abbog und noch mit dem Ohr zuckte, als wäre ihm das Gerufe lästig.

Am nächsten Morgen stand Feige vor Kunos Hütte und klopfte an. Statt Kuno machte seine Frau auf.
»Ist der Kuno nicht da?«
»Nein, der ist nicht da. Er ist jetzt beim Ikschwan.«
»Beim Ikschwan, sagst du?«
»Ja. Was kümmert’s dich?«
Ja, was kümmerte es ihn? Und als Feige nichts sagte, schloss sie die Tür.

So ging Feige also zurück und dachte unterwegs über das Leben nach. Worüber genau? Das wusste er selbst nicht. Das Leben war ihm ja weitestgehend fremd, früher, als junger Mann, hatte er noch häufiger darüber nachgedacht, manchmal so sehr, dass ihm danach fast der Kopf gequalmt hatte: Warum er hier war, wozu er geboren worden war – wohl zum Ackerpflügen, hatte ihm sein Vater da geantwortet und gelacht. Die Männer pflügen die Äcker und die Frauen kriegen die Kinder, Punkt. Und was ihm anfangs noch wie ein Scherz vorgekommen war, wurde dann Wirklichkeit: Lina bekam das Mädchen und er pflügte weiter den Acker. Mehr war da nicht. Manchmal, selten, noch ein Kuss, vielleicht ein kurzes Gespräch darüber, wie der Tag gewesen war: Die Kleine hatte vielleicht ein neues Wort gelernt, konnte jetzt »Katze« sagen, aber da hörte Feige schon kaum noch zu, schlummerte schon halb, weil der Tag ihn matt gemacht hatte.

Jetzt war die Kleine also weg und Kuno war bei Ikschwan. Und als Feige am Loch vorbeiging, hörte er den Kuno deutlich »Katze« sagen. Da beugte er sich über den Rand und sah, aufgespießt und sich im Kreis drehend, seine Minka über der Flamme brutzeln.
»Ah, Nachbar!«, sagte Ikschwan da und auch Kuno hob zum Gruß den Arm, es roch nach Kräutern und nach Pfeifentabak, aber Feige winkte bloß ab, ging über die Veranda in seine Hütte und lag mit dem Geruch von Fisch in der Nase die halbe Nacht wach.

So vergingen die Tage. Draußen, im Loch, war jetzt immer was los, es wurde gesungen und getanzt und Feige saß zuhause und dachte nach. Dachte an Lina. »Kleine Zecke«, hatte sie immer gesagt, »saugst mir das Leben aus mit deiner zahnlosen Gosch«, und dabei hatte sie gelacht und die Kleine auf ihrem Schoß geschaukelt, sie in den Graben fallen und von den Raben fressen lassen, und Feige war froh, sie bei sich zu haben.
Nur wenn sie aus dem Dorf kam, mochte er sie nicht. Dann kam sie durch das Gatter auf ihn zugelaufen, vielleicht mit einer Kanne Milch unterm Arm und der Kleinen auf dem Rücken, und dann ging sie neben ihm und Holger her und erzählte. Erzählte mit leuchtenden Augen. Erzählte vom Laden und von den Kleidern der Leute, erzählte von Fremden und ihren Problemen, ihren Sorgen, ihren Wünschen, und dabei schnappte sie kaum Atem, sie erzählte und erzählte: Von Stoffen und Gläsern, von Strümpfen und Frisuren, sie wollte ihn anstecken mit ihrer Freude, aber Feige war beschäftigt.
Und wenn er abends in die Hütte trat, müde, abgekämpft, dann empfing sie ihn schon. Sperrte schon den Mund auf, um wieder anzufangen, doch da sagte Feige gleich »Hm« und sah weg. Wich dem Leuchten aus. Bis es dunkel wurde. Bis sie wieder die Kleine auf den Schoß nahm, bis sie wieder in den Sumpf fiel und Plumps machte. Und an alledem war Ikschwan schuld.

Der Gedanke kam ihm in der Nacht. Wolkenverhangen, windig war der Gedanke, aber er war da und ließ sich nicht mehr vertreiben: Ikschwan war schuld. Seit Ikschwan da war, waren auch die Gedanken wieder da, vorher hatte es nur die Arbeit gegeben, die Pfeife und den Tee, Minka und den Gaul und sonst nichts. Und jetzt war Lina wieder da. Jetzt war die Kleine wieder da, jetzt wurde wieder geschaukelt und gelacht und so ging Feige zum Schuppen, um den Spaten zu holen.

Die Erde war noch nicht gefroren. Die letzten Tage hatte es sogar wieder geregnet, die Erde war jetzt matschig und schwer, aber Feige hatte Kraft. Ein bisschen ins Schwitzen kam er wohl. Ein bisschen dampften wohl auch seine Unterarme, wenn der Mond zwischen den Wolken hervorbrach und die hervortretenden Sehnen weiß aufleuchteten, aber das war es wert, jetzt war Schluss, aus, Ende, das Loch wurde zugeschüttet und Ikschwan war Geschichte, Punkt.
Dann ging er ins Bett. Fiel in einen traumlosen Schlaf. Konnte endlich wieder ohne Gedanken sein.

Bis zum Morgen. Bis er aufwachte, aufgespießt, sich im Kreis drehend, und über dem Feuer brutzelte. Und neben ihm stand Ikschwan, tanzte viel mehr, immer schneller, immer wilder, Ikschwan drehte Schrauben, machte Überschläge und spuckte Feuer und hinter den Flammen sah er Lina tanzen und die Kleine, die immer wieder «Katze« rief und so den Takt vorgab.
Und hier blieb er jetzt. Hier verbrachte er jetzt seine Tage und Nächte, machte sich seine Gedanken und kam doch nicht dahinter.

 

Hey @GoMusic,

kurz hat sich der Alltag mal wieder dazwischengedrückt ...

Regen und still passt m.E. nicht so recht. Im Prinzip übertüncht der Regen ja alle/viele Geräusche, da weiß man doch nicht so recht, ob es tatsächlich still ist.

Ja, klar, gut, dass du das erwähnst. Überhaupt reicht der Regen da schon als "Bild", denke ich, da weiß man dann ganz automatisch, dass sonst alles zum erliegen kommt, Ruhe herrscht. Nicht Stille :shy:

Vielleicht könnte man die wiedergegebene wörtliche Rede kursiv darstellen. Dann merkt man sofort, dass "und das war dann auch nicht das Richtige." nicht mehr dazugehört.

Wäre eine Möglichkeit. Und ich seh auch jetzt erst, dass man das im ersten Moment als wörtliche Rede auffassen könnte ... Trotzdem sträube ich mich ein wenig gegen das Kursive und gehe das Risiko ein.

Die Katze hat direkt am Anfang einen Namen, der Gaul nicht. Ich dache eingangs, bei Holger handelt es sich um einen Menschen :-)

Auch hier wieder ein guter Einwand, daran hab ich auch schon gedacht. Jetzt habe ich nur das Problem, dass mir an jeder früheren Stelle ein Namennennen fehl am Platz erscheint. Direkt am Anfang? Dann wären da aber gleich drei Namen in einem Satz, das könnte den Einstieg erschweren, denke ich. Ein bisschen später dann, bei "Beim Pflügen führe er den alten Gaul außen herum"? Also - "führte er den alten Holger außen herum"? Würde man das dann einfach schlucken oder sieht man dann einen alten Kerl vor sich, der da außen herum geführt wird? Na, ich probiere mal noch rum.

Danke jedenfalls für deinen Kommentar, die kleinen Hinweise und die Rückmeldung, dass es dir gefallen hat, hat mich sehr gefreut :)

Hallo @Katta,

ich steig mal direkt ein und lass dich einfach mal ein bisschen an meinem Leseprozess teilhaben.

Und das ist richtig super! Hier, solche Sachen:

"bis sich im Acker ein Loch auftat" - ok, da stocke ich dann beim Lesen, frage mich: Wie ein Loch tut sich auf? Eines, um das er herumpflügt ... na gut. Der Erzähler sagt es hier, ich kauf es hier, warum auch nicht.

Das finde ich super spannend, also zu sehen, wie du als Leserin so (absurde) Situationen hinnimmst, ob du stutzt, ob dich das rauswirft oder du dann doch dranbleibst und warum. Darauf kann ich zwar nicht wahnsinnig viel erwidern, aber danke sagen, weil das echt hilfreich ist.

Das Fette passt für mich nicht so richtig zur Perspektive. Wer genau nimmt denn das wahr? Feige ja eher nicht, denke ich zumindest ...

Ja, kann ich nachvollziehen, dass das nicht passt. Ich denke mal drüber nach, ob das für mich ein Grund ist, es zu streichen. Ich finde nämlich eigentlich - vielleicht rede ich mir das jetzt aber auch nur ein, das müsste ich mal aufmerksam beim Vergnügungslesen beobachten, aber da lese ich dann meistens lieber zum Vergnügen, als auf solche Sachen zu achten :schiel: -, dass eine nicht ganz klare Perspektive immer etwas erfrischendes hat, dass man da auch mal verschieben darf, dass im Gegenteil manche Texte sogar daran ... kranken klingt so ... na egal ... darunter leiden, dass der Autor meint, sich solche Ausbrüche nicht erlauben zu können. Dabei warte ich als Leser regelrecht auf solche Musterbrüche, die mich kurz wachrütteln. Na, aber wie gesagt, vielleicht rede ich die Sache auch nur schön, denn im Grunde hast du ja eindeutig recht.

Ich bin unschlüssig mit diesen "vielleicht"s. Ich finde die nicht großartig störend, aber wenns mein Text wäre, würde ich die wohl eher weglassen. Ich finde, die haben irgendwie keinen Mehrwert ... ich fände auch besser, wenn der Erzähler einfach wüsste, dass es so ist ... aber klar, ohne die "vielleicht"s wäre die Aussage ein klein wenig eine andere ... dann wäre es eher ein "und" als ein "oder"

Ich glaube, so oder so ähnlich hätte ich das auch schreiben können, ich sehe so Dinger mittlerweile auch immer wie in Neonlettern aufleuchten. Besonders, nachdem Peeperkorn mal auf so etwas eingegangen ist, auf die "Unpräzision", die solche Wörter hervorrufen können und wie das aus einem starken Text ganz schnell einen Wischiwaschitext machen kann ...
Hier, und es geht womöglich weiter mit dem Schönreden, lese ich in den Vielleichts aber weniger den Erzähler heraus, sondern vor allem den Feige und sein Gedanken-Straucheln ... Bzw. ein Stück weit den Erzähler, der zwar nah am Feige ist, aber doch nicht so nah, um das eindeutig beurteilen zu können, und der sich die mangelnde Nähe da vielleicht auch eingesteht und ... Ach, ist das wieder ein Rumgequatsche. Kurz: Ich schau mit etwas Abstand noch mal, ob ich die Vielleichts rauswerfe :thumbsup:

Das habe ich nicht so richtig verstanden. Ikschwan ist schuld, dass Lina und das Kind weg sind? Oder dass er sich darüber Gedanken macht? Wenn ich dann weiterlese, verstehe ich es als Überleitung zum Ende hin. Feige denkt an die Vergangenheit, an seine Frau, seine Tochter, da scheint es Gedanken zu geben, die schwer für ihn sind. Der Text davor, liest sich jetzt als Flucht, das ruhige Leben, die Akzeptanz, gar nicht von innen heraus, sondern als Strategie, um das eigene Scheitern zu vergessen, zu verdrängen. Hmmm... ich weiß nicht, ob mir das so gefällt. Ich mochte ihn ja, deinen Feige, und der Schluss erscheint mir ein bisschen wie die Moral von der Geschichte. Verdrängen und vergessen ist nicht, das holt dich ein und am Ende grillst du am Spieß von ikschwan. Das Ende hat mich auf jeden Fall überrascht. Ich hatte irgendwie erwartet, es gehe um den schmalen Grat zwischen Veränderung und Akzeptanz, darum, das wir immer etwas wollen sollen - das hätte mir einfach von meinem persönlichen Interesse her besser gefallen. Aber nu, so isses halt. Trotzdem wirklich gerne gelesen, ich hoffe, das ist deutlich geworden.

Und damit schmeißt du noch mal meinen Denkapparat an. Ich finde das Ende auch nicht perfekt, es rundet die Geschichte ab, aber ja, da schwingt schon viel "Moral der Geschichte" mit, was mir nicht ganz zeitgemäß erscheint.

Das ist für mich das eigentlich Traurige. Das er sich so gar nicht zurecht findet.

Sehe ich auch so. Und vielleicht wird das vorher schon deutlich genug? Vielleicht reicht es, wenn er abwinkt, sich hinlegt, eine Weile wachliegt und dann in einen unruhigen Schlaf fällt? Hm. Vielleicht ist heute aber auch der falsche Tag, sich darüber Gedanken zu machen. Vielleicht bei zehn Grad weniger. Danke auf jeden Fall für den erneuten Anstoß, mal sehen, was daraus wird :thumbsup: Und danke für deinen tollen Kommentar, hat mich sehr gefreut!

Bas

 

Hey @AWM,

late to the party

Better late than never :)

Und kurz in der Kritik: Fand deine Geschichte super.

:):):)

Deine Verbesserungsvorschläge habe ich übernommen, vielen Dank dafür, besonders der letzte Hinweis war wichtig, denke ich.

Danke fürs Vorbeischauen! Und lass die Tinte nicht trocken werden! Also die auf dem Blatt schon ... Aber die am Füller ... Also ... Schreib mal wieder was! Würde mich freuen!

Bas

 

Hallo @Bas,

ich habe deine Geschichte heute Vormittag gelesen und, da ich keine speziellen Anmerkungen hatte, keinen Kommentar hinterlassen. Nun ist es Abend und ich habe im Laufe des Tages immer wieder an Feige, Ikschwan und das Loch denken müssen. Es ist eine Geschichte, die einen wunderbaren Raum für verschiedene Interpretationen öffnet, und das mag ich sehr. Ich dachte, ich hinterlasse das hier einfach mal als Feedback, auch ohne speziellere Anmerkungen zu bestimmten Textstellen.

Viele Grüße,
Frau Lyoner

 

Hey @Bas,

ich hab die bisherigen Kommentare nicht gelesen, also wird mein Eindruck unbeeinflusst davon sein, aber vermutlich werde ich Themen anschneiden, die bereits erwähnt wurden. Erstmal gefällt mir die Idee hinter dem Text sehr gut. Er könnte in irgendeinem Sagenbuch stehen, finde ich. Feige scheint mir die Verarbeitung des Verlusts seiner Frau und Tochter zu vermeiden, aber als ein physisches Loch in seinem Acker auftaucht, indem, wie schon seine Familie, seine Tiere verschwinden, kommen doch seine Gefühle und Gedanken hoch. Zunächst vermeidet er auch sich mit den verlorenen Tieren auseinanderzusetzen, bis er zum Schluss alles verloren hat. Auch der Versuch das Loch zu schließen scheitert, am Ende wird er auch gebrutzelt. Er hat sich, bzw. sein früheres Ich verloren. Soweit hab ich den Text zumindest verstanden. Gibt auch einige religiöse Motive im Text, Ikschwan als Teufel, das Loch als Hölle. Finde die Story sehr stimmig. Was ich ein bisschen schade finde ist, dass durch diesen emotionslosen Protagonisten beim Lesen wenig Emotion rüberkommt. Aber sonst hab ich wenig zu meckern.

Einige Details, die mir aufgefallen sind:

Der Gaul stand im Stall und kaute sein Heu
Der Satz kommt mir ungewöhnlich vor, fast als ob er sich reimen würde. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, weiß ich nicht genau. Jedenfalls fällt er ein bisschen aus der sonstigen Sprache raus, finde ich.

In der trockenen Erde bildete sich ein Krater. Ringsum stieg feiner Dunst auf.
Krater hört sich sehr groß an.

Vielleicht aber auch, weil er das immer tat, wenn einer einen Scherz machte, den er nicht verstand.
Ist ein sehr guter Satz, um Feige zu charakterisieren.

Feige nahm den Kessel vom Herd und übergoss in kreisenden Bewegungen die Teeblätter. Das Kräuteraroma breitete sich langsam in dem kleinen Raum aus. Erst dann machte er auf.
Mir ist ein bisschen unklar auf was sich das dann bezieht. Erst als sich das Aroma langsam verbreitet? Tut es das nicht von Anfang an? Würde ein fester Zeitpunkt wie z.B.: Das Kräuteraroma füllte den kleinen Raum aus. Hier besser passen?

dann unter der Erde verschwand.
eher in der Erde. Er ist ja nicht in einem Tunnel oÄ.

So ging Feige also zurück und dachte unterwegs über das Leben nach. Worüber genau? Das wusste er selbst nicht. Das Leben war ihm ja weitestgehend fremd, früher, als junger Mann, hatte er noch häufiger darüber nachgedacht, manchmal so sehr, dass ihm danach fast der Kopf gequalmt hatte: Warum er hier war, wozu er geboren worden war – wohl zum Ackerpflügen, hatte ihm sein Vater da geantwortet und gelacht. Die Männer pflügen die Äcker und die Frauen kriegen die Kinder, Punkt. Und was ihm anfangs noch wie ein Scherz vorgekommen war, wurde dann Wirklichkeit: Lina bekam das Mädchen und er pflügte weiter den Acker. Mehr war da nicht. Manchmal, selten, noch ein Kuss, vielleicht ein kurzes Gespräch darüber, wie der Tag gewesen war: Die Kleine hatte vielleicht ein neues Wort gelernt, konnte jetzt »Katze« sagen, aber da hörte Feige schon kaum noch zu, schlummerte schon halb, weil der Tag ihn matt gemacht hatte.
Der Absatz gefällt mir sehr gut. Auf der anderen Seite: Wieso ist ihm das Leben fremd, wenn es doch nur aus Ackerpflügen und Kinderkriegen besteht? Scheint mir, er würde eher nicht von sich behaupten, ihm sei das Leben fremd. Vielleicht eher abgeklärt und/oder überdrüssig?

Hier verbrachte er jetzt seine Tage und Nächte, machte sich seine Gedanken und kam doch nicht dahinter.
Der Schlusssatz gefällt mir auch sehr gut.

Sehr gerne gelesen.

Grüße
Klamm

 

Hallo @Bas!

Eine sehr skurrile Geschichte und dazu noch eine richtig gute. Ich bin mir nicht sicher, was ich da gelesen habe, mache mir Gedanken und stelle mir Fragen. Das ist mir schon lange nicht mehr nach dem Lesen einer Kurzgeschichte passiert.

Mir sind nur zwei Stellen aufgefallen. Zum einen eine Wortwiederholung (also nichts Tragisches):

Hm, und das war dann auch nicht das Richtige. Das war dann der Grund für tagelanges Schweigen
"dann" und "dann"

Und zum anderen eine Stelle, bei der ich mir nicht ganz sicher war, ob jetzt Feige oder Ikschwan (ich hoffe ich habe den Namen zumindest halbwegs richtig geschrieben - Namen merke ich mir immer schlecht) spricht, wobei von dem was man vorher liest, dachte ich mir letzterer, aber trotzdem stoppte mein Lesefluss einen Moment lang und ich überlegte. Auch das ist nur ne KLeinigkeit.

»Ah, Nachbar!«

Dann gab es noch ein paar Stellen, die ich einfach nur raus zitiere, weil sie Unbehagen (im positiven Sinne) auslösten.
»Ist das mein Gaul?«
»Ja, die Ernte ist ja schon eingeholt, und da dachte ich, dass du ihn eh nicht mehr brauchst.«
Ja, da hatte er wohl recht.

Das wäre die erste. Ich weiß nicht, ob du jemals Preacher geschaut hast, aber der Moment, indem Ikschwan das Pferd von Feige grillt, ohne vorher überhaupt danach zu fragen, ob dass den Rechtens wäre bzw. ohne dass man das Gefühl hat, es herrscht eine Hungersnot, war die Stelle, an der ich mir das erste Mal gedacht habe: Ohje, Feige, wen hast du dir da als Nachbarn gesucht, das wird nicht gut enden.

Warum er hier war, wozu er geboren worden war – wohl zum Ackerpflügen, hatte ihm sein Vater da geantwortet und gelacht. Die Männer pflügen die Äcker und die Frauen kriegen die Kinder, Punkt.

Diese Stelle ließ mich schmunzeln, wegen der Anspielung auf die Bibel. Also ich denke, dass sie beabsichtigt war und selbst wenn nicht - sie brachte mich auf jeden Fall zum lächeln.

Jetzt war die Kleine also weg und Kuno war bei Ikschwan. Und als Feige am Loch vorbeiging, hörte er den Kuno deutlich »Katze« sagen. Da beugte er sich über den Rand und sah, aufgespießt und sich im Kreis drehend, seine Minka über der Flamme brutzeln.

Nachdem Feige beim Pferd so ruhig reagiert hat, dachte ich mir im ersten Moment so - hm, naja, vielleicht ist's ja doch nicht so schlimm, dass er den Gaul gebraten hat, aber wie das mit der Katze war, hab ich mich schon gefragt, wie lange es noch dauern wird, bis Feige selbst da im Feuer brennt - nur wie du es dann löst und was dann passiert - naja, du hast mich sprachlos zurückgelassen und ich versuche noch immer zu begreifen, was genau da jetzt eigentlich passiert ist und wer Ikschwan ist und was diese Geschichte zu bedeuten hat.

Also alles in allem. Hut ab, eine tolle Kurzgeschichte.

 

Hallo @fraulyoner,

und ohje, irgendwie ist dein Kommentar total untergegangen ... Aber auch jetzt freue ich mich noch sehr zu lesen, dass Feige, Ikschwan und das Loch dir einen ganzen Tag im Kopf rumgegeistert sind - so ein Tag ist schon 'ne ganze Menge in so kurzlebigen Zeiten :) Danke!

Hallo @Klamm,

und auch dir vielen Dank für deinen Kommentar.

Was ich ein bisschen schade finde ist, dass durch diesen emotionslosen Protagonisten beim Lesen wenig Emotion rüberkommt.

Ja, verstehe ich, finde ich auch ein bisschen schade, ist aber denke ich wichtig für die Story. Ich meine, klar, der könnte alle Höllenqualen durchleiden und diese dann in blumigen Bildern schildern ... Aber das ist es ja gerade, was er nicht auf die Reihe bekommt, der Feige, diese Auseinandersetzung.

Krater hört sich sehr groß an.

Ja, stimmt. Hm ... Ich überlege mal noch ... Also Krater finde ich schon gut, das ist so bildhaft, aber vielleicht wird es ja ein ... Kraterchen oder so :shy:

Mir ist ein bisschen unklar auf was sich das dann bezieht. Erst als sich das Aroma langsam verbreitet? Tut es das nicht von Anfang an? Würde ein fester Zeitpunkt wie z.B.: Das Kräuteraroma füllte den kleinen Raum aus. Hier besser passen?

Hm, da verstehe ich deine Irritation nicht komplett ... Also schon, aber mein Gedanke war eben: Es klopft an der Tür. Dann passiert dieses und jenes, sogar das Kräuteraroma lässt sich Zeit, breitet sich laaangsam aus - und erst dann macht er auf. Kein Grund zur Eile. In meiner Wahrnehmung füllt das Aroma nicht direkt den Raum aus, das dauert ein bisschen, bis sich das verteilt ...

eher in der Erde. Er ist ja nicht in einem Tunnel oÄ.

:thumbsup:

Der Absatz gefällt mir sehr gut. Auf der anderen Seite: Wieso ist ihm das Leben fremd, wenn es doch nur aus Ackerpflügen und Kinderkriegen besteht? Scheint mir, er würde eher nicht von sich behaupten, ihm sei das Leben fremd. Vielleicht eher abgeklärt und/oder überdrüssig?

Hm, ja, so kann man das wohl auch deuten, fremd im Sinne von: Neu, etwas, das er so (noch) nicht kennt. Ich sehe das aber als fremd im Sinne von fremdeln, etwas kennen, aber sich nicht damit arrangieren können. Macht das Sinn? Ich hoffe doch :schiel:

Sehr gerne gelesen.

Das freut mich sehr! Vielen Dank für deine Zeit und deine Anregungen :)

Hallo @Luzifermortus,

ich habe schon eine ganze Weile einen Tab mit einer Geschichte von dir offen, der Anfang hat mich gecatcht und dann ist dieses und jenes dazwischengekommen - schaff ich noch. Aber erst Mal antworte ich auf deinen Kommentar.

Ich bin mir nicht sicher, was ich da gelesen habe, mache mir Gedanken und stelle mir Fragen. Das ist mir schon lange nicht mehr nach dem Lesen einer Kurzgeschichte passiert.

Das freut mich ähnlich wie schon weiter oben bei fraulyoner, der die Geschichte den ganzen Tag im Kopf rumgeisterte. Gedanken machen und Fragen stellen klingt nämlich nicht nach: Lesen, in irgendeiner Schublade verstauen und die dann nicht mehr anrühren. Das ist nämlich das zweittraurigste Schicksal, das eine Geschichte ereilen kann. Direkt nach nicht-gelesen-werden :schiel:

"dann" und "dann"

Nachvollziehbar, dass du da stolperst, ist aber bewusst gedoppelt.

Und zum anderen eine Stelle, bei der ich mir nicht ganz sicher war, ob jetzt Feige oder Ikschwan (ich hoffe ich habe den Namen zumindest halbwegs richtig geschrieben - Namen merke ich mir immer schlecht) spricht, wobei von dem was man vorher liest, dachte ich mir letzterer, aber trotzdem stoppte mein Lesefluss einen Moment lang und ich überlegte. Auch das ist nur ne KLeinigkeit.

Auch nachvollziehbar, da suche ich mal nach einer eleganten Lösung.

Danke fürs Vorbeischauen und hoffentlich bis bald!

Bas

 

Hey @Bas,

Nur eine kurze Rückmeldung hierzu, um die Irritation (hoffentlich) aufzulösen.

Feige nahm den Kessel vom Herd und übergoss in kreisenden Bewegungen die Teeblätter. Das Kräuteraroma breitete sich langsam in dem kleinen Raum aus. Erst dann machte er auf.
Mir ist ein bisschen unklar auf was sich das dann bezieht. Erst als sich das Aroma langsam verbreitet? Tut es das nicht von Anfang an? Würde ein fester Zeitpunkt wie z.B.: Das Kräuteraroma füllte den kleinen Raum aus. Hier besser passen?
Hm, da verstehe ich deine Irritation nicht komplett ... Also schon, aber mein Gedanke war eben: Es klopft an der Tür. Dann passiert dieses und jenes, sogar das Kräuteraroma lässt sich Zeit, breitet sich laaangsam aus - und erst dann macht er auf. Kein Grund zur Eile. In meiner Wahrnehmung füllt das Aroma nicht direkt den Raum aus, das dauert ein bisschen, bis sich das verteilt ...
Was ich meinte ist eigentlich nur eine Kleinigkeit. In der jetzigen Form ist es für mich nicht 100% sprachlich richtig, aber vielleicht irre ich mich auch. Ist durchaus möglich, dass es nur meine Wahrnehmung ist.

Wenn du sagst ... x geschah, erst dann geschah y ...

... muss x abgeschlossen sein, damit y passieren kann. Das sich ausbreiten ist aber ein kontinuierlicher Prozess, der anfängt sobald die Teeblätter übergossen werden und auch nicht so richtig zu Ende kommen kann, weil immer Aroma durch den Raum wabern wird. Schon wenn du das Erst rausnehmen würdest oder ein breitete sich langsam aus bis der ganze Raum gefüllt war. draus machst, stimmt es wieder für mich.

Ob das für dich überhaupt relevant ist, ist natürlich deine Sache. Wollte mich nur erklären. :)

Grüße
Klamm

 

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