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Lysistrate
[Anmerkung: Lysistrate ist ein griechisches Drama von Aristophanes: Um den Krieg zwischen Athenern und Spartanern zu beenden, verbündet sich die Athenerin Lysistrate mit den spartanischen Frauen und beschließt, sich den Männern so lange zu verweigern, bis sie Frieden schließen. Nach einigen Verwicklungen geht ihr Plan auf und der Krieg wird beendet.]
Ihr Blick sagte alles. Kalt, fast eisig.
„Heute Nacht schlafe ich nicht hier,“ zischte die dazugehörige Stimme.
„Du musst deine Kräfte ja sparen.“
Ihr Lachen klang zynisch und böse, während sie wahllos einige Kleider in ihren Koffer stopfte.
„Du musst schließlich dein Land verteidigen.“
Zuerst lag es an ihm, sich selbst zu verteidigen.
„Ich bin Berufssoldat. Das wusstest du, bevor du mich geheiratet hast,“ warf er vorsichtig ein. „Komm zurück ins Bett – es ist doch unsere letzte Nacht!“, flehte er in dem hilflosen Versuch, seine Frau zu erweichen.
Diese wühlte im Schrank herum und packte ein paar T-Shirts ein.
„Ihr kämpft um ein nutzloses Stück Steinwüste,“ antwortete sie.
„Es ist unser Land und unser gutes Recht!“, empörte er sich. „Wer fragt da nach dem Nutzen?“
Eine Auswahl Jeans wanderte in den Koffer.
„Unsere Nachbarn, denen ihr die Wüste abgenommen habt,“ spottete sie, „sind der gleichen Ansicht.“
„Es geht ums Prinzip!“ entrüstete sich ihr Gatte.
Sie schloss den Koffer, ließ die Schlösser einrasten und stand auf.
Der wütende Blick ihres Mannes verfolgte sie, als sie ihren Mantel anzog und Richtung Tür ging.
„Du weißt, wo du mich erreichen kannst,“ teilte sie ihm mit, ohne sich umzudrehen.
Die Tür fiel zu.
Draußen suchte sie eine Telefonzelle auf, warf eine Münze ein und wählte.
„Ist dein Mann schon weg?“, fragte sie ihre Freundin, deren atemloser Stimme den vorausgegangenen Streit verriet.
„Dann komme ich gleich zu dir, wie immer.“
Sie verließ die Telefonzelle und nahm sich ein Taxi.
Sechs Tage hatte er es das letzte Mal ausgehalten.
Wie immer würde er ihr noch diese Woche alles versprechen, was sie hören wollte.
Bis zum nächsten Krieg.