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Madlen

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04.05.2025
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Madlen

Madlen

Kassandra lebte kaum zwei Monate in der Pizzeystraße. An einem trüben Freitagnachmittag im Mai klingelte es an der Tür, gerade, als sie in ihren Sitzsack gefallen und hatte eine Flasche Bier geöffnet hatte.

Der Türspion zeigte einen riesigen, schwarzbehaarten Kopf auf einem kleinen, kegelförmigen Körper. Die Gestalt mahlte mit den Kiefern. Kassandras Hand zuckte auf der Klinke. Schließlich kam sie sich albern vor und öffnete die Tür.

„Hey Nachbarin, es bringt Unglück, sich nicht vorzustellen! Ich bin Madlen.“

Madlen klimperte mit langen, dichten, unechten Wimpern. Sie trug eine rosafarbene Felljacke und kaute Kaugummi. Sie hielt Kassandra eine Flasche Asti Cinzano hin, um deren Hals eine rote Schleife gebunden war.

„Das ist aber nett. Kassandra“, sagte Kassandra und deutete auf das Mc-Donald’s-Namensschild auf ihrer Brust.

„Was, wie diese Wahrsagerin da?! Du Arme.“

„Ja. Meine Eltern wollten einen ganz besonderen Namen.“

Madlen schüttelte den Kopf und lächelte. Für einen kurzen Moment sah Kassandra das Halteband ihrer Clip-Extensions.

„Diese Salzsäcke, und was man noch so macht, finde ich albern. Wer hat schon kein Salz beim Einzug? Außerdem wohnst du schon ne ganze Weile hier. Aber was zu Trinken, das braucht man doch immer. Oder?“ Madlen blickte auf die Flasche Astra, die Kassandra noch immer in der Hand hielt, blies die Backen auf und produzierte eine rosafarbene Kaugummiblase.

„Das findest du?“ Kassandra und sehnte sich nach ihrem Sitzsack.

Die Blase zerplatzte mit einem leisen Knall. „Willst du mir mal deine Wohnung zeigen, oder wie?“

Das wollte sie nicht. „Komm‘ gerne rein“, sagte sie und drehte sich seitwärts.

„Wie kannst du mit so wenigen Möbeln leben?“

Ich plane weder große Empfänge, noch bin ich auf irgendeinen Besucher eingestellt, und das ist Absicht, dachte Kassandra. „Es ist eine Übergangslösung“, sagte sie.

„Aber dein Sofa sieht bequem aus!“ Madlen drängte sich an ihr vorbei und hinterließ eine Wolke stechenden, blumigen Duftes, bog in die Kochnische ab und öffnete den Kühlschrank. Kassandra blieb der Mund offenstehen.

„Für den Asti!“ erklärte Madlen und ließ das Innere des Kühlschrankes auf sich wirken. „Isst du gar nichts?“

„Ich esse bei der Arbeit. Ich arbeite bei McDonald’s.“ Kassandra wunderte sich, wie leicht es ihr über die Lippen kam. Seit dem Aus in der Immobilienfirma gab sie wenig auf gesellschaftlichen Status. Ihr bewusst, dass die meisten anderen kaum etwas Wichtigeres kannten. Madlen sah indes nicht danach aus.

„Ok. Ich liebe es!“ sagte sie tatsächlich, als sei es eine Ehre, einen ungelernten Job in der Gastronomie auszuüben, und vielleicht war es das auch. Madlen lachte, ein Zirkoniastein auf ihrem Eckzahn glitzerte. „Ich koche jeden Tag frisch. Mein Mann hat seine Ansprüche.“

Madlen trug keinen Ring. Einen Moment lang blickte sie gedankenverloren in den Kühlschrank und stellte den Asti hinein. Dann nahm sie Kassandra mit neugewonnener Energie ins Visier. „Mein Mann arbeitet nachts. Vom Abendessen bleibt immer was übrig. Ich geb‘ dir was ab!“

„Das musst du nicht.“ Kassandra war entsetzt. Ein unruhiges Gefühl beschlich sie.

„Du hast keinen Mann!“ Es klang beschwingt.

„Woher weißt du das?“ Der Kühlschrank begann, zu piepen. Kassandras Fluchtinstinkt machte einem Gefühl von Beleidigung Platz.

„Ich hab‘ deinen Einzug beobachtet“, sagte Madlen ungerührt. „Keinen Mann haben ist super, aber dann kocht man nicht, oder? Ich hab‘ einen, und was abzugeben.“

Sie nahm sich eine Flasche Astra aus dem Kühlschrank und schloss endlich dessen Tür. „Das Gastgeschenk macht man ja nicht auf, stimmt’s?“

„Wohl nicht“, murmelte Kassandra. Jetzt kam sie sich belehrt vor.

„Ist das hier kalt!“ Madlen rieb sich die Ärmel der Jacke. Es war nicht besonders kalt. „Mach doch mal die Heizung an! Hast du Netflix?“

Madlen hielt Wort und tauchte am folgenden Abend mit einer Tupperdose auf. Zunächst dachte Kassandra, es werde bei dem einen Mal bleiben. Doch auch am nächsten Abend brachte sie eine vollständige Mahlzeit, und am Abend darauf, und ebenfalls am Abend danach. Sie selbst habe schon gegessen, behauptete Madlen, wenn Kassandra ihr etwas aus der Tupperdose anbot.

Arbeitete sie abends, stellte Madlen das Essen in einer Styroporbox vor ihre Tür.

Und sie konnte kochen. Kassandra hatte befürchtet, Opfer einer Art Restverwertung zu werden, doch das knackige Gemüse, das punktgenau gegarte Fleisch, das wie Butter zu beiden Seiten des Messers auseinanderfiel, das lockere und im Abgang nussige, lockere Couscous mit Zimtaroma, die süß-saure, zähfließende Granatapfelsauce und was der Köstlichkeiten mehr waren, belehrten sie eines Besseren. Meistens servierte Madlen etwas Krustentiere oder Lammfilets in exotischen Saucen. Der für satte Gemüter so abstoßende wie für hungrige Sinne verlockende Duft von Kreuzkümmel und Kardamom blieb fortan in der Wohnung, ganz egal, wie lange sie lüftete.

Zermarterte Kassandra sich anfangs noch den Kopf darüber, wie sie Madlen am Besten wieder loswerden konnte, und stellte sich vor, Opfer einer innovativen Schwindelmethode zu sein, ertappte sie sich bei ihren Schichten immer häufiger dabei, wie sie sich auf die Kreationen freute. Ihr Misstrauen verwandelte sich von einem nagenden, subversiven Element in einen immer dünner werdenden Nebel, der schließlich, vom Tageslicht besiegt, verschwand.

Sie traute sich nicht, Madlen zu fragen, ob sie sich vor lauter Meeresfrüchten keine Heizkosten und keinen Fernseher leisten konnte. Denn die einzigen Dinge, die Madlen im Gegenzug für die den Gaumen verhätschelnden Köstlichkeiten von ihr zu erwarten schien, waren ein warmes Plätzchen auf dem Sofa und das gemeinsame Netflixen. Kassandra kam es sparsamer vor, kurzfristig ihren Heizlüfter anzustellen, sobald ihr Madlens Klagen über die Kälte zu penetrant wurden, zumal das Thermostat seit April den Betrieb der Heizkörper unmöglich machte. Was die Abendunterhaltung betraf, hatte sie bei Madlens Anblick zuerst befürchtet, sie bestünde auf Die echten Hausfrauen von Beverly Hills, Der grausigste Mitbewohner aller Zeiten oder Mord in Amerika. In Wirklichkeit hatte Madlen überhaupt keinen eigenen Netflix-Willen und gab sich mit Falsches Profil zufrieden, was Kassandra im Original anschaute, um ihr Spanisch vor ihrer geplanten Auswanderung zu verbessern. Madlen zuliebe schaltete sie ab und zu Ladet Phil zum Essen ein oder Kulinarischer Krieg ein. Aber der es schien es gleichgültig, was gestreamt wurde. Allerdings hatte Kassandra Probleme, ihren Gast nach Ende der Folgen wieder loszuwerden. Madlen döste gerne an ihrer Schulter ein, als kennten sie sich aus Sandkastentagen. Sie weckte Madlen oft mehr rabiat als sanft, wischte demonstrativ deren Makeup-Spuren von ihrem Ärmel, aber nichts half. Als Kassandra sie aber fragte, in welcher Wohnung sie lebte, vorgeblich, um Geschirr und Styroporbox rascher zurückbringen zu können, kam Leben in Madlen.

„Zeige ich dir wann anders!“ Sie ordnete ihre Clip-Extensions und sprang auf. Kassandra konnte sich kaum von ihr verabschieden, so schnell verschwand sie.

Eines Tages quälte Kassandra sich nach der Spätschicht das Treppenhaus hinauf und fand keine Styroporbox vor der Tür. Sie schämte sich ein wenig für ihre Empörung und trank zwei Flaschen Astra. Das Einkaufen fester Nahrungsmittel hatte sie dank der exzellenten Verköstigung durch ihre Nachbarin ganz aufgeben können. Madlen behielt recht, sie war an Selbstfürsorge nicht interessiert. Andererseits konnte es so nicht ewig weitergehen: Die kahle Wohnung, der tägliche Frittengestank, die Arbeitskleidung aus Polyester, die ihr am Rücken und in den Leisten klebte. Was, wenn Onkel Bernhard trotz seiner mannigfaltigen Malaisen noch fünf Jahre weiterlebte? Die Erbschaft ihrer Eltern allein reichte nicht für die Art von Haus, die sie sich in Spanien kaufen wollte, und den Unterhalt, den so ein Haus verlangte. Zwar hätte sie erneut ins Maklergeschäft einsteigen können, zumal an einem Ort, an dem die Branche ihren zerstörten Ruf noch nicht kannte. Ein neuer Name, ein neues Profil bei Xing. Einfach. Aber lieber hätte sie weiter in der Gastronomie oder, noch lieber, gar nicht mehr gearbeitet.

Am nächsten Tag kehrte sie früher heim und wartete vergebens auf Madlen und ihr Essen. Schließlich bewegte sie sich widerstrebend die Straße herunter zum Penny und kaufte Spaghetti Bolognese aus der Dose. Doch inzwischen war sie verwöhnt, und es wollte ihr nicht schmecken. Sie saß allein auf dem Sitzsack, stocherte missmutig auf ihrem Teller herum, schaute Mord an der Costa del Sol und griff nach einem Kissen, um sich zu wärmen. Madlen, in ihrer Dreistigkeit und ihrem Stumpfsinn, fehlte. Kassandra bereute es jetzt, nicht auf Madlens Kontaktdaten bestanden zu haben. Die Frage, was passiert sein mochte, dass Madlen ihrer beider Zweckgemeinschaft nicht mehr lohnend fand, kreiste in ihrem Kopf und begleitete sie bis ins Bett. Aber warum? Arbeitete ihr Mann nicht mehr nachts? Suchte sie deshalb keine Gesellschaft mehr? Hatte sie neue Freunde gefunden? Der Gedanke, dass etwas ganz anderes mit ihr passiert war, kam ihr nicht. Nur in einem Traum sah sie Madlen durch den Türspion die Hand nach ihr ausstrecken, der Arm wurde länger und immer länger, und erreichte sie doch nicht.

Zwei Wochen später kehrte Madlen mit einer Tupperdose in der Hand zurück. Kassandra schwankte zwischen Erleichterung und Empörung. Madlen trug eine Sonnenbrille, die sie auch in der Wohnung nicht absetzte, und ein Halstuch. Die Extensions waren verschwunden. Anstelle dessen hatte sie ihre lackschwarzen Haare in einem tiefen Dutt zusammengefasst. Perlenstecker hatten ihre handtellergroßen Kreolen ersetzt. Ein Hauch Jackie O. umwehte sie, wäre nur ihre Jogginghose nicht gewesen. Als sie nebeneinander auf dem Sofa saßen, fiel Kassandra zum ersten Mal eine Grenzlinie zwischen ihrem Makeup und ihrem Hals auf.

„Willst du nicht die Sonnenbrille abnehmen?“ Sie sprach das Offensichtliche an, bevor sie sich an noch mehr Kuriositäten gewöhnte.

„Nein“, sagte Madlen in einem Ton, der sich weitere Fragen verbat.

Kassandra beherrschte ihr Bedürfnis, Rechtfertigungen oder zumindest eine Erklärung für die Abwesenheit ihrer Nachbarin einzufordern. Madlen hatte Moussaka mitgebracht. Kassandra beäugte es und kostete erwartungsvoll den ersten Bissen. Zu ihrem Entsetzen schmeckte es fürchterlich bitter und versalzen und weitere Gewürze fehlten. Sie schob die halb zerkaute Masse in die Backentasche und stand sehr langsam auf, wie, um Madlen nicht zu provozieren. Auf dem Weg zur Toilette überlegte sie, womit sie sie wohl verärgert haben könnte. Hätte sie mehr Interesse an ihrem Leben zeigen sollen, wenn Madlen doch bei aller Herzlichkeit ihr gegenüber so verschlossen schien? Hätte Kassandra sich ihrerseits offenbaren sollen, wenn Madlen doch ausschließlich am Netflixen interessiert wirkte? Sie spuckte das Essen behutsam in die Toilette, wartete einige Minuten, spülte und stellte den Wasserhahn gebührend lange an, ohne die Hände darunter zu halten.

„Ich habe mir wohl den Magen verdorben“, sagte sie und ließ sich auf das Sofa fallen.

„Du siehst aber ganz gut aus! Moment, bei McDonald’s den Magen verdorben? Kann man die nicht auf Millionen verklagen?“

„Nicht in Deutschland. Außerdem kann es auch ein Virus sein.“ Kassandra stellte die Tupperdose in einiger Entfernung auf den Couchtisch. Hinter ihrer Stirn begann es, zu pochen. Sie stieß die Luft durch die Nase aus und erwog, Madlen mitsamt ihres kapriziösen Aufzugs der Wohnung zu verweisen.

„Ich habe als Anwältin gearbeitet“, sagte Madlen unvermittelt.

Kassandra musste sich beherrschen, um nicht laut zu lachen.

„Das ist ja interessant“, erwiderte sie wahrheitsgemäß.

Madlen nahm die Sonnenbrille ab und wandte sich ihr zu. Gelbe Reste eines Veilchens umringten ihr linkes Auge.

„Ok, das stimmt nicht. Ich habe als Rechtsanwaltsgehilfin gearbeitet. Nach meiner Hochzeit habe ich aufgehört. Eines Tages würde ich gerne Chefin in einem Frauenhaus sein. Wie Puffmutter, nur umgekehrt, weißt du?“

„Ja.“ Kassandra biss sich auf die Lippe, wollte ansetzen, etwas zu sagen, schwieg dann. So also war es. Sie hätte die Serie, die sich um die Flucht aus einer Trailer-Gewaltbeziehung drehte, am Liebsten ausgestellt. Aber Madlen nahm ihr die Fernbedienung aus der Hand.

„Das ist voll interessant, lass das!“

Ich hätte gedacht, kennst du eine, kennst du alle, ging es Kassandra durch den Kopf. Sie drehten sich wieder zum Fernseher und schauten weiter The Maid. Madlen begann bei der ersten Frauenhaus-Szene, zu weinen. Kassandra legte vorsichtig den Arm um sie und hielt ihr eine Taschentuchbox hin. Sie weinte noch mehr und weinte weiter und weiter, bis Kassandra den Fernseher ausstellte.

„Sonst haben wir keine Folge mehr für morgen“, sagte sie.

„Und keine Taschentücher“, sagte Madlen.

„Du kannst auch hier wohnen. Du weißt, was man alles…“

Madlen stand auf.

„Ja, ich weiß. Ich weiß das alles. Alles. Broschüren, Sozialarbeiter, Krankenhausärzte, Polizistinnen, Polizisten.“ Sie nahm ihr Kaugummi aus dem Mund und rollte es in ein gebrauchtes Taschentuch. „So einfach ist es nicht.“ Sie sah erschöpft aus, wie ein geschrumpfter Luftballon, an dem der Wind zerrte. Als hätten die kurzen Sätze all ihre Kraft gekostet, so dass ihr sogar das Kauen zu viel geworden war. „Genau wie da.“ Sie deutete auf den schwarzen Bildschirm.

„Ich glaube, sogar `da` gibt es ein Happy End“, behauptete Kassandra.

Madlen seufzte, stopfte das Taschentuch in die Tasche ihrer Jogginghose und setzte die Sonnenbrille wieder auf.

„Wir sehen uns morgen“, sagte sie und ging ihres Weges.

Am nächsten Abend kam Madlen wieder, und an dem Abend danach, und an dem danach, und an dem danach hörte Kassandra auf, zu zählen, seit wie vielen Abenden sie wieder da war. Kassandra verstand sich als Bewährungshelferin, bei der sich Madlen täglich unversehrt zeigen musste, sprach das Thema jenes Abends nicht mehr an. Es wurde Juni, es wurde Juli, es wurde August, und trotz der Hitze fror Madlen ständig. Kassandra schuftete beim goldenen M wie in einer endlosen Schleife und Onkel Bernhard hielt allen seinen Krankheiten zum Trotz am Leben fest. In ihren wöchentlichen Telefonaten schimpfte er über den Pflegedienst, die Regierung und seine neureichen Nachbarn und bekundete seinen Lebensüberdruss, all das in immer der gleichen Reihenfolge.

Madlens Essen gewann die gewohnte Qualität zurück. Sie brachte seit ihrem Fehlen ostasiatische Gerichte mit, die immer besser schmeckten.

„Die benutzen Sojasoße oder Fischsoße, da sehe ich den Pegel in der Flasche“, erklärte sie. „Bei Salz kann ich nicht so gut sehen, ob einer ungefragt nachgewürzt hat.“

Kassandra ließ die Gabel voll Pad Thai sinken. „Wer würde denn so was machen?“

„Was weiß ich!“, sagte Madlen und wandte sich wieder dem Bildschirm zu. Ihr Teint strahlte ebenmäßig wie ehedem, es war keine Make-up-Demarkationslinie zu sehen. Die Sonnenbrille trug sie nicht mehr. Ihre langen Ärmel und gelegentlichen Halstuch-Phasen schrieb Kassandra ihrem gestörten Temperaturempfinden zu.

Auf dem Fernseher fackelte der Hauptdarsteller aus You gerade seinen Tatort ab. „Sie ist ja schon tot“, stellte Madlen fest. „Aber selbst, wenn nicht, soll es gar nicht so schlimm sein.“

„Zu verbrennen?“ fragte Kassandra schriller, als nötig.

„Ja! Man soll das nicht mitbekommen, weil man vorher erstickt.“

„Als ob das besser wäre!“ Kassandra wunderte sich über so viel Naivität. Sie warf einen Seitenblick auf ihren Gast und wunderte sich auch wieder nicht.

„Naja, man wird bestenfalls eingeschläfert. Wie so eine Gasnarkose.“ Madlen malte mit orangefarbenen Gelnägeln eine sich ausdehnende Wolke in die Luft und lachte.

„Ganz ehrlich!“, entrüstete Kassandra sich und spießte eine Garnele auf.

Als Madlen am nächsten Abend eintrat, blieb sie vor dem Sofa stehen und deutete auf den Koffer.

„Du fährst weg?“ Ihre Augen weiteten sich.

„Mein Onkel ist gestorben. Ich fahre morgen nach Düsseldorf zur Beerdigung.“

„Oh, das tut mir leid!“ Madlens Augen glänzten, und über den Unterlidern bildeten sich winzige Wasserspiegel. Sie wird doch nicht wegen so was anfangen, zu heulen, aber wegen ihres ganzen Lebens nicht, dachte Kassandra.

„Das muss es nicht. Er war schon alt und lange krank. Wir standen uns auch nicht nahe.“ Zumindest nicht in jeder Hinsicht, dachte Kassandra, hob den Koffer vom Sofa und stellte ihn auf den Boden.

„Wie lange bist du weg?“ Madlens Stimme zitterte.

„Eine Woche.“ Kassandra hielt ihr die Taschentuchbox hin.

„So lange!“ entfuhr es Madlen und sie schlug die Hand vor den Mund. „Entschuldigung. Ich bin bloß überrascht.“ Sie setzte sich auf den Sitzsack, neben den Koffer und umklammerte die Tupperdose auf dem Schoß.

„Ich bleibe noch eine Weile, um bei der Haushaltsauflösung zu helfen.“ Und zur Testamentsverlesung, jubilierte Kassandra gedanklich. „Aber dann bin ich ja wieder da.“

Vom Frohsinn, den die Nachbarin beim Kennenlernen versprüht hatte, war keine Spur mehr. Kassandra seufzte. Jetzt hatte Madlen ihr die Stimmung verdorben. Sie dachte an Onkel Bernhard. Nachdem ihre Mutter ihrem Vater ins Grab gefolgt war, und Kassandras damaliger Freund bei der Trauerfeier lauter als alle Anwesenden geschluchzt hatte, gab Onkel Bernhard einen seiner seltenen Ratschläge von sich: „Du bist früh verwaist. Du musst für dich selbst sorgen. Hüte dich vor Leuten, die dich runterziehen.“ Onkel Bernhard war ein herzloser Mann.

Sie sagte zu Madlen: „Warum nimmst du nicht meinen Ersatzschlüssel? Dann kannst du abends auch ohne mich Netflix gucken. Ich gebe Dir meine Nummer. Dann textest du mir, falls irgendwas nicht in Ordnung ist. Mit der Wohnung, oder … sonst irgendwas. Jederzeit!“

„Oh, meinst du echt?“ Ganz langsam hoben sich Madlens Mundwinkel.

„Solange du hier keine Gelage veranstaltest.“

„Aber du kommst zurück!“ befahl sie.

„Klar. Pass nur auf den Heizlüfter auf. Man darf den nicht abdecken. Bier ist im Kühlschrank, weißt du ja.“

Am Abend nach der Beerdigung lag Kassandra auf einer Art Feldbett in Onkel Bernhards Werkstatt. Ein Hotel war ihr zu teuer, sein Bett indiskutabel. Sie checkte ihre Nachrichten. Keine Nachricht von Madlen. Sie hatte Kassandras Nummer unter dem Namen Mama gespeichert. Kassandra fragte sich, unter welchem Namen sie die Nummer ihrer wirklichen Mutter gespeichert hatte, und hatte diese Frage auf die gedankliche Liste der Dinge geschrieben, die sie schon immer von Madlen wissen wollte. Madlen hatte ihr erklärt, „Kassandra“ klinge wie ein Fake, und dass so etwas ihren Mann misstrauisch mache.

Sie war online.

Kassandra tippte auf das Mikrofon und sagte:

„Hallo Madlen. Hier ist Mama. Na, du weißt schon. Ich hoffe, bei dir ist alles in Ordnung, und mein Haus steht noch. Madlen. Wie du weißt, oder auch nicht, möchte ich, deine Mama, demnächst nach Spanien auswandern. Ich würde mich freuen, wenn du mitkommst. Da ist es auch meistens warm. Du wirst Gelegenheit bekommen, dein Frauenhaus aufzumachen. Dort, wo ich hinmöchte, gibt es noch mehr Bedarf als hier. Wir könnten vielen Frauen helfen. Aber sei nicht enttäuscht, wenn es viele Schlägereien unter den Bewohnerinnen gibt und die Meisten zu den Tätern zurück gehen. Das musst du vorher wissen. Aber ab und zu rettet man wohl eine. Naja. Wir besprechen alles, wenn ich wieder da bin. Bis dahann!“

Sie schloss für einen Moment die Augen, öffnete sie wieder und drückte auf den kleinen Flieger. Doch es erschien kein zweites Häkchen, denn Madlen war plötzlich offline. Ihr Herz stolperte. Sie markierte die Sprachnachricht und löschte sie „für alle“. Ein tiefer Atemzug brachte ihr Herz wieder in seinen Takt. Erst jetzt entspannte sie ihre Lippen, von denen ihr nicht aufgefallen war, wie fest sie sie zusammengepresst hatte. Sie drückte den Hinterkopf ins Kissen und schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. Das Feldbett quietschte.

Sie musste es ihr zu Hause vorschlagen.

Auf dem Rückweg aus Düsseldorf war Kassandra in bester Stimmung. Die Erbschaft war noch üppiger ausgefallen als erwartet. Sie saß im Zug und sah sich im Internet Liegenschaften an, die zuvor nicht in ihrer Größenordnung gewesen waren. An der Bushaltestelle schob sie Unterhaltskalkulationen für die Häuser in einer Exceltabelle hin und her.

Ein Einsatzfahrzeug überholte ihren Linienbus nach Hause. Sie hielt sich die Ohren zu, dachte an die Waldbrände in Südeuropa und überlegte, wie sie unser zukünftiges spanisches Haus vor ihnen schützen würde. Während sie aus dem Bus stieg, hoffte sie, keine Brandstifter als Nachbarn zu bekommen, die ihre Geldprobleme mit einem Versicherungsfall lösen oder Bauland aus angrenzenden Naturschutzgebieten machen wollten.

Tief in Gedanken über Vor- und Nachteile einer Alleinlage eines Hauses bog sie in die Pizzeystraße ein.

Sie schaute erst auf, als ihr Rauch in die Nase stieg.

Ihrer Mietskaserne schaute eine Menschentraube beim Abbrennen zu. Kassandras erster Gedanke galt ihren Dokumenten, die sie glücklicherweise in einem Bankschließfach deponiert hatte. Eine dumme Ahnung über Madlens Umfeld hatte sie dazu inspiriert. Erst dann dachte sie an sie und den Heizlüfter.

Eine Absperrung hielt die Schaulustigen von der Szenerie fern. Zwischen den Schaulustigen befanden sich Bewohner des Hauses. Sie kannte nicht alle. Es gab dort mindestens fünfzig Ein- und Zweizimmerwohnungen, zusätzlich eine hohe Fluktuation. Rettungskräfte versorgten ihre Nachbarn, von denensie einige noch nie zuvor gesehen hatte und den Rest wegen ihrer rußverschmierten Gesichter erst mit Verzögerung erkannte. Madlen war nicht dabei.

Trotz ihres Abstandes zum Haus imprägnierte der Qualm ihren Körper. Husten schüttelte sie.

Über die Absperrung hinweg sprach sie zwei Feuerwehrleute an, einen Mann und eine Frau, und deutete auf ihr geborstenes Fenster, das aus der rußgeschwärzten Fassade klaffte.

„Das ist meine Wohnung“, rief sie, um die Sirenen weiterer herannahender Rettungswagen, das Krachen und Knacken des Feuers und den Lärm der Löscharbeiten zu übertönen. „Haben Sie aus meiner Wohnung jemanden evakuiert?“

„Sie! Sie bleiben bitte hier. Wir haben Fragen an Sie. Das Feuer ist in Ihrer Wohnung ausgebrochen.“

„Ich war nicht da, ich war auf Reisen.“

Die Feuerwehrfrau sah mich durch ihr Visier misstrauisch an. „Gerade dann.“

„Meine Freundin war da drin“, behauptete Kassandra, „haben Sie sie evakuiert?“

Der Feuerwehrmann sah sie mitleidig an.

„Dazu können wir Ihnen nichts sagen“, bellte die Frau.

Der Rauch, oder was auch immer, brachte Kassandra zum Weinen.

„Wir haben eine Frau aus Ihrer Wohnung geholt.“ Jetzt redete der Feuerwehrmann. Seine Kollegin schickte ihm böse Blicke. Trotzdem fuhr er fort: „Sie hatte sich leider im Badezimmer eingeschlossen. Wohl aus Angst. Das hat die Bergung etwas verzögert. Leider hat sie nicht überlebt.“

Sie musste sich auf die Straße setzen, um nicht umzufallen.

„Ja, aus Angst“, sagte sie.

 
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Hallo @Pazifik,

ich mache mal den Anfang. Deine Geschichte hat prinzipiell Potenzial, finde ich, auch wenn sie dem klassischen Plot "Buddy Movie" folgt: Aus einem gegensätzlichen Paar, das sich zufällig begegnet, wird eine tiefe Freundschaft, die hier - auch das nicht selten - tragisch endet (diese Variante großartig im Film "Midnight Cowboy" bzw. deutsch: "Asphalt-Cowboy").

Bei dir ist die Beziehung indes anders als beim klassischen Plot schon anfangs konfliktlos, was dem Umschwung natürlich an Wucht nimmt und für eine etwas biedere Gefälligkeit der Geschichte sorgt.

Dieser biedere Ton zieht sich in meinen Augen durch den ganzen Text: Er bleibt insgesamt zu sehr im Konventionellen verhaftet, seine Akzente sind zu seicht und unentschieden. Da man dem Text anmerkt, was er versucht, nämlich die Gegenüberstellung zweier ungleicher Figuren, fällt auf, dass er über scharfzeichnende Ansätze nicht hinauskommt.

Teilweise wirken die Charakterzeichnungen auf mich unausgegoren, teilweise unglaubhaft. Der ganze Kontext aus der Arbeit bei McDonald's, Schielen aufs Erbe und die Auswanderpläne lesen sich für mich wie eine am Schreibtisch ersonnene Konstruktion mit der Intention, eine individuelle Figur zu schaffen. Die Nachbarin hingegen hat sich für mich insgesamt gar nicht zu einem plastischen Bild geformt - irgendwie habe ich da keinen konkreten Menschen vor mir gesehen.

Weiteren Boden verliert der Text durch den sehr schleppenden Beginn und die zu wässrigen Dialoge. In der jetzigen Form wirkt das alles zu brav ausbuchstabiert, die Pointen und situativen Details sind nicht bissig genug für meinen Geschmack.

Zum Ende und zur Thematik häusliche Gewalt überhaupt: Da ist mir die Aussage des Textes bzw. das Verhalten der Protagonistin nicht ganz klar. Dafür, wie (ge)wichtig das Thema ist, nimmt es zu wenig Raum ein und beeinflusst Gedanken und Handlungen der Protagonistin auffallend wenig. Für mein Empfinden müsste sie, da sie ja im Rückblick und damit reflektiert berichtet, auf ihre diesbezüglichen Gefühle und Überlegungen von damals eingehen.

Stattdessen nimmt sie eine pseudo-unwissende Perspektive ein, mimt also eine Erzählerin, die über ihr Leben berichtet wie ein personaler Erzähler. Das ergibt in meinen Augen als Erzählperspektive wenig Sinn, einfach, weil man so nicht von seinem Leben erzählt. Vielleicht wäre hier die dritte Person zielführender für das, was dir vorschwebt.

In diese perspektivische Problematik laufen auch die Dialoge in ihrer fast theaterhaften A-B-A-B-Wechselspielanordnung. Denn warum sollte die Erzählerin sich an Wortlaute banaler Alltagsgespräche so genau erinnern, dass sie diese nach langer Zeit noch wörtlich zitieren kann? Und warum gibt sie diese so schematisch und ungebrochen wieder? Oder rekonstruiert sie diese? Dann müsste sie ihre vage Erinnerung kommentieren und reflektieren.

Auch bezüglich ihrer Lebenssituation bleibt sie seltsam schweighaft. Wie alt ist sie? Wie ist ihre Ausbildung? Warum jobbt sie bei McDonald's? Warum will sie ins Ausland? Warum hat sie keine moralischen Bedenken zu ihrem emotionslosen Warten aufs Erbe? Warum ist der Onkel reich? Warum sind ihre Eltern tot? Warum hat sie scheinbar keinerlei Sozialleben? Usw ... Warum erzählt sie das alles nicht? Was für eine Erzählsituation soll hier dargestellt sein? Dass hier so viele Leerstellen bleiben, trägt auch stark dazu bei, dass man als Leser skeptisch und distanziert bleibt.

Bei der Nachbarin gilt ähnliches. Nach dem Kennenlernen stehen sich die beiden nahe. Warum gehen sie nicht in einen erhellenden Austausch, der ihre Vita ans Licht bringt - für die Protagonistin wie auch für den Leser?

Du siehst, der Text überzeugt mich in der momentanen Form nicht. Ich denke aber, du kannst ihn auf jeden Fall mit genügend Einsatz zu diesem Punkt bringen, indem du an den Schwächen schraubst.

Freundliche Grüße

Henry

 
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Hallo Henry!

Danke für Deine Zeit und Anstrengung an meinem Text!

Hallo @Pazifik,

ich mache mal den Anfang. Deine Geschichte hat prinzipiell Potenzial, finde ich, auch wenn sie dem klassischen Plot "Buddy Movie" folgt

Danke!
Was heißt "auch wenn" :-) Masterplots gibt's überall :-)
Bei dir ist die Beziehung indes anders als beim klassischen Plot schon anfangs konfliktlos, was dem Umschwung natürlich an Wucht nimmt und für eine etwas biedere Gefälligkeit der Geschichte sorgt.

Ja, ich wollte es absichtlich subtil schildern. Ein Schelm, wer das "bieder" nennt :-)
Aber natürlich kann man sich fragen, wieso die Heldin diese "Freundschaft wider Willen" einfach mal so hinnimmt. Aber: Sie sagt ja, ihr sei "alles" außer ihren Auswanderungsplänen egal", und sie hat einen Vorteil, nämlich das gute Essen. Es ist ein Tauschgeschäft. Essen gegen Gesellschaft bzw. Schutz, was ja erst im Verlauf klar wird.

Dieser biedere Ton zieht sich in meinen Augen durch den ganzen Text: Er bleibt insgesamt zu sehr im Konventionellen verhaftet, seine Akzente sind zu seicht und unentschieden. Da man dem Text anmerkt, was er versucht, nämlich die Gegenüberstellung zweier ungleicher Figuren, fällt auf, dass er über scharfzeichnende Ansätze nicht hinauskommt.
Genau das war meine Intention. Das mag Vielen, hoffentlich nicht Allen, zu öde sein.
Teilweise wirken die Charakterzeichnungen auf mich unausgegoren, teilweise unglaubhaft. Der ganze Kontext aus der Arbeit bei McDonald's, Schielen aufs Erbe und die Auswanderpläne lesen sich für mich wie eine am Schreibtisch ersonnene Konstruktion mit der Intention, eine individuelle Figur zu schaffen. Die Nachbarin hingegen hat sich für mich insgesamt gar nicht zu einem plastischen Bild geformt - irgendwie habe ich da keinen konkreten Menschen vor mir gesehen.

Die Figuren sind nur skizziert. M. E. ist das ganz häufig in Kurzgeschichten so. Ob es nun gekonnt skizziert ist oder nicht... da lasse ich gerne Verbesserungsideen zu :-)

Weiteren Boden verliert der Text durch den sehr schleppenden Beginn und die zu wässrigen Dialoge. In der jetzigen Form wirkt das alles zu brav ausbuchstabiert, die Pointen und situativen Details sind nicht bissig genug für meinen Geschmack.
Ja, das verstehe ich: es ist zu öde für Dich und andere evtl. auch. Ich wollte leise Töne anschlagen, subtile Hinweise geben, und Fragen offen lassen.
Stattdessen nimmt sie eine pseudo-unwissende Perspektive ein, mimt also eine Erzählerin, die über ihr Leben berichtet wie ein personaler Erzähler. Das ergibt in meinen Augen als Erzählperspektive wenig Sinn, einfach, weil man so nicht von seinem Leben erzählt. Vielleicht wäre hier die dritte Person zielführender für das, was dir vorschwebt.

Ja! Und DAS dachte ich im Nachhinein allerdings auch! Ich habe die Geschichte ganz frisch (vorgestern und gestern) geschrieben und kurz überarbeitet, sie hat nicht lange genug gelegen. Das werde ich ändern, denke ich!

In diese perspektivische Problematik laufen auch die Dialoge in ihrer fast theaterhaften A-B-A-B-Wechselspielanordnung. Denn warum sollte die Erzählerin sich an Wortlaute banaler Alltagsgespräche so genau erinnern, dass sie diese nach langer Zeit noch wörtlich zitieren kann? Und warum gibt sie diese so schematisch und ungebrochen wieder? Oder rekonstruiert sie diese? Dann müsste sie ihre vage Erinnerung kommentieren und reflektieren.
s. o.
Auch bezüglich ihrer Lebenssituation bleibt sie seltsam schweighaft. Wie alt ist sie? Wie ist ihre Ausbildung? Warum jobbt sie bei McDonald's? Warum will sie ins Ausland? Warum hat sie keine moralischen Bedenken zu ihrem emotionslosen Warten aufs Erbe? Warum ist der Onkel reich? Warum sind ihre Eltern tot? Warum hat sie scheinbar keinerlei Sozialleben? Usw ... Warum erzählt sie das alles nicht? Was für eine Erzählsituation soll hier dargestellt sein? Dass hier so viele Leerstellen bleiben, trägt auch stark dazu bei, dass man als Leser skeptisch und distanziert bleibt.

Es ist nur eine Skizze. Man kann trefflich diskutieren, ob jetzt viel mehr Motivation und Gedanken der Figur geschildert werden sollten. Ich finde das nicht.
Über die Leerstellen kann man spekulieren. Die Figur der Kassandra wirkt wurzellos. Das ist Absicht. Warum jemand wurzellos ist, vielleicht Verbindungen gekappt hat, die zu einem Auswanderungswunsch geführt haben, kann man fantasieren. Kurz bevor sie auswandern will, "schlägt doch jemand Wurzeln in ihr leeres Herz" (und genau solche verkitschten überdeutlichen Wendungen und übermäßigen Erklärungen an den Leser wären mir in meiner Prosa momantan zuwider) aber sie bemerkt ihre "Aufgabe" gegenüber dieser Person zu spät -- obwohl sie sich entwickelt hat, ihr nicht mehr "alles egal" ist, aber eben zu spät.

Bei der Nachbarin gilt ähnliches. Nach dem Kennenlernen stehen sich die beiden nahe. Warum gehen sie nicht in einen erhellenden Austausch, der ihre Vita ans Licht bringt - für die Protagonistin wie auch für den Leser?
Wollte ich nicht, siehe oben. Ich wollte offene Fragen.
Außerdem reden Gewaltopfer wie Madlen aus Scham nur im Notfall über die Gewalt und halten sie lieber geheim. Kassandra hingegen möchte sowieso alle Brücken abbrechen, ist bindungslos und möchte das auch bleiben (bis sie auswandert oder auch danach). Es ist ein schräges und stummes Pärchen, was sich über das Gemeinsame Dritte, den Fernseher, verbindet.
Aber in einer längeren Geschichte oder einem Roman wäre mehr Raum für etwas Hintergrund, klar.
Du siehst, der Text überzeugt mich in der momentanen Form nicht. Ich denke aber, du kannst ihn auf jeden Fall mit genügend Einsatz zu diesem Punkt bringen, indem du an den Schwächen schraubst.

Danke für Dein Feedback, insbesondere noch mal zur Erzählperspektive!

Viele Grüße von Pazifik

 

Hallo @Pazifik,

so leicht lass ich dich nicht davonkommen :lol:

Was heißt "auch wenn" :-) Masterplots gibt's überall :-)

Also ich bin mir ziemlich sicher, dass Ron Tobias in "20 Masterplots" sagt, dass es nicht darum geht, diese schablonenhaft wieder und wieder zu kauen, sondern vielmehr darum, sie in immer neuen, überraschenden Varianten aufzugreifen.

Natürlich weiß ich nicht, was dein Anspruch ist. Aber ich würde einmal annehmen, dass du keine Texte von der Stange schreiben willst, sondern frische und individuelle Texte mit Eigenständigkeit. In diesem Fall würde ich ein Feedback ernst nehmen, dass anzeigt, dass die Plot-Struktur allzu offensichtlich und altbekannt ist.

Bei dir ist die Beziehung indes anders als beim klassischen Plot schon anfangs konfliktlos, was dem Umschwung natürlich an Wucht nimmt und für eine etwas biedere Gefälligkeit der Geschichte sorgt.
Ja, ich wollte es absichtlich subtil schildern. Ein Schelm, wer das "bieder" nennt :-)
Aber natürlich kann man sich fragen, wieso die Heldin diese "Freundschaft wider Willen" einfach mal so hinnimmt. Aber: Sie sagt ja, ihr sei "alles" außer ihren Auswanderungsplänen egal", und sie hat einen Vorteil, nämlich das gute Essen. Es ist ein Tauschgeschäft. Essen gegen Gesellschaft bzw. Schutz, was ja erst im Verlauf klar wird.

Da du ja mit den Schreibratgebern selbst angefangen hast, will ich auch hier kontern. So sagt zum Beispiel Fritz Gesing in nicht mehr zu steigernder Deutlichkeit, dass Konflikte unbedingt immer auf die Spitze getrieben werden müssen, wenn man den Leser einfangen will. Genau deutlich warnt er davor, Banalitäten und Alltäglichkeiten irgendeiner Art niederzuschreiben, wenn sie nicht in direktem Zusammenhang mit der Handlung oder den Figuren stehen.

Ich würde selbst gar nicht ganz soweit gehen, vor allem nicht mit den Konflikten. Man kann durchaus leiser vorgehen. Nur muss dann natürlich die Qualität der Schreibe diese Subtilität auch abstützen – durch Sprachkunst, feinsten Beobachtungen, überraschenden Details etc. Um es frei zu sagen: Das finde ich hier nicht vor.

Die folgende Passage schleppt sich undynamisch-spannungslos dahin, ist sperrig und ohne Flow:

Der Türspion zeigte einen riesigen, schwarzbehaarten Kopf auf einem kleinen, kegelförmigen Körper. Meine Hand zuckte auf der Klinke. Schließlich kam ich mir albern vor und öffnete die Tür.

„Hey Nachbarin, es bringt Unglück, sich nicht vorzustellen! Ich bin Madlen.“

Madlen gehörte zu den Frauen, die durch die schiere Menge künstlicher Wimpern tatsächlich mit ihnen klimperten. Sie steckte in einer rosafarbenen Felljacke. Mit Gel-benagelten Händen hielt sie mir eine Flasche Asti Cinzano mit einer roten Schleife um den Hals hin.

„Das ist aber nett. Kassandra“, sagte ich und deutete auf meine Brust.

„Was, wie diese Wahrsagerin da?! Du Arme.“

„Ja. Meine Eltern waren speziell. -- Asti. Lange nicht getrunken“

„Diese Salzsäcke, und was man noch so macht, finde ich albern. Wer hat schon kein Salz beim Einzug? Außerdem wohnst du schon ne ganze Weile hier. Aber was zu Trinken, das braucht man doch immer. Oder?“ Sie blickte auf die Flasche Astra, die ich noch immer in der Hand hielt.

„Danke“, sagte ich und sehnte mich nach meinem Sitzsack.

„Bitte! Willst du mir mal deine Wohnung zeigen, oder wie?“

Das wollte ich nicht. „Komm‘ gerne rein“, sagte ich und drehte mich seitwärts. „Es gibt nicht viel zu sehen.“ Ich hatte schon einen Teil meiner Möbel verkauft.

Madlen drängte sich an mir vorbei und hinterließ eine Wolke süßlich-scharfen Duftes. Sie huschte durch den engen Flur, bog in die Kochnische ab und öffnete den Kühlschrank. Mir blieb der Mund offenstehen.

„Für den Asti!“ erklärte sie und ließ das Innere des Kühlschrankes auf sich wirken. „Isst du gar nichts?“

„Ich esse bei der Arbeit“, behauptete ich. „Ich arbeite bei McDonald’s.“

„Ok. Ich liebe es!“ Sie lachte, ein Zirkoniastein auf ihrem Eckzahn glitzerte. „Ich koche jeden Tag frisch. Mein Mann hat seine Ansprüche.“

Für eine verheiratete Frau wirkte Madlen jung. Sie trug keinen Ring. Einen Moment lang blickte sie gedankenverloren in den Kühlschrank und stellte den Asti hinein. Dann nahm sie mich mit neugewonnener Energie ins Visier. „Mein Mann arbeitet nachts. Vom Abendessen bleibt immer was übrig. Ich geb‘ dir was ab!“

„Das musst du nicht“, sagte ich entsetzt.

„Du hast keinen Mann“, sagte sie beschwingt.

„Woher weißt du das?“ Ich fühlte mich gekränkt. Der Kühlschrank begann, zu piepen.

„Ich hab‘ deinen Einzug beobachtet“, sagte sie ungerührt. „Keinen Mann haben ist super, aber dann kocht man nicht, oder? Ich hab‘ einen, und was abzugeben.“

Madlen nahm sich eine Flasche Astra aus dem Kühlschrank und schloss endlich dessen Tür. „Das Gastgeschenk macht man ja nicht auf, stimmt’s?“

„Wohl nicht“, murmelte ich.

„Ist das hier kalt!“ Sie rieb sich die Ärmel der rosafarbenen Felljacke. Es war nicht besonders kalt. „Mach doch mal die Heizung an! Hast du Netflix?“


"Hölzern" ist ein häufig gebrauchter Begriff für Dialog-Szene dieser Art. Hier wird versucht, auf simple Art "gesprochene Sprache" zu simulieren, wodurch verkannt wird, dass Dialoge auch Text sind und somit anderen Regeln folgt.

Ich bin selbst kein großer Dialogschreiber, aber auch hier weiß ich in etwa, was Schreibratgeber empfehlen: Auflockern, auflockern, auflockern. Das ist das eine. Das andere, dass die Figuren nicht in ein direktes Ping-Pong verfallen sollten, sondern besser in gewisser Weise aneinander vorbeireden, vorgreifen, auslassen, andeuten, täuschen etc. So wirkt das dann lebhaft.

Nach einem Blick durch den Türspion, öffnete ich zögerlich die Tür.
"Hallo Nachbarin! Ich bin Madlen!"
Die Frau auf der Fußmatte streckte mir ihre solariumgegerbte Hand entgegen. Ihre Wimpern waren so lang, dass sie beim Klimpern fast an ihre Stirn stießen. Noch bevor ich etwas erwidern konnte, überreichte mir Madlen mit breitem Grinsen eine Flasche mit rotem Schleifchen.
"Asti! Danke!", stammelte ich. "Den hab ich Jahre nicht getrunken."
"Macht ja nichts. Brot und Salz hab ich aber keins. Find ich albern!"
"Mhm", brummte ich und suchte einen Ort für meine Augen.
Madlen lachte. Sie schien meine Unsicherheit zu bemerken. "Und du bist?"
"Äh ..." Ich deutete auf das Namensschild an meiner Dienstkleidung. "Kassandra. Kassandra heiße ich."
"Ach, du Ärmste!"
"Ja, meine Eltern wollten nur das Schlechteste für mich!"
Jetzt musste auch ich lachen. Langsam fand ich meine Fassung wieder. Madlen stellte sich auf die Zehnspitzen und lugte über meine Schulter in die Wohnung.
"Boah, ist die leer!"
Ich drehte mich kurz um. Dabei wusste ich doch ganz genau, wie leer meine Wohnung war. Den Großteil meiner Möbel hatte ich längst verkauft, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis ich das Land verlassen wollte. Spanien wartete. Alles, was meiner Abreise noch im Weg stand, war eine längst überfällige Erbschaft. Doch das Ableben meines Onkels ließ auf sich warten. Bis der Geldregen losbrach, machte ich das Beste aus meinem Wartehallenleben und verdiente mir noch etwas eigenes Kapital für den Neustart auf der iberischen Halbinsel. Aus Mangel an schnell verfügbaren Alternativen, die keine besonderen Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzten, war ich bei McDonald's gelandet, wo ich nun schon seit gut einem halben Jahr Burger in Folie wickelte und Pommes in Kartons schaufelte. Langsam konnte ich den Geruch von Frittierfett nicht mehr abhaben. Es wurde Zeit, dass mein Onkel endlich seine letzte Reise antrat, damit auch ich aufbrechen konnte.
"Ich würde dich ja hineinbitten", sagte ich, "Aber ich muss jetzt los."
Wieder tippte ich mir auf die Brust, dieses Mal auf das gelbe M.
Madlen nickte. "Verstehe. Wollte auch nicht stören."

....


Hier im Forum ist es zwar mehr oder weniger verpönt, in Kommentaren Textvorschläge zu machen, doch ich hab das hier jetzt trotzdem mal gemacht, denn ich bin anderer Meinung. Ich finde, ein Beispiel ist oft zehn Mal vielsagender als lange Worte über das Wie und Warum. Und es soll hier auch nicht um Bevormundung oder Besserwisserei gehen, sondern darum kurz und bündig aufzuzeigen, was genau man meint, auch wenn man es eben gar nicht genau ausformulieren kann. (Fachsimpelnde Architekten oder Künstler würden ja auch über Skizzen kommunizieren, die sie für den anderen schnell anfertigen, anstatt lange, theoretische Abhandlungen zu verfassen.)

Also vielleicht hilft dir das ja und du siehst, wo die Unterschiede liegen (und stimmst mir zu, dass es lebhafter wirkt, wenn man Dialog in engerer Taktung mit anderen Elementen wie Backstory etc. abwechselt – und das Dialog durch Auslassungen und Kürze enorm profitiert.

Das mag Vielen, hoffentlich nicht Allen, zu öde sein.

Hier würde ich mich fragen, ob du nicht alles haben kannst: Subtilität, sich aneinander reibende Figuren und Kurzweil beim Lesen. Ich denke, das wäre doch das Ziel bei der Textarbeit, oder nicht? – Das bestmögliche Ergebnis anstreben, anstatt zu sagen: Ich gebe mich mit einem Minimalanspruch zufrieden und schreibe die Mehrheit der Leser ab.

Die Figuren sind nur skizziert. M. E. ist das ganz häufig in Kurzgeschichten so. Ob es nun gekonnt skizziert ist oder nicht... da lasse ich gerne Verbesserungsideen zu :-)

Schwierig. Ich würde sagen, es gibt Skizzen wie die von Picasso – die eine Essenz enthalten und damit schon für sich stehen können. Und es gibt Skizzen, die einfach nur Bruchstücke, Zwischenergebnisse oder Teilaspekte beinhalten und darum nicht für sich stehen können.

Ja, das verstehe ich: es ist zu öde für Dich und andere evtl. auch. Ich wollte leise Töne anschlagen, subtile Hinweise geben, und Fragen offen lassen.

Ich meine hier nicht, dass du schrill und laut und exzentrisch werden solltest in dem Text, sondern dass du ihn von redundanten, banalen, bremsenden, offensichtlichen, abgegriffenen, nicht zu Ende gedachten und ähnlichen Elementen befreien solltest, sodass er in seiner Subtilität prägnant, scharf und treffend wird.

Es ist nur eine Skizze. Man kann trefflich diskutieren, ob jetzt viel mehr Motivation und Gedanken der Figur geschildert werden sollten. Ich finde das nicht.

Auch hier: Etwas ausbuchstabieren ist das eine. Das andere ist es, den Text durch Komposition, Tonalität, Details usw. sprechen zu lassen. Und darum wollte ich hinaus. Dinge einfach zu verschweigen oder wegzulassen schafft noch keine Tiefe, sondern erst einmal nur Lückenhaftigkeit. Die Tiefe käme erst dann ins Spiel, wenn der Leser beginnt, Dinge in der Tiefe zu erahnen. Dafür braucht er aber Links. Das passiert nicht einfach so durch Verknappung und Aussparung.

und genau solche verkitschten überdeutlichen Wendungen und übermäßigen Erklärungen an den Leser wären mir in meiner Prosa momantan zuwider

Siehe oben: Von überdeutlichen, verkitschten Wendungen war nie die Rede. Der Text muss von all diesen Dingen erzählen. Genau das macht ja eine gute Geschichte aus: Dass sie von etwas erzählt, ohne es direkt auszusprechen.

Es ist ein schräges und stummes Pärchen, was sich über das Gemeinsame Dritte, den Fernseher, verbindet.

Der Fernsehen bzw. Netflix habe ich in der gegebenen Konkretheit ehrlich gesagt nicht ganz verstanden. Für mich hat das den Text irgendwie seltsam banalisiert, denn Netflix ist ja eher ein Trash-Element und die genannte Sendungen erschienen mir jetzt auch nicht gerade wie wohldurchdachte Symbole, sondern eher beliebig bis unentschlüsselbar für alle Leser, die die Sendungen nicht schauen (so wie ich).

Außerdem reden Gewaltopfer wie Madlen aus Scham nur im Notfall über die Gewalt und halten sie lieber geheim.

Auch hier liest du meinen Kommentar nicht so, wie ich ihn meinte: Ich habe nicht geschrieben, die Protagonistin soll die Leidensgeschichte aufdecken. Aber alles andere, was spannend ist. Sie weiß ja quasi gar nichts über Madlen. Das finde ich unintuitiv, weil unmotiviert durch den Text. Zumindest müsste die Protagonistin mehr Versuche unternehmen, Dinge in Erfahrung zu bringen, denke ich.

Meine Zugfahrt endet, darum auch mein Kommentar ;-)

Freundliche Grüsse

Henry

 

Hallo @Pazifik,

so leicht lass ich dich nicht davonkommen :lol:

Ok... :-)
Was heißt "auch wenn" :-) Masterplots gibt's überall :-)

Also ich bin mir ziemlich sicher, dass Ron Tobias in "20 Masterplots" sagt, dass es nicht darum geht, diese schablonenhaft wieder und wieder zu kauen, sondern vielmehr darum, sie in immer neuen, überraschenden Varianten aufzugreifen.
Ok, sicher. Ich habe eigentlich gar nicht mit dem Masterplot begonnen und ihn gar nicht bedacht. Er hat sich ergeben, wie es oft ist.

Nur muss dann natürlich die Qualität der Schreibe diese Subtilität auch abstützen – durch Sprachkunst, feinsten Beobachtungen, überraschenden Details etc. Um es frei zu sagen: Das finde ich hier nicht vor.

Nach einem Blick durch den Türspion, öffnete ich zögerlich die Tür.
"Hallo Nachbarin! Ich bin Madlen!"
Die Frau auf der Fußmatte streckte mir ihre solariumgegerbte Hand entgegen. Ihre Wimpern waren so lang, dass sie beim Klimpern fast an ihre Stirn stießen. Noch bevor ich etwas erwidern konnte, überreichte mir Madlen mit breitem Grinsen eine Flasche mit rotem Schleifchen.
"Asti! Danke!", stammelte ich. "Den hab ich Jahre nicht getrunken."
"Macht ja nichts. Brot und Salz hab ich aber keins. Find ich albern!"
"Mhm", brummte ich und suchte einen Ort für meine Augen.
Madlen lachte. Sie schien meine Unsicherheit zu bemerken. "Und du bist?"
"Äh ..." Ich deutete auf das Namensschild an meiner Dienstkleidung. "Kassandra. Kassandra heiße ich."
"Ach, du Ärmste!"
"Ja, meine Eltern wollten nur das Schlechteste für mich!"
Jetzt musste auch ich lachen. Langsam fand ich meine Fassung wieder. Madlen stellte sich auf die Zehnspitzen und lugte über meine Schulter in die Wohnung.
"Boah, ist die leer!"
Ich drehte mich kurz um. Dabei wusste ich doch ganz genau, wie leer meine Wohnung war. Den Großteil meiner Möbel hatte ich längst verkauft, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis ich das Land verlassen wollte. Spanien wartete. Alles, was meiner Abreise noch im Weg stand, war eine längst überfällige Erbschaft. Doch das Ableben meines Onkels ließ auf sich warten. Bis der Geldregen losbrach, machte ich das Beste aus meinem Wartehallenleben und verdiente mir noch etwas eigenes Kapital für den Neustart auf der iberischen Halbinsel. Aus Mangel an schnell verfügbaren Alternativen, die keine besonderen Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzten, war ich bei McDonald's gelandet, wo ich nun schon seit gut einem halben Jahr Burger in Folie wickelte und Pommes in Kartons schaufelte. Langsam konnte ich den Geruch von Frittierfett nicht mehr abhaben. Es wurde Zeit, dass mein Onkel endlich seine letzte Reise antrat, damit auch ich aufbrechen konnte.
"Ich würde dich ja hineinbitten", sagte ich, "Aber ich muss jetzt los."
Wieder tippte ich mir auf die Brust, dieses Mal auf das gelbe M.
Madlen nickte. "Verstehe. Wollte auch nicht stören."

....


Hier im Forum ist es zwar mehr oder weniger verpönt, in Kommentaren Textvorschläge zu machen,

Ach so. Warum denn das. Wenn es sich in Grenzen hält. Vielen Dank für Deine Kreativität!
Ich habe ganz, ganz große Probleme mit diesem Stil, gebe aber zu, dass er farbenfroher und lebendiger ist.

doch ich hab das hier jetzt trotzdem mal gemacht, denn ich bin anderer Meinung. Ich finde, ein Beispiel ist oft zehn Mal vielsagender als lange Worte über das Wie und Warum. Und es soll hier auch nicht um Bevormundung oder Besserwisserei gehen, sondern darum kurz und bündig aufzuzeigen, was genau man meint, auch wenn man es eben gar nicht genau ausformulieren kann. (Fachsimpelnde Architekten oder Künstler würden ja auch über Skizzen kommunizieren, die sie für den anderen schnell anfertigen, anstatt lange, theoretische Abhandlungen zu verfassen.)

Also vielleicht hilft dir das ja und du siehst, wo die Unterschiede liegen (und stimmst mir zu, dass es lebhafter wirkt, wenn man Dialog in engerer Taktung mit anderen Elementen wie Backstory etc. abwechselt – und das Dialog durch Auslassungen und Kürze enorm profitiert.

Das Ping-Pong ist ein großes Problem. Danke für die Lösung!

Das mag Vielen, hoffentlich nicht Allen, zu öde sein.

Hier würde ich mich fragen, ob du nicht alles haben kannst: Subtilität, sich aneinander reibende Figuren und Kurzweil beim Lesen. Ich denke, das wäre doch das Ziel bei der Textarbeit, oder nicht? – Das bestmögliche Ergebnis anstreben, anstatt zu sagen: Ich gebe mich mit einem Minimalanspruch zufrieden und schreibe die Mehrheit der Leser ab.
Minimalanspruch ist etwas speziell ausgedrückt. Aber es stimmt mit dem Alternieren von erzählenden und Dialogpassagen.


Die Figuren sind nur skizziert. M. E. ist das ganz häufig in Kurzgeschichten so. Ob es nun gekonnt skizziert ist oder nicht... da lasse ich gerne Verbesserungsideen zu :-)

Schwierig. Ich würde sagen, es gibt Skizzen wie die von Picasso – die eine Essenz enthalten und damit schon für sich stehen können. Und es gibt Skizzen, die einfach nur Bruchstücke, Zwischenergebnisse oder Teilaspekte beinhalten und darum nicht für sich stehen können.

Wie gesagt, ich danke für Deine konkreten Verbesserungsideen!
Ich meine hier nicht, dass du schrill und laut und exzentrisch werden solltest in dem Text, sondern dass du ihn von redundanten, banalen, bremsenden, offensichtlichen, abgegriffenen, nicht zu Ende gedachten und ähnlichen Elementen befreien solltest, sodass er in seiner Subtilität prägnant, scharf und treffend wird.
Das wäre schön, ja.
Siehe oben: Von überdeutlichen, verkitschten Wendungen war nie die Rede. Der Text muss von all diesen Dingen erzählen. Genau das macht ja eine gute Geschichte aus: Dass sie von etwas erzählt, ohne es direkt auszusprechen.

Es ist ein schräges und stummes Pärchen, was sich über das Gemeinsame Dritte, den Fernseher, verbindet.

Der Fernsehen bzw. Netflix habe ich in der gegebenen Konkretheit ehrlich gesagt nicht ganz verstanden. Für mich hat das den Text irgendwie seltsam banalisiert, denn Netflix ist ja eher ein Trash-Element und die genannte Sendungen erschienen mir jetzt auch nicht gerade wie wohldurchdachte Symbole, sondern eher beliebig bis unentschlüsselbar für alle Leser, die die Sendungen nicht schauen (so wie ich).

Naja, Netflix ist das Privatfernsehen der Gegenwart. Die erwähnten Sendungen sind nicht beliebig gewählt, und der Titel sagt viel über den Inhalt. Leider sind es englische Titel, was ein Hindernis darstellt! Vielleicht übersetze ich die mal besser?
Auch die Namen Kassandra und der Straßenname sind nicht beliebig gewählt, aber es ist auch überhaupt nicht wichtig für das Verständnis, diese Referenzen zu "verstehen".
Wenn Netflix trashig ist, bin ich es auch! (Sorry). Das ist nicht defensiv gemeint, das ist eine Tatsache :-) Meine beiden Figuren sind auch trashig, mindestens Madlen, sie möchte ich in aller Kürze liebenswert trashig erscheinen lassen. Wenn ich es auch bisher dilettantisch umgesetzt habe. Arte Mediathek hätte nicht so gut zu den beiden gepasst. Ich mag popkulturelle Referenzen als Leserin und in meinen Texten auch. Auch hier eine Entschuldigung, wenn es trashig und dilettantisch in der Umsetzung geraten ist.
Zumindest müsste die Protagonistin mehr Versuche unternehmen, Dinge in Erfahrung zu bringen, denke ich.
Ja, das könnte ich ändern. Das finde ich auch.


Vielen Dank für die große Mühe!

Viele Grüße von Pazifik

 

Hi @Pazifik,

es ist ein bisschen faul, aber ich würde mich schon gerne @H. Kopper anschließen. Ich denke, dein Text kann duch großzügige Streichungen ordentlich gewinnen. Man muss nicht immer alles genau wissen, finde ich. Gewissenhaftigkeit zahlt sich da nicht aus. Ich nehme mal halbwegs willkürlich eine Stelle als Beispiel:

Kassandras erster Gedanke galt ihren Dokumenten, die sie glücklicherweise in einem Bankschließfach deponiert hatte.
Die Dokumente sind also sicher, Kassandra weiß das, das heißt, der flüchtige Gedanke ist eigentlich nicht interessant - er bringt die Handlung nicht vorwärts und bringt auch kein wesentliches chrakterisierendes Element mit.

Weil ich im Prinzip wenig Neues beizutragen habe, greife ich mir mal nur die Stellen raus, an denen ich besonders hängen geblieben bin:

Die Gestalt mahlte mit den Kiefern. Ihre Hand zuckte auf der Klinke.
-- hier habe ich beim ersten Lesen automatisch gedacht, es ist die Hand der Gestalt - und beim zweiten Lesen auch noch. Es hat nicht so richtig zusammengepasst, aber das ist das, was für mich dasteht. Erst dann ist mir aufgefallen, dass es wahrscheinlich andersrum gemeint ist. Also lieber noch mal den Namen hinschreiben (es sei denn, es ist doch die Gestalt, und ich kann es mir nur nicht richtig vorstellen).

Dann das:

Für eine verheiratete Frau wirkte Madlen jung.
-- man kann natürlich zwei oder dreimal heiraten, aber sonst ist es nicht so ungewöhnlich, bei der Hochzeit jung zu sein. Sicher, wenn sie, sagen wir mal, 22 ist, fänd ich das für eine verheiratete Frau schon auch jung, aber ist sie das? Immerhin hat sie schon als Anwaltsgehilfin gearbeitet. Vor allem aber: Wenn sie 22 ist, ist sie nicht für eine verheiratete Frau jung, sondern sie ist halt einfach so jung. Wenn sie dagegen 32 ist, ist sie immer noch jung, aber nicht gerade auffallend jung für eine verheiratete Frau. Kurz gesagt: Hochzeit mit hohem Alter in Verbindung zu bringen, find ich etwas schräg.

Und schließlich meine Lieblingsstelle:

Eines Tages würde ich gerne Chefin in einem Frauenhaus sein. Wie Puffmutter, nur umgekehrt, weißt du?“ „Ja.“
das find ich gut, weil es erstens eine lustige Idee ist und zweitens an der Stelle der Dialog nicht unbedigt die gängigsten Erwartungen erfüllt - mit diesem lakonischen "ja", so als wäre "Weißt du" hier eine echte Frage. Da schwingt mal ein bisschen was Unausgesprochenes mit, finde ich. Das hat mir gefallen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Pazifik,

ich habe mich noch ein wenig mit deinem Text befasst.

Kassandra lebte kaum zwei Monate in der Pizzeystraße. An einem trüben Freitagnachmittag im Mai klingelte es an der Tür, gerade, als sie in ihren Sitzsack gefallen und hatte eine Flasche Bier geöffnet hatte.

Der Türspion zeigte einen riesigen, schwarzbehaarten Kopf auf einem kleinen, kegelförmigen Körper. Die Gestalt mahlte mit den Kiefern. Ihre Hand zuckte auf der Klinke. Schließlich kam sie sich albern vor und öffnete die Tür.

„Hey Nachbarin, es bringt Unglück, sich nicht vorzustellen! Ich bin Madlen.“


Einen dieser drei Sätze nehmen, denn nur so wird der rasche Überfall der Szene deutlich. Ich würde den Mittelteil nehmen: "Es bringt Unglück, sich nicht vorzustellen!" – So zeigt es den ans dreiste gehenden Charakter der Figur, da sie auf die anderen beiden konventionellen Floskeln verzichtet.

Madlen gehörte zu den Frauen, die durch die schiere Menge künstlicher Wimpern tatsächlich mit ihnen klimperten.

Satz wirkt deplatziert, denn man macht nicht im ersten Moment des Kennenlernens eine zusammenfassende Bemerkung oder Beobachtung wie diese: "Madlen gehörte zu den Frauen ..." Das ist ein Satz, in dem sich ein angehäuftes Erfahrungswissen bündelt.

Sie steckte in einer rosafarbenen Felljacke.

Es ist immer holprig, sich aufs Äußere beziehende Beschreibungen in einfache Sätze zu packen. Das klingt immer direkt wie eine Pflichtübung: "Man soll ja sprechende Details beschreiben, nicht wahr?" – Hab für dieses Problem ehrlich gesagt auch noch keine Patentlösung gefunden. Aber ich denke, am besten flechtet man es entweder in eine Handlung ein wie im nächsten Satz, oder man widmet sich den Details so, dass sie wirkliche Schwere bekommen.

Beispiel: "Sie steckte in einer rosafarbenen Felljacke, die so aussah, als sei sie trotz ihrer Schrecklichkeit einmal teuer gewesen." – In so einem Satz steckt jetzt konsequenterweise eine Wertung der Figur drin. Dass sie eine Wertung vornimmt, weiß man als Leser ja bereits. Sonst hätte sie dieses Detail nicht erwähnt. Aber man muss auch wissen, welche Wertung. Du mutmaßt hier wohl, dass der Leser eh denkt, die Jacke sei hässlich oder trashig. Aber die Figur muss es denken, denn die Erzählerin kann die Jacke ja auch toll finden zu diesem frühen Zeitpunkt. Außerdem enthält der erweiterte Satz (als Beispiel) noch Backstory: "einmal teuer gewesen", das sagt trotz der Lakonie der Bemerkung etwas über die Figur und ihr Leben aus: Sie hat wohl jetzt kein Geld (mehr). Es wird eine Mini-Spannung geschaffen: Was da wohl passiert ist?

Mit Gel-benagelten Händen hielt sie Kassandra eine Flasche Asti Cinzano mit einer roten Schleife um den Hals hin.

Zwei Mal "mit" in einem Satz – unschön.

„Das ist aber nett. Kassandra“, sagte Kassandra und deutete auf das Mc-Donald’s-Namensschild auf ihrer Brust.

Unschön mit dem doppelten Kassandra.

„Was, wie diese Wahrsagerin da?! Du Arme.

Nur ein Satzzeichen – ist ja kein Comic ;-) Bei "Du Arme!" wieder ein Ausrufezeichen.

„Ja. Meine Eltern wollten mir etwas ganz Besonderes mitgeben.“

Madlen schüttelte den Kopf und lächelte. Für einen kurzen Moment sah Kassandra das Halteband ihrer Clip-Extensions.

„Diese Salzsäcke, und was man noch so macht, finde ich albern. Wer hat schon kein Salz beim Einzug? Außerdem wohnst du schon ne ganze Weile hier. Aber was zu Trinken, das braucht man doch immer. Oder?“ Madlen blickte auf die Flasche Astra, die Kassandra noch immer in der Hand hielt, blies die Backen auf und produzierte eine rosafarbene Kaugummiblase.


Scheint mir seltsam als Grund: Es geht doch nicht um praktischen Nutzen, sondern um Symbolik.

„Danke“, sagte Kassandra und sehnte sich nach ihrem Sitzsack.

Die Blase zerplatzte mit einem leisen Knall. „Bitte! Willst du mir mal deine Wohnung zeigen, oder wie?“


"Danke" und "Bitte" und "Hallo" etc sind genau diese Worte, die man besser aussortiert, so weit es geht, weil sie für diese holprigen Dialoge wie aus einem Schultheaterstück sorgen. Der Leser braucht solche Floskeln aus dem Sozialleben nicht zu lesen.

Das wollte sie nicht. „Komm‘ gerne rein“, sagte sie und drehte sich seitwärts.

Diesen Widerspruch musst du abfangen. Ein Erzähler ist ja dafür da, die Geschehnisse zu ordnen. Das heißt, er antizipiert Leserreaktion und fängt sie bei Bedarf ab. Da willst hier einen Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit zeigen, aber du stellst dem Leser nur ein Bein, da erst A gesagt wird und dann Nicht-A. Kann man machen, aber dann muss der Grund gewichtig sein. Hier liegt aber kein gewichtiger Grund vor:

Dass Kassandra genervt ist, wissen wir schon durch die Erwähnung des Sitzsackes. Es ist keine neue und im Übrigen auch keine so wichtige Information. Ergo rechtfertigt sie ein Stocken im Lesefluss nicht.

„Wie kannst du mit so wenigen Möbeln leben?“

Ich plane weder große Empfänge, noch bin ich auf irgendeinen Besucher eingestellt, und das ist Absicht, dachte Kassandra. „Ich habe viel verkauft, nach dem Tod meiner Eltern hält mich hier nichts mehr. Es ist eine Übergangslösung“, sagte sie.


[Dieser Kommentar bezieht sich auf die erste Version des Textes und passt darum nur noch teilweise]

Du scheinst es anders zu sehen, weil du ja "ein Geheimnis um die Figuren schaffen willst", aber ich denke nach wie vor, dass hier Kontext her sollte. Je früher der Leser das Setting und in diesem Fall ja auch den Konflikt kennt, desto besser. Genau das zieht ihn rein.

Wieder ist das hier als Info nicht krass genug, um für die von dir beabsichtigte Wirkung zu sorgen: Die Info "Möbel wurden schon verkauft" ist unterm Strich banal – sie erzeugt nicht den starken Wunsch zu wissen: Warum in Herrgotts Namen verkauft jemand seine Möbel? Erfährt der Leser hingegen an dieser Stelle, dass Kassandra auf dem Sprung ist auszuwandern, rundet sich das Setting ab. Der Leser kann sich einrichten und versteht, warum Kassandra die Beziehung abblocken will. Er wird sich in der Folge fragen: Bleibt es dabei? Das ist eine komplexere Art von Spannung als die Frage, warum jemand, den man noch gar nicht kennt, Möbel verkauft.

„Aber dein Sofa sieht bequem aus!“ Madlen drängte sich an ihr vorbei und hinterließ eine Wolke süßlich-scharfen Duftes, bog in die Kochnische ab und öffnete den Kühlschrank.

Ist generisch bis hin ins Abgegriffene.

Kassandra blieb der Mund offenstehen.

Ich weiß nicht: Ist Kassandra, die immerhin einen super-toughen Job bei McDo hat, Waise ist und auswandern will, so altmodisch-spießbürgerlich, dass sie nicht begreifen kann, wie jemand Abstand und Raum nicht respektiert? Doch machst die Figur hier unstimmig in meinen Augen. Sie müsste entweder cool reagieren und sich das Ganze mit einem schmunzelnden Auge ansehen. Oder sie müsste klar abweisend sein. Du machst sie aber schwach und passiv, was eben gar nicht zum Job passt, wo man ständig Dinge in die Hand nehmen muss und alles zweckmäßig-zack-zack ist. Würde dort ein Kunde hinter den Tresen gehen, wäre direkt die Hölle los.

„Für den Asti!“ erklärte Madlen und ließ das Innere des Kühlschrankes auf sich wirken. „Isst du gar nichts?“

„Ich esse bei der Arbeit. Ich arbeite bei McDonald’s.“ Kassandra wunderte sich, wie leicht es ihr über die Lippen kam. Seit dem Aus in der Immobilienfirma gab sie selbst nichts mehr auf gesellschaftlichen Status, doch war ihr bewusst, dass die meisten anderen kaum etwas Wichtigeres kannten. Madlen sah indes nicht danach aus.

„Ok. Ich liebe es!“ sagte sie tatsächlich, als sei es eine Ehre, einen ungelernten Job in der Gastronomie auszuüben, und vielleicht war es das auch. Madlen lachte, ein Zirkoniastein auf ihrem Eckzahn glitzerte. „Ich koche jeden Tag frisch. Mein Mann hat seine Ansprüche.“


Das ist genau so eine vor sich hinplätschernde Stelle. Dieser blöde Asti wird zum dritten Mal namentlich erwähnt, die Figuren sprechen irgendwie vor allem für den Leser, man weiß nicht, was das Ganze soll, denn wie gesagt: Wirklich grenzüberschreitend ist das Verhalten von Madlen nicht. Jemand geht in einer Wohnung zum Kühlschrank – OMG! ... Das ist wirklich so banal, wie es nur geht.

Mach dir bewusst, dass jeder Leser jedes Element deines Anfangs selbst kennt und erlebt und du ihm hier nichts erzählst, was besonders aussergewöhnlich und spannend ist. Das heißt, du müsstest diese im Grunde langweilige Alltagssituation, die ja in der Story auch nur den Boden für eine Geschichte über Zwischenmenschlichkeit schafft, so weit eindampfen, dass sie ein Setting schafft und dann endet: Rein in die Szene – ein, zwei Absätze, alles genau auf den Punkt – weiter im Text! Der Leser will nur wissen: Aha, etwas rätselhafte Frau wird von etwas verschrobener Nachbarin überrumpelt. Wie geht es weiter?

Für eine verheiratete Frau wirkte Madlen jung. Sie trug keinen Ring. Einen Moment lang blickte sie gedankenverloren in den Kühlschrank und stellte den Asti hinein. Dann nahm sie Kassandra mit neugewonnener Energie ins Visier. „Mein Mann arbeitet nachts. Vom Abendessen bleibt immer was übrig. Ich geb‘ dir was ab!“

Deine Erzählstimme ist zu unschlüssig, ob sie durch Handlung erzählen will – oder einfach nur erzählen. Wann du welche Info über Kontext und Figur gibst, ist irgendwie gar nicht aus dem Text heraus motiviert, folgt keiner Logik. Du musst aus den Augen der Figuren denken und schreiben – auch und gerade beim personalen Erzähler. Das heißt es gibt eine Ökonomie, eine Chronologie. Beides finde ich hier nicht wirklich vor. Der Erzähler springt hin und her, erwähnt mal Handlung, dann Äußerlichkeiten, dann kommt wieder Kontext, alles aufgehangen an dem plätschernden Dialog und der Nicht-Handlung.

„Das musst du nicht.“ Kassandra war entsetzt.

Zu starke Worte. Erneut: Kassandra ist doch keine völlig überforderte, naive Frau ohne Sozialkompetenz und Lebenserfahrung. Oder? Wenn doch, dann fügt sich hier vieles nicht zusammen s. o.


Ein unruhiges Gefühl beschlich sie, wie es ihr Onkel Bernhard beschrieben hatte, bevor er den letzten Trickbetrüger, der ihm ans Vermögen wollte, der Polizei gemeldet hatte.
„Du hast keinen Mann!“ Es klang beschwingt.
„Woher weißt du das?“ Der Kühlschrank begann, zu piepen.

Ich bin mir nicht sicher, ob du überhaupt in die humoristische Richtung willst, aber ich vermute es. Dann musst du zwei, drei Schippen drauflegen und mit Übertreibungen, ungewöhnlichen Vergleichen etc. arbeiten. Du willst hier schildern, so glaube ich, dass Madlen dermaßen im Moment und Gelaber ist, dass sie den Kühlschrank vergisst.

Aber ist das für den Leser spannend? Nein, denn es fehlt der Bezug auf Kassandra. Was löst das Piepen und die Gesamtsituation in ihr aus? Angst, dass etwas abtaut und dass ihr neurotisches Haushaltssystem durcheinanderkommt? So wirkt sie nicht. Genervtsein, weil ihr das Piepen deutlich macht, wie lange sie schon in der Situation gefangen ist? Wohl eher.

Aber in diesem Fall ist ihr Leiden nicht klar genug bzw. nicht konsistent genug: Sie unternimmt ja keinerlei Abwehrversuche. Ein mögliches Verhalten, aber dann muss sie aus irgendeinem Grund einen inneren Kampf austragen, den der Leser miterlebt.

Momentan passiert wirklich nichts Dramatisches in der Szene, was irgendwie emotional aufhorchen lässt. Eine Figur macht Konversation, ohne wirklich Lust drauf zu haben. So geht es uns allen den halben Tag. Das ist kein Konflikt mit Tragweite. Man schreibt ja auch nicht darüber, wie man an der Supermarktkasse warten muss oder im Stau steht. Kann einem den Tag vermiesen, aber ist allen Lesern selbst bekannt.

Die Überrumpelung muss handfestere, humoristischere Konsequenzen haben. Beispiel: Auf dem Couchtisch oder sonstwo liegt noch Kassandras Vibrator herum, was ihr an der Tür nur allzu bewusst ist. Darum darf Madlen nicht reinkommen, tut es aber trotzdem. Sie versucht, die Situation zu retten, scheitert aber. Madlens Reaktion ist indes unerwartet und die Spannung löst sich.

Irgendwie so was ... Du brauchst eine Situation mit irgendeiner Form von objektiver, emotionaler Tragweite, Risiko, Scham, was auch immer. Sonst bleibt es so plätschernd.

Kassandras Fluchtinstinkt machte einem Gefühl von Beleidigung Platz.

„Ich hab‘ deinen Einzug beobachtet“, sagte Madlen ungerührt. „Keinen Mann haben ist super, aber dann kocht man nicht, oder? Ich hab‘ einen, und was abzugeben.“


Irgendwie erklären die Figuren die Geschichte für den Leser. Mir kommt es nicht so vor, als würde ich zwei realen Personen beim Reden zuhören, sondern dir beim Ausformulieren deiner Idee.

Mit anderen Worten: Du willst deinen Plot zu direkt an den Mann bringen, anstatt ihm Raum zu geben – was wiederum im aktuellen Fall das Problem verschärfen würde, dass in der Grundanlage des Textes Spannung fehlt. Ich meine der Plot ist ja eigentlich simple as it gets: Nach anfänglichem Beschnuppern freunden sich zwei ungleiche Frauen an und am Ende stirbt die eine.

Wo ist hier eigentlich der Konflikt? Äußerlich ist er schon mal gänzlich absent. Und innerlich, für die Figur Kassandra? – Eigentlich auch nicht wirklich gegeben im aktuellen Text. Sie will auswandern, aber vorher taucht noch jemand auf, der eine Freundin werden könnte. Na, und? Schreibt man sich halt und fährt zu Besuch.

Der Konflikt, auf den du hinaus willst, ist, dass Kassandra sich bereits von ihrer Heimat gelöst hat, und nun doch noch eine Bindung eingeht, die wiederum unerwartet eine moralische Pflicht zur Fürsorge beinhaltet, weil Madlen ein Opfer häuslicher Gewalt ist. Das sind also die Elemente, die der Text stärken muss:

Spanien muss zum Reiz werden, zum Paradies, das nur noch kurz auf sich warten lässt. Damit Spanien zum Paradies wird, muss Deutschland zur Hölle werden. Der Job bei McDonald's muss anstrengend und auch sonst scheiße sein, die leere Wohnung nervtötend unpraktisch, die tote Familie muss eine leere Wüste hinterlassen haben, der Onkel ein Scheusal sein, dem man auch den Tod an den Hals wünscht, in Spanien müssen Freunde warten und eine attraktive Arbeit und was nicht alles. Kurz: Kassandra und der Leser warten nur darauf, dass es endlich losgeht.

Dann taucht Madlen auf und wir sind mit Kassandra genervt von dieser penetranten, distanzlosen Figur, die nur weiteren Ärger bedeutet. Aber zu unserer eigenen Überraschung erkennen wir gemeinsam mit Kassandra, dass hinter der Nervensäge eine sensible, geschundene Frau steht. Wir entwickeln Empathie, aber genau in diesem Moment enthält die Abreise nach Spanien ein nahendes Datum. Der Konflikt spitzt sich zu und wird umgehend noch weiter verschärft:

Madlen verschwindet! Kassandra hat eigentlich keine Zeit, sie zu suchen oder überhaupt nur an sie zu denken, denn sie muss nun doch noch tausend Dinge erledigen, was ihr Schuldgefühle und Sorgen beschert.

Am letzten Tag vor der Abreise taucht Madlen mit blauem Auge wieder auf. Kassandra entscheidet aus einem tief menschlichen Impuls heraus, sie nach Spanien mitzunehmen, weil sie erkennt, was ihr diese Freundschaft bedeutet hat, und Madlen stimmt zu. Es sieht nach Happy End aus. Dann passiert die Tragödie, Madlen stirbt auf Grund von Ereignissen, die, wie wir jetzt sehen, sich ganz am Anfang schon angekündigt hatten.

DAS wäre dein Plot! Bei dir hingegen gibt es keine Fallhöhe für Kassandra: Sie hat sich in ihrem Leben eingerichtet und eigentlich läuft alles ganz gut. Spanien wartet zwar, aber es kann auch warten. Vor diesem Hintergrund ist Madlen keine Störung, die in einem überraschenden Umschwung zur Bereicherung wird, sie ist ein kontingentes Element, das für eine ganz angenehme Veränderung sorgt, die eben eigentlich keine objektiv negativen Konsequenzen hat.

Die eigentlich Brisanz schaffende Tatsache, dass Madlen von ihrem Mann geschlagen wird, hat auch im Grunde keinerlei Auswirkungen auf deinen Plot, da Kassandra das Thema aus Höflichkeit verschweigt und nicht mit sich darum ringt, ob und wie sie helfen kann. Auch das ist eine vergebene Chance, einen relevanten Konflikt zu schaffen.

Freundliche Grüsse

Henry

 

Hallo @Pazifik ,
ich habe die Story von den beiden Freundinnen gern gelesen. Um die Sache aufzulösen, musstes Du wohl ein betrübliches Ende anfügen, da die Beiden zu unterschiedlich sind, um auf Dauer befreundet zu bleiben. Vielleicht ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, diese merkwürdige Zweierbeziehung. Aber sehr interessant. Hast Du mal gelesen: Sara Gmuer: Achtzehnter Stock. Da geht es auch um die Freundschaft zwischen scheinbar total unterschiedlichen weiblichen Wesen. Ihr Haus ist übrigens hier gleich in der Nähe. ich finde die Story hat Potential. Normalerweise wäre alles mit einem Riesenstreit geendet. So kenne ich das von Freundinnen. Die beiden Damen kennen sich in Wirklichkeit gar nicht. Das ist ja auch der Trick bei der Geschichte. Gleichzeitig auch die Ursache für Mängel. Trotzdem. Sehr flüssig geschrieben.
Gruß FK

 

Hallo Henry,

gerade habe ich eine erneute Überarbeitung hereingestellt, die sich auf Beschreibungen, Adjektive, einen Teil der wörtlichen Rede bezieht. Die aus Deiner Sicht monierten Mängel an Backstory, die Passivität der Heldin und ihre nicht ausreichende Motivation für den ganzen Plot bin ich (bisher) nicht angegangen.

Viele Grüße von Pazifik!

 


Hallo, Erdbeerschorsch!

Ein schöner Name, übrigens!

es ist ein bisschen faul, aber ich würde mich schon gerne @H. Kopper anschließen. Ich denke, dein Text kann duch großzügige Streichungen ordentlich gewinnen. Man muss nicht immer alles genau wissen, finde ich.
Das verstehe ich nicht ganz, denn H. Kopper sagt ja eher das Gegenteil. Er moniert genau den Mangel an Backstory und Motivation und sagt, meine Auslassungen (in meiner ersten Version) regten nicht zum Nachdenken an, sondern seien dilettantisch. Die Auslassungen in Henrys Sinn aufzufüllen, würde viele Zeilen addieren. Ich schließe mich momentan deiner Ansicht an, man müsse nicht immer alles ganz genau wissen. Die Geschichte ist aber ein work in progress!
Inzwischen habe ich Adjektive und eher künstliche Einschübe (kleine Infodumps), die ich nur auf Anraten eingefügt hatte, wieder gestrichen.
Aber was genau meinst Du, was man in dieser Geschichte nicht ganz genau wissen muss?

Gewissenhaftigkeit zahlt sich da nicht aus. Ich nehme mal halbwegs willkürlich eine Stelle als Beispiel:
Kassandras erster Gedanke galt ihren Dokumenten, die sie glücklicherweise in einem Bankschließfach deponiert hatte.
Die Dokumente sind also sicher, Kassandra weiß das, das heißt, der flüchtige Gedanke ist eigentlich nicht interessant - er bringt die Handlung nicht vorwärts und bringt auch kein wesentliches chrakterisierendes Element mit.

Die Dokumente habe ich zu dem Zweck erwähnt, Kassandra charakterlich ambivalent dastehen zu lassen: Sie denkt nicht als erstes an ihre Freundin, sondern an ihre eigene Schadensbegrenzung. Dafür schämt sie sich auch (für sie eine Weiterentwicklung) aber so ist es nun mal in ihrem Inneren. Wenn ich die Dokumente weglasse, und nur schreibe, "Erst ihr zweiter Gedanke galt Madlen", würde ich mich als Leser fragen, woran sie als erstes gedacht hat.

Weil ich im Prinzip wenig Neues beizutragen habe, greife ich mir mal nur die Stellen raus, an denen ich besonders hängen geblieben bin:

Die Gestalt mahlte mit den Kiefern. Ihre Hand zuckte auf der Klinke.
-- hier habe ich beim ersten Lesen automatisch gedacht, es ist die Hand der Gestalt - und beim zweiten Lesen auch noch. Es hat nicht so richtig zusammengepasst, aber das ist das, was für mich dasteht. Erst dann ist mir aufgefallen, dass es wahrscheinlich andersrum gemeint ist. Also lieber noch mal den Namen hinschreiben (es sei denn, es ist doch die Gestalt, und ich kann es mir nur nicht richtig vorstellen).

Dann das:

Für eine verheiratete Frau wirkte Madlen jung.
-- man kann natürlich zwei oder dreimal heiraten, aber sonst ist es nicht so ungewöhnlich, bei der Hochzeit jung zu sein. Sicher, wenn sie, sagen wir mal, 22 ist, fänd ich das für eine verheiratete Frau schon auch jung, aber ist sie das? Immerhin hat sie schon als Anwaltsgehilfin gearbeitet. Vor allem aber: Wenn sie 22 ist, ist sie nicht für eine verheiratete Frau jung, sondern sie ist halt einfach so jung. Wenn sie dagegen 32 ist, ist sie immer noch jung, aber nicht gerade auffallend jung für eine verheiratete Frau. Kurz gesagt: Hochzeit mit hohem Alter in Verbindung zu bringen, find ich etwas schräg.
Das stimmt, ich habe das entfernt! Statistisch gesehen beträgt das Durchschnittsalter deutscher Frauen bei der Hochzeit übrigens 32,5 Jahre.

Und schließlich meine Lieblingsstelle:

Eines Tages würde ich gerne Chefin in einem Frauenhaus sein. Wie Puffmutter, nur umgekehrt, weißt du?“ „Ja.“
das find ich gut, weil es erstens eine lustige Idee ist und zweitens an der Stelle der Dialog nicht unbedigt die gängigsten Erwartungen erfüllt - mit diesem lakonischen "ja", so als wäre "Weißt du" hier eine echte Frage. Da schwingt mal ein bisschen was Unausgesprochenes mit, finde ich. Das hat mir gefallen.
Danke, das freut mich :-)
Besten Gruß
erdbeerschorsch

Grüße auch an Dich von Pazifik!

 

Hallo Frieda,

Hallo @Pazifik ,
ich habe die Story von den beiden Freundinnen gern gelesen.
Danke, das freut mich total!
Um die Sache aufzulösen, musstes Du wohl ein betrübliches Ende anfügen, da die Beiden zu unterschiedlich sind, um auf Dauer befreundet zu bleiben. Vielleicht ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, diese merkwürdige Zweierbeziehung. Aber sehr interessant.
Ja, genau! Das Verrückte ist, die Beiden gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich könnte Madlen für eine Sequel wieder auferstehen lassen :D Aber das geht in meinem Genre leider nicht.
Hast Du mal gelesen: Sara Gmuer: Achtzehnter Stock. Da geht es auch um die Freundschaft zwischen scheinbar total unterschiedlichen weiblichen Wesen.
Nein, diese Autorin kenne ich nicht, schaue ich mir gleich mal an!
Ihr Haus ist übrigens hier gleich in der Nähe. ich finde die Story hat Potential. Normalerweise wäre alles mit einem Riesenstreit geendet. So kenne ich das von Freundinnen. Die beiden Damen kennen sich in Wirklichkeit gar nicht. Das ist ja auch der Trick bei der Geschichte. Gleichzeitig auch die Ursache für Mängel.
Richtig, da komme ich nur schwer raus.
Trotzdem. Sehr flüssig geschrieben.
Ach was, das finde ich gaaaar nicht mehr, aber danke, danke trotzdem, Frieda! Ich ändere vor und zurück und hin und her und weiß gar nicht mehr, welche Versionen ich nun stilistisch schrecklicher finde. Aber hinter dem Gerüst stehe ich noch.

Man liest sich :-)

Viele Grüße von Pazifik

 

Hallo @Pazifik ,
noch ein Tipp. Frauenfreundschaften sind der absolute Bringer im Literaturbetrieb. Beispiel: Elena Ferrante mit "Meine geniale Freundin". Ich finde das gar nicht so gut, habe mir aber ein paar Lesungen im Radio davon angehört. Ich selber habe meinen Augen nicht getraut, als ich bei Leselupe mit meiner Geschichte "Friends", die von danebengegangenen Freundschaften zwischen weiblichen Wesen handelt, schon nach ein paar Tagen tausend Aufrufe hatte.
So stark fand ich die Story gar nicht, aber da merkt man doch, das Thema interessiert. Bei der Ferrante verstehe ich wirklich nicht die euphorischen Kritiken bei Amazon.

Wir Frauen kommen nicht so richtig aus unseren Startlöchern raus, trauen uns nichts. Vielversprechend als Mädchen, später kommt nichts. Von den paar Frauen, die Bedeutung haben in der Literatur, lese ich immer mit Schrecken, dass sie Lesben gewesen sind. Wogegen ich nichts habe, aber ich weiß natürlich, dass sich viele von ihnen - meine Freundin auch - eigentlich als Mann verstehen. Bei uns weiblichen Heten ist noch viel Luft nach oben.
Gruß Frieda

 

Hallo Frieda!

off topic:
Was Du sagst, war mir gar nicht bewusst, obgleich ich sehr viel Literatur von Frauen lese.

Bei uns weiblichen Heten ist noch viel Luft nach oben.
Aber Luft nach oben ist noch reichlich vorhanden, richtig. Die (heteronormative) weibliche Sozialisation fördert es noch immer nicht, für sich einzustehen und somit etwas auszusprechen. Aber es wird besser.
Den Hype um Elena Ferrante habe ich geteilt und alles von ihr gelesen, nicht nur die "Geniale Freundin"-Trilogie. Sie schreibt m. E. fantastisch. Viele sprachen von ihrer "wütenden Stimme", zu recht. Und sie hat Italien im späten 20. Jahrhundert ein Denkmal gesetzt. In ihren anderen Romanen "spricht" sie leiser.
Meine Favoriten und eine Empfehlung: "Tage des Verlassenwerdens" und "Lästige Liebe". Beide kurz.
Kennst Du Nicola Karlsson: "Licht über dem Wedding?" Vielleicht wäre das etwas für Dich.

Über heteronormative weibliche Erziehung und eine Gewaltbeziehung in den Nullerjahren schreibt auch:
Ruth-Maria Thomas: "Die schönste Version", ein fantastisches Debüt einer jungen Autorin.

"Achtzehnter Stock" schiebe ich jetzt zwischen in meinem Lektüreplan.

Viele Grüße von Pazifik!

 

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