Mitglied
- Beitritt
- 28.06.2003
- Beiträge
- 23
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 12
Make-a-Lilly in: Die Dreckigen Dreizehn
Make-a-Lilly in:
Die Dreckigen Dreizehn - Nepper, Rapper, Bauernlümmel
Make-a-Lilly stand sich in einer Art Spiegel gegenüber. Er sah nicht schlecht aus in seinem blauen Gewand mit den vielen weißen Streifen, die alle vor seiner Brust zusammenliefen. Ein schwarzer Schnauzbart zierte die Nasenunterkante und verlieh dem zart-blassen Gesicht einen Hauch von Alter. Tiefe Gruben klafften quer über die Stirn und drückten Bedenken und Sorge über Vergangenes und, mehr noch, Gegenwärtiges aus.
Denn Make-a-Lilly stand nicht aus freien Stücken hier am Spiegelteich im Wald-der-tausend-Tiere. Ein Preisausschreiben hatte den reisenden Glücksritter ins Gehölz gelockt. Dort nun sah sich Make-a-Lilly einer schrecklichen Bärenfalle ausgesetzt, die ihn finster anstarrte und ihm jeden Fluchtweg abschnitt. Mit dem Rücken zum Teich wurde "MaL", wie ihn seine Freunde nannten, zusehends nervös. Dicke Schweißtropfen sammelten sich in den Sorgenschluchten und liefen als kleiner Fluss über ein Kanalsystem an den Seiten der Stirn auf die Schultern.
MaL blickte nach hinten und schätzte die Tiefe des Gewässers, was ziemlich schwierig war, weil riesige Krakenarme das Wasser aufwühlten und die Sicht zum Grund behindert wurde. Hier war guter Rat teuer, wenn nicht sogar unbezahlbar. Leicht desillusioniert setzte sich Make-a-Lilly auf ein paar Gänseblümchen und verfiel in Melancholie. Mit geschlossenen Augen summte er ein altes Schlaflied, das ihm seine Patentante früher vorgesungen hatte, um den hektisch-aufgedrehten Jungen zu beruhigen.
Die Bärenfalle, zunächst aggressiv, wurde nun stiller, stiller, still. Mit einem leisen Pfeifton schlief sie zu Make-a-Lillys Füßen friedlich ein.
MaL öffnete die Augenlider und musterte die böse Bärenfalle argwöhnisch. Es konnte ein Trick sein. Vorsichtig, ganz langsam, setzte der mittelalte Mann einen Fuß neben den anderen und wich seitlich von der Falle fort.
Puh, das war geschafft! So ähnlich musste sich eine Gans im Brunnen fühlen, schoss es Make-a-Lilly durch den Kopf.
Der graue Geier, der sich mitten auf der Lichtung als Krähe getarnt hatte, beobachtete den Bärenfallenbändiger mit gierig-schwarzen Augen.
So eine fiese Falle, das hätten sich die Leute vom Preisausschreiben doch denken müssen! Make-a-Lilly war sichtlich verärgert. Der Wald hieß ja nicht kostenlos Wald-der-tausend-tollen-Tiere. Sowas gefährliches aber auch! Wie lange sollte der Gewinner denn bitte beim Spiegelteich warten? Unkonkret bis zum geht nicht mehr! Zwei Bäume zu Make-a-Lillys Rechten flatterte was. Durch eine Drehung des Hauptes kam es in sein Gesichtsfeld. Es handelte sich bei dem Flattermann um eine schriftliche Warnung, die sehr sparsam an einem Nagel hing und sich bemühte, Freiheit zu erlangen.
Make-a-Lilly sah sich das aus der Nähe an und seinen neugierigen Augen entging nicht die Überschrift: "Gesucht! Die Dreckigen Dreizehn treiben Unfug und begehen Blödsinn! Achten Sie verstärkt auf falsche Gewinnausspielungen und lassen Sie sich keine als orientalische Katzen verkleidete Frettchen andrehen!"
"Verdammt!" Make-a-Lilly sah auf die Instant-Perserkatze in seinem Arm hinunter, die bei der Gewinnbenachrichtigung als Anlage dabei gewesen war. Sie röchelte und ließ keinen Zweifel mehr am Betrug aufkommen, dem MaL aufgesessen war. Er ließ den falschen Haustiger los und das Frettchen verlor beim Wegwieseln ein paar Haare und den buschigen Schwanz, der ihm aufgeklebt worden war.
So ein Skandal! Gegen diese Dreckigen Dreizehn musste etwas getan werden, entschied Make-a-Lilly. Weil er sich nicht anders zu helfen wusste, hob MaL einen Stein vom Boden auf und warf ihn nach der großen Krähe, die ihn schräg von der Seite anstarrte. "Doofer Glotzvogel", rief Make-a-Lilly. Aufgescheucht flog der Geier fort und ward nicht mehr gesehen.
Irgendeine Schwachstelle musste diese gemeine Bande von Bauernfängern doch haben. Nachdenklich und den Schnäuzer kratzend machte sich Make-a-Lilly auf den Weg-der-Lösung, der ihn tiefer in den Wald führte...
Am Forest Service Point angekommen, erkundigte sich Make-a-Lilly nach der Bande. "Freaks, wie diese Dreckigen Dreizehn verstecken sich für gewöhnlich in finsteren Spelunken oder in Wäldern, wie diesem hier", war die freundliche Auskunft einer Angestellten. "Allerdings ist es eine Geheimaddresse, sie steht auch nicht im Telefonbuch und es verstößt gegen das Datenschutzgesetz diese einer unbefugten Person mitzuteilen."
Make-a-Lilly schaute sehr unbefugt drein und bekam konsequenterweise auch keine Addresse. Nichtsdestotrotz mietete er sich ein Effel und setzte seinen Weg in Richtung tiefe Finsternis des Waldes-der-tausend-Tiere fort. Unterwegs begegnete Make-a-Lilly einigen Reisenden und Händlern, die sich beeilten, den Wald mit seinen vielen Tieren zu durchqueren. Eine Händlerin namens Rôbin fiel Make-a-Lilly besonders auf. Sie bot zwei in Holzkisten eingesperrte siamesische Katzen (Sunny und Yoko) zu Spottpreisen an. Hätte er es nicht so eilig gehabt, die Betrüger zu finden, dann hätte sich Make-a-Lilly die Katzen mal näher angesehen. So war aber keine Zeit und er trieb sein Effel zur Höchstleistung, worauf dieses schneller schwankte.
Nach einer ungenauen Zeitspanne fand sich Make-a-Lilly an einer Weggabelung wieder. Er zügelte das Effel und sah sich um. Rechterdings saß ein Mann mit großem Hut am Wegesrand und beugte sich tief nach unten, wodurch sein Gesicht nur erraten werden konnte. Make-a-Lilly stellte sich eine hässliche Ork-Fresse vor oder ein Schwein. Plötzlich sah der Mann auf und er hatte ein ganz normales menschliches Gesicht. "Hallo", rief er, was Make-a-Lilly zusammenzucken lies. Misstrauisch saß er auf dem Effel, bereit, dem Tier die Sporen zu geben. "Mein Name ist Zaideny, du kannst mich aber auch Simon Sägebart nennen. Ich sitze hier auf exquisitem Gras, einer Art natürlichem Kissen. Ich kann es dir für einen kleinen Obulus gerne ausleihen, wenn du magst. Wie war noch gleich dein Name?", fragte Zaideny mit fragendem Blick und fragendem Gesicht. "Ich bin Make-a-Lilly und wenn du mir zu nahe kommst, rennt das Effel mit mir fort!", rief MaL zu dem Mann, der einen Meter neben ihm saß. "Ich suche die Dreckigen Dreizehn. Diese Halunken betrügen, bis die Schwarte kracht, das muss aufhören!" Zaideny stutzte, dann nahm er zwei Finger in den Mund und ahmte den Schrei eines Löwen nach. Sodann kamen zwei Frauen aus den Büschen links von Make-a-Lilly gesprungen. "Lena, Vivian! Packt euch den Kerl!", rief Zaideny und erhob sich gemächlich. Make-a-Lilly, einen Moment starr vor Schreck, trat das Effel ziemlich grob in die Seite, worauf dieses ein typisches Blöken von sich gab und losschaukelte. Nach kurzer Zeit waren Lena und Vivian nicht mehr zu hören. Knappe Geschichte und weiter ging's.
So traf Make-a-Lilly nach und nach weitere wunderliche Gestalten:
Astrid, die statt Rodeoreiten einen Astritt anbot,
Hagen-Amadeus, der Steinblasinstrumente verkaufte,
Holker, einen falschen Hasen,
Osram, der Kerzen ohne Docht feilbot,
Knut, der Braunbären weiß anmalte und laut verkündete, sie kämen aus dem Eisland,
Charly, der Reisende beim gezinkten Doppelkopfspiel hereinlegte,
Balzeretti, einen Quacksalber, der seine "Wundertinkturen" mit Abführmitteln versetzte,
Yvonné, die Hungrige zum Wettessen einlud und die Gemästeten anschließend ausraubte,
Steffi, die gefälschte Karten für das Forest Tennis Open (FTO) verkaufte.
Nach etlichen Tagen hatte Make-a-Lilly immer noch keinen brauchbaren Hinweis auf den Verbleib der Dreckigen Dreizehn. Total deprimiert machte er auf einer Lichtung Rast und erfrischte sich am Teich. Wie er sich so im Teich betrachtete, hatte Make-a-Lilly plötzlich ein déjà vu. Das stehende Gewässer kam ihm seltsam bekannt vor, genau wie der flatternde Zettel an dem Baum dort drüben und die zu groß geratene Krähe in der Mitte der Lichtung. Es wollte ihm einfach nicht einfallen, woran ihn diese Dinge erinnerten und so setzte sich Make-a-Lilly mit einigem Abstand zu einer Bärenfalle, die nach Libellen schnappte, ins Gras, um sich auszuruhen. Das Effel wurde in der Zwischenzeit von einigen Krakenarmen ins Gewässer gezerrt und blökte wie wild. Make-a-Lilly war jetzt nicht zu Störungen aufgelegt und ignorierte das Tier, das wohl Hunger hatte oder so.
Was ihn störte, war allerdings der Vogel, der ihn beobachtete. Was für eine hässliche Krähe, dachte Make-a-Lilly und wollte gerade einen Stein nach dem Vogel werfen, als dieser anfing zu sprechen.
"So sieht man sich wieder, Reisender! Ich habe dich nun einige Tage beobachtet und musste feststellen, dass du meinen Leuten überall im Wald nachstellst. Sie sind völlig verunsichert und heulen mir die ganze Zeit die Ohren voll."
Make-a-Lilly erstarrte mit dem Kiesel in der Hand und wollte seinen Ohren nicht trauen. Woher kam diese Stimme? Der hässliche Vogel versperrte die Sicht auf die andere Seite der Lichtung. Dort musste jemand stehen.
"Du siehst nicht gerade überrascht aus. Offenbar hast du eins und eins zusammengezählt und bist zu dem richtigen Schluss gekommen", sagte der graue Geier, der nun mit einem gewissen Respekt sprach. Make-a-Lilly konnte den Mann, der da sprach, immer noch nicht entdecken, sah sich aber weiterhin vorsichtig um.
"So hast du mich nun entlarvt.Ich bin Gido Geier, der Anführer der Dreckigen Dreizehn, der schlimmsten Bande von Neppern, Rappern und Bauernlümmeln, die es weit und breit gibt!" Der Geier hatte bedeutungsschwer die Stimme gehoben, wodurch Make-a-Lilly ernsthaft nervös wurde. Wo versteckte sich der Kerl bloß? Wenn der blöde Vogel doch nur mal aus dem Weg gehen würde. Nun warf MaL doch den Stein nach Gido. Dieser war auf einen derartigen Blitzangriff nicht vorbereitet und wurde von dem Geschoss am Geierkopf getroffen. Benommen schwankte der große Bandenanführer über die Lichtung und ging nach ein paar Minuten bewusstlos zu Boden.
Make-a-Lilly suchte die Lichtung nach dem unsichtbaren Sprecher ab, fand jedoch nichts. "Fiese Fallen, hässliche Vögel, eine Betrügerbande, die es gar nicht gibt - wahrscheinlich haben sie keinen Anführer und sind deshalb so schlecht organisiert! - und nun irgendein Geisterphantomding, das mit mir spricht?! Jetzt reicht's, dieser Wald hat sie doch nicht mehr alle!" Nachdem Make-a-Lilly seinem Ärger Luft gemacht hatte, schritt er entschlossen auf die Lücke zwischen zwei Bäumen zu, über denen ein grünes Neonschild mit der Aufschrift "EXIT" angebracht war.