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Man lebt nur einmal!
Es war Dienstag Abend und ich ging so wie jeden Morgen nach einer harten und anstrengenden Nacht fast alleine durch die leeren Gassen Milpitas nach Hause in mein kleines Heim, wo meine Tochter bereits sehnlichst auf mich wartete.
Meine Beine fühlten sich so schwer an wie Blei und es machte mir Mühe meine Augen offen zu halten.
Meine Tochter Meredith und ich lebten zusammen in einem kleinen Appartement in der Linzstreet, nicht weit von der Brainbridge.
Es war bescheiden und klein aber etwas besseres hätten wir uns mit dem Geld, das ich verdiente, nicht leisten können.
Oft schlief ich bis in die späten Mittagsstunden um mich von der nächtlichen Anstrengung zu erholen.
Ich arbeitete jede Nacht, auch am Wochenende, im Puff "Cornblue" einige Straßen von zu Hause entfernt.
Wie immer schlug ich mich dort mit schweinischen Rentnern und Perverslingen herum, nicht nur im Bett, sondern auch auf der Bühne als Stripperin.
Meine Tochter und ich kannten uns kaum, denn viel bekam sie von mir nicht zu sehen und zu spüren.
Nachts schlief sie und ich war unterwegs und tagsüber schlief ich und sie ging , seit kurzem erst, zur Schule.
Selbst ihren ersten Schultag vor, damals, vier Wochen hatte ich verschlafen.
Ich denke sie kam mit der Zeit ganz gut damit klar, dass ich ihr nie eine gute Mutter war und es ihr auch nie hätte sein können.
Sie war zwar erst sechs aber alles andere als Kind.
Heute weiß ich, dass sie erwachsener und vernünftiger war, als ich es je hätte sein können.
Ich konnte sie im Grunde nicht ausstehen, denn immer wenn ich sie ansah, lief es mir kalt den Rücken herunter und Gefühle von Hass und Ekel überkamen mich.
Ich bekam es gerade so auf die Reihe ihr, nachdem sie um 16 Uhr von der Ganztagsschule kam, eine Kleinigkeit zu Kochen. Physisch ging es ihr ganz gut aber psychisch war sie ein Frack, genau wie ich. Nur gut, dass sie sich das nicht anmerken lies, denn Außenstehende glaubten in ihr das nette und brave Mädchen von Nebenan zu sehen.
Wie sie es schaffte diesen Schein zu Bewahren, weiß ich bis heute noch nicht.
Von mir erfuhr sie nämlich sicherlich nicht, was es hieß einen Menschen zu Lieben. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich selbst auch nie wirklich geliebt wurde. Ich bin im Heim aufgewachsen und genoss eine alles andere als wohltuende Erziehung.
Vielleicht hätte ich sie damals einfach dem Jugendamt überlassen sollen, dann hätte ich vielleicht ein Problem weniger gehabt, und sie wahrscheinlich auch.
Na ja, aber wie sagt man so schön:“ Man gewöhnt sich an alles!“
Wer meine wahre Geschichte nicht kennt, kann natürlich auch nicht verstehen wie ich mein eigenes Fleisch und Blut so lieblos behandeln konnte.
Das Waisenhaus in dem ich aufwuchs, war streng katholisch und wir bekamen von Kind an eingertrichtert, dass das Leben eines jeden Menschen das Wichtigste sein müsse.
Abtreibung wurde strengstens untersagt und Sex vor der Ehe: Mein Gott!
Heute treibt es mich in den Wahnsinn, wenn ich nur daran denke aber als Kind glaubt man Dinge, die man gesagt bekommt und sie prägen einen fürs ganze Leben.
Als meine Leiterin, eine der vielen Nonnen des Waisenhauses, eines Tages erfuhr, dass ich schwanger war, warf sie mich hochkannt hinaus.
Sie wusste jedoch nicht, dass Marydith das Ergebnis einer der für mich grässlichsten Nächte meines Lebens war.
Joey konnte damals einfach nicht seine dreckigen Finger von mir lassen. Genau heute vor 20 Jahren in einer der dunklen Gassen hier in der Umgebung geschah das Unmögliche.
Meredith wurde in dieser Nacht gezeugt, jedoch nicht aus Liebe, sondern aus dem Verlangen eines Schweines der sich in seiner Geilheit nicht zurückhalten konnte.
Meredith konnte natürlich nichts dafür aber wenn ich in ihre Augen sah, dachte ich in Seine zu blicken.
Seit diesem schrecklichen Vorfall konnte ich nie wieder einem Mann vertrauen. So machte ich mir die Männer zum Beruf, auch wenn es mich bei jeder Berührung schauderte. Mit der Zeit lernte ich damit umzugehen. Ich musste mir ja irgendwie ein paar Groschen dazu verdienen.
Jetzt sage ich, ich hätte sie besser abtreiben sollen, dann wäre uns beiden viel erspart geblieben. Ich gebar sie jedoch mit 16 Jahren und stand unter dem Einfluss der jahrelangen Erziehung der Waisentanten und wahrscheinlich konnte ich es deshalb nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.
Heute mit 34 Jahren, frage ich mich, wie manche Menschen behaupten können, Abtreibung sei Mord!
Ich glaube sie haben sich noch nicht wirklich mit dem Thema befasst, denn im Leben geht es nicht immer nur darum, was die Gesellschaft spricht und ob es ethisch und moralisch vertretbar ist.
Es geht um vielmehr als das, was andere sagen und denken.
Man lebt nur einmal und dieses Leben sollte man individuell so gestalten, wie es einem für richtig erscheint und so, dass man sich darin selbst wohl fühlt.
Nur schade, dass ich so alt werden musste um das zu begreifen.
Ich habe ein Menschenleben auf dem Gewissen. Ich trieb meine Tochter in den Wahnsinn, so weit, dass sie sich mit 18 Jahren ihr Leben nahm.