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Mars
Heute ist der 12. Februar 2160.
Das zehnte Kind ist geboren - wenn man es so nennen kann.
Das Verfahren sie zu clonen wird immer besser.
Die wenigen jungen Frauen in unserer Kolonie sind alle planmäßig schwanger.
Die Männer unter uns sind nicht mehr zeugungsfähig, schon lange nicht mehr.
Manchmal sehe ich durch das Bullauge auf die Erde. Blau und unberührt liegt sie da, wie ein Aquamarin auf schwarzen Samt. Doch niemand ist mehr da, der in ihren Ozeanen badet oder durch ihre Wälder streift. Wo einst Kinder auf den Wiesen spielten, schreiten jetzt gigantische Roboter durch die Landschaft, ausgestattet mit Hunderten Sensoren messen sie unermüdlich die Biosphäre, Flora und Fauna. Doch es wird noch Jahrhunderte dauern bis wir zurück können - zurück von diesem kargen roten Planeten, mit künstlicher Sonne und einem Dach aus Glas. Falls wir jemals zurück können.
Es war so Anfang des 21 Jahrhunderts. Kriege im Nahen- und Fernen Osten teilten die Welt. Die christlichen Supermächte verbreiteten ihre Auffassung von Freiheit mit Gewalt. Kommunistische-, Andersgläubige- und Entwicklungsländer taten sich zusammen. Schleichend, Stück für Stück entstand der dritte Weltkrieg. Perfekte konventionelle Waffen sorgten für den sogenannten sauberen Krieg. Kein Atomschlag, wie lange befürchtet, keine biologischen und chemischen Waffen waren es. Es war der Hass - der Hass in jedem Einzelnen. Friedensgespräche noch und nöcher verliefen im Sand.
Uneinigkeit, einst Garant für Ausgewogenheit, die Waagschale durch die Jahrhunderte von kleineren und größeren Auseinandersetzungen, zog immer weiter wachsende Paktstaaten nach sich. Die Uno, einst Hoffnung auf eine gemeinsame Weltordnung wurde übergangen. Nato, Warschauer Pakt, Nord-Südkonferenz, Ost-Westbündnis. Sie alle brachen auseinander oder verloren neu formiert das Ziel aus den Augen. Das Mittelmass für alle Menschen.
Als die Energiereserven gegen 2050 zu Ende gingen, entbrannte das Ringen nach Rohstoffen. Öl, Gas, sogar um die letzten Holzreservoirs im Amazonas und Zentralafrika wurde gekämpft. Derweil forschten geheime Labore nach immer effektiveren Methoden der Vernichtung. Die Gesichter des Todes wandelten sich, der Tod selber nicht. Die Bilder von bis zur Unkenntlichkeit entstellten Kindern, Frauen und Männern waren so alltäglich wie der Wetterbericht geworden.
Zu jenem Zeitpunkt muß es geschehen sein, niemand weiß wie es passierte oder wann genau. Manchen sagten es war Gott, der es nicht mehr ertragen konnte zuzusehen, wie sie sich die Menschheit mit allem um sie herum selbst zerstörten. Es fing langsam an. Frauen bekamen keine Babies mehr. So sehr sich Paare auch mühten, nichts half. Und alle Forschung nach den Ursachen blieben ohne Erfolg. Millionen Männer waren in den Kriegen gefallen, der Rest unfruchtbar. Ebenso die Tiere. Die Auswirkungen waren fatal. Nachdem kurzen Übergang in dem alle genug Nahrung hatten, vergreiste die Menschheit. Dann hungerte sie. Auf Hundert alte Menschen kam ein Junger. Weibliche Babies verschwanden plötzlich. Sie waren wertvoll. Die Oberschicht kaufte sie. Forschungslabore der Regierungen ließen schon Schwangere entführen, um sie nach der Niederkunft irgendwo auszusetzen.
Die Kriege ebbten ab. Die Dezimierung der Weltbevölkerung nicht. Im Jahre 2005 waren es 6.426.360.397. Wir sind der Rest. Siebenundachtzig Männer, einhundertvierzehn Frauen, davon die Hälfte über sechzig und zehn Kinder im Alter zwischen null und zwei Jahren. Kurz vor dem Ende entdeckte man eine Methode mit der das Clonen in der Schwerelosigkeit funktionierte und man sandte uns hierher.
Die Kinder, alle sind hier geboren, wissen nicht wie es ist mit nackten Füssen über eine Wiese zu gehen, eine Biene beim Nektarsammeln zu beobachten oder wie es sich anfühlt in einen frisch gepflückten Apfel zu beißen. Doch eins, dass lernen sie. Nichts ist so wertvoll und wichtig wie das Leben selbst. Heute war ein guter Tag.