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- 21.02.2006
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Mathilde
Karbolmaus? Mathilde kennt das Wort nicht! Flure grau, Licht wirft gezackte Schatten ab. Bohnerwachsgeruch, Uringestank, Taubenschiss.
Mathilde klebt, Gestank schlägt halbtot. Mutter wartet schon. Vorwurfsvolle Blicke streifen, hängen wie Schleim am Merino–Pullover, tropfen zäh herunter, verweilen in der Luft, zerrinnen am Boden zu wabbelnden Glucksern.
Füße sind kalt, Füße laufen über den braunen Schaum der Kuckucksuhr hinüber
zum Wunderbaum.
Nichts keimte hier, sondern weit fort, dort wo die Männer mit runden Augen die Zeit abwiegen, sekundenweise verpacken in knisterndes, klatschmohnrotes Cellophanpapier.
Mathildes Muschel auf den Teppich, lauscht. Rote Kringel kringeln, tanzen, Bücherwurm nagt.
Keiner sieht es, nur Mathilde. Onkel Otto nicht, Tante Frieda schon gar nicht.
„Wo bist du? Trunken dämmert die Seele mir
Von aller deiner Wonne, denn eben ist’s,
dass ich gelauscht, wie goldner Töne
voll, der entzückende Sonnenjüngling.“
Rotierende weiße Gestalten streifen durch Zeit und Raum, Kassandras Ruf ignorierend.
Vergeblich!
Schiedsrichter pfeift ab, keine Verlängerung mehr. Stundenglas.
Schwarze Schemen. Verzinkte Gehäuse. Glockengeläut.