Maus
„Maus? Maus... Komm doch mal her.“
Nika hasste es wenn er sie so nannte. Dieser Unterton in seiner Stimme ließ sie, wie so oft, zittern und hoffen, dass es nicht wieder in einen seiner „kleinen“ Wutausbrüche enden würde. Langsam ging sie die Treppe herunter, in die Richtung, aus der sie seine Stimme vermutete. Als sie ihn, den Blick aus dem Fenster gerichtet und mit dem Rücken zur Tür stehend, im Wohnzimmer sah, wäre sie am liebsten umgekehrt und wollte sich nur noch in ihrem Schlafzimmer verkriechen. Langsam ging sie näher. Die Tür war nur noch wenige Meter entfernt. Sie merkte wie ihre Knie weich wie Butter wurden.
„Was ist denn?“ , fragte sie vorsichtig.
Keine Reaktion.
Keine Reaktion war für Nika die eindeutigste Reaktion. Immer wenn er sie anschwieg, wusste sie, dass wieder etwas Schreckliches auf sie zukommen würde.
Jetzt war sie an der Tür angekommen und konnte den kompletten Raum überblicken. Ein Mann, den sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte, saß auf dem Sofa und grinste sie breit an. Er, noch immer am Fenster stehend, drehte sich langsam zur Tür und sah sie lange an. Dieser Blick! Sie kannte ihn genau. Das Einzige, was sie verwirrte, war die Tatsache das dieser Mann dort auf dem Sofa saß und sie anguckte, ja, fast schon anstarrte, als wolle er durch sie hindurch blicken.
„Maus, das ist ein Freund von mir“
Ein Freund? Wieso kannte sie ihn nicht? Sie kannte doch alle seine Freunde.
Er schaute zu seinem Freund, nickte. Der Freund stand auf und kam nun auch auf sie zu. Er packte Nika am Arm und lief mit ihr zur Kellertreppe. Der Freund folgte ihnen. Langsam beschlich Nika erneut ein komisches Gefühl. Jetzt wusste sie was auf sie zukommen würde. Oft ging sie mit ihm in den Keller, aber noch nie war einer seiner Freunde dabei. Sie betraten den Raum und der Freund schaute sich um und fing wieder an zu grinsen.
„Sei so lieb wie du es auch zu mir bist, wenn wir hier unten sind, Maus“ , sagte Er zu mir und wandte sich dann an den Freund „Nun, Du kennst die Abmachungen!“ Er verließ den Raum und schloss die Tür.
Nika starrte an die, mit Fotos verzierte, Wand. Langsam näherte der Freund sich und streichelte über ihr Haar, genauso wie er es immer getan hatte. Nachdem sie einige Zeit so standen, trug der Freund sie zu dem großen Bett und Nika wusste wie der Abend enden würde. Sie lag da, schloss die Augen und ließ alles über sich ergehen. Tränen schossen ihr in die Augen und ihre Gedanken drehten sich nur um eine Frage:
WARUM? Warum sie? Hatte er, ihr Papa, sie nicht lieb? Sie war doch noch so klein.