Maxi hat Geburtstag
Maximilian wird sechs Jahre alt und hat acht Freunde aus dem Kindergarten eingeladen.
Seit Tagen beschäftigt sich seine Mutter mit der Ausrichtung einer Mega-Kinderparty, wälzt Bastelbücher, schleppt Tütenweise Süßigkeiten und buntes Pappgeschirr, es soll ihrem einzigen Sohn an diesem Ehrentag an nichts fehlen.
Das Wohnzimmer wird ausgeräumt und kunstvoll in eine Räuberhöhle verwandelt, ohne Motto läuft schließlich nichts mehr. Maxi`s Mutter steht voll unter Stress und fiebert dem großen Tag entgegen. Werden auch alle zufrieden sein?
Mittwochnachmittag fünfzehn Uhr, die ersten Räuber laufen ein. An der Kleidung der Kids kann man erkennen, dass die Eltern weder Kosten noch Mühen gescheut haben, die Konkurrenz ist groß, jeder möchte das schönste Kostüm zur Schau stellen. Aufwändige Federhüte, Bärte, Säbel und Pistolen schmücken die Kleinen, als spielten sie die Hauptrolle in einem Kinderfilm.
Maximilian nimmt haufenweise Geschenke entgegen. Er reißt das Papier auf und legt den Inhalt ohne sich lange damit zu befassen zur Seite.
Er heult, sein zu groß geratener Federhut rutscht ihm ständig ins Gesicht und seine Freunde beschäftigen sich unerlaubt mit dem neuen Spielzeug.
Die Torte, mit Figuren aus Zuckerguss und Marzipan – eine Spezialanfertigung aus einer renommierten Konditorei – findet kaum Beachtung.
„Gibt es auch Pommes?“ fragt Sebastian und reibt sich den Magen.
Fabian lässt das ferngesteuerte Rennauto mit den Designermöbeln kollidieren, Jan fragt zum wiederholten Male, ob er Pokemon im Fernsehen anschauen dürfe und Marco ist sauer, weil
der Gastgeber seinen Gameboy nicht rausrückt.
Maxi` s Mutter klatscht in die Hände.
„Wir machen jetzt zusammen ein Räuberspiel“ schlägt sie vor, mit der Hoffnung, die inzwischen aus dem Ruder gelaufene Meute unter Kontrolle zu bekommen.
„Hab kein Bock,“ mault das Geburtstagskind und baut seelenruhig ein Legoauto zusammen, ohne sich um die Gäste zu kümmern.
„Hast du keine Play-Station?“ meldet sich Olli enttäuscht aus dem Hintergrund, “das bringt doch mehr fun”.
Schließlich gelingt es Maximilians Mutter doch noch, mit ein paar Actionspielen Herrin über das Chaos zu werden.
Zur Stärkung erwartet die Kids anschließend ein Buffett, bestehend aus Mohrenköpfen, Lutschern, Gummibärchen, Bonbons, Schokolade, Popcorn etc.
Neun Räuber stopfen sich Backen und Hosentaschen mit Süßwaren voll, jetzt heißt es schnell zugreifen, solange der Vorrat reicht.
„Können wir ein bisschen rausgehen?“ fragt David, nachdem die Schlacht am süßen Buffett geschlagen ist „wir machen uns auch nicht dreckig.“
Trotz feuchter Witterung hat Maxi`s Mutter nichts dagegen einzuwenden, nun hat sie Zeit das Räubermahl, bestehend aus Frikadellen, Würstchen, Pommes und Vanillepudding mit Erdbeersoße herzurichten.
Eine halbe Stunde später stehen die Räuber mit reicher Beute auf der Terrasse. Jan hat seine Regenjacke geopfert, sie dient als Transportmittel für zahlreiche Weinbergschnecken, die ihren Wingert zwangsweise verlassen mussten.
Das Verteilen der schleimigen Genossen erweist sich als Highlight des Tages, jeder möchte ein paar davon mit nach Hause nehmen. Neun Köpfe stecken vereint zusammen, wählen aus und geben den Tieren Namen, Schneckenrennen werden inszeniert.
Zeit zum Abendessen. Neun schmutzverkrustete Räuber versammeln sich am Esstisch und laden ihre bunten Pappteller voll mit Pommes, Würstel, Frikadellen und Ketschup.
„Das sind aber nicht die echten Mini-Würstchen“ stellt der Gastgeber trotzig fest, „die schmecken nämlich anders“.
Richtig Hunger hat eigentlicher keiner aber die Teller sind voll, in den Ketchup verschmierten Limogläsern schwimmen Fettaugen.
Allmählich werden die Gäste müde, die Stimmung sinkt auf den Nullpunkt.
Alle Überreste wandern von den bunten Papptellern direkt in den Bio-Müll, der Pudding samt Erdbeersoße verschwindet im Kühlschrank.
Um neunzehn Uhr wird der letzte Gast endlich abgeholt, das Wohnzimmer hat sich in eine echte Räuberhöhle verwandelt. Federn, Dekorationsteile, Popcorn, zertretene Schokolade, fettige Pommes, zieren den Teppichboden.
Auf der Terrasse erinnern Schleimspuren noch an Elsa, Berta und Trine, die einst zufrieden im Wingert gelebt, nun längst vergessen, auf Blumenbeet und Hauswand ausgewichen sind.
Maxi wälzt sich mit Bauschmerzen am Boden.
„Nächstes Jahr gehen wir ins Kino“, äußert er beiläufig.