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Mbosis Aufnahmeprüfung (überarbeitet)

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03.07.2004
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Mbosis Aufnahmeprüfung (überarbeitet)

Ich sitze in meiner kleinen selbstgebauten Buschhütte und versuche mich zu konzentrieren. Es wird dunkel und die Geräusche des Waldes klingen mir ungewohnt und laut in den Ohren. Ich vertraue auf den Schutzkreis des Heilers und doch merke ich, wie Furcht in mir aufsteigt und beginnt mich zu lähmen.
"Ihr müsst alles loslassen und ganz leer werden", hat uns der Heiler erklärt und uns Übungen genannt, die uns helfen können. Aber ich habe keine Kette, die ich durch die Hände laufen lassen kann, keine Fransen am Burnus, an denen ich zupfen kann. Alle Steinchen und Ästchen, die auf dem Waldboden vor mir lagen, habe ich sorgfältig aufgelesen und fortgebracht. Nichts soll mich ablenken, aber ich schaffe es nicht, meine Gedanken auszuschalten.

Heute ist mein großer Tag. Ich, Mabele, werde morgen nicht mehr nur Mbosis kleine Schwester sein, sondern eine erwachsene Frau. Dann kann ich selbst bestimmen, in welcher Hütte ich wohnen möchte und auch heiraten, wann ich will. Schon gleiten meine Gedanken wieder in Wunschträume ab.

"Du schaffst die Prüfung doch niemals. Du bleibst meine kleine Schwester", hat Temme heute Morgen gelästert. Er ist zwei Jahre älter als ich, aber Jungs werden später erwachsen und Temme ist bestimmt noch lange nicht bereit für das Ritual, so kindisch, wie er sich benimmt. Aber vielleicht ist ja doch ein Schaden in ihm zurückgeblieben, als er verhext worden ist. Mir stehen diese turbulenten Tage wieder deutlich vor Augen.

"Wenn euch ein besonderes Erlebnis in den Sinn kommt, dann legt es nicht gleich weg, sondern schaut genau hin. Wie hat es angefangen, was ist geschehen. Versucht zu erkennen, wie es euch verändert hat", sagte der Heiler uns Vieren, die sich dem Prüfungsritual unterziehen wollten.

"Mbosi ist ein Idiot", grummelte Temme beim Jäten auf dem Yam-Feld des Dorfes, aber ich nickte nur, denn mir war zum Reden zu heiß. Die Sonne brannte seit Tagen vom Himmel und trocknete die Erde aus, so dass große Risse den Acker durchzogen. Das Unkraut, das wir ausreißen sollten, hatte harte Stacheln, die sich in der Haut festsetzten und juckten. Und obwohl der Boden ausgetrocknet und rissig war, hatte sich das Unkraut mit seinen Wurzeln so festgekrallt, dass ich es kaum mit der Hacke herausbekam.

Temme moserte weiter über Mbosi: "Warum muss er immer die Wahrheit sagen und wieso können die Ältesten nicht mal richtig entscheiden?" Ich hörte gar nicht mehr hin, diese dauernden Fragen führten ja doch nicht weiter.

Es war eine schreckliche Zeit damals, und mir kommen auch jetzt die Tränen, als ich zurückdenke. Letzten Herbst sind unsere Eltern kurz hintereinander an einem bösen Fieber gestorben. Der Heiler war schon sehr alt, aber er hatte immer noch keinen Lehrling und Nachfolger berufen. Er konnte ihnen nicht helfen und Mbosi schien sich darüber sehr aufgeregt zu haben, aber ich verstand damals nicht, warum. Mbosi hatte grosses Interesse an dieser Aufgabe, aber der Heiler wollte sich nicht entscheiden. Auch nach dem Tod unserer Eltern traf Mbosi sich oft mit ihm und wenn ich Mbosi zum Abendessen holte, bekam ich mit, wie die beiden erregt miteinander stritten.

Dann vor drei Monaten die nächste Katastrophe. Das Versammlungshaus war schon dicht gefüllt, als ich vom Feld kam. Alle erwachsenen Bewohner des Dorfes waren gekommen, standen herum und schwatzten oder hockten auf dem Boden und tranken Palmwein, den die Frauen ausschenkten. Die Ältesten saßen in ihren farbenprächtigen Zeremonialgewänder auf Bänken gegenüber dem Eingang, die anderen Männer trugen nur einen Schurz, denn sie waren direkt von der Arbeit zu der Versammlung geeilt. Auch die wenigen Frauen, die gekommen waren, trugen ihre Alltagskleidung. Die meisten Frauen waren in ihren Hütten mit der Zubereitung der Mahlzeiten beschäftigt. Ich klammerte mich an Tante Kalane, denn ich hatte Angst: So erregt, als ob sie gleich kämpfen wollten, erschienen mir die Erwachsenen.

Zuerst bekam ich nicht richtig mit, was geschah. Es wurde still und alle hörten einem Redner zu. Ich konnte ihn nicht sehen und auch kaum verstehen, aber seine Stimme klang einschmeichelnd wie eine Flöte. Dann hörte er auf und alle redeten und schrien durcheinander.
"Was ist denn los?", fragte ich Tante Kalane. "Wieso schreien alle so schrecklich?"
"Mbosi hat Kentoga beschuldigt, anderen Menschen mit Magie zu schaden", erwiderte meine Tante und ich war so erschrocken, dass ich mich auf den Boden setzte und den Kopf in meinen Händen versteckte.
Nach einiger Zeit bemerkte ich, dass die unterschiedlichsten Gerüche langsam den Raum füllten und die Wärme schnell anstieg. Ich bekam kaum noch Luft. Plötzlich sprang der Häuptling so heftig hoch, dass sein Federschmuck davonzufliegen schien. "Schluss jetzt", brüllte er, "wir haben Kentoga gehört und ich rufe jetzt Mbosi auf, sich zu äußern."

Es wurde wieder still im Versammlungshaus und ich hörte Mbosis helle klare Stimme: "Ja, ich habe auch Magie verwendet, aber ich habe Menschen geheilt und ihnen geholfen. Aber Kentoga verwendet Magie nur, um sich zu bereichern und anderen zu schaden."

Und wieder redeten alle durcheinander, während die Ältesten die Köpfe zusammensteckten. Nach kurzer Beratung fällten sie ihren Urteilsspruch: "Kentoga und Mbosi wollen Heiler werden, aber der Heiler hat keinen als Lehrling angenommen. Jeder, der Magie ausübt und kein berufener Heiler oder Lehrling ist, muss bestraft werden. Ihr seid euch untereinander uneinig und bringt Unfrieden und Streit in das Dorf. Deshalb werdet ihr beide auf Lebenszeit des Dorfes verwiesen."

Ich konnte es gar nicht fassen, was der Häuptling da gesagt hatte. Des Dorfes verwiesen? Wo sollte Mbosi denn hingehen? Und was sollte mit uns geschehen? Ich rannte nach vorne zu dem Häuptling und schrie: "Und was wird mit uns? Unsere Eltern sind tot und jetzt willst Du uns auch noch unseren großen Bruder wegnehmen!"

"Mbosi hat euch beide nach dem Tod eurer Eltern versorgt, also müsst ihr beide mit ihm in die Verbannung ziehen." So entschied der Häuptling und ich war froh, auch wenn ich Angst vor der Fremde hatte.

Drei Tage wanderten wir durch die Steppe, ich hatte jede Nacht Angst vor den wilden Tieren, die um unser Lager heulten, aber Mbosi versuchte mich zu beruhigen, er habe einen Schutzkreis gezogen. Dann kamen wir in das nächste Dorf. Es war etwas größer als unser altes Dorf und es machte einen sauberen Eindruck. Der Festplatz in der Mitte war sauber gefegt, die Ratshütte hatte wohl erst vor kurzem ein neues Dach bekommen. Die Bewohner begrüßten uns freundlich, sie lachten und freuten sich über uns. Die meisten Frauen trugen bunte Tücher, obwohl gar kein Feiertag war. Ich kam mir in meinem schlichten braunen Burnus sehr staubig vor und das waren wir drei ja auch nach den Tagen in der Steppe.
Wir suchten die Ältesten auf und Mbosi erzählte ihnen, was geschehen war, offen und ehrlich wie es nun mal seine Art ist. Das Gespräch hatte auf dem Festplatz stattgefunden und die Ältesten zogen sich anschließend in die Ratshütte zurück. Ich versuchte zu lauschen, aber ich hörte nur ein Summen wie von einem großen Bienenstock.
Endlich kam der Häuptling heraus und verkündete: "Ihr dürft im Dorf bleiben. Wir weisen euch die Hütte von Tabala zu, der vor zwei Monaten gestorben ist und keine Erben hatte."
Zu Mbosi sagte er noch leise: "Kentoga ist auch hier und er hat hier reiche Verwandte, also überlegt euch, ob ihr bleiben wollt. Und wenn Du hier versuchst, dem Heiler in seine Arbeit zu pfuschen, kannst Du gleich gehen."

Wir zogen in die verlassene Hütte und wurden angewiesen auf den Gemeinschaftsfeldern zu arbeiten, denn es war jetzt zu spät, das eigene Land, das zur Hütte gehörte, zu bestellen. Und so schufteten wir in der prallen Sommersonne, während Kentoga faul in seiner Hütte lag und sich von den Dorfschönheiten verwöhnen ließ.
Die Bewohner waren auch in den folgenden Tagen freundlich und hilfsbereit und so fühlte ich mich bald zu Hause in unserem neuen Dorf. Mbosi hatte den Heiler mehrmals besucht und als Temme ihn fragte, meinte er: "Vielleicht nimmt mich der Heiler als Lehrling. Er sagt, ich habe vielleicht das Talent. Aber erst muss ich die Prüfung bestehen."

Dann wurde Temme schlagartig krank. Morgens war seine schöne dunkle Haut regelrecht grau und er konnte nicht von seinem Lager aufstehen, so schwach war er. Der Heiler kam noch am gleichen Tag, wenige Stunden, nachdem Mbosi ihn gerufen hatte. Er umschritt Temmes Lager mehrmals in immer weiteren Kreisen und bewegte dabei seine Ritualstäbe in verwirrenden Mustern. Dann verstrich er stark riechende Salben auf Temmes Körper, tanzte drei Mal mit trippelnden Schritten in der Hütte auf und ab und beschnüffelte dann den eingesalbten Körper als ob er ein Schwein sei, das in der Erde nach Würmern sucht. Schließlich erhob er sich, schüttelte noch einmal seine Stäbe, dann sah er mich an und verkündete: "Du musst für deinen Bruder sorgen. Er ist nicht krank, sondern Opfer eines magischen Angriffs. Aber ich kann den Angreifer nicht erkennen und ich kann nur hoffen, dass er nicht zurück kommt. Kommt der Angreifer nicht wieder, wird er sich in einigen Tagen erholen." Der Heiler redete dann noch eine Zeit lang leise mit Mbosi, wohl um ihm eine Heilsalbe oder andere Medizin zu erklären, und verließ die Hütte.

Auch am nächsten Morgen ging es Temme nicht besser. Ich war ganz aufgeregt und hatte große Angst. Ich mochte Temme gar nicht aus den Augen lassen und lief während des Frühstücks immer wieder zu seinem Lager, um nach ihm zu sehen.
Mbosi dagegen schien sich gar nicht um seinen kleinen Bruder zu kümmern. Er aß langsam und bedächtig und als er fertig war, sagte er zu mir: "Ich gehe jetzt aufs Feld. Du bleibst lieber hier. So aufgeregt, wie du bist, kannst du ja gar nicht richtig arbeiten. Also wirst du bei Temme wachen. Und komm bitte sofort zu mir aufs Feld, wenn irgend etwas Eigenartiges geschehen sollte. Hast du verstanden?"
"Ja, ich habe verstanden. Ich werde bei Temme bleiben und dir Bescheid sagen, wenn etwas passiert."
"Du sollst mich nicht rufen, sondern zu mir kommen. Und lauf bitte nicht, sondern benimm dich ganz normal."
"Ich hab's verstanden" brüllte ich und scheuchte Mbosi aus der Hütte.

Aber als dann etwas geschah, war ich so erschrocken, dass ich doch aus der Hütte rannte und Mbosi auf dem Feld zuwinkte. Er kam dann auch sofort zu mir gelaufen und ging mit mir in die Hütte. Mbosi beugte sich zu Temme herab und ich verbarg mich hinter ihm und linste nur ein wenig. Temme lag da wie tot, sein Brustkorb bewegte sich nicht, aber er schien zu dampfen wie ein Kochtopf. Dieser Dampf stieg langsam von seiner Brust auf. Bis in die Spitze des Hüttendaches konnte man ihn verfolgen, denn er leuchte in einem seltsamen dunklen Rot. Aber Mbosi machte gar nichts mit Temme, er lief auch nicht zum Heiler, sondern er ging zu der Truhe, in der unsere wenigen Habseligkeiten lagen und holte eine kleine Kalebasse heraus. Die schüttelte er dreimal, zog den Korken heraus und goß ihren Inhalt langsam auf Temmes Brust. Der Dampf nahm die Flüssigkeit mit sich hinauf zum Hüttendach, aber dann fiel er plötzlich zusammen und Temmes Brustkorb bewegte sich wieder in tiefen Atemzügen.

Dafür hörte man durch das ganze Dorf schrille Schreie. Alle Dorfbewohner schreckten auf und bald war deutlich, dass die Schreie aus Kentogas Hütte kamen. Die Ältesten und einige Frauen eilten in Kentogas Hütte. Später hörte ich von einer jungen Frau, Kentoga habe am Boden gelegen und sich in Krämpfen geschüttelt. Sein feines Obergewand war völlig zerfetzt und er hatte am ganzen Körper lange blutende Kratzwunden. Dann kam auch der Heiler und als er die Hütte betrat, wurde Kentoga still und bewegte sich nicht mehr. Einige Älteste, die mit Kentoga befreundet waren, beschuldigten Mbosi, er habe Kentoga verhext und sei für diesen Anfall verantwortlich. Da der Ältestenrat inzwischen vollständig in Kentogas Hütte versammelt war, rief der Häuptling zu einer Versammlung und beauftragte den Heiler, Kentoga gründlich zu untersuchen und in der Versammlung zu berichten. Der Heiler scheuchte dann alle Anwesenden aus der Hütte und wir gingen zum Versammlungshaus. Aber wir Kinder wurden nach Hause geschickt, während Mbosi in das Versammlungshaus eskortiert wurde. Temme ging mit mir zu unserer Hütte. Er hatte seine schöne dunkle Farbe zurückbekommen. Seine Schwäche war überwunden, als ob sie nie bestanden hätte und auch seine Zunge lief in der gewohnten Schnelligkeit und er seufzte: "Dann werde ich schon mal unsere Sachen packen, denn Mbosi ist ja so ein Idiot, der wird auch jetzt bestimmt die Wahrheit sagen und dann können wir wieder gehen, wenn sie ihn überhaupt am Leben lassen."

Aber Temme kam gar nicht zum Packen. Er sammelte gerade seine Habseligkeiten auf seinem Tragetuch zusammen, als die beiden Ausrufer des Häuptlings, baumlange kräftige Kerle, schweigend die Hütte betraten, ihn an den Schultern packten, herumdrehten und mit ihm hinausgingen. Ich erschrak furchtbar und wollte schon weglaufen, aber dann huschte ich hinter den dreien her. Niemand stand mehr am Eingang des Versammlungshauses und so kam ich hinein und schlängelte mich zwischen den Beinen der Erwachsenen, die dicht gedrängt im Raum standen, hindurch, bis ich mich in einer dunklen Ecke verbergen konnte. Niemand schien mich zu bemerken, aber ich konnte gut sehen und hören, was geschah.

Die Frauen trugen nicht nur ihre bunten Tücher, sondern hatten sich auch Schmuckketten umgehängt. Auch die Männer trugen farbige Burnusse und so erinnerte mich der Versammlungsraum an eine Blumenwiese im Frühling. 'Warum sind alle so festlich gekleidet?' dachte ich, aber dann hörte ich Temmes Stimme. Er stand vor den Ältesten und konnte mal wieder seine Zunge nicht im Zaum halten: "Und als ich da so lag und mich kaum rühren konnte und der Heiler sagte, das sei ein magischer Angriff, da wußte ich sofort, wer das gewesen war. Die ganze Zeit verfolgt er uns schon mit seinem Hass und seinen Angriffen, aber jetzt hat er verloren, denn Mbosi hat mir ein Gegenmittel gegeben und seine Magie gebrochen. Es war wie ein Wasserfall. Ich wurde immer schwächer und konnte mich überhaupt nicht bewegen und da kam dieser Wasserfall von der Decke geregnet und jeder Tropfen, der mich traf gab mir ein Stück meiner Kraft zurück, bis ich wieder aufstehen konnte als ob nichts geschehen sei. Aber noch mal möchte ich das nicht erleben."
Dann hörte Temme auf zu reden und nach einer Pause wandte sich der Häuptling an den Heiler: "Was habt Ihr herausgefunden?"
"Gestern habe ich diesen Jungen untersucht und meine dienstbaren Geister haben mir deutlich gezeigt, dass er magisch angegriffen worden war. Mit meiner Geistsicht konnte ich eindeutig erkennen, von wem dieser Angriff gekommen war." Jetzt wurde es in der Versammlungshalle doch unruhig, aber der Häuptling streckte nur seinem Arm mit dem Amtsstab aus und sofort waren alle still.
Der Heiler fuhrt fort: "Ein Blutgeist hatte begonnen, Temme auszusaugen. Ein Blutgeist ernährt sich nicht nur vom Blut seines Opfers. Er überträgt die Lebenskraft des Opfers auf seinen Meister und verlängert so dessen Leben." Während der Heiler sprach, wurden die Anwesenden immer unruhiger. Einen Blutgeist hatte wohl noch niemand hier erlebt. Die meisten Geister richten nur Unfug an oder helfen sogar den Menschen. Aber dass ein Geist gezielt eingesetzt wurde, um anderen Menschen zu schaden, kam selten vor und so war die Unruhe unter den Zuhörern wohl nicht verwunderlich.

Der Heiler schwieg und die Dorfbewohner sahen sich ratlos an. Was konnten sie gegen einen Blutgeist tun? Oft reichte es ja schon, an einen Geist zu denken, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Besonders die Geister von Verstorbenen konnte man besänftigen, indem man freundlich von ihnen dachte, das hatte ich auch schon gelernt und manchmal konnte ich auch mit dem Geist meiner Mutter sprechen.

Der Heiler begann zu lachen und die Unruhe schwand. "Ihr braucht euch nicht zu fürchten. Es gibt ein sicheres Mittel gegen Blutgeister. Das habe ich Mbosi gegeben, denn er hat das Heilertalent."
Ich schrie erfreut auf, aber anscheinend hörte mich keiner. Alle hingen gebannt an den Lippen des Heilers: "Wird diese Medizin in das Blut, das der Geist von der Ferne aus dem Körper seines Opfers saugt, gemischt, fließt das frische Blut wieder zurück in das Opfer. Außerdem muss der Meister des Blutgeistes alle Lebenskraft, die er geraubt hat, wieder von sich geben. Je länger er auf Kosten anderer Menschen gelebt hat, desto weniger eigenes Leben bleibt ihm." Aber der Heiler brauchte gar nicht mehr weiter zu erklären. Alle starrten auf die Trage, die vor den Ältesten stand und auf der Kentoga lag. Er hatte immer erzählt, er werde bald dreißig, aber er hatte eher ausgesehen, wie ein Zwanzigjähriger. Seit dem Rückschlag war sein Körper immer älter und hinfälliger geworden und jetzt lag auf der Trage ein alter verhutzelter Greis lag, der ohne ein Wort zu sagen mit einem leisen Seufzer starb.

Die Freunde Kentogas hatten das Versammlungshaus längst verlassen und auch das Dorf, wie man später feststellte. Mbosi aber wurde von den Ältesten zum Heilerlehrling berufen, nachdem der Heiler bestätigt hatte, dass er die Aufnahmeprüfung bestanden habe. Und dann feierten die Dorfbewohner ein ausgelassenes Fest. Der Häuptling hatte schon vor der Versammlung seine Frauen beauftragt, ein Festessen vorzubereiten und die Musiker waren von ihm aufgefordert worden, ihre Instrumente bereit zu halten. Deshalb ahnte wohl jeder Erwachsene, dass ein Fest bevorstand und alle hatten sich schon festlich gekleidet

Nun sitze ich hier in meiner Hütte und meine Erinnerung an die Ereignisse endet mit dieser einen Frage, die mich immer wieder beschäftigt: Welche Prüfung hatte Mbosi bestanden. Wenn ich ihn fragte, lächelte er nur und sagte: "Denk nach."
Aber ich sollte jetzt in der Nacht gar nicht an Geister denken, sonst kommt doch einer durch den Schutzkreis geschlüpft. Da schießt mir ein Gedanke durch den Kopf: Wieso hatte der Blutgeist Mbosi gar nicht bemerkt? War er so mit dem Aussaugen beschäftigt, dass er Mbosi und seine Medizin gar nicht wahrnahm? Und dann wusste ich es; gehört hatte ich schon davon, aber es bisher nicht verstanden: Das Heilertalent bedeutet nicht, Heilkräuter zu finden und Krankheiten zu kennen. Das lernt ein Lehrling bei seinem Heiler. Ein Heiler muss Geister deutlich erkennen können, darf aber von ihnen nicht erkannt werden. Wer für die Geister unsichtbar bleibt, der hat das Heilertalent. Und Mbosi hatte bewiesen, dass er dieses Talent hat und deshalb hatte er die Aufnahmeprüfung bestanden. Ich seufze zufrieden. Endlich habe ich diese Frage gelöst. Schon formt sich in mir eine neue Frage: 'Wer bin ich und wer will ich werden?' Ich glaube, jetzt beginnt meine Prüfung.

 

Hallo Jobär,

da bin ich gerade so schön am Kritikschreiben, und da isst der Computer alles auf. Nichts zu machen, also nochmal:

Durch die Perspektive hat die Geschichte extrem gewonnen. Das Grundproblem ist jetzt ein anderes, beziehungsweise zwei andere. Du beschreibst noch sehr viel. Anstelle von Sätzen wie "ich war sehr aufgeregt" würde ich mir mehr show und weniger tell wünschen.
Problem Nummer zwei ist dein Schwanken zwischen zwei Extremen. Das eine ist das, dass du den Leser unvorbereitet in deine Welt werfen willst, das zweite das, dass du alles erklärst. Am besten wird das, glaube ich, an diesem Satz deutlich:

Aber ich sollte jetzt in der Nacht gar nicht an Geister denken, sonst kommt doch einer durch den Schutzkreis geschlüpft.
Hier schreibst du nicht, woher deine Prot dieses Wissen hat, noch, warum sie es dann doch tut, noch, warum da ein Schutzkreis ist, noch, warum Geister da durchkriechen, wenn man an sie denkt. Diese Erzählart ist es, die mich beim Lesen ein bisschen zurückstößt. Du benutzt einen Satz, um dem Leser Informationen zu vermitteln - und dann sind es die falschen. Ich hätte hier etwas geschrieben wie "Mama hat immer gesagt, wenn man nachts an Geister denkt, dann kommen sie durch den Schutzkreis. Aber Mbosi muss es doch eigentlich besser wissen, oder?", irgendwie sowas in der Art jedenfalls.

Was mir auch noch ein bisschen "unnatürlich" vorkommt, ist die Szene, in der die Dorfältesten Mbosi befragen. Du erzählst holterdipolter, dann passierte das, und dann das, dann hält da einer einen Vortrag, damit der Leser versteht, was jetzt eigentlich die ganze Zeit über passiert ist, und dann ist die Szene schon wieder vorbei.

Ich würde dir raten, ordentlich Tempo aus der Geschichte zu nehmen.

lieben gruß
vita
:bounce:

 

Hallo vita!

Danke für Deine Kritik. Ich glaube, diese Geschichte wird mich noch länger beschäftigen.

Lieben gruß

Jo

 

Hallo jobär,

hey, endlich eine Überarbeitung von Mbosi :D

wie Furcht in mir aufsteigt und beginnt mich zu lähmen.

das ist ein Stolpersatz: "mich zu lähmen beginnt" würde sich flüssiger lesen.

Versucht zu erkennen, wie es euch verändert hat," sagte der Heiler uns Vieren, die sich dem Prüfungsritual unterziehen wollten.

"Mbosi ist ein Idiot"


Hier würde ich vielleicht zur Abtrennung der Rahmenhandlung von der inneren Sternchen setzen, oder den gesamten ersten Teil kursiv setzen, oder so, wird einfach deutlicher.

Und obwohl der Boden ausgetrocknet und riossig war

;)

Der Heiler war schon sehr alt, aber er hatte immer noch keinen Lehrling und Nachfolger berufen. Er konnte ihnen nicht helfen und Mbosi schien sich darüber sehr aufgeregt zu haben, aber ich verstand damals nicht, warum. Mbosi wollte schon immer Heiler werden, aber der Heiler wollte sich nicht entscheiden. Auch nach dem Tod unserer Eltern traf er sich oft mit dem Heiler und wenn ich ihn zum Abendessen holte, bekam ich mit, wie die beiden erregt miteinander stritten.

Bisschen gehäuft, findest du nicht?

Dann kamen wir in das nächste Dorf. Das Dorf war etwas größer als unser altes Dorf

Hier auch ;)

Ja, ich habe verstanden. Ich werde bei Temme bleiben und Dir Bescheid sagen, wen etwas passiert."

wenn

"Ich hab's verstanden" brüllte ich und scheuchte Mbosi aus der Hütte.

Hoppla, der Gefühlsumschwung kommt mir dann doch ein bisschen plötzlich. Vielleicht magst du vorher noch erwähnen, dass sie langsam über Mbosis Anweisungen in Wut gerät...
Ach so, nach der wörtlichen Rede ein Komma ;)

Da der Ältestenrat inzwischen vollständig in Kentogas Hütte versammelt war. rief der Häuptling zu einer Versammlung und beauftragte den Heiler

da sollte ein Komma hin, nicht?


Tja, wie vita schon gesagt hat: die konsistente Erzählung aus der Sicht des Mädchens ist so schon viel stimmiger. Mit dem "Show don't tell" kann ich mich auch nur anschließen, nix Neues also.
Deine Schilderungen der Umgebung und Kultur finde ich sehr gut, wie ich schon mal sagte, mal etwas andere Fantasy... Über den Beschreibungen werden allerdings die Charaktere etwas blass... du sagst sehr oft etwas über Temme und Mbosi, (schwatzhaft, kindisch, ehrlich...), aber es kommt durch das Verhalten der Charaktere nicht recht bei mir an.

Nicht aufgeben, die Geschichte ist es wert.... ;)

LIebe Grüße,

Ronja

 

Hallo Ronja!

Danke für Deine ausführliche Kritik. Die inhaltlichen Anmerkungen von Dir und vita kann ich gut nachvollziehen, ob ich das Talent habe, sie in der Geschichte gut umzusetzen, wird sich zeigen.

Diese Woche bin ich im Terminstress, aber dann werde ich mich dransetzen.

Lieben Gruß

Jo

 

Dann kann ich selbst bestimmen, in welcher Hütte ich wohnen möchte und auch heiraten, wenn ich will.
hier bin ich mir nicht sicher, weil beides Sinner geben würde - wenn oder wen?
Dann kamen wir in das nächste Dorf. Das Dorf war etwas größer als unser altes Dorf und es machte einen sauberen Eindruck.
hier vllt wg Wwdh (lauter Abkürzungen :drool: ) lieber "Es"?
Aber ich kann den Angreifer nicht erkennen
später stellt sich heraus, dass er es doch kann. Wieso lügt er hier?

Jo, Bär,
ich hab mir einige deiner Geschichten vorgenommen, da ich dich hier als relativ aktiv erlebe, jedoch bei deinen Geschichten nur eine dabei ist, die mehr als 20 Kommentare hat, was ich sehr schade finde!

Denn diese hier z.B. halte ich für wunderschön erzählt und geschrieben! Vom Schreibstil und Inhalt her gut.

Was ich ein wenig unrealistisch finde ist, dass Ketonga als Ältester aus dem Dorf verbannt wird, erstens, zweitens, dass er zu den Ältesten gehört aber 'nur' knapp 30 Jahre alt ist? :confused:

Ich kenne die Originalfassung nicht, kann deshalb natürlich keinen Vergleich ziehen, aber ich finde die Geschichte schon ziemlich gut!

Ich mag einfach diese Art von Fantasy. Ok, es is eigentlich die abgedroschenste Form von Fantasy, aber mir gefällts :)

Hau rein

Tserk

P.S: Fehlerliste kommt per PN.

 

Hallo Tserk!

Ich habe die Fehler ausgemerzt (oder ausgetzerkt?) und die unlogischen Stellen geändert.
Freut mich, dass die die Geschichte gefallen hat.

LG

Jo

 

Hallo jo,

ich schicke dir - weil ich gaaaanz müde bin und gleich ins Bett gehe - ersteinmal die Liste der Dinge, die mir beim Lesen direkt aufgefallen sind:

"Es war eine schreckliche Zeit damals, und mir kommen auch jetzt die Tränen, als ich zurückdenke."

- nicht als, sondern wenn

Abschnitt 7: zu oft das Wort Heiler

"Und jeder, der Magie ausübt und kein berufener Heiler oder Heilerlehrling ist, muss bestraft werden."

- Da du eine junge prot hast, finde ich es in ordnung, häufig das Wort "und" zu benutzen und damit auch viele Sätze anzufangen - das wirkt so, als hättest du dir Gedanken über die Sprechweise deiner Prot gemacht. Aber da hier nicht die Prot spricht, bzw. es ein Zitat ist, würde ich ein Und streichen.

"Wir zogen in die verlassene Hütte und wurden angewiesen auf de Gemeinschaftsfeldern zu arbeiten, "

- den

"Der Heiler redete dann noch eine Zeitlang leise mit Mbosi, wohl um ihm eine Heilsalbe oder andere Medizin zu erklären, und verließ die Hütte"

- entweder: eine Zeit lang - oder: eine zeitlang

"So aufgeregt, wie Du bist, kannst du ja gar nicht richtig arbeiten."

- Manchmal schreibst du "Du" in der Anrede groß, manchmal klein. Nach der neuen kannst dus klein schreiben. Nur Höfflichkeitsanrede wird groß geschrieben.

"Die ganze Zeit verfolgt er uns schon mit seinem Haß"

- Hass
- Auch schreibst du manchmal noch "daß" oder "sodaß" anstatt "dass"

"Da schießt mir ein Gedenke durch den Kopf: "

- GedAnke

"Aber ein Heiler muss die Geister deutlich erkennen können, darf aber von ihnen nicht erkannt werden."

- Wdh. aber aber

Schlaf gut!

Lg Fee

 
Zuletzt bearbeitet:

Halolo Anna-Fee!

Schlaf gut!
Ich habe deinen Wunsch gerne gelesen und bin ihm -- nach der rstellung zahlreicher Berichte und Abrechnungen an diesem Wochenende endlich nachgekommen. Und jetzt habe ich auch die Muße, die Fehler zu korrigieren. Die Ursprungsgeschichte ist schon älter (v.R., also vor der Rechtsschreibreform) und da ist wohl noch einiges hängengeblieben.

nicht als, sondern wenn
ich lass das als, das ist nämlich beabsichtigt.

Liebe Grüsse

Jo

 

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