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Mehr Wattestäbchen, bitte!
Mehr Wattestäbchen, bitte!
„Ach herrje, wie fängt man so etwas überhaupt an? Vielleicht einfach mit der Realität, so schmerzhaft das jetzt auch wird: Ich bin eine ziemliche Versagerin, ein totaler Loser, ein blödes Trotteltier…“
„Na also! Endlich hast du es begriffen. Aber warum schreibst du es auf? Eine neue Bewerbungsstrategie?“
„Hämisches, kleines Mistvieh!“
„Schnippisch sind wir heute. Du hast mich doch unbedingt gewollt, damals. Was soll jetzt also diese Zickerei?“
„Ich habe dich nie gewollt, sondern unbewusst gerufen und nun haust du nicht mehr ab. Du kritisierst nur, putzt mich runter bis mir die Tränen kommen. Ich will das nicht mehr! Verschwinde aus meinem Ohr!“
„Nö, ich bleib hier! Hab’ gerade erst frisch gestrichen. Das könntest du übrigens auch mal wieder machen. Das graue Dreckloch, das du dein Zuhause nennst ist eine Zumutung. Seit dein Bücherregal zusammengebrochen ist, hast du kein einziges Möbelstück mehr, das nicht auf den Sperrmüll gehört. Schau dir doch einfach mal deinen verkommenen Schreibtisch an: Der ist nur ekelhaft, dieser verstaubte Papierstapel mit Rechnungen. Den ganzen Tag liegst du in deinem miefigen Bett, zumindest nennst du diese uralte Matratze so. Du versteckst dich vor dem Leben draußen unter deiner schweren Bettdecke. Soviel könntest du schaffen. Und was machst du? Du verpennst dein Leben und damit auch meins. Es ist eine Schande.“
„Mal angenommen ich würde streichen: Ich müsste doch nur den Pinsel in die Hand nehmen und schon ginge dein Gezeter los. Meine Pinselhaltung wäre falsch oder die Farbe zum Kotzen. Am Ende müsste zum Auszug einen Profi kommen lassen. Das kann ich mir gar nicht leisten!“
„Weil du dein Geld für bescheuerte Selbsthilfebücher verschwendest!“
„…und ich habe die schönste, kuscheligste Bettwäsche, die…
„…Draußen scheint die Sonne! Da sind andere Menschen! Die haben ein soziales Leben! Du weißt doch noch, was das ist!?“
„Du bist so gemein! Erst gestern war ich... Ach, lass’ mich jetzt in Ruhe schreiben. Von nun an werde ich alles dokumentieren! Was du mir sagst und wohin du mich führst…“
„Wie bitte, was? Soll das so etwas wie eine Kurzgeschichte werden? Schwachsinn!!! Wer liest denn so was bitte schön!?“
„Ich hör’ dir gar nicht mehr zu!“
„Dir gehen die Argumente aus, Versager.“
„Versagerin. Wenn du mich schon beschimpfst, mach es richtig!“
„So wie du dich gehen lässt, bin ich mir gar nicht so sicher, was du bist!“
„Aber ich bin zu Hause! Ich mache mich doch nicht für die Stehlampe zurecht!“
„Und wenn der Postbote kommt?“
„Dann mache ich nicht auf... Also, kommen wir zurück zum Runterputzen! Das Männchen in meinem Ohr, wissen sie, das kann mich manchmal ganz schön verunsichern.“
„Mit wem redest du da? Bist du jetzt völlig verrückt geworden? Glaubst du im Ernst, irgendjemanden interessiert…“
„Ich ignoriere dich einfach. Ein Beispiel für deine Schandtaten wollte ich anführen. Womit fange ich da an… Erst vorgestern zum Beispiel! Da hatte ich ein Vorstellungsgespräch und mein Nachbar Peter, der in der Firma arbeitet, hatte bereits ein gutes Wort für mich eingelegt. Angeblich bekommt man heutzutage ja nur noch über Beziehungen eine vernünftige Arbeitsstelle. Also war ich recht zuversichtlich.“
„Warst du gar nicht! Du hast die ganze Zeit rumgejammert. Du könntest dich vor dem Schnuckelchen Peter blamieren, wenn er erst mal erkennt, für was für eine Flasche er sich da eingesetzt hat.“
„Also das hast ja wohl du die ganze Zeit erzählt! Um mich zu verunsichern! Ha, du hast dich verquatscht… ICH habe mir nämlich überlegt, was ich Schlaues beim Gespräch sagen kann, was ich anziehen werde und so weiter. Ich habe mich gut vorbereitet!“
„Du hast es trotzdem versaut!“
„Nein, habe ich nicht! Ich war sogar ein bisschen witzig. Die Abteilungsleiterin hatte ich überzeugt.“
„Auf die kam es aber nicht an, du Dussel. Außerdem hat die dich nur favorisiert, weil sie wahrscheinlich auf Peter steht. Wenn er clever ist, geht er mit ihr mal weg. Die war ja scharf! Neben der siehst du noch bemitleidenswerter aus, mit deinem käsigen Teint, den grauen Augenringen und den schlaffen, dünnen Haaren.“
„Was, aber ich hatte mich gestern doch extra… Ach vergiss es! Spielt ja eh' keine Rolle mehr.“
„Erzähl es ruhig zu Ende! Peter bekommt statt dir einen kompetenten Kollegen.“
„Fast kann ich dich grinsen sehen. Aber so stimmt das nicht! Ich bin doch qualifiziert und jung und flexibel und…“
„… eine dumme Kuh, die sich was einredet. In dieser Gesellschaft wirst DU ganz bestimmt nicht gebraucht.“
„Die Welt hat vielleicht nicht auf mich gewartet, aber ich kann doch nicht vollkommen nutzlos sein! Ich habe ein Studium abgeschlossen und ein bisschen Erfahrung habe ich auch schon! Ich…“
„Von dieser Selbstbeweihräucherung kannst du deine Rechnungen auch nicht bezahlen.“
„Ich resigniere. Du hast wohl Recht. Ausnahmsweise sind wir uns einig.“
„Du irrst, wir sind uns nicht ausnahmsweise einmal einig, sondern fast immer. Du willst dir das nur nicht eingestehen.“
„Ich habe doch eben schon gesagt, dass ich aufgebe! Du kannst jetzt eine Pause machen. Ich gehe mir inzwischen einen Schokopudding holen.“
„Ja, sehr schön. Jeder Löffel geht sofort…
„Halt endlich deine Klappe!!!“
„… auf die Hüften! Kein Grund mit dem Kissen um dich zu werfen. Das mit der Bikinifigur wird diesen Sommer wohl wieder nichts, was? Und ganz sicher wird es nichts mit Peter!“
„Weißt du was? Ich habe eine Idee!“
„Oh bitte, erzähl sie mir! Ich bin ja so gespannt. Das kann nur ein Hammer sein, vor allem nach diesem Kurzgeschichten-Fiasko.“
„Spar die die Ironie. Bald ist es aus mit dir. Ich geh’ mir jetzt die Ohren putzen. Und zwar so gründlich wie nie zuvor!“
„Und was willst du denn ohne mich machen? Niemand sonst mag sich mit dir unterhalten. Was gehst du ins Bad? Schokopudding gibt’s da nicht. Puh, also in diesem Kalkloch könntest du ruhig mal wieder sauber machen. “
„Was ich ohne dich mache? Geschichten schreiben, zum Beispiel!“
„So was wie diese Perle hier, ja?!“
„Ganz genau! Oder ich fange bei der Regenbogenpresse an und enthülle deine Schurkereien.“
„Du bist nicht halb so witzig wie du denkst.“
„Und du bist bald Geschichte. Irgendwelche letzten Worte?“
„Hör auf zu grinsen und nimm’ deine Wurstfinger von dem fleckigen Spiegelschrank… Leg’ Die Wattestäbchen wieder weg! Das ist doch sinnlos. Du hast dir die Ohren erst am Morgen geputzt!“
„Stimmt, aber jetzt will ich einen tiefer liegenden Schmutz beseitigen. Warte kurz, dafür werde ich das Stäbchen noch etwas anfeuchten. Hoffentlich ist es lang genug…“
„Du wirst dir nur dein Gehör ruinieren!“
„Vielleicht, aber vorher werde ich noch etwas ganz anderes ruinieren. Also, los geht’s! Au! War die Kurve schon immer da?“
“Haha, du kriegst mich nicht! Aber warte mal, das kann doch nicht wahr sein! Du bist doch völlig durchgeknallt! Zieh das Teil wieder zurück! Tut dir das nicht auch weh?“
„Ein bisschen schon. Aber das ist nichts gegen die Schmerzen, die du mir tagtäglich bereitest! Nanu, was haben wir denn da?“
„Du überdrehte Sumpfkuh! Als ich eben erzählt habe, dass ich frisch gestrichen habe, da war das kein Scherz! Hör’ auf mein Haus kaputt zu machen!“
„Hihi, das kitzelt jetzt nur noch ein bisschen! Schrubb, schrubb.“
„Igitt, das ist kalt. Oh nein, das war mein schönes Sofa! Du kannst vielleicht meine Wohnung in Kleinholz verwandeln, aber in den Tiefen deines Ohres bin ich zu Hause. Ich baue alles wieder auf! Au, verdammt!“
„Wenn wir uns zusammen tun, dann haben wir genug für den Sperrmüll. Aber verkriechen wirst du dich nicht. Du kommst mir nicht davon!“
„Ah, was machst du denn jetzt? Alles wackelt. Das ist ein Erdbeben!?“
„Nein, ist es nicht. Du bist recht dämlich, kann das sein? Ich schüttle dich raus! Du hast doch selbst gesagt, draußen tobt das Leben. Aus eigener Erfahrung hast du da wohl kaum gesprochen. Igitt, was ist denn das in meinem Ohr. Ist viel weicher als der Rest!?“
„Krch! Du… quetscht …ir die …uft ab!“
“DAS bist du? Meine Güte, musst du fett sein! So viel zum Thema Bikinifigur! Und jetzt raus! Komm schon, gegen Wattestab und ‚Erdbeben’ hast du eh’ keine Chance! Und schrubb… und schüttel'…“
„Urgh, alles ist glitschig. Ich kann mich nicht halten! Krch, ...leib weg! …eine …uft mehr! Argh! Ich falle, nein! Hilf’ mir doch jemand!!!“
„Nein, keiner hilft dir. Ich musste ja auch allein mir dir fertig werden! Aua, lass’ das! Da bekommst gleich eins mit dem Stäbchen drüber! Raus, raus, raus mit dir… Igitt! Das bist du!? Du widerliches kleines Männchen, so aufgedunsen, faltig und grau! Eine Kugel bist du! Mit einer kleinen Kugel als Kopf. Die zwei Haare sollen deine Frisur sein. Wer konnte sich denn da den letzten Haarschnitt nicht leisten?“
“Quiek, ich kann gar nichts sehen, aber ich bin sicher das ist auch besser so! Dich von außen sehen will ich gar nicht! Es ist kalt! Ich will nach Hause…!“
„Brr, nein! Du bleibst schön im Waschbecken. So etwas Ekelhaftes kommt mir nicht wieder in mein Ohr!“
„Mir tut alles weh! Bitte lass mich wieder nach Hause. Was hältst du von einem Waffenstillstand!? Ich lasse dich in Ruhe, bis ich alles wieder aufgebaut habe!“
„NEIN, du kommst ganz sicher nicht zurück. Ich will dir allerdings auch nicht beim Ertrinken zusehen. Wenn ich das Wasser laufen lasse, dann wirst du einfach weggespült! Der Gedanke gefällt mir.“
„Oh nein, bitte nicht! Das Wasser ist kalt, nass und da unten ist es bestimmt wirklich verdreckt! Spül’ mich nicht weg. Du kannst mich doch behalten und füttern. Wie ein kleines Haustierchen! Oder in ein Gurkenglas sperren und dann feierlich im Park aussetzten.“
„Tut mir leid, keine Feier zu deinen Ehren. Aber in Park könnte ich mal wieder gehen. Vielleicht sogar mit Peter… Willst noch etwas sagen, bevor du in dein neues Heim einziehst?“
„Heul’ und schluchz’, nein! Das kann doch alles nicht wahr sein! Das ist ein Traum. Ein ganz schlimmer! Ganz bestimmt… Oh, ich armes kleines Wesen! Das habe ich alles gar nicht verdient…“
„Leb’ wohl, kleiner Fiesling. Vielleicht findest du deinen Weg zu mir zurück, doch dann bin ich vorgewarnt! Und nun… Wasser marsch!“