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Mein Bild im Spiegel
Dunkler schwarzer Sud brodelt in einem verstopften Waschbecken. Ich schaue in den Spiegel vor mir. Ein breiter Riss zieht sich durch die Scheibe. Erst als ich einen Schritt zur Seite mache, erkenne ich mich. Das fahle Neonlicht legt mir ein Leichentuch über. Durch das offene Kellerfenster weht eine leichte Brise. Ich schaue an mir herab, betrachte meine Hände. Seine Berührungen fühlten sich an wie Wunden, Wunden die beginnen zu heilen und eine gestärkte Verbindung zurücklassen. Vorsichtig streiche über meinen Hals. Zärtlich waren seine Bewegungen, als er ihn berührte. Meine Nerven haben verrückt gespielt, er elektrisierte mich. Flackerndes Neonlicht, kurzzeitige Dunkelheit.
„Du hattest da was kleben“, ich habe ihn sprechen gehört, doch Worte hatten keine Bedeutung. Seine Gegenwart machte mich rasend. Äußerlich entspannt und fröhlich, im Inneren ein Vulkan direkt vor dem Ausbruch. Ein Gluckern und Brodeln in der Toilette. Geschrei vor der Tür.
Langsam fahren meine Hände über meinen Hals zu meiner Brust. Wunschdenken. Meine Hände zittern bei dem Gedanken an seine Berührung. Zwei kleine schwarze Spinnen suchen sich ihren Weg auf dem Spiegel und verschwinden in dunklen Splittern.
Ich schließe die Augen und versuche an nichts zu denken, meine Atmung zu kontrollieren. Ich sehe ihn, spüre, wie sich meine Nackenhaare aufstellen, ein Kribbeln, das sich angenehm über meinen ganzen Körper zieht. Ein Schlag an die Tür dröhnt in meinen Ohren. Ich öffne langsam die Augen.
„Lili, verdammt noch mal, komm raus oder wir feiern ohne dich weiter“, höre ich über den dumpfen Beat im Hintergrund jemanden vor der Tür rufen.
Ich drehe den Wasserhahn auf. Das Wasser sammelt sich im Waschbecken. Ich halte meine Hände in das eiskalte Wasser, bis sie brennen.
„Ich komme schon! Wartet bloß auf mich, ohne mich feiert hier keiner“, höre ich mich sagen und bin bereits durch die Tür verschwunden.