- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 9
Mike
Mike hörte das Auto bereits, als es auf die kieserne Einfahrt einbog. Seine Erregung war schon ins unermessliche gewachsen und er freute sich in vielerlei Hinsicht auf sein „Date“, auch wenn er nicht genau wusste, wie sie denn nun wirklich aussah.
Ja, so wie all die anderen, nicht wahr? Alles so hübsche kleine Dinger, die auf deinen gespielten Charme hereingefallen sind.
Er hatte Melinda gestern in einem Lokal kennen gelernt, ihr ein paar Drinks spendiert und sie für heute einfach zu sich nach Hause eingeladen. So schnell ging das normalerweise nicht, aber zu diesem Zeitpunkt, also als er Melinda traf, war er bereits ziemlich stark betrunken gewesen.
Mike hatte ein großes Charisma und war auch ein sehr attraktiver Mann, ihm fiel es wahrlich nicht schwer, eine Frau ins Bett zu kriegen.
Gefickt hast du sie, stundenlang. Und dann...? Hörst du noch die Schreie? Hörst du sie noch?
Sein Haus war ziemlich weit abseits. Sein Nachbar, irgendein seniler Typ namens Henri, wohnte einen Kilometer entfernt. Mike hatte ein großes und sehr hübsches Haus im viktorianischen Stil. Es zu erhalten war für ihn absolut kein Problem. In hohen Fachkreisen galt er als sehr talentierter, junger Versicherungsberater, der ordentlich Kohle kassierte. Mike war ein geschätzter Mann. Sein Haus immer sauber und der Rasen gemäht. Der perfekte Mann.
Es ist doch wohl ein Wunder, dass niemand draufgekommen ist, oder? Wie viele waren es denn nun? Fünf, sechs oder sogar mehr? Weißt du es denn überhaupt noch?
Mike ging langsam in das Schlafzimmer. Noch ein letzter Check. Er öffnete die oberste Schublade an der Kommode neben dem Bett. Ein Sonnensstrahl der untergehenden Sonne stahl sich durch einen Schlitz der Jalousien und reflektierte auf der makellos sauberen Klinge des Messers. Er drehte es hin und her. Es funkelte und blendete ihn. Langsam legte er das Messer wieder zurück. Mike dachte er über die früheren Frauen nach.
Mehr als Sex hatte nie herausgeschaut, konnte nie herausschauen. Dafür war die Lebenserwartung seiner Frauen einfach zu kurz.
Mike hatte zum ersten Mal vor vier Jahren getötet. Damals war er zwanzig Jahre alt. Die Frau, besser gesagt das Mädchen hieß Jenny. Er erinnerte sich noch genau an den Duft ihres Parfums und an die Makellosigkeit ihres Gesichtes. An ihre wunderschönen blauen Augen.
Erinnerst du dich auch noch an den Ausdruck in ihren Augen, als du das Leben aus ihr rausgeprügelt hast? Und denkst du noch oft darüber nach, wie dein Leben verlaufen wäre, ohne diese Nacht?
Nach einer Party, einer wilden und ausgelassenen Party am Strand war Mike mit Jenny weggefahren. Gott, er war so betrunken gewesen und er konnte die Augen nicht von ihr lassen. Mike hatte zu ihr gesagt, dass er sie heimführen würde. Doch so wirklich hatte er das nie vor. Als hätte sich in diesem Moment ein Schalter in seinem Inneren umgelegt, verlief sein Leben nun in einer anderen Bahn. Er war in ein Waldstück gefahren. Damals hatte Jenny es ganz erotisch gefunden, so alleine im Wald. Sie hatte sich nicht dagegen gewehrt. Mike hatte bekommen, was er wollte, ohne Widerstand. Vielleicht war genau dieser Umstand, der ihn so rasend machte. Er hatte ein Ziel erreicht und wollte mehr. Mike wurde aggressiv, er begann auf Jenny einzuschlagen, immer fester und schneller. Wie in Rage versetzte er ihr einen Hieb nach dem anderen. Bald war sie bewusstlos, aber er drang weiter in sie ein und im selben Maße prügelte Mike weiter. Bald erklang ein ekeleregendes Geräusch, als mehrere Knochen in Jennys Gesicht gleichzeitig brachen und plötzlich war seine Rage vorbei. Seine Hand war blutig, genauso wie der Teil der hinteren Bank, wo Jenny lag. Langsam besann er sich seiner Bluttat. Mike begann kühl über sein Problem nachzudenken. Er hatte keine Panik, nein, als wäre es normal, mit einem Mädchen zu schlafen und es danach zu erschlagen, ging er im Kopf einige Lösungswege durch. Schließlich vergrub er sie irgendwo im Wald.
Keine Reue, keine Spur von schlechten Träumen, nein, du bist wohl auf den Geschmack gekommen damals, wie? Tatsächlich hat sie niemand gefunden. Cleverer Bursche. Aber ich sag dir was. Damit kommst du nicht durch, du wirst schon sehen...
Viele Umstände standen sehr günstig für Mike damals: Jennys Eltern waren auf Urlaub, so kam die Vermisstenanzeige erst sehr spät, außerdem hatte es danach mehrere Tage durchgeregnet und die meisten Spuren getilgt. Bis heute hatte man Jenny noch nicht gefunden. Tatsächlich hatte er dann weitergemacht. Sieben Morde. Und niemand war ihm bisher auf die Schliche gekommen. Die Leichen betonierte er immer ein. Das neue Gartenhäuschen hatte deshalb auch einen besonderen Wert für ihn. Fünf waren im Fundament einzementiert. Er bedachte ihrer jedes Mal, wenn er sich einen Rechen oder ein anderes Gartengerät holte. Normalerweise holte er seine Opfer immer ab, damit es keine Scherereien wegen Autos und ähnlichem gab. Doch diesesmal hatte Melinda darauf bestanden, eigens mit dem Auto aufzukreuzen.
Siehst du, dein erster Fehler. Sonst hast du sie immer woanders hingelockt und nachher erst, ohne das Wissen von Bekannten zu dir heim geholt. Nun lässt du sie schon persönlich vor fahren, das wird ein schlimmes Ende nehmen.
Der Wagen, ein Honda Civic, hatte etwa die Hälfte des Weges überwunden, als Mike in die Küche ging, um den Fernseher abzuschalten. Sein Blick fiel auf die laufenden Nachrichten. Ein Inspektor wurde gerade interviewt. Er sprach von irgendwelchen Parallelen zwischen zwei grausamen Morden und es erschienen zwei Bilder von jungen Männern. Es hieß, dass sie lange gefoltert wurden, bevor sie starben. Mike lächelte nur vor sich hin und schaltete den Fernseher aus. Er verließ das Zimmer und es läutete an der Tür. Er war gespannt, er wusste tatsächlich nicht mehr genau, wie Melinda aussah. Mike öffnete die Tür – und ihn traf der Schlag. Rotbraune Haare, ein feistes Lächeln im Gesicht und eine sonore Stimme sagte: »Hi Mike.«
Erst einmal sagte er gar nichts. Verblüfft starrte er Melinda an, auf die doch recht feste Figur und sah ihr dann in ihre smaragdgrünen Augen. Schließlich überwand er sich.
»Hallo Melinda, schön, dass Sie wirklich gekommen sind.« Wie betrunken war er gestern bitte gewesen. Hatte er wirklich diese Frau zu sich eingeladen?!
»Ich bin doch gern gekommen.« Sie zwinkerte Mike zu und sein Herz raste. Verdammt, musste er jetzt tatsächlich...Erst jetzt bemerkte er, dass Melinda immer noch vor der Tür stand.
»Ich bitte Sie, treten Sie doch ein.«
»Danke.« Schüchtern betrat Melinda das Haus. »Ein schönes Haus haben Sie da, Mike.« sagte sie.
»Vielen Dank, ich hab es selbst gebaut, gemeinsam mit meinem Dad.« Wie zäh. Nach dem ersten Schock fand Mike Melinda doch recht anziehend. Er konnte nicht sagen warum, aber er hatte doch wirklich Lust auf sie. Er führte sie zunächst in die Küche.
»Kaffee?«, fragte er sie. Als sie verneinte, bot er ihr einen Drink an, den Melinda annahm. Mike schenkte zwei Gläser Bourbone ein und setzte sich ihr gegenüber auf den Tisch. Sein Blick fiel auf ihre üppigen Brüste, Mike konnte nicht wegsehen. Melinda erkannte das und nützte ihre Chance sofort.
»Gefallen sie Ihnen?« Sie reckte ihre Brüste in wenig in die Höhe.
»Sie sind toll.« Mike sagte das wie ein Weinkenner, der eine edle Marke gefunden hatte.
Langsam näherte sich ihr Gesicht dem seinen. »Wollen Sie vielleicht kosten?«, gleichzeitig fuhr sie ihm mit der Hand zwischen die Beine. Mike konnte nicht mehr. »Gehen wir doch ins Schlafzimmer«, schlug er vor, während er langsam aufstand. Melinda folgte ihm.
Mike ging ins Schlafzimmer und als Melinda eintrat schloss er die Tür und versperrte sie. Das berührte Melinda wenig.
Dann begann sie ihn auszuziehen. Mikes Hände tasteten unter ihre Bluse. Verdutzt hielt er inne. Er hatte seine Hände gerade unter ihre Brüste geschoben!
Im selben Moment verspürte er einen heftigen Schmerz, als Melinda ihn zwischen die Beine trat. Nach Luft schnappend kippte Mike um. Was zur Hölle?!
Zuerst dachte Mike, dass er träumen würde, aber sein Schmerz erinnerte ihn an das Gegenteil.
Ich hab’s dir gesagt. Hundertmal hab ich dir’s gesagt. Das war’s jetzt Mike...
Er wollte aufstehen, aber da war Melinda über ihm, die seinen Kopf packte und ihn auf die Fliesen niedersaußen ließ. In seinem Kopf explodierte der Pein. Jegliches Gefühl, wo oben und unten sei, ging ihm verloren, er sah alles doppelt. Sie schlug drei, vier mal auf ihn ein, dann schleifte sie ihn zum Bett. Melinda ging zu ihrer Handtasche und als sie zurückkehrte hatte sie Handschellen in der Hand. Sie hob ihn ins Bett und kettete ihn an. Sie holte Stricke aus ihrer Handtasche und band damit seine Füße fest.
»Na Kleiner, wie sieht’s aus?« Die Stimme war nun nicht mehr nur rau. Es war eine Männerstimme! Ein Transvestit, Gottverdammt! Mike wand sich hin und her, aber konnte seiner Situation nicht entkommen. »Mami ist gleich wieder da,« flüsterte sie ihm ins Ohr, »sie holt nur ihr Spielzeug aus dem Wagen, damit wir auch richtig Spaß haben können.« Dann verschwand sie.
Mike war fassungslos und halb besinnungslos zugleich. Was war eben geschehen, wurde er gerade von einem Transvestiten überfallen? Oder täuschte er sich nur?
Sie kehrte bald darauf zurück. Endgültig erkannte Mike, dass es keine Sie war. Es war ein Mann. Nur die engen Jeans erinnerten noch an „Melinda“, der Mann ging barfuss und hatte seinen Oberkörper freigemacht. Mike begann wild zu zittern, als er erkannte, was er aus dem Auto geholt hatte. In seiner rechten Hand trug der Mann einen großen Hammer und in der linken einen Koffer. Der Mann stellte den Koffer auf die Kommode und den Hammer lehnte er daneben hin. Er spazierte zum Fenster und öffnete die Jalousien.
»Was wollen Sie von mir?« Mikes Stimme schwankte.
»Nur ein bisschen Spaß haben, weiter nichts.« Mike zerrte an seinen Fesseln, aber das war vergeblich. »Es kann aber sein«, fuhr der andere fort, »dass es ein wenig weh tun wird.«
Er öffnete den Koffer. Mikes Blick fiel auf die Utensilien darin. Messer verschiedenster Größen, Skalpelle, er erkannte ein Sackerl Salz und einen kleinen Bohrer.
Seine Augen weiteten sich. Er starrte die einstige Melinda an.
An der rechten Brust prangerte „DIE HARD“ als Schriftzug einer Tätowierung.
Der Mann lächelte. Der Bohrer begann zu kreischen.
Und Mike zu schreien.