Mittwoch,27.06
Heute war der ganze Tag komisch, irgendwie weiss ich gar nicht mehr, wem oder was ich glauben soll! Alle benehmen sich so merkwürdig. Mama hat heute die ganze Zeit gezittert und Papa hat versucht sie zu beruhigen. Ich habe Oma gefragt, was los sei, aber sie nahm mich nur in den Arm und flüsterte mir ins Ohr, dass alles in Ordnung sei und ich mir keine Gedanken darüber machen solle. Selbst Mariechen hat die ganze Zeit über nur gequengelt und hat sich kaum von Mamas sanfter Stimme trösten lassen. Ich saß im Wohnzimmer und habe ein hübsches Bild gemalt von Wiesen, Wolken und schönen Blumen, ich konnte aus der Küche sehen, dass meine Mama immer wieder auf die Straße schaute und sich hinter dem Vorhang versteckte, so als hätte sie große Angst gehabt. Ein Monster hätte da nicht sein können, schließlich weiss ich ja von Opa, dass es diese nicht gibt, aber vielleicht war es ja ein Vampir, nein, nein die kommen nur bei Nacht aus ihren Särgen gekrochen. Gegen 12 Uhr haben wir alle gegessen, es gab Eintopf mit Würsten, die macht die Mama selbst und schmecken tun sie auch gut. Immer gab es am Tisch was zu reden, entweder redete Papa oder Omi erzählte Geschichten über ihre Kindheit, diese hatte sie zwar schon einige Male erzählt, doch sie vergaß es immer und fügte jedesmal neue spannende Szenen hinzu. Aber heute sagte niemand etwas, ich schaute sie alle nacheinander an: Mama, Papa, Oma, Opa und Mariechen, doch sie saßen nur da und sahen nachdenklich und traurig aus. Draußen war es sowieso kein schöner Tag zum Spielen, Rauchwolken standen am Himmel und es war fast dunkel, obwohl es noch so früh war. Die Sonne schien, aber man konnte sie nicht sehen. Ich aß wie immer ziemlich langsam und als wir fertig waren, nahm Mama die Teller und fing an sie abzuwaschen, währenddessen schaute sie immer wieder aus dem Fenster hinaus auf die Straße. Oma nahm Mariechen und mich und wollte, dass wir einen Mittagsschlaf machen. Wie ich das hasse, wieso muss ich schlafen, wenn ich schon die ganze Nacht geschlafen habe! Während wir uns in unser Wohnzimmer bewegten, welches auch das Schlafzimmer ist ,hörte ich wie ein Teller auf den Boden fiel. Mama stand ganz erschrocken da und schaute eine Weile nur starr gerade aus, bis Papa kam und ihr helfen wollte die Scherben aufzufegen. Mama redete seltsam und schaute dabei Papa an, dieser legte den Besen zur Seite und nahm sie in den Arm. Ich wusste immer noch nicht, was denn los ist und eigentlich weiss ich es auch jetzt nicht. Du kannst mir zwar auch nicht helfen, aber wenn du könntest würdest du es ganz bestimmt machen. Ich bin froh, dass ich dich und Teddy habe. Er sitz gerade neben mir. Was wollte ich ,ahja jetzt fällt es mir wieder ein, Oma lächelte mich daraufhin freundlich an. Ich legte mich mit Mariechen auf die Matratze, die neben dem Ofen stand. Es war kuschelig warm. Das Essen hatte mich wohl so müde gemacht, dass ich schnell eingeschlafen bin. Ich habe von ganz tollen neuen Malstiften geträumt, diese gehörten nur mir, ganz allein.
Doch irgendwie wachte ich ganz schnell auf, es war so laut und 2 Männer hatten die Türe aufgebrochen, sie standen im Zimmer, meine Mama packte uns und drückte uns ganz fest an sich .Ich hatte vor den Männern Angst. sie schrien etwas und Mama weinte, Oma stand neben ihr und weinte auch, Mariechen fing ebenfalls an und die Männer schrien noch lauter. Sie waren ganz groß, hatten schwarze stiefel und hässlich braune Anzüge oder etwas ähnliches an, ich hatte solche schon mal gesehen und unsere Nachbarin redete auch oft mit Oma über solche Leute. Doch ich wusste nicht, was sie wollen, einer schaute mich ganz böse an. Ich drückte Mamas Hand ganz fest. Papa stand plötzlich im Zimmer und versuchte mit ihnen zu reden, doch sie hörten gar nicht zu. Sie packten Papa, alle beide nahmen ihn und wollten ihn irgendwohin mitnehmen, Mama rannte auf sie zu und versuchte sie daran zu hindern, doch der eine Mann tat ihr weh, sie fiel auf den Boden. Ich rannte zur Tür, um ihnen nachzusehen, doch sie waren weg. Dann lief ich zum Fenster, stellte mich auf den Stuhl und schaute hinaus, ich sah wie sie Papa wegbrachten. Er drehte sich kurz um, ich versuchte ihm zu winken, doch er sah mich einfach nicht. Wo haben sie denn Papa hingebracht, ist er böse gewesen? Glaube ich aber nicht, denn Papa ist ein guter Mensch. Mama kam zu mir, ich fragte sie, wohin er gezogen sei, doch sie antwortete nicht, aber warum bloß? Opa nahm Mariechen und mich und wir setzten uns auf das Sofa. Oma und Mama gingen in die Küche. Keiner erzählt mir was, wird Papa morgen wieder kommen, vielleicht muss er arbeiten. Ich finde den Tag wirklich seltsam und der Rauch steht immer noch am Himmel, das macht mir langsam Angst, vielleicht war ich nicht nett genug zu Papa und er mag mich nicht mehr. Ich werde versuchen mich zu bessern und dann kommt Papa ganz bestimmt wieder.
Als Sie dieses Büchlein auf dem Dachboden ihrer Mutter fand, konnte sie es nicht glauben, dass ihr Bruder all dies niederschrieben hatte, sie hatte davon wenig mitbekommen, schließlich war sie noch kleiner als er gewesen, doch heute brachten sie diese Worte um, sie fand sie qualvoll, einem Kind, das keine Ahnung vom Leben hatte, soviel zuzumuten, sie hatte es nicht einfacher gehabt, desto älter sie wurde und sie fragte sich, mit Tränen in den Augen, wie sie diese schreckliche Zeit nur überstanden hat.