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Montagsblumen
Es gibt eine Frage, die ich mir immer und immer wieder stelle: Warum sehen die Vögel im Naturführer nie so aus wie die auf meiner Terrasse? Aus dem Grund würde ich auch nie Pilze sammeln. Also nicht, weil ich sie im Buch bei den Vögeln nicht finden würde, aber wenn man schon dem Vogelbuch nicht trauen kann, wie soll es dann erst bei den Pilzen funktionieren?
Vielleicht beobachte ich zu oberflächlich und finde so die Unterschiede nicht oder ich betrachte die Welt zu detailiert uns dann ist der Schnabel auf dem Foto etwas dünner und die Flügelspitze etwas länger und ich erkenne den Vogel wieder nicht.
Ja, ich glaube das Zweite ist es.
Um ehrlich zu sein finde ich Vögel sowieso nicht besonders aufregend. Es ist aber angenehmer am Wochenende beim Frühstück etwas Gesellschaft zu haben. Alleine macht es ja doch keinen rechten Spaß und da wäre es eben hin und wieder ganz nett, den Besuch beim Namen nennen zu können. Aber es ist nichts, was ich wissen müsste, vor allem nicht beruflich. Schließlich bin ich kein Ornithologe, sondern der persönliche Assistent des Chefs eines relativ großen Unternehmens. Das heißt ich kümmere mich um seine Post, buche Flüge und Hotelzimmer oder erledige für ihn Bankgeschäfte. Kurz gesagt: Ich halte ihm den Rücken frei und greife ihm unter die Arme, wo ich nur kann.
Doch auch ich kann das nicht alles alleine bewältigen und deshalb habe auch ich eine Assistentin, die mir hilft, wenn es mal wieder alle Hände voll zu tun gibt. Sie sitzt mir gegenüber an einem großen Schreibtisch und ist so ein guter Mensch, wie man keinen zweiten findet.
Deshalb fahre ich jeden Samstag zum Gärtner, suche einen Blumenstrauß aus und lasse ihn ihr montags ganz frisch ins Büro liefern. Es soll ja auch am Arbeitsplatz angenehm sein.
Wir können uns auch ganz ausgezeichnet unterhalten, wenn es hin und wieder nicht ganz so viel zu tun gibt. Einmal hat sie mich gefragt, ob ich gerne ins Kino ginge. Da habe ich geantwortet, ich wäre schon lange nicht mehr im Kino gewesen. Sie fragte dann weiter, was ich am kommenden Wochenende machen würde und da habe ich ihr erzählt, ich würde Konzertkarten kaufen, da bald bei uns in der Stadt berühmte Sinfonien gespielt würden. Darunter auch meine Lieblingssinfonie. Sie wollte wissen, welche das sei und zu meinem Erstaunen scheinen wir genau den gleichen Musikgeschmack zu haben. Dann unterhielten wir uns noch über ein paar bekannte Künstler und Werke, bis unser Chef von seiner Geschäftsreise wiederkam.
Da ich wusste, dass sie noch vor dem Konzert Geburtstag hat, habe ich ihr dann am Wochenende eine Karte für die erste Reihe gekauft, wo ihr das Stück doch auch so gefällt. Mir reichte die fünfte Reihe. Sie hat sich sehr über das Geschenk gefreut und an dem besagten Abend ist sie tatsächlich gekommen. In der Pause habe ich sie dann gesucht und sie auf ein Glas Champagner eingeladen. Sie war ganz überrascht mich zu sehen, dabei hatte ich doch gesagt ich würde mir Karten kaufen!
Jedenfalls war es ein ganz ausgezeichneter Abend und wir haben uns noch mehrfach über das tolle Konzert unterhalten.
Wie gesagt, sie ist ein ganz wunderbarer Mensch. Vielleicht sollte ich sie auch mal ins Kino einladen.
Aber darüber kann ich mir auch später Gedanken machen, jetzt habe ich erst einmal eine Verabredung am Frühstückstisch. Ich habe mich auch extra auf den Besuch vorbereitet und mir ein neues Buch gekauft. Vielleicht erkenne ich ja damit die Vögel auf meiner Terrasse. Es wäre aber auch nicht schlimm, wenn es mir nicht gelingen würde. Wie gesagt, ich muss das ja nicht wissen. Wie schön die Sonne heute doch scheint!