Was ist neu

Morgens

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08.08.2005
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Morgens

Das Zimmer war von dem Dämmerlicht in ein schemenhaftes Grau getaucht. Mit den schärfer werdenden Konturen der Möbel, kündigte sich auch der neue Tag an. Seufzend machte sie langsam die Augen weiter auf und rollte sich auf die Seite. Dort lag er und schlief noch. Auf dem Rücken. Seine Arme entspannt an seinem nackten Körper, bis zum Bauch von einem Laken bedeckt. Den Kopf leicht zur Seite geneigt.
Diese Zeit des Tages liebte sie am meisten. Die Falten auf seiner Stirn waren verschwunden, ebenso der gehetzte Ausdruck in seinen Augen. Sein Atem ging ruhig und regelmäßig. Sie wollte ihn nicht wecken, also stellte sie sich vor, sie würde mit den Fingern durch sein Gesicht streichen und ihn sanft küssen.
Gleich würde er aufwachen, und die Illusion wäre dahin. Sie kannte das schon, aus all den Nächten zuvor. Nachts klammerten sie sich verzweifelt aneinander, schliefen zusammen ein und morgens verbrachte sie ein paar Minuten mit dem Gedanken, was wäre wenn…
Er bewegte leicht den Kopf. Es war vorbei. Sacht drückte sie ihm nun ein Kuss auf die Stirn, woraufhin er sie lächelnd, aber noch mit geschlossenen Augen, in den Arm nahm. Bedacht darauf, jede Sekunde zu genießen, kuschelte sie sich an ihn, legte den Kopf auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag. Das regelmäßige Pochen empfand sie wie Musik. Während er langsam mit der Hand ihre Wirbelsäule entlangfuhr und sein Gesicht in ihren Haaren vergrub, lag sie auf seiner Brust und atmete tief ein. Sie liebte seinen Geruch. Dann richtete sie sich auf und küsste ihn auf den Mund, während er mit den Fingern ihre Gesichtszüge erfasste.
„Wir müssen aufstehen.“, murmelte er und beendete damit das Ritual.
Er hatte Recht, doch wenn es auch nur einen Morgen nach ihr gegangen wäre, wären sie auf der Matratze auf dem Boden liegen geblieben. Widerwillig lösten sie sich voneinander, standen auf und griffen nach den Kleidern. Während er sich vor dem Spiegel die Zähne putzte, stand sie vor ihm und knöpfte sein Hemd zu. Worte wechselten sie kaum, auch nicht, als sie vor dem Spiegel stand und er ihre dichten Haare kämmte. Es war alles gesagt.
Der Abschiedskuss war immer flüchtig. Sie hatte sich damit abgefunden. Aber, wenn er es doch nur einmal sagen könnte. Nur ein einziges Mal. „Wir sehen uns heute Abend.“ Doch er sagte es nicht. Der gehetzte Ausdruck war längst in seine Augen zurückgekehrt, der Körper angespannt.
„Überleb für mich.“, sagte er stattdessen, lächelte und drehte sich dann schnell um. Dann verschwand er auf der Straße zwischen den Häuserruinen. Inzwischen hatte sie sich in die andere Richtung gewendet und lief durch die zerbombte Stadt an den Leichen der letzten Nacht vorbei.

 

Hallo SunnySmile,

herzlich willkommen hier bei uns auf Kg.de :),

dein Einstand kann sich lesen lassen. Ich werde dir erstmal ein paar Textstellen auflisten und später noch was zum Inhalt des Textes schreiben:

Mit den schärfer werdenden Konturen der Möbel, kündigte sich auch der neue Tag an.

kein Komma nach Möbel

Gleich würde er aufwachen, und die Illusion wäre dahin.

Komma weg

„Wir müssen aufstehen.“,

Punkt weg nach aufstehen, da der Satz ja noch weitergeht (gibt es weiter unten noch einmal)

„Überleb für mich.“,


Du läßt mich als Leserin lange im Glauben, dass es sich um eine Affäre handelt und der Prot deswegen keine Versprechungen gibt. Insofern war das mit dem Kriegsalltag eine Überraschung.

Aber - und da kann ich zwar nur auf Erfahrungen von meinen Eltern zurückgreifen, aber die waren lang und intensiv: Nachts ist es in Kriegszeiten nicht ruhig, so dass man sich abends kuschelig ins Bett legt und morgens dann eben ängstlich (ja, dann müssen wir in den neuen Tag...) verabschiedet. Die Angst ist Tag und Nacht da. Bombenangriffe waren oft nachts und wenn du von einer zerbomten Stadt schreibst, haben mir die Zwei zuviel Ruhe in der Nacht. Das stelle ich inhaltlich mal so in Frage.

Wenn du die Angst schon in der Nacht beschreiben würdest, ohne darauf einzugehen, wieso sie Angst haben, fände ich es authentischer. Der Leser könnte ja immer noch auf die falsche Spur Fremdgehen etc. gesetzt werden, falls du mit einem Text die Absicht hattest, Spuren zu legen.

Jedenfalls ist es ein angenehm zu lesender Text; in Romantik/Erotik wiederholt sich sowieso immer wieder alles; entweder Mann/Frau-Mann/Mann-Frau/Frau oder auch buntgemischt ;).

Darum kommt es darauf an, wie man es verpackt. Das ist dir - ausser dem Logikfehler - gut gelungen.
Würde mich freuen, mehr von dir zu lesen.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Bernadette,
ich freue mich sehr über deine positive Kritik bei meiner ersten Geschichte. Du hast natürlich Recht. Ich hätte diesen ruhigen Moment, auf den es ankam, authentischer in dem Zusammenhang des Krieges darstellen müssen.
Beim nächsten Mal werde ich darauf achten.
Schön, dass es dir trotzdem gefallen hat.

Liebe Grüße
SunnySmile

 
Zuletzt bearbeitet:

Ja, bernadette hat da eine gute Kritik geliefert.
Man liest übrigens selten Kritiken, bei denen Wortwahl und Ton derart identisch zum Ausgangstext sind, wie es hier der Fall ist.

SunnyBunny,
deine Worte wirken so schwer und samtig, wie ein teurer, alter Rotwein.
Man merkt schon nach den ersten Worten, dass du dir beim Schreiben Zeit gelassen hast, es wirkt tatsächlich alles sehr gereift. Die Beschreibung der Frau und deren Beschreibung des Typens sind spitze, weil sie eine so schwermütige Leidenschaft umgibt, die doch zerbrechlich wirkt.

Als der Macker jedoch aufwacht, is auch die Atmosphäre dahin, alles scheint dann nur noch auf ein schnelles Ende hinauszulaufen. Ok, mag vielleicht der Wirklichkeit und und der Erzähllogik entsprechen, ist aber unverkennbar ein Stilbruch, da deine Geschichte von eben diesem Erzähl- bzw. Schreibstil lebt und du einfach den Leser aus seinem Taumel zerrst, obwohl du ihn doch gerade eben erst so hingebungsvoll zugelullt hast.
Die Pointe is nicht übel, hätte aber aus meiner Sicht gerne weggelassen werden können, denn was ich lesen will sind noch viele kleinschrittige Sätze voller schwermütiger Leidenschaft :schiel:

 

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