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Morsch
5:30-Alarm.
Der Scheißwecker klingelt, ich muss raus.
Ich wühle mich aus den Deckenknäuel, auf der Hut, Marion nicht zu wecken.
Mann, fühle ich mich schlecht.
Der erste Weg führt mich ins Bad vor den Spiegel, Aussehen checken.
Müde und alt, wie immer.
Nur eines ist neu, dieser Fleck auf meiner Nase.
Ich greife nach meinem Zinken, um den Dreck zu beseitigen.
„Aua! Tut das weh!“ Ich blicke verdutzt auf meine rechte Hand, die den Schmerz verursacht.
Das obere Glied meines Zeigefingers zeigt irgendwie in die falsche Richtung, der dazugehörige Knochen ragt stumpf aus dem entstandenen Loch.
„Was ist denn das für ne Scheiße?“ Aus dem Augenwinkel sehe ich noch älter aus ...
„Hey, Moment!“ Fassungslos starre ich in den verschmierten Spiegel.
Mein Riechorgan hat sich aufgekrempelt und gibt die Sicht frei auf mein Nasenbein. Wie ein Ast ragt es aus meinem Gesicht.
„Scheiße, was ist hier los?“ Die Kraft meiner Stimme drückt meine Zähne nach außen, ein paar fallen aus.
„Oh Mann!“ Ich bücke mich nach den Beißerchen und stoße mit der Stirn an den Waschbeckenrand.
„Scheiffe!“ Meine Stirn liegt frei.
„Ich muff fur Arbeit, muff arbeiten!“ Ganz vorsichtig, um nichts weiter zu beschädigen, greife ich nach dem Deoroller und will mir die Achseln parfümieren. Eines meiner Achselhaare verfängt sich in der Kugel, was mich eine Menge Haut kostet. Ich greife nach der entstandenen Öffnung und bleibe mit den Fingern stecken.
„Oh Mann!“ Ich hätte nicht mit dem Fuß aufstampfen sollen, ich kippe seitlich weg, mein Schienbein bohrt sich seinen Weg durch das Knie. Das Geräusch ist unbeschreiblich. Unterwegs auf den kalten Badezimmerboden, nimmt mir der Toilettenrand den Unterkiefer und die Lamellen der Heizung spalten mir den Kopf wie ein Eierschneider, bremsen aber vorerst meinen Fall.
Ich versuche in der Stellung auszuharren. Ich muss irgendwie Marion wecken.
„Öööhhööö!“ Gar nicht so einfach ohne Kiefer.
Der Stiel der Klobürste kommt mir bedrohlich nahe, so will ich nicht enden.
„Man fand ihn ohne Kiefer, gepfählt durch eine Klobürste, sehr geehrte Damen und Herren!“
Ich hätte mehr für meinen Körper tun sollen, zu lange habe ich Raubbau betrieben.
Tränen steigen in mir hoch und spülen mir die Augäpfel aus den Höhlen.