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Neid

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07.08.2008
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Neid

Was sie an ihrem Leben am meisten störte konnte sie genau sagen: es war die Routine. Sabine Stein war 38 und ihre biologische Uhr tickte. Sie fühlte sich einsam und ausgelaugt. Und das, obwohl sie von sich selbst fand, dass sie es im Job zu nichts gebracht hatte. Sie war Sekretärin. Sie sortierte Papiere, nahm Anrufe entgegen, kümmerte sich Klienten am Empfang und kochte Kaffee. Diese letzte Aufgabe drückte sie, wann immer sie die Möglichkeit hatte, Praktikanten auf. Sie hasste diese kleinen, fröhlichen und sorglosen Jugendlichen, die dachten, dass das Leben Überraschungen für sie bereithielt. Von wegen, für Sabine war die größte Überraschung ihres Lebens gewesen, als ihr Chef sich einmal dazu erniedrigt hatte selbst Kaffee zu kochen und ihr dann zur Krönung auch noch einen angeboten hatte. Da hatte sie sich dann mal wieder Hoffnung gemacht, dass er sie womöglich noch attraktiv fände. Aber er war natürlich, wie alle anderen Männer in seinem Alter verheiratet und mit so einem hässlichen Entlein wie sie es war, lohnte es sich wohl für niemanden einen Seitensprung zu begehen.
Heute war ihre Stimmung auf dem Tiefpunkt angelangt. Es war der Geburtstag ihrer Schwester. Ihrer drei Jahre jüngeren Schwester. Sie wurde 35 Jahre alt und hatte schon weitaus mehr in ihrem Leben erreicht als Sabine. Helene Baumgrad, ehemalige Stein, war bereits seit fünf Jahren mit ihrem Mann verheiratet, hatte zwei Kinder und ganz nebenbei hatte sie es natürlich auch noch geschafft Karriere zu machen.
Wenn Sabine darüber nachdachte war sie immer den Tränen nahe. Sie sah sich ihr Gesicht im Spiegel an. Hatte sie vielleicht doch zu viel Make-up aufgelegt? Die Sirenen eines Polizeiautos riss sie aus ihren Gedanken. Sie blickte auf ihre Uhr. Nun war es ohnehin zu spät es zu entfernen und neues aufzulegen, schließlich hatte sie für dieses Kunstwerk in ihrem Gesicht satte zwei Stunden ihres Lebens geopfert. Sie ging zur Tür und zog sich ihre schwarzen Pumps an. Auf den letzten Blick im Spiegel verzichtete sie. Wenn sie sich noch einmal angeschaut hätte, hätte sie womöglich alles hingeschmissen und sich wieder vor ihren Kleiderschrank gestellt, wo sie ja doch nichts Schöneres gefunden hätte.
Sie ging zu ihrem Auto, einem Ford Ka. Auf dem Rücksitz lag schon das Geschenk für Helene. Eine neue Kaffeemaschine für den stolzen Preis von 199 Euro.
Sabine parkte ihr Auto ein paar Meter entfernt von der großen Villa, die sich in einer außergewöhnlich ruhigen Straße befand. Langsam ging sie auf das Haus zu. Sie versuchte, den Garten mit den prächtigen rosanen und weißen Rosensträuchern nicht zu beachten, die da standen und Sabine mit ihrer Schönheit verhöhnten. Am liebsten hätte sie den Rücktritt angetreten, doch dafür war es nun schon zu spät. Die Tür flog auf. Helene lief auf sie zu und umarmte sie herzlich.
„Sabine, wie schön dich zu sehen.“
Sabine nahm ihr kein Wort ab, innerlich lacht sie sich bestimmt über sie kaputt. Sabine fühlte sich vollkommen „overdressed“ mit ihrem schwarzen Kostüm und der ganzen Schminke. Nie schaffte sie es sich gemäß einem Anlass zu kleiden Das eine mal kam sie zu einem Event der Kanzlei im legerer Hose und weißer Bluse, während alle anderen ihrer Kollegen Cocktailkleider beziehungsweise Smokings trugen. Das andere mal kam sie völlig verspießt zu einer Familienfeier, sowie heute. Helene sah mal wieder wunderschön aus. Sie trug ein luftiges, zart rosa Sommerkleid mit einem weißen Jäckchen darüber. Dazu natürlich nur dezentes Make-up.
Sabine versuchte sie fröhlich anzulächeln und sagte vielleicht ein wenig zu heiter
„Alles Gute zum Geburtstag meine Liebe. Langsam näherst du dich auch der vierzig.“
Helene überhörte ihre spitze Bemerkung und lächelte sie weiter fröhlich an.
„Du siehst ja echt schick aus. Komm, wir sitzen alle im Garten.“
Im Garten waren sie schon alle versammelt, ihre Eltern, Thomas Eltern, seine Neffen, die beste Freundin ihrer Schwester und natürlich Stefan, der Bruder von Thomas. Sie hatte sich, als sie ihn auf der Hochzeit zum ersten Mal sah, wirklich gut mit ihm verstanden und ihn schon zum Vater ihrer Kinder auserkoren, bis er bei seiner Rede für das Brautpaar fallen ließ, wie traurig Magdalene darüber war nicht anwesend sein zu können, da eines ihrer Kinder die Masern bekommen habe. Seitdem schämte sie sich immer wenn sie ihn sah.
Sie begrüßte alle mit dem strahlendsten Lächeln, dass sie zustande brachte und übergab Helene das Geschenk. Sie freute sich abgöttisch über die Maschine, was für eine Show, ihre Freude war sichtlich übertrieben.
Sabine gab jedoch kein Kommentar dazu ab, sondern fragte nur:
„Und Schwesterherz, was hast du sonst noch für schöne Geschenke bekommen?“
„Also die hier ist von Tom“ sagte sie selig lächelnd und zeigte auf die Perlenkette an ihrem Hals.
„Ach ja die Ohrringe dazu auch“
„Oh, wie hübsch“ erwiderte Sabine. Genau so eine Kette hatte sie letzte Woche in einem sehr schönen Schmuckgeschäft gesehen und sie unbedingt haben wollen. Nur leider überstieg sie ihr Budget um längen.
„Also ich werde dann mal schnell zum Büfett rüber gehen.“
„Ja super, ich komme gleich mit. Ich bin noch gar nicht dazu gekommen etwas zu essen.“
Sabine tat etwas Salat auf meinen Teller und ein Stück Baguette. Schließlich wollte sie nicht zu viele Kalorien verschlingen. Überrascht sah sie Helene an, die sich erst ein riesiges Stück Quiche auf den Teller legte, dazu vier Fleischklopse mit Ketchup.
„Man hab ich einen Hunger“
„hmm…“
Wie konnte sie nur so was essen und trotzdem noch so schlank sein?

Später am Abend, als die meisten der Gäste schon etwas beschwipst waren und Sabine sich schon von ihren Eltern verabschiedet hatte, suchte sie Helene um sich auch von ihr zu verabschieden. Sie ging ins Haus, doch konnte ihre Schwester weder in der Küche noch im Wohnzimmer finden. Schließlich entschied sie sich dazu zu gehen. Als sie gerade durch Zauntor gehen wollte hörte sie ein Geräusch. Sie blieb stehen um zu hören was es gewesen war. Es blieb still. Wie albern dachte sie, was sollte das schon sein. Sie wollte gerade weitergehen, als sie ein leises kichern hörte und die Stimme ihrer Schwester.
„Stefan, doch nicht hier. Wenn die anderen was mitbekommen.“
„Sonst bist du doch auch für alles zu haben Süße.“
Sabine traute ihren Ohren nicht. Das konnte einfach nicht wahr sein. Ganz leise ging sie in die Richtung aus der sie die Stimmen gekommen waren. Als sie um die Ecke des Hauses spähte sah sie die beiden an der Garagenmauer lehnen. Sie wurden größtenteils von einem Busch verdeckt, dennoch wurde nur zu deutlich was die beiden dort trieben. Sabine verspürte eine, ihr bisher unbekannte, Befriedigung. Jetzt hatte sie die Chance. Sie wagte schon fast es die Chance ihres Lebens zu nennen. Sie griff nach ihrem Handy.

Zwei Tage später hatte die allgemeine Wochenzeitung ein Bild von der berühmten Designerin, dem aufsteigenden Stern Helene Baumgradt, gedruckt, auf dem sie mit einem Mann, der ganz eindeutig nicht ihr Ehemann war, küssend und nur in BH bekleidet abgelichtet. Die Überschrift lautete:
„Schöner Schein- Nichts dahinter?“

 
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Hallo mirjam,

was mir bei deinen ersten Sätzen auffällt: sie schwafeln. Um etwas Zug hineinzubekommen und in literarischere Sprache zu kommen, könntest du sie kürzen: Was sie an ihrem Leben am meisten störte, war die Routine. - Wenn du bei der Doppelpunktkonstruktion bleiben möchtest, würde ich "es war" streichen.
Im zweiten Satz betonst du eine Selbstverständlichkeit. Die biologische Uhr tickt immer, selbst bei einem Neugeborenen. In Sabines Situation ist es nur so, dass sie dieses Ticken störend bemerkt, weil sie das Gefühl hat, die Zeit läuft ihr davon. Das hast du aber nicht ausgedrückt.
Im vierten Satz kreierst du einen Gegensatz zum dritten, der im Grunde eine Bedingung ist. Auch hier sind der Wörter wieder zu viele. Mann fühlt sich nicht einsam und ausgelaugt, obwohl man das Gefühl hat, es zu nichts gebracht zu haben, sondern genau deshalb. Dass sie es von sich selbst fand, ist jedem Leser ohnehin klar. Auch kannst du hier auf "dass" verzichten, das in zu großer Häufung in Geschichten schlechter Stil ist. Mein Vorschlag: Sie hatte es im Leben zu nichts gebracht, sortierte als Sekretärin Papiere, nahm Anrufe entgegen, kümmerte sich ...
Wenn du im Gegensatz bleiben willst, könntest du sprachlich aufwerten, etwa: Und das, obwohl sie der Meinung war, es im Job zu nichts gebracht zu haben oder Und das, obwohl sie es im Job zu nichts gebracht hatte

Sie hasste diese kleinen, fröhlichen und sorglosen Jugendlichen, die dachten, dass das Leben Überraschungen für sie bereithielt.
dass das ist immer unschön (auch wenn es sich nicht immer vermeiden lässt), hier schlage ich vor: die dachten, das Leben hielte Überraschungen für sie bereit - Der verwendete Konjunktiv macht den "Irrtum", den dieses Denken aus Sabines Perspektive hat, deutlicher.
Da hatte sie sich dann mal wieder Hoffnung gemacht, dass er sie womöglich noch attraktiv fände.
"dann" streichen, statt "da" "damals, Füllwörter raus und auch hier den Konjunktiv richtig wählen: Damals hatte sie sich Hoffnungen gemacht, er fände sie womöglich attraktiv.
So könnte man die gesamte Geschichten durchgehen und an den einzelnen Sätzen erstmal Basisarbeit für Textgestaltung machen. Deine Erzählweise mit den umgangssprachlichen Formulierungen und Füllwörtern machen den Text in etwa so interessant wie Sabine ihr Leben empfindet.
Die Anfangssätze müssen als Beispiel reichen.

Inhaltlich gehen mit Menschen wie Sabine auf die Nerven, nicht, weil sie so durchschnittlich wären, sondern weil sie sich so durchschnittlich machen. Es ist halt bequemer, zu lamentieren, als etwas anzupacken. Woher sollte das Leben kommen, wenn sie sich nicht engagiert? Sicher, es ist immer eine Frage des Selbstbewusstseins. Und ich kann mir gut vorstellen, dass du das auch aufzeigen wolltest.

In den Sätzen und in den Beobachtungen ist mir der Text zu ungenau. Dadurch fehlt es ihm an Tiefe.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo Mirjam

Was sie an ihrem Leben am meisten störte konnte sie genau sagen: es war die Routine. Sabine Stein war 38 und ihre biologische Uhr tickte. Sie fühlte sich einsam und ausgelaugt. Und das, obwohl sie von sich selbst fand, dass sie es im Job zu nichts gebracht hatte.

1. Ich hasse Frauen, die denken nach dem 30. Lebensjahr sei das Ende ihrer Tage gekommen und die plötzlich die biologische Uhr lauter ticken hören.
2. Ich hasse Frauen, deren einziges Lebensziel ist, zu heiraten.
3. Ich hasse Frauen, die für die Routine in ihrem Leben verantwortlich sind und sich genau über diese Routine bei Freundinnen ausheulen.
4. Ich bin froh, solche Frauen nur aus dem Fernsehen zu kennen.
Sabine fühlte sich vollkommen „overdressed“ mit ihrem schwarzen Kostüm und der ganzen Schminke

Ich finde so was immer ganz schrecklich. Ist doch eine deutsche Geschichte, ich weiß nicht, wieso du das englische Wort dafür nimmst. Nimm doch irgendwas mit aufgetakelt, übertrieben, kA. Aber ich weiß nicht, wieso du gerade das Englische benutzt.
Sabine tat etwas Salat auf meinen Teller und ein Stück Baguette.

Habe ich einen Ich-Erzähler verpasst?

Ich empfinde das wie sim. Herumzujammern weil sie zu nichts gebracht hat und dann ihre letzte Aktion machen sie nicht gerade sympathisch. Sie muss ja auch nicht unbedingt sympathisch sein, damit ich Mitleid mit ihr kriege. Aber etwas, was sie ausmacht, womit ich mich vielleicht identifizieren kann oder was ich an ihr ganz aufregend finde, muss da sein. Sonst ist die Geschichte langweilig, weil es größtenteils gleichgültig erzählt ist, es macht nicht viel Lust es weiter zu lesen. Nach TV-Movie-Bewertung würde das so aussehen. Action: * Spannung:* Erotik: * Spaß: * Anspruch: *

*öde/ **toll/ ***genial.

Also es ist so eine Geschichte, bei der ich einfach denke: Na ja. Und dann einfach wegklicke.


JoBlack

 

Hallo Mirjam,

Kritik kommt immer auf unterschiedlichen Füßen daher.
Dein Schreibbedürfnis erfüllt sicher nicht die Erwartungen einiger vieler Beteiligter. Mein Eindruck ist, dass das vielleicht erste Schritte sind. Schreiben ist ein gutes Mittel zur Selbstreflektion. Bis die nötige Distanz zum eignen Text entwickelt wird, so dass es auch um "literarisches" Schreiben geht, geht einige Zeit ins Land. Nicht immer finde ich die Zeit, um an Texten ausreichend zu arbeiten. das muss aber auch nicht immer sein. So sehe ich auch einige Passagen deiner Texte.
Ich finde es grundsätzlich toll, wenn jemand sich einer öffentlichen Kritik stellt.
Viel Freude beim Schreiben!

der Papui

 

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