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Copywrite New Yorker Puppenspiele

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19.05.2015
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New Yorker Puppenspiele

Chris Carlson fliegt nach New York, um Ruhm zu ernten. Er nimmt seine Frau mit. Während die beiden im Taxi zum Gebäude der Vereinten Nationen am East River fahren, schaut sie aus dem Fenster, streicht Chris über den Handrücken, berührt die Adern, die sich unter der Haut abzeichnen. Als sie aussteigen, dreht sie sich zu ihm, ein Lächeln, schön wie ein Lavendelfeld, entsteht auf ihrem Gesicht.

Im dreißigsten Stock nimmt er den Preis für die Save-the-world-App des Jahres entgegen. User können individuelle Ökoprofile erstellen, nachhaltige Produkte erwerben, Petitionen unterschreiben und sich zu Demonstrationen anmelden. Er hat auf den Zeitgeist gesetzt. Die Idee schlug ein. Chris strebt seither den Sternen entgegen, nennt sich Entrepreneur, sammelt Geld.

Sybil hat sich bei ihm eingehakt. Die Schuhe der beiden klacken im selben Rhythmus auf den Boden, während sie sich dem Saal nähern. Die Stimmen, die ihnen entgegenschlagen, klingen wie ein Heuschreckenschwarm. Während der Laudatio hört Chris kaum hin. Bilder entstehen, Erinnerungen breiten sich aus. Er hat keine Kontrolle über die Gedanken. Das Vorstadtghetto, die Siedlung, wo er aufwuchs. Die Müllcontainer, Tags auf den Mauern, der kaputte Aufzug. Die Schnaps-, die Whiskeyflaschen, die er in den Ritzen der Mauern, hinter Büschen versteckt hat, damit die Eltern sich das Zeug nicht in die Kehle schütten. Die Backsteinmauern der Schule, Bildungsheimat und Abenteuerspielplatz zugleich. Er leckt sich die Lippen wie damals, spürt den Durst in sich. Nach Wissen, Kultur, einer Art Schönheit, die ihn rettet. Er hört den Tonfall des Vaters, als er ihm von der Ehrung in New York erzählt hat. Da war kein Stolz, da sprach der Hilfsarbeiter und formulierte Sätze aus dem Bierwolkendunst heraus. Es hätte nichts genutzt, die Eltern nach New York einzuladen.

Als er aus dem Gedankenteppich entfliehen kann, riecht er Sybils blassen Rosenduft, spürt Nähe, die er nie ganz verstanden hat, eine geheime Verbindung, die während der Schulzeit entstand, obwohl er die Beamtenbürgerverhältnisse ihrer Familie verachtet, ihr Engelswesen, all die moralische Überlegenheit belächelt hat, die sie heute noch wie ein Vorwurf vor sich herträgt. Warum nur liebt er sie? Wozu? Schließlich pflegt er längst Affären, giert nach unverbrauchtem Fleisch, nach Lust, will sich endlich etwas gönnen. Wäre Sybil nicht hier, hätte er sich nach dem Empfang mit Cathrin treffen können, die Babyhaut der Princeton-Studentin berühren, in ihrem Mir-nur-mir-gehört-die-Zukunft-Lächeln versinken können. Warum verweigert Sybil Botox und Schönheitsoperationen? Warum lässt sie sich keine Implantate einsetzen? Er würde gerne dafür bezahlen. Endlich kann er sich was leisten. Im Keller von Sybils Elternhaus gab es Sauna und Schwimmbad, es roch nach Chlor, Sekt und Sauberkeit. Er hat sie sich geschnappt. Jetzt sitzt sie neben ihm. Er liebt sie. Irgendwie.

Die Leute klatschen, als er aufgerufen wird. Sybil zieht ihm die Krawatte zurecht, zupft an dem Einstecktuch. Chris wirft ihr einen Blick zu, wischt ihre Hand weg, als wär’s eine Fliege, reißt sich von ihr los. Seine Frau trägt ein cremefarbenes Kostüm, High-Heels, lächelt und schweigt. Auf dem Weg zur Bühne schüttelt er Hände, schart das Team um sich, damit alle gemeinsam die Stufen erklimmen, die Arme zum Himmel strecken, sich gegenseitig auf die Schultern klopfen können. Chris wird Teil des Kokons, dem fest verwobenen Gespinst derjenigen, die es geschafft haben.

Die Rede stammt von einem Ghostwriter, der behauptet hat, er habe für Obama gearbeitet. Als die Leute klatschen, an der richtigen Stelle lachen, weiß Chris, dass sich das Honorar gelohnt hat. Der Generalsekretär schüttelt ihm die Hand, überreicht eine Medaille. Später wird Sekt gereicht, Kanapees stehen bereit. Die Damen vom Catering-Service tragen Dirndl. An Stehtischen bilden sich Grüppchen. Sybil folgt Chris, plaudert hier, plaudert da, schüttelt Hände, bis die Aufmerksamkeit wieder ihrem Mann gehört. In einer Ecke verbringt er einen Moment allein mit Sybil, hält ein Glas in der Hand. Sie prosten einander zu.
„Wahnsinn, oder?“, sagt er und strebt zum Tisch des Teams.
„Ja, kann man so sagen. Freut mich für dich.“
„Ohne dich wär’s nicht gegangen.“
„Wirklich?“ Sie schüttelt den Kopf, lässt den Mund offen, zeigt ihre blankpolierten Zähne.
Chris' Blick wandert durch den Raum: „Sehen übrigens super aus, die Mädchen.“ Er deutet auf eine Dirndl-Frau mit besonders ausladendem Dekolleté.
„Wer’s mag“, sagt Sybil, zeigt ihm ein Zauberlächeln, schaut ihn direkt an.
„Na ja, du hast andere Qualitäten“, sagt er und grinst anzüglich.

Sybils Augen durchwandern den Saal. In der Ecke bemerkt sie eine Gestalt, die nicht hierhergehört. Sie trägt ein Rüschenkleid, die Haare sehen wie Schnee aus, die Haut wie Erde, die Augen wie Feuer. Sybil kennt sie, kann dem Blick dennoch nicht standhalten, blinzelt. Als Sybil wieder hinschaut, nimmt sie gerade noch wahr, dass die Mama Jala in der Menge verschwindet.

***

Sie drängt sich in seine Achselkuhle, will sich dort verkriechen, schnuppert an dem Chrisduft aus Gras und Honig, aus Metall und Blut, saugt an seiner Haut. Sybil schließt die Augen, hört den Herzen zu. Seinem. Ihrem. Er atmet im Echo ihres eigenen Pulses, träumt vielleicht. Damit sie den Geschmack im Mund, die süße, salzige Milch, behalten kann, hat sie die Zähne nicht geputzt. Sie liebt und sie hasst ihn. So war’s immer. Weil sie befürchtet, in dieser Position einzuschlafen, löst sich Sybil von Chris, dreht sich weg, zieht die Beine an, drückt den Hintern gegen sein Becken. Er liebt ihren Arsch, die roten Flächen, die Abdrücke, die er darauf hinterlässt, wenn er in Fahrt kommt, freut sich daran, wenn sie sich windet, die Stimme auf- und abschwillt, wenn ihr Schmerz in Lust verwandelt wird. Früher mochte sie das, früher war’s anders. Sie weiß, wie er denkt, sie weiß es genau. Es gelingt ihr nicht mehr, sich selbst anzulügen. Der Schmerz nahm überhand, breitete sich über die Haut, die Innereien, bis zur Seele aus, wo er sich festfraß, nichts mehr übrig ließ von dem, was sie einst war. Früher klangen seine Worte wie Stürme, zielten auf das Guteschönewahre, wärmten wie Frühlingssonne. Heute presst er sie durch schmale Lippen. Metallisches Gestammel, Gemurmel, Schweigen zwischen der Leere, verglühte Augen, die erst dann aufflackern, wenn es um Geld und Gold und Vorteile geht., mehr ist nicht geblieben. Einer müsse bestimmen. Ganz nach oben müsse man wollen, sagt er. Weiter, weiter. Jeder gesellschaftliche, jeder menschliche, soziale Kontakt müsse Nutzen bringen, sichtbaren Ertrag? Welchen Ertrag brachte sie ihm, welchen, er ihr? Das Ende naht, der Plan steht fest, die alte Frau war hier in New York City, o ja, das Traumweltleben war vorbei, die Angst wie ein Windhauch verflogen. Der Zauber der Mama-Jala wird ihr den Weg weisen. Zum Glück.

Auf der Haut findet sie trotz allem ein Tröpfchen von ihm, schleckt daran. Ihr Körper fühlt sich wie ein Nadelkissen an. Er liegt auf dem Rücken, die Hände wie ein Toter gefaltet, die Augen fest zugekniffen, röchelt ab und zu. Sybil kann nicht länger bei ihm bleiben, steht auf. Sie hört dem Wasser zu, das aus dem Hahn fließt, wäscht sich, verteilt Zahnpasta im Mund. Dann öffnet sie die Minibar, nimmt sich ein Whiskey-Fläschchen, schüttet den Inhalt in den Mund, braucht die Wärme, die durch ihre Kehle rinnt, stellt sich ans Fenster. Lange steht sie dort, betrachtet die Sternenlichter New Yorks. Das Rauschen der Stadt rieselt durch ihre Ohren, als wär’s eine Sanduhr. Wer aufhört, an sein Glück zu glauben, zerbricht, schreibt sie auf den Notizblock, der auf dem Hotelschreibtisch liegt.

Zwei Uhr in der Nacht. Acht Uhr morgens in Deutschland. Sie nimmt das Smartphone und schickt ihrer Freundin Alex eine Nachricht, sieht, dass sie auf WhatsApp online ist. Sybil setzt sich auf die Klobrille, wählt ihre Nummer, spricht mit ihr, hört der Plapperstimme zu. Sie tauschen Belanglosigkeiten. Ganz nebenher erzählt Sybil, dass Chris sie wieder einmal geschlagen hat, labt sich am Entsetzen ihrer Freundin, will sie auf ihrer Seite wissen. Bussi, Bussi zum Abschied.

Das Smartphone fühlt sich heiß an, die Verabschiedung klingt noch in ihren Ohren, als Chris vor ihr steht, ohne dass sie sein Kommen bemerkt, den Schatten gesehen, seine Nähe irgendwie gespürt hätte. Seine Nase berührt ihren Scheitel, gräbt sich in Sybils Locken.
„Was geht in deinem schönen Köpfchen so vor, hm?“, fragt er mit einer Stimme, als spräche er aus einer Nebelwolke, als hätte er sich aus der eigenen Düsternis weggeschlichen.
„Ich habe mit Alex telefoniert“, sagt sie ganz leise, um die Stimme nicht zu reizen.
„Mit der Bitch, na klar!“
„Nenn sie nicht so.“
„Ich nenne sie, wie ich will, Bitch, Dreckstück, scheißegal, aber deswegen bin ich nicht hier.“
„Wie meinst du das?“ Ihre Stimme bleibt leise.
„Du kannst nicht anders, was?“, sagt er. Chris deutet auf den Notizblick, hebt die Hand. „Hör auf damit“, sagt er, flüstert jetzt wieder.

Sybil denkt an leuchtende Strände, gleißendes Licht, die knallfarbenen Lackierungen der Oldtimer, die durch Havanna fahren. Sie spürt, wie sich ihr Mund öffnet, wieder schließt, als wäre sie ferngesteuert, wehrt sich gegen die Puppenspielerwelt, die sie in eine Marionette verwandeln, an Fäden aufhängen, Lippen, Arme, Beine, selbst Gedanken steuern will. Sie hat die Fäden gekappt, atmet hellwach, obwohl sie nicht weiß, ob das, was gerade passiert, Realität oder Teil der New Yorker Nacht ist. Unterdessen verziehen sich die Wolkenschleier vor Chris’ Augen.
„Bitte hör auf“, sagt er, fährt sich übers Gesicht, als wolle er eine Träne verreiben, beugt den Kopf, streckt die Hand aus, schaut sie ganz nachtzart an - mit einem Blick, der sie an längst vergangene Zeiten erinnert.
„Komm wieder ins Bett, Sybil, dann halten wir uns aneinander fest.“
Sie nickt, folgt ihm, rollt sich ein, strahlt ihn an, denkt an eine Zukunft im Licht.
„Wir gehen morgen spazieren und lassen uns einfach treiben“, sagt er noch.
„Ja, warum nicht.“
„Brooklyn Bridge, Frieheitsstatue, Bronx, Harlem, ganz egal was. Paar Fotos schießen, was Schönes essen.“
„Gut.“
„Okay, um zehn treffe ich noch paar Leute von Alphabet. Abends Dinner mit dem Team. Bleibt genug Zeit.“
„Klar.“
„Bist du stolz auf mich?“
„Stolz, was für ein Wort!“
„Nur ein Wort, aber du weißt schon, was ich meine.“
„Klar kannst du stolz sein. Du hast ne Menge Geld gemacht und die Quelle sprudelt weiter.“
„Ist doch was, oder?“
„Ein Meisterstück, so viel steht fest. Du stehst auf der richtigen Seite. Gibst dich als Weltverbesserer, Gutmensch und scheffelst nebenbei Geld damit.“
„Ist doch super, zu den Guten zu gehören. Du profitierst schließlich auch, Liebling, vergiss das nicht.“
„Geniale Idee jedenfalls.“
„Sag ich doch.“
„Und was, wenn die Glückssträhne irgendwann vorbei ist?“
„Ach was.“
„Egal. So bist du eben. Dein ganzer Ökobilanzenscheiß beruhigt das Gewissen deiner Kunden. Passt schon, ändert aber nichts. Die Leute wollen sich wohlfühlen, darum geht’s.“
„Na ja!“, sagt er noch, dann verstummt das Gespräch. Bevor Sybil einschläft, beobachtet sie ihn hinter dem Vorhang ihrer geschlossenen Augen, hört Chris Atemzüge. Er klingt so vertraut. Trotz allem.

***

Sybil öffnet die Augen, reckt die Glieder, bemerkt die Morgensonne, die durch den Vorhang schimmert, hört Chris im Bad hantieren, während sie die Ticketbestätigung sucht, die Buchstaben liest, den Zielort in der Karibik, sich versichert, dass sie die Zahlen-Buchstaben-Zeichen-Kombination des Bankkontos in Panama abgespeichert, zusätzlich im Adressbuch notiert hat. Die alte Frau, die Mama-Jala war wie versprochen hier in New York. Ein guter Tag, sagt sie sich, ein guter Tag.

Chris’ Augen wirken müde, die Lider angeschwollen. Er hat ein Handtuch um die Lenden geschlungen. Die Six-Pack-Reste werden mehr und mehr vom sich rundenden Bauch verdeckt.
„Wo sind die neuen Rasierklingen?“, fragt er.
„In deinem Kulturbeutel. Müsste sie eigentlich eingepackt haben.“
„Und wo sind sie dann?
„Schau mal in die Taschen.“
„Da is nix.“ Seine Stimme bebt.
Er stampft ins Bad, kommt zurück und kippt den Inhalt des Beutels aufs Bett, wühlt, sucht zwischen Shampoo, Nagelschere, Haargel, findet nichts. Die Muskeln zucken, die Augen irren. Rasierklingen kommen nicht zum Vorschein. Sybil schmeckt die Reste des Whiskeys am Gaumen.
„Müsste ich eigentlich eingepackt haben“, äfft er sie nach, spuckt die Worte auf den Boden, direkt neben das Bett.
Dann steht Chris bei ihr, legt von hinten die Pranken auf Sybils Schultern, beginnt zu kneten. Nach einer Weile hält er inne, der Druck lässt nach, hört ganz auf. Als Sybil die Augen öffnet, sieht sie Chris vor dem Spiegel. Er beginnt mit der Rasur. Sie beobachtet seine Bewegungen, hört dem Geräusch des Rasierers zu, der über die Haut scharrt, den Schaum in Bahnen abschabt wie ein Farbroller, der eine Tapete bestreicht.
„Ich habe Geld versteckt, eine Menge Geld. Schau mal, wie viel es ist. Ganz sicher. Alles in Panama. Für alle Fälle“, hört sie ihn ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag sagen.

Sybil beschließt zu schweben, will leicht sein, schreitet über die Brooklyn Bridge als wäre es eine große Bühne, die nur auf sie wartete, saugt den Ölgeruch der Stadt auf, spürt den Wind, der über die Straßen hinwegfegt, als wollte er sie reinigen, das Idyll einer Macht, die zum Greifen nah scheint, aus sich selbst heraus pulsiert. Während Chris zurückbleibt, nach Fotomotiven sucht, manifestiert sich in Sybil das New-York-Gefühl. Die Du-kannst-alles-erreichen-wenn-du-dich-vom-Sog--nach-oben-reißen-lässt-Energie elektrisiert sie. Trotz der Klischees, der gefälligen Botschaft. Nur die Bettler, Zerrissenen, wankenden Gestalten, die ihre Hände aufhalten, nach Dreck, Scheiße, Schnaps stinken, auf dem Boden kauern, mit Flüsterstimmen Selbstgespräche führen, stören irgendwie. Sybil bückt sich und wirft Münzen in Pappbecher. Deutsche Bettler wirken sauberer.

Von Brooklyn aus fahren sie mit der Subway, atmen die stickig heiße Luft in den Waggons, riechen Gummi, Metall und Schweiß, weichen Menschen aus, die zu Boden blicken, einander streifen. Als sie Harlem erreichen, halten sie sich an der Hand. Die Gehwege der Straßenzüge sind von Bäumen gesäumt. Einige der Häuser frisch angestrichen, mit Zäunen von der Straße abgetrennt, gentrifiziert. Auf den Stufen, die zum Eingang der übrigen Häuser führen, sitzen Leute, Hutzelfarbige mit Schattenaugen, Klappergestalten, die verdorrten Ästen gleichen, manche auf Plastikstühlen direkt vor den Fußgängern. Daneben Baseballcapjugendliche mit ausrasierten Nacken, Undercuts, die Ellbogen auf den spitzen Knien. Einige legen den Kopf in die Hände, nehmen eine Denkerpose ein, lassen Rap, Hip-Hop aus winzigen Lautsprechern über die Straße wummern, schreien sich an, um sich verständlich zu machen. Eine schrumpfgesichtige Frau, irgendwie alterslos, sitzt aufrecht auf einem mit grünem Samt bezogenen Oldschoolsofa inmitten von Puppen unterschiedlicher Größe, die helle Rüschenkleider tragen, aus schwarzen Gesichtern mit überdimensionierten Augen wirken, als würden sie die Gegend bewachen. Die Augen der alten Frau leuchten. Junge Kerle reichen der Frau auf dem Sofa Donuts, Tee.

Chris schüttelt den Kopf, hält das Smartphone vors Gesicht, will Fotos der Leute schießen. Sybil umfasst sein Handgelenk, hindert ihn daran. Sie gehen weiter. Chris‘ Schritte federn, seit er Erfolg hat, zu den Sternen strebt. Faulige Luft drückt von oben herab, Wind verteilt den Gestank von Müll und Diesel. Stimmen, das motorisierte Rauschen der Stadt dringen in ihre Ohren. Trotzdem reden sie miteinander. Geplapper, nichts von Belang, nichts, an das man sich erinnern müsste. Sie entfernen sich von dem Block, wo sie die Puppenoma gesehen haben, begegnen Fußgängern, vorwiegend Farbigen, Hispanics, weniger feines Tuch auf weißer Haut im Vergleich zu den Businessvierteln in Manhattan, urbane Multikultivermischung wie in europäischen Großstädten. Zwischen Wohnblockreihen gehen sie weiter, einer Kirche entgegen, die über die Häuser hinausragt. Zwei Türme säumen das Kirchenschiff. Oben befinden sich Zinnen, ein Balkon, von dem aus man die Stadt überblicken kann.

Chris erfasst das Motiv, zoomt, probiert Kameraeinstellungen, versinkt vollständig in der Ich-wär-so-gern-Künstler-geworden-Illusion. Sybil spürt den Windhauch der alten Frau, die sich mit einer Geschwindigkeit nähert, die man ihr nicht zugetraut hätte, lächelt sie für einen Moment an. Die Mama-Jala kommt Chris so nah, dass er ihren Rosenatem riecht. Ihre Gefährten umzingeln Chris, drängen Sybil zur Seite. „Stopp!“, ruft die Mama-Jala. Chris erschrickt, hält das Smartphone fest, damit es ihm nicht aus der Hand gleitet. Der Ton schwillt an. Die Sirenenstimme der Mama-Jala scheint überall zu sein, lässt die Luft vibrieren. Die Puppenoma, die vor wenigen Minuten noch auf dem Sofa saß, umfasst den Arm von Chris mit eisernem Griff, während ihre Augen aufflammen.

„Du musst die Bilder löschen! Alle! Sofort!“, tönt es, während der erste Schlag Chris trifft, weitere folgen, bis er zu Boden geht, kniet und jault. „Wie kannst du nur die armen Leute fotografieren. Wie kannst du nur? Was bist du für ein Mensch!“ Die Mama-Jala spuckt ihn an, lässt Speichel auf ihn regnen, spürt die ganze Macht ihres Zorns. „Die Kirche, ich wollte die Kirche aufnehmen“, jammert er. Männer, Frauen umringen ihn. Hiebe prasseln auf seinen Körper, wie Trommeln, die eine Nachricht verkünden. „Die Kirche? Du lügst.“ Während Chris’ Hände das Smartphone umklammern, flüstert sie: „Gib der Mama-Jala das Handy!“, als rede sie mit einem Kind. Chris weicht dem Blick aus, reicht ihr das Gerät. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. „Dankeschön. Wir sind aber noch nicht fertig mit Dir, Chris Carlsen!“ Dann schreibt sie ein Zeichen in die Luft. Kräftige Hände halten Chris fest.

Die Mama-Jala löst sich aus dem Kreis, geht auf Sybil zu, sieht aus wie eine Göttin, so aufrecht, so schwarz. „Er ist kein Puppenspieler“, sagt sie, lässt die Worte verklingen. „Hast du den Flug gebucht, Sybil?“ „Ja, ich fliege heute Abend nach Panama. Wenn alles erledigt ist, treffen wir uns auf der Plaza de Catedral in Havanna.“ „Keine Sorge. Ich werde mich um dich kümmern, wenn du auf Cuba bist. Geh jetzt los! Wie behalten deinen Mann eine Weile hier. Morgen lassen wir ihn wieder frei.“ Sybil umarmt die alte Frau, wendet sich ab, blickt nicht zurück, eilt zur Subway-Station.

Die Mama-Jala schaut ihr nach, streicht über die Papiere aus Sybils Handtasche. Sie wird vielen Menschen helfen können. Auch Sybil. Dann ruft sie einen der Männer zu sich. Er hat einen kahlrasierten Schädel, schöne, schwarze Augen, einen Stahlkörper, überragt sie um zwei Köpfe, beugt sich zu ihr herab. „Du weißt, was du zu tun hast, Mike?“ „Ich bin vor der blonden Frau in Panama“, antwortet er. Die Mama-Jala zieht eine der Puppen aus den Falten ihres Rüschenkleides, presst sie an sich, betrachtet die großen großen Augen.

 

Lieber @Isegrims,
hab die anderen Komms nur teilweise überflogen.
Irgendwie fehlt mir da was in der Geschichte. Ich überlege gerade, was es genau ist. Die Szenen scheinen so für sich zu stehen, mir fehlen da teilweise die Bezüge. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Sybill die Puppenoma engagiert, um eine Art Voodoo zu betreiben. Aber das ist es ja auch nicht wirklich, denn er hat ja keine Schmerzen aus dem Nichts, sondern wird in einem Ghetto zusammengeschlagen, weil er eine Kirche fotografiert. Da fehlt mir der Bezug. Auch, warum die beiden ihren Spaziergang durch New York ausgerechnet dahin machen und nicht z.B. durch den Central Park. Okay, Sybill will, dass die Oma ihm eine Lektion erteilt, aber das hätte sie ja auch schon auf diesem Empfang tun können. So ganz sind mir also die Bezüge nicht klar.

Sybill fand ich insgesamt gut dargestellt. Sie gewinnt vor allem an Farbe, als sie über die Brooklyn-Bridge "schwebt", die Szene hat mir sehr gut gefallen. Chris ist mir aber zu klischeehaft. Ich finde es zwar gut, wie du den Bogen schlägst, ihn so zu zeigen, wie offenbar seine Eltern waren und damit klarmachst, dass äußere Veränderungen, egal wie weit weg sie von der eigentlichen Herkunft sein mögen, nichts bedeuten, dass eben oft im Kern alles gleich bleibt. Sein Sinn für Schönheit fügt sich da gut ins Bild, hat etwas sehr Stumpfes. Das fand ich im einzelnen gut, aber als Gesamtbild kommt er eben für mich nicht aus dem Klischee heraus, erst soziale Unterschicht, Vater Hilfsarbeiter, beide Eltern saufen - jetzt ist er der Überflieger, der nur ans Geld denkt und seine Frau schlägt - das ist schon megadick aufgetragen.

User können Ökoprofile, persönliche Plastikbilanzen, Gesundheitschecks, individuelle Ernährungsstatistiken erstellen, nachhaltige Produkte erwerben, Petitionen unterschreiben und sich zu Demonstrationen anmelden. Er hat auf den Zeitgeist gesetzt.
Das hat schon fast etwas von einer Realsatire, dieser ganze technische Schnickschnack für den Klimaschutz. Gefällt mir sehr gut.

Das Vorstadtghetto, die Siedlung, wo er aufwuchs.
Ich fand die Gedanken zu seiner Herkunft etwas infodumpig an der Stelle. Wieso fällt ihm das ausgerechnet jetzt ein? Gut, der Erfolg ist erst jetzt greifbar, aber er hat sich ja auch vorher schon hochgearbeitet und ist zu Geld gekommen. An besagter Stelle sehe ich ihn eher mit stolz geschwellter Brust, statt daran zu denken, wie sein Freund im Pillenrausch umkam. Das passt für mich nicht, und ich fände es besser, wenn das stückweise im Text rausgekommen wäre.

Nach Wissen, Kultur, einer Art Schönheit, die ihn rettet.
Schön!

Endlich kann er sich was leisten.
Könnte mMn gestrichen werden.

Sybill zieht ihm die Krawatte zurecht, zupft an dem Einstecktuch.
Das hat auch sowas Satirisches. Weil es aber keine Satire ist, ist mir das zu übertrieben.

Eckeverbringt
Da sind zwei Worte aneinandergeraten.

Sie drängt sich in seine Achselkuhle, will sich dort verkriechen, schnuppert an dem Chrisduft aus Gras und Honig, aus Metall und Blut,
Der Geruch ist für mich schwer auszumachen.

Sybill schließt die Augen, hört den Herzen zu. Seinem. Ihrem. Er atmet im Echo ihres eigenen Pulses, träumt vielleicht.
Gefällt mir total gut.

Jeder gesellschaftliche, jeder menschliche, soziale Kontakt müsse Nutzen bringen, sichtbaren Ertrag?
Wieso das ? am Ende?

Auf der Haut findet sie trotz allem ein Tröpfchen von ihm, schleckt daran.
Schönes Bild, das zeigt, wie abhängig sie von ihm ist.

Sie tauschen Belanglosigkeiten. Für alle Fälle erzählt Sybill, dass Chris sie wieder einmal geschlagen hat,
Das ist mir auch zu dicke. Klingt, als ob sie erst übers Wetter plauschen und plötzlich sagt Sybill:"Ach übrigens, Chris hat mich wieder mal verprügelt."
Gut fand ich aber, wie du hier zeigst, dass sie dieses kaputte Verhältnis u.a. dazu braucht, um die Aufmerksamkeit zu bekommen, die sie sonst nicht kriegt.

Sie nickt, folgt ihm, rollt sich ein, strahlt ihn an, denkt an eine Zukunft im Licht.
Gefällt mir auch sehr. Ihr eigener Wille löst sich auf, sobald er ihr einen Funken entgegenkommt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die Du-kannst-alles-erreichen-wenn-du-dich-vom-Sog-des-Sturms-nach-oben-reißen-lässt-Energie elektrisiert sie. Trotz der Klischees, der gefälligen Botschaft. Nur die Bettler, Zerrissenen, wankenden Gestalten, die ihre Hände aufhalten, nach Dreck, Scheiße, Schnaps stinken, auf dem Boden kauern, mit Flüsterstimmen Selbstgespräche führen, stören irgendwie. Sybill bückt sich und wirft Münzen in Pappbecher. Deutsche Bettler wirken sauberer.
Mein Lieblingsabsatz. Der sagt alles über Sybill aus und über die Traumwelt, in der sie lebt. Irgendwo hofft sie immer noch, dass alles gut wird, übersieht dabei die Realität. Schön auch, wie du dieses Lebensgefühl mit dem amerikanischen Traum verknüpfst. Und der letzte Satz ist top!

Baseballcapjugendlichen mit ausrasierten Nacken,
Baseballcapjugendliche - ohne n.

aus schwarzen Gesichtern mit überdimensionierten Augen wirken, als würden sie die Gegend bewachen.
"Augen, die wirken ..." müsste es mMn heißen.

Liebe Grüße von Chai

 

So. Die Fäden sind gespannt, zusammengefügt und (meinem Empfinden nach) festgezurrt. Ich habe den Santiago-Bezug zu den Geschichten von @peregrina gestrichen, den Plot verändert und das Ende anders, organischer wie ich finde gestaltet.
Sybil plant ihren Mann zu verlassen, Geld, das Chris auf einem Konto in Panama geparkt hat, abzuräumen, mithilfe der alten Frau auf Kuba ein neues Leben anzufangen. Der Überfall in Harlem ist von der alten Frau und ihren Helfern inszeniert, damit Chris außer Gefecht gesetzt wird. Tja, und die welches Spiel die Voodo-Oma spielt, könnt ihr ja nachlesen.
Ich würde mic sehr sehr freuen, wenn ich gerade von denjenigen, die nach einem anderen Ende verlangt haben, etwas zu der Neugestaltung hören würde. I did it!

Hallo lieber Ise, klar, hab ich mir schon gedacht, dass sie so oder so ähnlich ausschaut. Meine Antwort ist eine Gelegenheit, dir noch einmal zu sagen, dass gerade der Vodooanteil der Geschichte mir persönlich besonders gut gefällt, das geht so schön in Richtung magischer Realismus. Wie man ihn mit dem anderen verbindet? Keine Ahnung. Ich bin sehr gespannt, wie du das machst. Ach ja, und hoffentlich bleibt sie drin.
ja, sie bleibt drin, hält letztlich die Fäden in den Händen, wenngleich sie etwas an Magie verliert.

Und nun zu deinem Kommentar, liebe @Novak

So was Eigenes ist halt ganz schön, ein Markenzeichen, aber manchmal fürchte ich auch, dass der Stil sich dann des Inhalts bemächtigt, wenn man das nicht sehr bewusst entscheidet und benutzt.
ich weiß, dass man sich mit einem exponierten Stil angreifbar macht. Auch dass Unverhältnismäßigkeiten entstehen. Auch dass ich manchmal impulsiv, aus Sprachlust heraus schreibe und später wieder einschmelzen muss. Lernprozess.

Ich hab dir das glaube ich schon einmal geschrieben, und du wirst es nicht mehr hören können, und hast ja auch recht gerungen darum, diesen Stil zu entwickeln. Dein Erfolg gibt dir recht. Einerseits.
by the way: die letzte Geschichte, die dir fast mit denselben Worten kritisiert hast, hat tatsächlich einen Preis gewonnen. Gutes Zeichen für die Puppenspiele!

Ich finde halt die Mischung machts und der Stil muss halt auch zu der Person passen und zum Inhalt.
Hier ist es jetzt so, dass ich das am Anfang sehr stark gespürt habe, danach hat es sich aber sehr gegeben. Trotzdem flammte das Gefühl des Effekts immer mal wieder auf und ein bestimmter Stil ist an manchen Stellen einfach nicht sinnvoll aus meiner Sicht.
danke dir, brauche ich. Auch wenn's manchmal so aussieht, Effekte will ich gar nicht so sehr erzielen, eher Bilder erschaffen, den Leser zum Innehalten bringen.

Ich weiß nicht, ob du Robert Seethaler kennst? Er ist mein Lieblingsschriftsteller. Er hat zwar auch Charakteristisches, aber dennoch wandelt er das stark ab. Die Art seines Schreibens wechselt je nach Figuren- und Inhaltstableau.
steht auf der Leselist, danke!

Das ist aber alles nicht so schlemm, viel schlimmer finde iche das Ende.
dann bin ich mal gespannt, was du zu dem neuen Ende sagst.

Wenn du schreibst, ihr Lächeln ist schön wie ein lavendelfeld oder sie lächelt schön wie ein Lavendelfeld, dann geht das, weil du den gemeinsamen Bezugspunkt extern gesetzt hast. Aber sie lächelt wie ein Lavendelfeld. Nein.
Klar klingt es unscharf auf den ersten Blick, erschafft aber ein Bild.

Übrigens habe ich einige deiner konkreten Textänderungsvorschläge umgesetzt.

Seine Gedankenfetzen danach finde ich einerseits gut, weil seine Erfolgsgeilheit und seine Art dadurch erklärlich werden. Ich fand es aber zu holzhammermäßig eingebaut. Und ein bisschen viel auf einmal.
mm, kann sein, dass ich da noch rangehe. Ich fand's aber wichtig ihn besser zu erklären, warum er so unbedingt zu den Sternen strebt.

Ja und warum jetzt? Das ist mir zu wenig aufgelöst, der Widerspruch zwischen dem Gefühl der Nähe und dem Hass auf ihre Herkunft und Moral.
das ist ein Gedankenfetzen, zeigt seine inneren Widersprüche, die Wut, die er in sich trägt.

Das ist ein sehr schönes Bild, das mit dem Kokon. Und hier finde ich die Aufzählung auch richtig gut, weil es das Atemlose und Hektische und dieses Gefühl, eins zu werden, unterstützt.
:Pfeif:

Sie ist ja recht spitzzüngig und giftig. Und lässt sich eigentlich nicht die Butter vom Brot nehmen. Ich versteh nicht, wie das mit der Devotheit später zusammenpasst. Ich erkenne keinen Grund, warum sie sich ihm so unterwirft und bei ihm bleibt.
ihre Motive habe ich in der neuen Version verdeutlicht.

Also zum Ende muss ich einfach sagen, das geht nicht.
Die Alte taucht auf wie der Kasperl aus der Kiste, drischt mit ihrem Clan den unsympathischen Ehemann zusammen und löst Sybils Probleme und Konflikte und damit auch dein Geschichtenproblem. Das hat die Geschichte nicht verdient.
ja, hast du recht, Deshalb habe ich auch so lange gebraucht, um ein besseres Ende zu finden.

Nein, das geht nicht, Nebelwolke und Nichts gleichzusetzen und dann auch noch den Tonfall mit der Gangart. Sehr schiefe Gestaltung von Sprachbildern.
mm, habe ich mir notiert, muss ich weiter drüber nachdenken.

Ja, die Geschichte hat was, es gibt viele sehr intensive Momente. Viele schöne Bilder, aber meine Vorbehalte gibt es auch. Besonders dem Ende gegenüber, das sich so überhaupt nicht aus der Geschichte entwickelt hat.
Ich hoffe sehr, dass das Ende in der neuen Fassung überzeugt.

viele Jetzt-ist-Sommeräpplerzeit-Grüße
Isegrims

@Putrid Palace , @Chai: euch antworte ich alsbald!

 

by the way: die letzte Geschichte, die dir fast mit denselben Worten kritisiert hast, hat tatsächlich einen Preis gewonnen. Gutes Zeichen für die Puppenspiele!
Na dann ist doch alles gut.

 
Zuletzt bearbeitet:

Na dann ist doch alles gut.
Liebe @Novak was ich da geschrieben habe sollte nicht so selbstgewiss klingen ... eher erleichtert ... mit dem Bewusstsein den (für mich) richtigen Weg finden zu können.
Sonnentagsgrüsse
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

:D

Aber jetzt Mal zu dem neuen Ende.
Ach Mensch, ich les noch ein zweites Mal l drüber, um meinen Eindruck besser zu erklären. Im Moment kommt mir die Geschichte halt vor wie eine Schüssel, die aus vielen Teilen zusammengeklebt ist. Es ist schon etwas Ganzes entstanden, was auch seine Funktion erfüllt, aber man sieht die Klebenähte so sehr. Da ist zum einen S mit ihrer Abhängigkeit. Mir ist immer noch schleierhaft, was diese Frau dazu bringt, so auf seinen Samen abzufahren. Was bedeutet es für sie. Du schreibst die Gefühle der Personen zum Teil so überdeutlich und erzählt hin, das ist mir hier einfach zu viel. Und dann bricht es für mich außerdem auseinander dann zu der Geschichte mit der Mamajala. Die ist jetzt einerseits besser verzahnt, weil Sybils Auftrag, aber das schöne Mystische ist dabei verlorengegangen. Und Sybils sexuelle Abhängigkeit passt noch nicht zu ihrem Recht kühlen Plan. Ich finde es gut, wenn beides vorkommt, aberdieVedbindung fehlt, es wird nicht deutlich, was denn ihr, Sybils ureigener Konflikt ist. Ich kann dir nach dem zweiten Lesen sicherlich noch mehr sagen oder was relativieren. Im Moment muss ich auf dem Handy lesen und schreiben, das ist soklein und fisselig und meine Pfoten so groß. Bis bald

 

Nachdem ich den Text an einigen Stellen überarbeitet habe, den Fokus, das Ende verändert, die Figuren mMn klarer gezeichnet habe, kann ich anfangen, eure wertvollen Kommentare zu beantworten.
Ich danke euch sehr für die so wertvollen Anregungen.

Liebe @Chutney
schöner Kommentar, hat mir sehr geholfen! :thumbsup:

Die Aussage des Textes ist mir noch nicht so ganz klar. Es geht irgendwie um Moral, scheint mir, seinen Zynismus, seinen Willen zum Aufstieg. In der Beziehung gibt es verschiedene Ebenen und besonders bei Sybil geht das zum Teil so weit auseinander, dass ich sie als Figur kaum noch zusammenkriege.
Der Text soll mehrere Leseebenen ermöglichen, das stimmt schon. Sybis Profil habe ich geschärft, manche Stellen entschlackt, ich denke, dass sie jetzt schärfere Konturen bekommen hat. Den gesellschaftlichen Aspekt lege ich unter die Geschichte, reiße Themen an, die unsere Gesellschaft beschäftigen.

Tolle Stelle, der Kokon ist ein starkes Bild
:Pfeif:sehr fein, dass das Bild funktioniert.

Rein praktisch ziemlich unrealistisch, oder? Die Besessenheit mit der sie hinter seinem Sperma her ist (nach wieviel Ehejahren?) kommt mir irgendwie künstlich vor.
ach, da gibt's mehrere Möglichkeiten, wie sie sich das Zeug geschnappt hat, soll eine Art Metapher darstellen.

ihr Schmerz in seine Lust? Oder doch ihre Lust? Jedenfalls hinterher beklagt sie sich bei ihrer Freundin. Ich kriege die Frau nicht zusammen, selbst wenn ich ihr einige Ambivalenz zugestehe.
ich deute eine Spielart zwischen den beiden an. Schmerz und Lust, Liebe und Hass.

Ich glaube, das hat schon jemand geschrieben. In den Dialogen weiß ich oft gar nicht mehr, wer spricht. Ist da öfter mal ein Zeilenumbruch, obwohl noch dieselbe Person spricht?
den Dialog zwischen Sybil und ihrer Freundin habe ich komplett gestrichen.

Hier wieder eine ganz andere Facette von Sybill. Jetzt ist sie ihm gegenüber unwirsch, belehrt ihn moralisch. Ich frage mich, ob du nicht zuviel in diese Frau reinpackst. Der fettgedruckte Satz gefällt mir für sich betracht ganz gut. Und die Ebene, dass es auch im Ökobereich ums Geschäftemachen geht, dass da nicht alle die moralisch besseren sind, ist ein interessanter Hintergrund.
an der Stelle zeigt sich ihre Ambivalenz, auch das Hin- und Hergerissensein, habe den Dialog aber überarbeitet.

Das Ende wird grotesk. Sybill überläßt ihn dem Mob, der ihn lyncht und macht sich fröhlich auf zum Jakobsweg. Nur ihre Phantasie?
den Jakobsweg habe ich gestrichen, das Ende so gestaltet, dass es, wie ich hoffe, nachvollziehbarer wird.

Interessanter Text. Inwieweit sich da ein gesellschaftlicher Aspekt in der Art der Beziehung spiegelt, Themen wie Ausbeutung, Macht und so, das kriege ich nicht ganz gefasst. Und die Sybill scheint mir mehrere Personen zu sein.
ich denke schon, dass sich das verzahnt. Besonders mit dem neuen Ende. Sybil schnappt sich Geld, das er in Panama gebunkert hat. Die Mama Jana hilft ihr, spielt aber ihr eignes Spiel.

Geht bald weiter mit den anderen Kommentaren.
viele Glühwürmchengrüße
Isegrims

 

Through many a dark hour I been thinkin' about this
That Jesus Christ was betrayed by a kiss
But I can't think for you, you'll have to decide
Whether Judas Iscariot had God on his side“
aus: Bob Dylan “With God on Our Side“​

Im dreißigsten Stock nimmt er den Preis für die Save-the-world-App des Jahres entgegen. User können individuelle Ökoprofile erstellen, nachhaltige Produkte erwerben, Petitionen unterschreiben und sich zu Demonstrationen anmelden. Er hat auf den Zeitgeist gesetzt. Die Idee schlug ein. Chris strebt seither den Sternen entgegen, nennt sich Entrepreneur, sammelt Geld.

Chris erfasst das Motiv, zoomt, probiert Kameraeinstellungen, versinkt vollständig in der Ich-wär-so-gern-Künstler-geworden-Illusion. Sybils spürt einen Windhauch, sieht die alte Frau sich kommen, lächelt sie für einen Moment an. Die Mama-Jala nähert sich Chris so, dass er ihren Lufthauch spüren kann, während ihn Menschen umzingeln, Sybil zur Seite drängen. „Stopp!“, ruft die Mama-Jala. ..

Ja, keine Frage, dass mir das jetzige Ende als Aufstand (in dessen ursprünglichster Bedeutung als ein „sich erheben“) gefällt - wobei Kuba ja eher ein Traum war und Guevara es vorzog, die Revolte nach Afrika zu bringen, statt ein wohliges Leben als Industrieminister zu führen. Und glaubte denn Chrustschow ernstlich, dass diese Rebellen gute Verbündete wären im Kampf um die Weltherrschaft?

Aber der Name Guevaras wirkt immer noch, und ich hoffe, dass ich da keinem Gerücht über abergläubische Südamerikaner aufgesessen bin, denn man soll dem toten Guevara aus Sorge, er könnte noch etwas tun - und wäre es nach etwas greifen oder gar weglaufen - auf der Bahre Hand und Fuß abgeschnitten haben. Vielleicht wollte man aber nur beweisen, dass seine Ideen und sein Verhalten niemals Hand und Fuß hatten ...

Aber große Veränderungen schaffen frische Flusen,

Isa,

eine findestu schon im Zitat, wo offensichtlich zwo Formulierungen miteinander im Kopf stritten und die unterlegene (ich tipp mal auf „… sieht die alte Frau auf sich zukommen) ihre Spur hinterlässt
Kleine Flüchtigkeit

Als er aus dem Gedankenteppich entf[l]o[...]hen kann, riecht er Sybils blassen Rosenduft, ...

Hier solltestu den Genitiv zumindest sichtbar mitschwingen lassen
Chris[‘] Blick wandert durch den Raum:

Weil sie befürchtet[,] in dieser Position einzuschlafen, löst sich Sybil von Chris, …

Da willstu Kommas einsparen
..., zielten auf das Guteschönewahre, …
, dass Mark Twain („Die schreckliche deutscheSprache“, s. unter http://www.viaggio-in-germania.de/twain-schreckliche-dt-sprache.pdf) im Grab routiert ...)

Einer müsse bestimmen. Ganz nach oben müsse man wollen, sagt er.
Warum referierstu, wenn jeder weiß, dass das eine weit verbreitete Meinung selbst unter denen ganz da unten ist?

Und gleich weiter im Konjunktief

„Was geht in deinem schönen Köpfchen so vor, hm?“, fragt er mit einer Stimme, als spreche er aus einer Nebelwolke, als habe er sich aus der eigenen Düsternis weggeschlichen.
Ist da eine Nebelwolke?
Ein fantasiertes; unreales Bild schreit doch nach Konj. irrealis, „als spräche“ und „hätte er sich“ ...

„Ich nenne sie[,] wie ich will, Bitch, Dreckstück, scheißegal, aber deswegen bin ich nicht hier.“

Hier schein mir was zu fehlen
„Nur ein Wort, aber weißt, was ich meine.“
ein vertrautes „du“?

„Ist doch super[,] zu den Guten zu gehören.

Wir sind aber noch nicht fertig mit Dir, Chris Carlsen!“[... ] Dann schreibt sie ein Zeichen in die Luft. Hände halten Chris fest.

Tschüss und schönes Wochenende aus'm Pott vom

Friedel

 

So, jetzt kann ich allen antworten. Der Text hat sich noch mal verändert, die Bezüge zu dem Originaltext (insbesondere dasselbe Thema) sind zwar nach wie vor vorhanden, habe ich aber weiter reduziert.
Einige Kommentare haben sich mit dem Bruchstückhaften beschäftigt, die Nahtstellen angesprochen, das abrupte Ende. Sybil hat einen Plan, der bildet nach der Überarbeitung die Klammer, schließt die Lücken. Glaube ich, hoffe ich. Dennoch bildet der Text auch die Sprunghaftigkeit ab, die mMn das Leben ohnehin mit sich bringt.

Liebe @Novak,

Das ist schlampert. Klingt, wie wenn sie noch am Entwickeln der App wären. Kann ja wohl schlecht sein. Und der letzte Absatz passt grammatikalisch nicht dazu. Das holpert und ruckelt alles, weil du über deiner unseligen Sucht, alles in Aufzählungen zu verwandeln, die logischen Bezüge vergessen hast. Oh, ich merke schon, ich klinge giftig, das will ich nicht. Ich will dich einfach nur dazu bringen, deine Aufzählungen bewusster zu setzen und sie auch zu prüfen.
die App-Stelle habe ich verändert. Die Aufzählungen gehören zu meinem Stil, klar, ich versuche schon das Wuchern der Sätze bewusster zu verwenden, nach einer längeren Satzperiode Pausen zu setzen. Ein musikalischer Impuls sozusagen.

Seine Gedankenfetzen danach finde ich einerseits gut, weil seine Erfolgsgeilheit und seine Art dadurch erklärlich werden. Ich fand es aber zu holzhammermäßig eingebaut. Und ein bisschen viel auf einmal. Ghetto plus Drogenfreund plus überhaupt nur einen Freund plus dessen Tod plus Wissensdurst plus Alki-Eltern plus prekäre Bildung und Herkunbft plus Interessenlosigkeit vom Vatter.
er erinnert sich, weil er die Eltern nach New York einladen wollte, das ist der Anlass. Die Gedankenfetzen folgen daraus: Schlaglichter seines Lebens.

Das ist ein sehr schönes Bild, das mit dem Kokon. Und hier finde ich die Aufzählung auch richtig gut, weil es das Atemlose und Hektische und dieses Gefühl, eins zu werden, unterstützt.
:Pfeif:

Ich habe das mal als Beispiel zitiert. Also wie du diesen, auch den späteren Dialog schilderst, findet hier so eine Art verbaler Krieg statt. Sie ist ja recht spitzzüngig und giftig. Und lässt sich eigentlich nicht die Butter vom Brot nehmen. Ich versteh nicht, wie das mit der Devotheit später zusammenpasst. Ich erkenne keinen Grund, warum sie sich ihm so unterwirft und bei ihm bleibt.
ich glaube, du hast ein klischeehaftes Verständnis von ihrer Devotheit. Sie hat ihm erlaubt die Führung zu übernehmen, Schmerz verschaffte ihr Lust, aber sie war die Fordernde.

Superbild. Aber wo bleibt die Frau dann später? Sie ist doch nicht etwa die alte Frau vom Ende? Was sucht die da?
tja, der Abschnitt ist in Sybille Perspektive verfasst.Sieht sie wirklich die alte Frau?

Die Alte taucht auf wie der Kasperl aus der Kiste, drischt mit ihrem Clan den unsympathischen Ehemann zusammen und löst Sybils Probleme und Konflikte und damit auch dein Geschichtenproblem. Das hat die Geschichte nicht verdient.
oha, mein Geschichtenproblem... :D der Plan Sybille besteht darin, ihn aufzuhalten, damit sie nach Panama fliegen und das Konto abräumen kann.

Ja, die Geschichte hat was, es gibt viele sehr intensive Momente. Viele schöne Bilder, aber meine Vorbehalte gibt es auch. Besonders dem Ende gegenüber, das sich so überhaupt nicht aus der Geschichte entwickelt hat.
ich hoffe, das Ende ist jetzt besser verzahnt.

Bis bald und liebe Grüße
Isegrims

Liebe @Putrid Palace

ich danke dir für deine Anmerkungen, die Beschäftigung mit dem Text, vor allem wegen deiner Lesart.

Du hast das bestehende Thema und die Figuren aufgegriffen und in ein neues Umfeld, ein neues Muster gepackt.
:thumbsup:

Womit ich also ein Problem habe, ist der abrupte Übergang, die grobe Kontur zwischen Ende und dem Rest. Nicht nur die Personen erscheinen aus dem Nichts, sondern dieser ganze Absatz, ja das Ende an sich. Ich werde ohne (erkennbaren) Auslöser einfach von den Füßen gerissen und in ein völlig neues Geschehen gezerrt.
ich habe das weiter oben schon erwähnt, sehe den Punkt und habe den Text deswegen verändert, versucht, die Handlung geschmeidiger einzubetten.

Meiner Meinung nach hast Du die Idee hinter dem Ende von @peregrina (Die Prota nimmt die Fäden selbst in die Hand) aufgegriffen und wirklich sehr fantasievoll und zudem treffend neu gestaltet. Nur den Übergang finde ich etwas unwirsch. Auch den früheren Auftritt der Voodoo-Dame habe ich nicht mit dem Ende in Verbindung gebracht.
siehe letzte Anmerkung

Hat mit geholfen, @Putrid Palace!
viele Regenrgrüße
Isegrims

Liebe @Chai

du sprichst einige Aspekte an, die mir einen neuen Blick auf den Text ermöglichen, vielen Dank für die Auseinandersetzung mit dem Text.

Irgendwie fehlt mir da was in der Geschichte. Ich überlege gerade, was es genau ist. Die Szenen scheinen so für sich zu stehen, mir fehlen da teilweise die Bezüge.
siehe die Anmerkung bei PutridPalace :D

Aber das ist es ja auch nicht wirklich, denn er hat ja keine Schmerzen aus dem Nichts, sondern wird in einem Ghetto zusammengeschlagen, weil er eine Kirche fotografiert.
die Voodoo-Idee, paar Nadeln in ein Püppchen zu stecken, was natürlich naheliegender als das Geschehen, das ich schildere. Andererseits zeige ich dadurch die prinzipiellen Motive der Mama-Jala. Sie und ihre Leute empören sich über die Entwürdigung der Bettler.

Sein Sinn für Schönheit fügt sich da gut ins Bild, hat etwas sehr Stumpfes. Das fand ich im einzelnen gut, aber als Gesamtbild kommt er eben für mich nicht aus dem Klischee heraus, erst soziale Unterschicht, Vater Hilfsarbeiter, beide Eltern saufen - jetzt ist er der Überflieger, der nur ans Geld denkt und seine Frau schlägt - das ist schon megadick aufgetragen.
Emporkömmlinge verhalten sich meiner Erfahrung nach sehr oft klischeehaft, denk mal an Leute wie Gerhard Schröder, Karlheinz Rumenigge, ach, da könnte ich eine Menge nennen.

Ich fand die Gedanken zu seiner Herkunft etwas infodumpig an der Stelle. Wieso fällt ihm das ausgerechnet jetzt ein? Gut, der Erfolg ist erst jetzt greifbar, aber er hat sich ja auch vorher schon hochgearbeitet und ist zu Geld gekommen.
er muss sich seiner selbst versichern.

An besagter Stelle sehe ich ihn eher mit stolz geschwellter Brust, statt daran zu denken, wie sein Freund im Pillenrausch umkam. Das passt für mich nicht, und ich fände es besser, wenn das stückweise im Text rausgekommen wäre.
den Freund habe ich gestrichen, sein Stolz erklärt sich daraus, dass er es aus der Gosse heraus geschafft hat, deshalb denke ich, sind seine Gedanken an dieser Stelle schon folgerichtig.

Der Geruch ist für mich schwer auszumachen.
ja stimmt, muss ich noch mal drüber nachdenken, on ich den Geruch konkretisieren kann.

Das ist mir auch zu dicke. Klingt, als ob sie erst übers Wetter plauschen und plötzlich sagt Sybill:"Ach übrigens, Chris hat mich wieder mal verprügelt."
Gut fand ich aber, wie du hier zeigst, dass sie dieses kaputte Verhältnis u.a. dazu braucht, um die Aufmerksamkeit zu bekommen, die sie sonst nicht kriegt.
mm, ja, andererseits wirft gerade dieses Ausmerksamkeits-/Mitleidsheischen einen guten Blick auf sie.

Liebe Grüße aus der Taunusdämmerung
Isegrims

once again, @Novak

Da ist zum einen S mit ihrer Abhängigkeit. Mir ist immer noch schleierhaft, was diese Frau dazu bringt, so auf seinen Samen abzufahren. Was bedeutet es für sie. Du schreibst die Gefühle der Personen zum Teil so überdeutlich und erzählt hin, das ist mir hier einfach zu viel.
sie schafft dadurch eine Verbindung, da ist Wehmut dabei, hätte sich nicht gelohnt auszuerwählen, können Leser*innen mit ihrer eigenen Imagination ausmachen.

Die ist jetzt einerseits besser verzahnt, weil Sybils Auftrag, aber das schöne Mystische ist dabei verlorengegangen. Und Sybils sexuelle Abhängigkeit passt noch nicht zu ihrem Recht kühlen Plan.
mystisch finde ich's immer noch, nur nicht mehr ganz so rätselhaft. Ob sie wirklich abhängig ist, nicht vielmehr verbunden war, die Verbindung aber nun löst?

Lieber Friedel,

ach je, die Flusen. Wann hört das jemals auf? :D
Schön, dass du noch mal reingeschaut hast, vielen Dank!

That Jesus Christ was betrayed by a kiss
But I can't think for you, you'll have to decide
Whether Judas Iscariot had God on his side“
aus: Bob Dylan “With God on Our Side“
äh, tja, äh, genau!:lol::Pfeif:

Ja, keine Frage, dass mir das jetzige Ende als Aufstand (in dessen ursprünglichster Bedeutung als ein „sich erheben“) gefällt - wobei Kuba ja eher ein Traum war und Guevara es vorzog, die Revolte nach Afrika zu bringen, statt ein wohliges Leben als Industrieminister zu führen
diese Lesart gefällt mir! :thumbsup::thumbsup: Che war ja eher einIndividualist, wie man liest.

denn man soll dem toten Guevara aus Sorge, er könnte noch etwas tun - und wäre es nach etwas greifen oder gar weglaufen - auf der Bahre Hand und Fuß abgeschnitten haben.
die Ikonisierung schritt schnell voran, Menschen werden zu Hüllen, Greta Thunberg ebenso wie Donald Trump.

liebe Grüße und eine perfekten Wochenstart
Isegrims

 

Hallo @Isegrims
es ist schon eine Weile her, aber nun im Zeichen des Lockdowns und Quarantäne, komme ich mal dazu, die Wortkrieger zu besuchen. Schön, hier noch so viele bekannte Autoren und Moderatoren vorzufinden. Da überkommt mich eine gewisse Wehmut.

Da ich zuletzt mit dieser Runde copywrite aufgehört habe, wollte ich mal in den Fundus linsen und gucken, was ich alles verpasst habe.

Mit dieser Geschichte ist mir auf jeden Fall eine wortgewaltige Schöpfung entgangen. Mich hat das Drama der beiden eingefangen. Sonderliche Sympathien haben sich keine eingestellt. Die lodern zwar kurz auf, wenn du anreißt, was sie beide durchgemacht haben, er mit seiner schweren Kindheit, sie mit dem Erdulden und an den Rand gedrängt werden, aber sie verpuffen auch wieder. Bei Chris ist das offensichtlich, bei Sybil geht sie verloren, weil sie um die Machenschaften weiß, und das alles in Kauf nimmt. Wie sie alles bis zur Wendung in Kauf nimmt: Wie sie behandelt wird, wie sie ausge- und be-nutzt wird.
Dieser Nebensatz mit dem Schlagen auf der Toilette hat mich irritiert. Das war für mich nicht ersichtlich, wirkt auf mich, als erzähle sie das nur, um sich bei der Freundin wichtig zu machen? Oder ist es auf die sexuelle Gewalt gemünzt? Nun, auch das lässt sie mit sich machen. Und revanchiert sich mit einer ordentlicher Dosis Gegengewalt.
Mir ist die Geschichte um ein zwei Absätze zu lang. Das Flanieren und Fotografieren, mäh, das könnte ich mir durchaus gestraffter vorstellen, ohne dass etwas verloren ginge.
Die Wendung dann ... Puh, also mich hat es ziemlich unvorbereitet getroffen.
Ich habe die Mama-Jala nicht überlesen auf der Verleihung, aber diesen Wandel, ja, das ist schon mutig. Und für mich wirkt es nicht so rund, wie ich es mir wünschen würde. Ich gehöre zu denen, die da mehr Andeutungen in diese Voodoo-Richtung gebraucht hätten.
Es ändert nichts daran, dass ich die Geschichte sehr gern gelesen habe, und mich vor allem sehr an deiner Sprache erfreuen konnte.


Die Schnaps-, die Whiskeyflaschen, die er in den Ritzen der Mauern, hinter Büschen versteckt hat, damit die Eltern sich das Zeug nicht in die Kehle schütten.
Das finde ich den einzigen sperrigen Satz.
Metallisches Gestammel, Gemurmel, Schweigen zwischen der Leere, verglühte Augen, die erst dann aufflackern, wenn es um Geld und Gold und Vorteile geht., mehr ist nicht geblieben.
Wow, was für ein Klang in den Ohren. Punkt noch raus
Chris schüttelt den Kopf, hält das Smartphone vors Gesicht, will Fotos der Leute schießen.
Fotos der Leute schießen? Klingt schief.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo @weltenläufer

Schön, hier noch so viele bekannte Autoren und Moderatoren vorzufinden. Da überkommt mich eine gewisse Wehmut.
ach, die Wehmut. Ich empfinde es ähnlich, da kommt ein Gefühl auf, das man gar nicht für möglich hielte, wenn man bedenkt, dass wir uns in den fremden Weiten des virtuellen Raums bewegen. Jedenfalls freut's mich sehr, dass du wieder ein wenig aktiv bist.

Mit dieser Geschichte ist mir auf jeden Fall eine wortgewaltige Schöpfung entgangen. Mich hat das Drama der beiden eingefangen. Sonderliche Sympathien haben sich keine eingestellt.
Zu dem Text habe ich bereits etwas Distanz aufgebaut. Was jetzt nicht heißt, dass er mir nichts mehr sagt oder bedeutet.
Ich wollte echte Menschen, beschädigte Charaktere zeigen, da fände ich es fadenscheinig Sympathie zu erwecken auch nur als Ziel zu formulieren.

Bei Chris ist das offensichtlich, bei Sybil geht sie verloren, weil sie um die Machenschaften weiß, und das alles in Kauf nimmt. Wie sie alles bis zur Wendung in Kauf nimmt: Wie sie behandelt wird, wie sie ausge- und be-nutzt wird.
Die beiden gehören ja zusammen, auch wenn sie am Ende eine Wende vollzieht. Sie hat zugesehen, abgewartet, sich auf diese Weise korrumpieren lassen, auch innerlich.

Mir ist die Geschichte um ein zwei Absätze zu lang. Das Flanieren und Fotografieren, mäh, das könnte ich mir durchaus gestraffter vorstellen, ohne dass etwas verloren ginge.
Falls ich wieder an dem Text arbeite, werde ich einiges kürzen, o ja!
Ich habe die Mama-Jala nicht überlesen auf der Verleihung, aber diesen Wandel, ja, das ist schon mutig. Und für mich wirkt es nicht so rund, wie ich es mir wünschen würde. Ich gehöre zu denen, die da mehr Andeutungen in diese Voodoo-Richtung gebraucht hätten.
und gleichzeitig das mystische Motiv geschickter beleuchten, besser vorbereiten, du hast vollkommen recht.

Es ändert nichts daran, dass ich die Geschichte sehr gern gelesen habe, und mich vor allem sehr an deiner Sprache erfreuen konnte.
Das ist ein feiner Ausblick, vielen Dank
und sommerliche Wintergrüße aus dem Taunus
Isegrims

 

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