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Serie Nice-Guy Harlan

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Nice-Guy Harlan

„Buckelsand!“ Harlan schlug mit der flachen Hand gegen die Holztür und rülpste von all dem Bier, dass er getrunken hatte. In den verdreckten Fenstern spiegelte sich die weinrote Sonne. Irgendwo am Dorfrand schrie ein Eichelhäher. „Buckelsand, verdammt, mach auf!“
Die Haustür öffnete sich. Ein schlaksiger Mann erschien, mit lockigen Haaren und einer Warze am Nasenbein. Harlan reichte ihm lediglich zur Hüfte. Um ihm ins Gesicht schauen zu können, hätte er den Kopf in den Nacken legen müssen.
Stattdessen lächelte der kleine bärtige Mann und fixierte Buckelsands Hemd. „Buckelsand, mein Freund, ich habe eine geniale Idee.“
„Was soll das? Meine Augen sind hier oben.“
„Ein Häuptling guckt doch nicht zu seinen Untertanen herauf! Es heißt Untertan, nicht Übertan! Deswegen habe ich beschlossen, von nun an nicht mehr den Kopf zu heben.“
„Natürlich“, sagte Buckelsand und seufzte. „Gute Idee. Kommst du nur deshalb?“
„Nein, ich sagte doch, ich habe eine geniale Idee! Sag, du warst doch Dings-Da, du weißt schon, am Festland“, sprach Harlan zu dem Hemd.
„Berater am königlichen Hof von New Hort, meinst du.“
„Richtig. Ich brauche dich als meinen Berater.“
„Was?“
Harlan lehnte sich mit der Hand an den Türrahmen an. „Folgendes: Heute bin ich Dummling Snorre begegnet.“ Er hickste. „Hellichter Tag, er kommt mir genau entgegen, schaut mir in die Augen. Und? Denkst du, er hat gegrüßt?“
„Ich denke …“
„Natürlich nicht! Die Jugend verliert den Respekt vor mir!“
„Sowas aber auch“, murmelte Buckelsand.
„Oder auf dem Markt! Hölle und Tölle verkaufen ihren stinkenden Fisch. Denkst du, sie schenken ihrem geliebten Häuptling einen Hering, weil er sie so lieb hat?“
„Nein.“
„Ganz richtig, Buckelsand, ganz richtig!“ Harlan legte den Kopf in den Nacken, starrte aber nicht zu Buckelsand, sondern in den Himmel. Dann, als habe er vollkommen vergessen, was ihn zu dieser späten Stunde hergeführt hatte, schüttelte er wild den Kopf, wobei seine Backen klatschten. „Also, mein Gedanke war: So geht es nicht weiter. Ich sitze auf dem absteigenden Ast, wenn du verstehst. Ich muss mich neu erfinden, bevor die Leute endgültig ihren Respekt verlieren. Harlan der Unbeliebte, der Unbeachtete, der muss fort! Ich will, dass die Leute mich verehren, und dabei brauche ich deine Hilfe. Als Berater.“
Einen Moment lang starrte Buckelsand seinem Freund auf den runzligen Schädel. „Du scherzt.“
„Mitnichten!“
„Harlan, als dein Freund gebe ich dir einen Tipp.“
„Der da wäre?“
„Hör mit dem Gehabe auf und fang endlich wieder an, Menschen in die Augen zu blicken. Das wäre ein Anfang. Und weniger Bier“, fügte er hinzu und drehte sich auf dem Absatz um. „Vor allem weniger Bier. Gute Nacht.“
„Halt!“, rief Harlan und sprang in den Türspalt, bevor Buckelsand ihn hinter sich schließen konnte. „Bitte“, sagte er, jetzt in sanftem Ton, „du kannst doch deinen Kumpel nicht im Stich lassen.“
Buckelsand starrte seinem Freund auf den runzligen Schädel, solange, bis der schließlich den Kopf hob. Gerade weit genug, dass Buckelsand ihm in die kastanienbraunen Augen blicken konnte. „Was genau soll ich für dich tun?“
„Mir Würde verliehen! Mich bei Jung und Alt wieder beliebt machen! Neue Kleider für den Kaiser!“
„Harlan, du bist ein Dorfhäuptling und Wanderfels ist ganz sicher kein Kaiserreich.“ Buckelsand seufzte. „Also schön. Betrachte mich als dein Consulting-Manager.“
Harlan starrte ihn an. Dann brach er in Lachen aus.
„Bitte, lästere du nur. Am Hof von New Hort ist ein Consulting-Manager ein ernstzunehmender Mann. Das bedeutet übersetzt …“ Buckelsand stoppte. „Ach, egal. Du würdest es eh nicht verstehen, geschweige denn verstehen wollen.“
Sein bärtiger Freund wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ja, ja, Pustekuchen.“ Er schniefte. „Und jetzt? Was ist dein erster Rat als frisch-ernannter Berater?“
„Geh schlafen. Re-branden können wir dich auch noch morgen.“ Mit diesen Worten schubste Buckelsand seinen Freund aus dem Türrahmen und ließ das Holz ins Schloss fallen. „Gute Nacht.“
„Wie? Du verweigerst deine Amtshandlung?“, kam es dumpf von der anderen Seite. „Das ist strafbar!“
„Dann bring mich doch vor Gericht.“
„Ich bin das Gericht!“
„Stimmt“, sagte Buckelsand so leise, dass niemand außer ihm es hören konnte, und massierte sich die Schläfe. „Hier in der Provinz gibt es ja keine Gewaltenteilung.“ Anstatt einer Antwort schloss er die Tür ab und ging die Treppe hinauf ins Schlafzimmer.
Draußen starrte Harlan derweil missmutig auf das Holz, biss sich auf die Lippe und schlug mit dem Kopf gegen die Tür. „Hundsgemein“, murmelte er in seinen Bart. „Einfach hundsgemein.“
Dann ging er heim.

Wanderfels war ein kleines Dorf. Wie klein, das wusste nur Buckelsand, denn er war außer Dummling Snorre der einzige Mensch im Dorf, der mit Mathematik vertraut war. Jeder seiner Versuche, den Wanderfelsenern die Vorteile der Rechenkunst schmackhaft zu machen, war mit Saus und Braus gescheitert. Harlan hatte sich zumindest eine Zeit lang dafür interessiert, als er seinen Freund eines Sommers um eine Schätzung seiner Untertanen gebeten hatte, aber weil ihm das Ergebnis zu klein klang, verbot er ihm, öffentlich darüber zu sprechen. Buckelsand konnte darüber nur den Kopf schütteln.
Wenn man also als Außenstehender begreifen wollte, wie viele Menschen nun in Wanderfels lebten, war es am einfachsten, sich die Fischer anzusehen. Im Dorf lebten lediglich zwei Männer, die Geschwister Luppe, die jeden Tag auf den am Fuß liegenden See des Dorfs hinausfuhren. Hölle und Tölle hießen sie, und sie waren derart schlecht im Fangen von Fischen, dass der Name Luppe zum Synonym für Versagen in ganz Lillestin geworden war. Und trotzdem gab es stets genug frischen Fisch, dass jeder Mensch in Wanderfels satt wurde. „Wisst ihr“, sagten sie jedem, der abends ihre leeren Netze beäugte, „natürlich könnten wir mehr Fische fangen, aber das braucht es doch gar nicht. Es steht doch alles zum besten.“

„Besten? Das nennst du zum besten?“ Ein verkaterter Harlan riss den Hering vom Marktstand und hob ihn hoch. Obwohl der Fisch sogar für einen Hering klein war, wirkte er in Harlans Händen wie ein Hecht. „Der Fisch ist ja kleiner als Ophelias Karnickel! Wie soll denn davon einer satt werden?“
Dummling Snorre am Nachbarstand lachte leise und blätterte in einem Buch, auf dem „Demokratie und Menschenwürde: Eine Einleitung“ stand. „Kleiner Mann, kleiner Hunger.“
Buckelsand, der das Treiben bisher aus der Distanz beobachtet hatte, trat dazwischen, bevor Harlan Snorre mit dem Fisch eine verpassen konnte. Er nahm ihm den Hering aus den Armen und legte den Fischern auf den Verkaufstresen.
„Komm, Harlan. Gehen wir eine Runde.“
Sie schlenderten vom Marktplatz die Straße hinunter bis vor Harlans Haus, einer großen, mit Strohbündeln gedeckten Hütte. „Und? Wie war ich?“, fragte der kleine Mann und stemmte die Arme in die Hüfte. „Freundlicher Ton, sympathisches Auftreten. Ich fühle mich schon so anders. Hast du gesehen, wie Helena zu mir herübergeblickt hat?“
„Nein. Ich habe mich mehr auf dich konzentriert.“ Buckelsand verschränkte die Arme und seufzte. „Ehrlich gesagt, Harlan …“
„Ja?“
„Das war höchst unfreundlich. Das geht besser.“
Der Häuptling grunzte und murmelte leise in seinen Bart.
„Wie wäre es, wenn ich es dir einmal vormache?“, fragte Buckelsand. „Bleib einfach in meiner Nähe.“
Harlan nickte.

Bezahlen war in Wanderfels eine schwer durchschaubare Angelegenheit. Früher, als Harlan und Buckelsand noch mit ihren Kinderhänden im Sand geschaufelt hatten, war Geld nicht mehr gewesen als ein Gerücht. Jeder brachte auf den Markt, was er finden konnte, und dann wurde so lange gefeilt und getauscht, bis alle mit etwas Neuem glücklich nach Hause gegangen waren. Man könnte meinen, die Einführung eines universellen Zahlungsmittels hätte dem System Einfachheit bringen sollen, aber nicht in Wanderfels. Buckelsand kannte kein anderes Dorf, dass sich dem System von Kauf und Verkauf derart hartnäckig widersetzte wie sein eigenes.
„Seid gegrüßt“, sagte Buckelsand mit sanfter Stimme. Hölle und Tölle warfen sich einen Blick zu.
„Ja, wenn du das sagst“, sagte Tölle nach kurzem Zögern. „Wir tauschen gegen Schuhcreme.“
Hinter Buckelsand spuckte Harlan auf den Boden.
Buckelsand überging beide. „Das sind schöne Fische, die ihr da habt“, sagte er und beugte sich über den Marktstand. „Wie war euer Fang die Woche?“
Die Zwillinge warfen sich einen zweiten Blick zu. Überforderung stand in ihren Gesichtern. Anstatt einer Antwort schwiegen sie.
Buckelsand verschränkte die Arme. „Ich würde diesen Hering nehmen, der schaut prächtig aus.“
Tölle packte den Fisch an der Flosse und wickelte ihn in eine herausgerissene Buchseite.
„Was bin ich euch schuldig?“, fragte Buckelsand.
„Eine Dose Schuhcreme.“
„Ich habe nur Geld.“
Hölle blickte seinen Bruder an. Der schüttelte den Kopf.
„Kein Tausch“, sagte Hölle.
„Von meinem Geld könnt ihr euch Schuhcreme kaufen.“
„Kauf du dir doch Schuhcreme und komm dann wieder.“
„Ihr könnt nicht …“
„Wir wollen nicht Schuhcreme kaufen“, unterbrach Tölle ihn. „Wir wollen Schuhcreme gegen Fisch tauschen.“
„Das ist doch nicht euer Ernst“, murmelte Buckelsand und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Ihr könnt doch nicht einfach erwarten, dass zufällig jemand mit Schuhcreme vorbeikommt und Fisch möchte. Wie viele Fische habt ihr heute schon verkauft?“
Die Brüder sahen sich an. Vielleicht hätten sie ihm eine Zahl genannt, hätten sie zählen können.
Hölle blickte überlegend drein. „Also gut, gibt ne Münze. Eine von den silbernen, mit dem Loch in der Mitte. Die glänzen so gut, die kann ich als Köder gebrauchen.“
Buckelsand ächzte innerlich. In New Hort hätte er für einen Silbertaler dreißig Heringe bekommen. Harlans Lektionen kamen ihm teuer zugute.
Er bezahlte und griff seinen Fisch. Als er sich umdrehte, war sein Freund verschwunden.

Buckelsand fand Harlan auf der anderen Seite des Marktplatzes, am Stand der hübschen Helena. Wie ein Kind, dass hinter dem Tresen Süßigkeiten entdeckt hatte, lugte Harlan über den Stand und auf all die feinen Mäntel, Hosen und Stiefel, die dort auf einer Reihe Fässer ausgestellt waren.
Buckelsand packte den kleinen Häuptling und setzte ihn unter Protest auf eine Kiste, drei Schritte vom Stand entfernt.
„Was sollte das gerade?“, rief Buckelsand. „Warum bist du einfach gegangen?“
Als Harlan ihn erblickte, wedelte er mit den Armen. „Buckelsand, ich habe eine neue Idee. Das mit der Freundlichkeit, das ist nicht meins …“
„Wegen dir habe ich diesen bescheuerten Hering gekauft, und das für einen absurd teuren Preis!“
„Mein Freund, sprich leiser. Wenn ich dich nicht besser kennen würde, würde ich denken, du bist gereizt.“
„Verdammt richtig!“ Für einen Moment lang schaute Buckelsand drein, als wäre er drauf und dran, dem Häuptling seinen Erwerb ins Gesicht zu schlagen. Dann lehnte er sich an das Fass, die triefende Buchseite in der Hand.
„Über diese Brandung, von der du gesprochen hast …“, begann Harlan.
„Re-branding.“
„Was auch immer. Dein Häuptling hat nachgedacht. Ändern will ich mein Verhalten nicht, das ist mir zu anstrengend. Stattdessen habe ich eine besseren Einfall.“ Er zeigte auf Helenas Stand. „Siehst du diesen roten Mantel da?“
„Ja.“
„Ich glaube, es ist Zeit für einen Kleiderwechsel. Stell dir mich vor in diesem Mantel, goldene Ringe an der Hand und einem geflochtenen Bart. Hölle und Tölle werden mir ihre stinkenden Fische hinterherwerfen, und das nur, um sich vor mir verbeugen zu dürfen.“ Grinsend starrte der kleine Mann Löcher in die Luft.
Buckelsand blickte drein, als wollte er einen Kommentar dazu abgeben. Stattdessen lächelte er plötzlich. „Na gut.“
„Ja?“
„Gute Idee, Harlan. Nur zu.“
Entschlossen stolzierte Harlan zu Helenas Stand. Während sich der Häuptling durch das Sortiment wühlte, legte Buckelsand eine Hand vor den Mund, um das Lachen zu verbergen. Auch Helena schien ihren Spaß zu haben. Anstatt des roten Mantels, der allemal einen so hochgewachsenen Mann wie Buckelsand gepasst hätte, führte sie ihn zu einem der hinteren Fässer, wo sie eine Weile lang mit ihren Kunden plauschte, dann einen Stapel Kleidung auf den Arm nahm und mit Harlan an der anderen Hand davonspazierte, zu einem Ort zu ihr nach Hause, wo der Häuptling sich in Ruhe umziehen konnte. Harlan hingegen schien den Wink anders verstanden zu haben. Als er Hand in Hand mit Helena an Buckelsand vorbeischritt, den Rücken gerade und das Kreuz gestreckt, grinste er von Backe zu Backe.

„Hilfe“
Buckelsand sprang vom Fass. Das war Harlans Stimme, schrill und laut. Sie kam aus Helenas Haus.
„Buckelsand, hilf mir!“
Etwas Kleines rannte durch die Beine der Wanderfelsener, wie ein Wiesel durch einen Wald, auf Buckelsand zu. Es war Harlan, dem der Bart und die Haare zu langen, mädchenhaften Zöpfen geflochten worden waren. An der Spitze des Bartes hing eine rosarote Schleife. Anstatt eines Mantels trug er olivfarbene Kinderkleidung und eine mit Stickmustern verzierte Haube. Er sah aus, als hätte er einen albtraumhaften Mittagsschlaf hinter sich. Hinter ihm lief Helena, lachend und mit den Tränen kämpfend. Nach einer kurzen Strecke blieb sie stehen und stemmte die Arme in die Hüfte. Offensichtlich hatte sie Seitenstiche.
Einen Moment lang starrten die Leute ihren Häuptling an. Dann brachen auch sie in Lachen aus, Buckelsand eingeschlossen.
„Aufhören!“, keifte Harlan. „Aufhören, ihr Hosenscheißer! Eurer Häuptling befiehlt es! Ich poliere euch die Fresse!“ Als seine Worte keine Wirkung zu zeigen schienen, ging er zu Dummling Snorre, der ihm am nächsten stand, und schlug ihm mit der Kraft eines anstürmenden Ebers in den Schritt.
Unter das Orchester des Lachens mischte sich ein heiserer Schrei.
Plötzlich schloss Harlan die Augen, atmete aus. „Nein“, sagte er mit ruhiger Stimme und blickte zum Himmel. „Mit Würde. Ich ertrage das mit Würde.“ Er räusperte sich. „Macht Platz für euren Häuptling.“
Niemand beachtete ihn, außer Buckelsand, der zu lachen aufgehört hatte und seinen Freund stattdessen aufmerksam beobachtete.
Harlan schlug kein zweites Mal. Das Kinn stolz gehoben marschierte er durch die lachenden Marktstände, Buckelsand hinterher.

Sie verließen den Markt und betraten eine Straßen, die geradelinig bis zum Dorfrand verliefen. Bald waren sie außer Sichtweite. Harlan bog in eine Nebenstraße an, die an beiden Seiten von Häusern flankiert und dadurch schwer einzusehen war. Er ließ sich von Buckelsand den Hering reichen. Dann, ohne eine Vorwarnung, schlug er den Fisch schreiend gegen eine Häuserwand, immer wieder und wieder. Bei jedem Aufprall erzeugte das tote Tier ein dumpfes Geräusch, Schuppen lösten sich. Eine volle Minute stand Buckelsand mit verschränkten Armen da und sah zu. Dann glitt Harlan der schleimige Fisch aus der Hand, und wie ein Pfeil sauste der Hering davon und gegen ein Fenster zwei Häuser weiter.
Schwer atmend starrte Harlan auf die beschmierte Wand.
„Fühlst du dich besser?“, fragte Buckelsand.
Der Häuptling blickte an sich herab. Mit beiden Armen packte er das Kinderhemd, riss es auseinander und zog es sich vom Leib. Als es im Dreck lag, warf er die Haube dazu und trat er drauf.
„Jetzt schon“, sagte er. „Zur Hölle mit der Häuptlings-Würde. Komm. Ich will mich besaufen und erst aufhören, wenn ich alle Erinnerungen an diesen Tag verloren habe.“
Das empfand Buckelsand genauso und mit Vorfreude folgte er seinem Freund nach Hause.

 

Irgendwie habe ich gerade wieder die Schnauze voll von Romanen. Stattdessen möchte ich mich auf Dauer auf zwei Kg-Serien konzentrieren, die eine rund um Artemis, die andere um Harlan, Buckelsand und alle anderen Verrückten aus Wanderfels.
Vielleicht erinnert sich wer: Harlan stammt aus meinem Challenge-Beitrag von 2018. Viel außer die Figur und den Namen fürs Dorf habe ich aber nicht übernommen.
Ich habe festgestellt, dass man nur schwer ernste/ traurige Texte schreiben kann, wenn man selbst eigentlich sehr gut drauf ist. Daher gebe ich jetzt mal dem Humor eine Chance. Mal sehen, wie es ankommt. Ich hoffe, möglichst schnell auf eure Kommentare antworten zu können, aber diese und nächste Woche steht noch ein wenig Arbeit an, danach wird es schneller gehen.

 

Hallo @Meuvind ,
als Auftakt zu einer neuen Serie gibt dein Text durchaus guten Stoff her, in meinen Augen ist er nur nicht richtig verpackt. Zwei Freunde, Buckelsand und Harlan, klischeemäßig maximal verschieden und beide irgendwie unzufrieden mit der einsetzenden Einbindung ihres Dorfes in die Globalisierung. Neben der neuen Form des Handels und der Wertschöpfung führst du, mitunter subtil, mehrere Motive ein, die sich wohl durch die nächsten Teile ziehen werden. Dazu zählen die durch Buckelsand angeführte Anglifizierung der Sprache, das wohlbekannte Kleider-machen-Leute-Motiv, aufklärerische Aspekte...

Was mir an der Umsetzung nicht gefällt: Vorne vorweg muss ich sagen, dass dem Text einfach der Humor fehlt. Witz und Ironie erreicht man nicht durch plumpe Rollenklischees und ernsthafte Männer mit Zöpfen im Haar. Wenn Harlan einen Mantel und Ringe an den Fingern will, dann gib sie ihm und schau was passiert. Ein ernsthafter Mann im besten Anzug kann komischer sein als im Clownkostüm.
Der zweite Punkt ist, dass sich der Text etwas in die Länge zieht. Wirkt auf mich wie die Rohfassung, in die die entscheidenden Passagen noch nicht eingefügt wurden. Harlan geht zu Buckelsand, dann wieder weg. Am nächsten Tag wandern beide schlecht gelaunt durch das Dorf und regen sich auf. Gib dem Text etwas Geheimnisvolles, etwas Unbekanntes. Ein Fremder könnte im Dorf auftauchen, einer der Geschwister Luppe könnte als vermisst gelten. Bei dieser Form des Textes endest du da, wo du angefangen hast. Wie da ein zweiter Teil neu ansetzen soll, ist mir schleierhaft, aber überrasche mich gerne.

Zuletzt muss ich sagen, dass das mit dem Hering ins Gesicht geschlagen,

dem Häuptling seinen Erwerb ins Gesicht zu schlagen

später gegen eine Hauswand, vielleicht damit zu tun hat, dass im Dorf niemand hungern muss, aber es wäre besser, es stärker als dorfeigene Redewendung einzuführen. Ansonsten kommt mir gleich Nahrungsmittelverschwendung in den Sinn.

Viele Grüße,
Jonathan

 

Hey @Rappi ,

ich glaube, wir kennen uns noch nicht. Freut mich.

Vorne vorweg muss ich sagen, dass dem Text einfach der Humor fehlt. Witz und Ironie erreicht man nicht durch plumpe Rollenklischees und ernsthafte Männer mit Zöpfen im Haar.

Das sehe ich nicht so. Humor ist sicherlich eine der subjektivesten Dinge, über die man sich im Leben streiten kann. Was den einen zum Wiehern bringt, da verzieht ein anderer keine Miene. Dich spricht mein Text ganz offensichtlich nicht an, was ich aber trotzdem interessant finde. Immerhin hast du dich trotz deiner Vorbehalte dazu entschlossen, die Geschichte ganz zu lesen und einen Kommentar zu schreiben. Du gehst nüchterner und analysierender heran als jemand, der mit dem Humor etwas anfangen kann, wohl mag. Ich habe bei der Geschichte übrigens oft an eine Kg von @Nichtgeburtstagskind denken müssen, der Titel ist mir gerade entfallen. Da gab es ähnlich zu Wanderfels auch ein Dorf mit kleiner, eingeschworener Gemeinde, die hatte ihren eigenen Dorf-Mörder. Fand ich witzig.
Klischeehaft ist der Text allemal, da stimme ich dir zu. Es war aber auch meine bewusste Absicht ( und ist eine Idee, die ich für weitere Wanderfelsener plane), sie in erster Linie nach ihrem Beruf zu definieren. Der Schmied ist stark, der Jäger geschickt, der Häuptling sehr männlich, du verstehst. Ich verstehe auch, dass das nicht spannend ist, dass es mehr braucht, weshalb ich bereits am Grübeln bin. Aktuell habe ich beispielsweise die Idee für Johanna, nicht die Frau des Schmieds, sondern die Schmiedin selbst, die mit ihrer emanzipierten Weise dem Harlan seinen Häuptlings-Posten streitig macht. Mal sehen, wie sich diese Herangehensweise entpuppt

Der zweite Punkt ist, dass sich der Text etwas in die Länge zieht. Wirkt auf mich wie die Rohfassung, in die die entscheidenden Passagen noch nicht eingefügt wurden. Harlan geht zu Buckelsand, dann wieder weg. Am nächsten Tag wandern beide schlecht gelaunt durch das Dorf und regen sich auf. Gib dem Text etwas Geheimnisvolles, etwas Unbekanntes. Ein Fremder könnte im Dorf auftauchen, einer der Geschwister Luppe könnte als vermisst gelten. Bei dieser Form des Textes endest du da, wo du angefangen hast.

Da bin ich mir unsicher. Für mich fühlt sich die Abfolge rund an, weshalb ich deinen Gedanken genau verstehen will. Hier ist es sicherlich am klügsten, auf weiteres Feedback zu warten.
Was das Geheimnissvolle/ Unbekannte angeht: das ist sicherlich ein spannungserzeugendes Element, keine Frage. Gerade bei einem Hinterwäldler-Provinz-Dorf bietet es sich an, weil Fremdes und Neues nur gemächlich herbeischwappt. Das ist aber aus meiner Sicht nicht das Thema des Textes. Harlan will sein Image aufbessern, um sich Würde zu verleihen. Klappt das? Jeder Unbekannte und jedes Geheimnis, dass ich dem Leser vor die Füße werfe, muss mir auf lange Sicht bei der Beantwortung dieser Frage helfen. Tut es das nicht, verwässt die Frage und damit die Geschichte. Erstmal wollte ich eine reduzierte Besetzung des Dorfes zusammen mit den beiden wichtigsten Personen (Buckelsand und Harlan) vorstellen. Was sich danach entfaltet, wird sich zeigen.

Danke für deinen Kommentar!

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hi @Meuvind

Ich finde, einige KG-Serien zu schreiben, klingt nach einem tollen Plan. Viel Spaß und Erfolg dabei! Deinen Harlan kenne ich nicht (oder kann mich nicht erinnern ...), aber die Geschichte muss ja für sich stehen, ne? Also ab nach Wanderfels!

Ich muss sagen, mir hat es bis zu einem gewissen Punkt gut gefallen. Zwischenzeitlich habe ich überlegt, ob es ein Problem ist, dass die Geschichte sehr starke Parallelen zu "Asterix" hat, oder ob ich es so empfinde wie @Rappi, aber nein. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Beim Lesen hatte ich zwar schon den Eindruck, dass Du mir v.a. begeistert diesen Ort zeigen willst, aber hey: Bin Dir auch begeistert gefolgt. Aber ich habe ein wirklich dickes Aber.

Aber: Bei der Schlüsselszene habe ich mich extrem mulmig gefühlt.

Etwas Kleines rannte durch die Beine der Wanderfelsener, wie ein Wiesel durch einen Wald, auf Buckelsand zu. Es war Harlan, dem der Bart und die Haare zu langen, mädchenhaften Zöpfen geflochten worden waren. An der Spitze des Bartes hing eine rosarote Schleife. Anstatt eines Mantels trug er olivfarbene Kinderkleidung und eine mit Stickmustern verzierte Haube. Er sah aus, als hätte er einen albtraumhaften Mittagsschlaf hinter sich. Hinter ihm lief Helena, lachend und mit den Tränen kämpfend. Nach einer kurzen Strecke blieb sie stehen und stemmte die Arme in die Hüfte. Offensichtlich hatte sie Seitenstiche.
Einen Moment lang starrten die Leute ihren Häuptling an. Dann brachen auch sie in Lachen aus, Buckelsand eingeschlossen.

Ich halte fest: Ein erwachsener, kleinwüchsiger Mann wird von einer Frau als Kind verkleidet, schreit um Hilfe, und alle Umstehenden lachen ihn aus. Die Geschichte reflektiert das auch nicht weiter, also scheinst Du irgendwie anzunehmen, dass das lustig ist? Ich finde das, so muss ich es ganz ehrlich sagen, überhaupt nicht lustig. Und die Moral von der Geschicht ist dann, dass es für Harlan keine Hoffnung auf ein würdevolles Häuptlingsdasein gibt? Also ... uh ... :confused: :( Ich will nicht sagen, dass mir die Worte fehlen; ich habe ganz viele Worte, aber ich halte mich mal zurück, da ich hoffe, dass das nicht Deine intendierte Lesart ist.

Wenn die Dorfbewohner:innen Harlan damit aufziehen würden, dass er arrogant ist, dass er sich danebenbenimmt, wenn sie ihm einen Spiegel vorhalten würden; das wäre vielleicht lustig und würde ein gutes Ende abgeben. Aber die Geschichte endet mit einem Mann, der für seine Kleinwüchsigkeit vorgeführt, gedemütigt und ausgelacht wird und der einsieht, dass die Menschen ihn nie wertschätzen werden. Nee. Das entsetzt mich.

Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht schreiben.

Kleinigkeiten:

Harlan schlug mit der flachen Hand gegen die Holztür und rülpste von all dem Bier, dass er getrunken hatte.

"das" statt "dass"

Ein schlaksiger Mann erschien, mit lockigen Haaren und einer Warze am Nasenbein. Harlan reichte ihm lediglich zur Hüfte. Um ihm ins Gesicht schauen zu können, hätte er den Kopf in den Nacken legen müssen.

Ich habe in der ersten Szene Probleme mit der Perspektive. Ich denke, ich bin in Harlans Perspektive, aber wieso beschreibt er Buckelsands Gesicht, ohne ihm ins Gesicht zu sehen?

Buckelsand starrte seinem Freund auf den runzligen Schädel, solange, bis der schließlich den Kopf hob. Gerade weit genug, dass Buckelsand ihm in die kastanienbraunen Augen blicken konnte.

Und woher weiß er, dass Buckelsand ihn ansieht? Da stimmt doch was nicht.

Ich sitze auf dem absteigenden Ast, wenn du verstehst.

Lustig.

fang endlich wieder an, Menschen in die Augen zu blicken.

Das klingt so, als würde Harlan seit einiger Zeit Leuten nicht mehr ins Gesicht sehen. Dabei hat er sich das doch eben erst überlegt, oder?

Mir Würde verliehen!

"verleihen" statt "verliehen"

Betrachte mich als dein Consulting-Manager.

"deinen" statt "dein"

Mit diesen Worten schubste Buckelsand seinen Freund aus dem Türrahmen und ließ das Holz ins Schloss fallen.

Na ja, das Holz fällt ja nicht ins Schloss. Der Türriegel, der ins Schloss fällt, ist ja meistens nicht hölzern. Klingt also nicht so toll.

Es steht doch alles zum besten.
Das nennst du zum besten?

Ich finde keine Quelle dazu, aber mMn müsste "Besten" hier groß geschrieben werden.

Dummling Snorre am Nachbarstand lachte leise und blätterte in einem Buch, auf dem „Demokratie und Menschenwürde: Eine Einleitung“ stand. „Kleiner Mann, kleiner Hunger.“

Ich würde den Buchtitel kursiv setzen, sonst beißt es sich so mit der wörtlichen Rede.

Früher, als Harlan und Buckelsand noch mit ihren Kinderhänden im Sand geschaufelt hatten, war Geld nicht mehr gewesen als ein Gerücht.

"gewesen" könnte gestrichen werden.

Buckelsand kannte kein anderes Dorf, dass sich dem System von Kauf und Verkauf derart hartnäckig widersetzte wie sein eigenes.

"das" statt "dass" und "sein eigenes Dorf", na ja. Ich würde das "wie" und alles Folgende streichen.

Wie ein Kind, dass hinter dem Tresen Süßigkeiten entdeckt hatte, lugte Harlan über den Stand und auf all die feinen Mäntel, Hosen und Stiefel, die dort auf einer Reihe Fässer ausgestellt waren.

"das" statt "dass"

Anstatt des roten Mantels, der allemal einen so hochgewachsenen Mann wie Buckelsand gepasst hätte, führte sie ihn zu einem der hinteren Fässer, wo sie eine Weile lang mit ihren Kunden plauschte, dann einen Stapel Kleidung auf den Arm nahm und mit Harlan an der anderen Hand davonspazierte, zu einem Ort zu ihr nach Hause, wo der Häuptling sich in Ruhe umziehen konnte.

"einem so hochgewachsenen" statt "einen so hochgewachsenen". Warum sind da plötzlich mehrere Kunden hinter dem Stand? Wer ist da noch? Oder soll es "mit ihrem Kunden" statt "mit ihren Kunden" heißen? Und reicht nicht "zu ihr nach Hause" statt "zu einem Ort zu ihr nach Hause"?

Als er Hand in Hand mit Helena an Buckelsand vorbeischritt, den Rücken gerade und das Kreuz gestreckt, grinste er von Backe zu Backe.

Na ja, von Wange zu Wange grinst man ja eh immer, würde ich sagen. "von Ohr zu Ohr" wäre stärker.

„Hilfe“

Hier fehlt ein Punkt oder ein Ausrufezeichen.

Sorry, meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Ich hoffe, Du kannst nachvollziehen warum. Ich wage mal ein vorsichtiges: Make it work!

Cheers,
Teddy

 

Hi @Meuvind!

Ich habe mich beim Lesen amüsiert — die Figuren sind schön überzeichnet, das Setting schräg, die Sprache glatt und einfach. Ich denke auch, dass du am Anfang etwas straffen könntest, aber insgesamt fand ich das Tempo okay.

Im Zentrum der Story stehen dieDialoge zwischen Harlan und Buckelsand. Die sind sehr gelungen und machen richtig Spaß. Asterix ist mir auch eingefallen, oder „Die kleine Stadt“ von Heinrich Mann, oder Don Camilla und Pepone. Das hat auf jeden Fall großes Unterhaltungspotenzial!

Das Finale fand ich auch etwas schwächer - ich hatte das Gefühl, dass Harlan sich hier dümmer verhält, als er eigentlich ist. Aber das ist natürlich sehr subjektiv. @TeddyMaria’s Beobachtung halte ich für durchaus bedenkenswert.

Alles in allem: ein unterhaltsamer, witziger Text, besonders die Dialoge machen Spaß. Ich freue mich auf die Fortsetzungen!

Viele Grüße

Christophe

 

Hey @TeddyMaria ,

freut mich. Dein Kommentar hat mir ordentlich Kopfschmerzen gemacht und irgendwie sämtliche Lust am Weiterarbeiten geraubt (was sicherlich nicht beabsichtig war), aber weil das auch alles nichts bringt, gehe ich mal durch.

Ich halte fest: Ein erwachsener, kleinwüchsiger Mann wird von einer Frau als Kind verkleidet, schreit um Hilfe, und alle Umstehenden lachen ihn aus. Die Geschichte reflektiert das auch nicht weiter, also scheinst Du irgendwie anzunehmen, dass das lustig ist?

Ich denke, das Problem liegt ganz woanders, nämlich, dass die Geschichte ein schlechter Startschuss ist, um die Figuren neu kennenzulernen. Ich setzte hier auf Informationen, die jemand, der nur diesen Teil gelesen hat, gar nicht kennen kann, und das ist vor allem: Harlan ist ein schmieriger Bastard. Auf Papier habe ich aktuell drei Geschichten insgesamt, von denen die anderen beiden um Harlans Tochter und Dummling Snorre handeln. Dummling Snorre ist der klügste Kopf im Dorf, Demokrat auch noch, und liegt mit Harlan ständig im Konflikt. Dabei lässt gerade Harlan keine Gelegenheit aus, dem anderen eins auszuwischen. Jemanden als Kind vorzuführen ist nicht die feine Art, das bestreite ich nicht. Aber wären die Rollen vertauscht, würde Harlan keinen Moment zögern.
Ich denke auch nicht, dass ihn zu verkleiden "gerecht" ist. Die Definition von Gerechtigkeit ist ähnlich subjektiv wie Humor, ich finde es schwierig, mit anderen Menschen da auf einen Nenner zu kommen.
Ich denke auch nicht, dass es "gerecht" ist, was dem Harlan da passiert. Es wird ihm aber mit barer Münze heimgezahlt, was er gibt. Wundern kann er sich darüber nicht. Das Problem ist: Der Text gibt es nicht so stark her. Das Bild von Harlan (insbesondere seiner schlechten Seiten) ist verzerrt und nicht so, wie ich es im Kopf habe, weswegen ich deinen Gedanken nachvollziehen kann. Auf dich muss es wirken, als geschehen ihm Dinge, die er nicht heraufbeschworen hätte. Ich dachte eigentlich, sein Verhalten mit den Fischern und die Gespräche mit Buckelsand würden bereits reichen.
Du sagst es ja sogar selbst:

Wenn die Dorfbewohner:innen Harlan damit aufziehen würden, dass er arrogant ist, dass er sich danebenbenimmt, wenn sie ihm einen Spiegel vorhalten würden; das wäre vielleicht lustig und würde ein gutes Ende abgeben.

Ob es ein besseres Ende abgibt oder gar lustig ist, kann ich nicht sagen. Weiß auch gar nicht, ob man es als Autor selbst beurteilen kann. Auf jeden Fall fehlt mir die Empörung.

der einsieht, dass die Menschen ihn nie wertschätzen werden.

Da bin ich mir gerade sehr unsicher. Ich denke, Wertschätzung ist noch mehr. Harlan wurde gerade seine Kleinwüchsigkeit zum Verhängnis (für die er nichts kann), zusammen mit seinem miesen Verhalten (für das er was kann). Natürlich nagt es, wenn man auf die eigenen Schwächen hingewiesen wird, gerade die, die man nicht beeinflussen kann (ein Sonderpädagoge würde jetzt sagen, dass die Gesellschaft Schuld ist). Da ist aber noch mehr: Buckelsand schätzt ihn als ehrlichen Freund, Harlan hat eine ihn liebende Tochter, und obwohl er regelmäßig seine Untertanen terrorisiert, haben sie ihn nicht verjagt oder schlimmeres. Er wird auf jeden Fall akzeptiert. Ob man das nach so einer Situation sehen kann, ist eine andere Sache. Und ja, ich baue wieder auf Dingen, die du nicht weißt. Also wieder meine Schuld .
Andererseits bist du hier die Psychologin, nicht ich.

Zum Textkram:

Ich habe in der ersten Szene Probleme mit der Perspektive. Ich denke, ich bin in Harlans Perspektive, aber wieso beschreibt er Buckelsands Gesicht, ohne ihm ins Gesicht zu sehen?
Und woher weiß er, dass Buckelsand ihn ansieht? Da stimmt doch was nicht.

Ich habe mich mal an einem neutralen Erzähler ausprobiert. Keine Gedanken, keine festgelegten Personen. Ob das geklappt hat, kann ich nicht sagen. Dich hat es offensichtlich verwirrt.

Das klingt so, als würde Harlan seit einiger Zeit Leuten nicht mehr ins Gesicht sehen. Dabei hat er sich das doch eben erst überlegt, oder?

Richtig, habe ich geändert. Allen anderen Kleinkram habe ich ebenfalls übernommen, danke dafür. Danke für deinen Komm, auch wenn es dich offensichtlich nicht begeistert hat. Man sieht sich am Sonntag.

Liebe Grüße
Meuvind


Hey @Christophe ,

freut mich!

Ich habe mich beim Lesen amüsiert — die Figuren sind schön überzeichnet, das Setting schräg, die Sprache glatt und einfach.

Das hat mich aus dem Tief gezerrt, wenn ich ehrlich bin. Jetzt weiß ich, dass der Text immerhin, das Ende einmal ausgelassen, funktioniert. Wobei ich das vermutlich wieder ändern werde.

Asterix ist mir auch eingefallen, oder „Die kleine Stadt“ von Heinrich Mann, oder Don Camilla und Pepone.

Asterix kenne ich, von den anderen beiden habe ich nur grob gehört. Danke für die Tipps, da schaue ich mich mal um.

Das Finale fand ich auch etwas schwächer - ich hatte das Gefühl, dass Harlan sich hier dümmer verhält, als er eigentlich ist. Aber das ist natürlich sehr subjektiv. @TeddyMaria’s Beobachtung halte ich für durchaus bedenkenswert.

Ja, habt ihr beide Recht. Ich glaube, klug ist es, einfach an den anderen Geschichten zu arbeiten und diese hier wegzulegen. Und dann gucke ich, wo in der Gesamtfolge sich dieser Teil am besten anfühlt und ob das Ende überhaupt so passt, wie du und Teddy es beschrieben haben, oder ob alles nichts hilft und ich nochmal mit der großen Zange ran muss. Danke für deinen Komm!

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hi @Meuvind

Ich nochmal. Ich will sagen: Keine Sorge. Aber das sagt sich leicht aus Kommentatorinnensicht. Ich komme noch einmal wieder, weil ich aus Deiner Antwort nicht hundertprozentig rauslesen konnte, ob ich richtig rüberbringen konnte, was ich meinte, oder ob wir nun aneinander vorbeischreiben.

Dein Kommentar hat mir ordentlich Kopfschmerzen gemacht und irgendwie sämtliche Lust am Weiterarbeiten geraubt (was sicherlich nicht beabsichtig war),

Das habe ich befürchtet. Ich habe auch erst überlegt, nichts zu schreiben, weil ich es so schwer fand, diesen Eindruck mit Dir zu teilen, weil ich Dich nicht verletzen wollte. Aber das erschien mir dann auch falsch.

Wie gesagt, bei Deiner Antwort bin ich mir nicht sicher, ob ich richtig rüberbringen konnte, was mein Problem ist:

Auf dich muss es wirken, als geschehen ihm Dinge, die er nicht heraufbeschworen hätte. Ich dachte eigentlich, sein Verhalten mit den Fischern und die Gespräche mit Buckelsand würden bereits reichen.

Ich habe schon verstanden, dass Harlan ein Arsch ist. Dafür reicht diese Kurzgeschichte aus. Aber, was dann dafür gesorgt hat, dass ich mich unwohl fühlte, war, dass die Dorfbewohner:innen ihn nicht dafür bloßstellen, dass er ein Arsch ist. Sondern dafür, dass er kleinwüchsig ist. Das schreibst Du hier auch, diese Unterteilung in das, wofür er nichts kann, und das, wofür er was kann:

Harlan wurde gerade seine Kleinwüchsigkeit zum Verhängnis (für die er nichts kann), zusammen mit seinem miesen Verhalten (für das er was kann).

Wenn Du eine Möglichkeit finden würdest, ihn für das bloßzustellen, wofür er etwas kann, dann wäre das raffiniert. Es wäre vor allem deshalb raffiniert, weil er daran etwas ändern kann. Eine solche Bloßstellung könnte seinem Leben einen neuen Spin geben, weil er vielleicht zu Erkenntnissen über sich kommt, die ihm helfen, über sich hinauszuwachsen.

Natürlich nagt es, wenn man auf die eigenen Schwächen hingewiesen wird, gerade die, die man nicht beeinflussen kann (ein Sonderpädagoge würde jetzt sagen, dass die Gesellschaft Schuld ist).

Ich finde nämlich nicht, dass man es als "auf Schwäche hinweisen" auslegen kann, einen Kleinwüchsigen gegen seinen Willen als kleines Mädchen zu verkleiden und ihn auszulachen, wenn er um Hilfe ruft. Das ist einfach mieses Mobbing. Da bleibt mir als Leserin das Lachen im Halse stecken.

Ich denke schon, dass Harlan drastisch gedemütigt werden dürfte, dass er das womöglich verdient hätte. Aber eben für das, wofür er etwas kann. Mir fällt gerade nicht ein, wie das ablaufen könnte. Aber Du bist ja ein kreativer Kopf und kennst dieses Dorf so gut. ;)

Und jetzt bin ich still. Wir sehen uns morgen!

Cheers,
Teddy

 

Hey @TeddyMaria ,

Ich habe schon verstanden, dass Harlan ein Arsch ist. Dafür reicht diese Kurzgeschichte aus. Aber, was dann dafür gesorgt hat, dass ich mich unwohl fühlte, war, dass die Dorfbewohner:innen ihn nicht dafür bloßstellen, dass er ein Arsch ist. Sondern dafür, dass er kleinwüchsig ist.
Wenn Du eine Möglichkeit finden würdest, ihn für das bloßzustellen, wofür er etwas kann, dann wäre das raffiniert. Es wäre vor allem deshalb raffiniert, weil er daran etwas ändern kann.

Ja, das ist der Knackpunkt. Diese Möglichkeit muss ich finden. Tue ich leider nur gerade nicht. Ich notiere mir und grüble drüber nach, habe ja aktuell ein wenig Zeit. Wenn ich ne gute Möglichkeit finde, lasse ich es dich wissen.

Vielen Dank dir fürs Wiederkommen.

Liebe Grüße
Meuvind

Hey @Rob F ,

freut mich, dass du vorbeigeschaut hast.

Harlan und Buckelsand sind zwei ungleiche Gestalten, die ich mir gut vorstellen kann, und Spaß entsteht durch deren Dialoge auf jeden Fall! Auch Harlans erfolgloses Bemühen, als Häuptling ernst genommen zu werden, finde ich gut gelungen. Bin also auch gespannt auf weitere Teile.

Gut zu wissen, dass zumindest das funktioniert. Danke, freut mich!

Der Ort heißt ja "Wanderfels", mir war daher in einem Satz nicht klar, was du mit "Lillestin" meinst. Ist es das Land?

Ne, einfach nur ein verirrtes Wort. Das gehört da nicht hin, das hast du schon richtig herausgestellt. Danke für deine ganzen restlichen Anmerkungen, die übernehme ich zusammen mit der Version, die auch das Ende ändern wird.

Danke für deinen Kommentar!

Liebe Grüße
Meuvind

 

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