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Nie mehr Bolero 2

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31.10.2003
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Nie mehr Bolero 2

There they wait in fear with swords in feeble hands
With dreams to be a King first one should be a man
I call them out and charge them all with a life that is a lie
And in their final hour they shell confess before they die

- Manowar -


Mein Name ist David Riemschneider. Ja, das ist mein Name. Mein Name ist David Riemschneider. Ich hatte einen Hirntumor.

Pip … pip … pip …

Das stetige Piepen des EKG beruhigt. Ich lächle mit geschlossenen Augen und lausche der technischen Verstärkung meines Herzschlags. Ich lebe …


1

„Hallo Herr Riemschneider.“ Ein breites Grinsen. „Können Sie mich verstehen?“ Die Stimme klingt warm, und schwerfällig öffne ich die Augen.
Das Zimmer, in dem ich liege, ist gedämmt durch indirektes Licht, das von einer abgeschirmten Neonröhre an der hinteren Wand herrührt. Ein weiß gekleideter Mann schiebt sich ins Bild.
„Willkommen zurück,“ sagt er und greift nach meinem Arm. Seine Finger sind kalt, und für einen Augenblick ist mir, als berühre mich eine Leiche. „Können Sie sich erinnern, Herr Riemschneider?“
Ich frage mich, warum der Kerl meinen Puls misst, bis ich feststelle, dass das beruhigende Piepen des EKG verstummt ist; sie müssen es abgeschaltet haben. Ja, ich werde das Schlimmste überstanden haben.
Als ich nicht antworte, fährt der Mann in Weiß fort: „Ich bin Professor Brinkmann.“ Eine bedeutungsschwangere Pause folgt. „Ich habe Sie operiert.“
Ich weiß, möchte ich sagen, doch irgendwie habe ich Schwierigkeiten, meine Lippen auseinanderzukriegen.
„Sprechen Sie jetzt nicht, Herr Riemschneider. Wir haben Sie intubiert, und ihr Hals ist noch arg geschwollen. Ein paar Tage Ruhe und Sie singen wieder die schönsten Arien.“ Er grinst und legt meinen Arm behutsam auf das Bettlaken zurück.
Warum fragt er mich etwas, wenn er weiß, dass ich nicht antworten kann?
Brinkmann blickt auf einen Zettel. Dann lächelt er und geht.

Die Erinnerungen kommen; immer wenn ich an die weiße Decke mit den stellenweise dunklen Flecken starre. Da waren diese Visionen; surreale Erscheinungsformen, die mich an den Rand des Wahnsinns getrieben hatten. Menschen, deren Augäpfel in meinem Beisein herausfielen. Wesen mit kreisrunden Mündern und unendlich vielen Zahnreihen, die sich in menschliche Knochen frästen. Da war dieser übergroße Polizist, der mich verfolgt und der Menschen durch bloßes Ansehen schmelzen lassen konnte. Wie Kerzen.
Dieser Polizist … der Leibhaftige. Und Professor Brinkmann … sein Lakai …
Lediglich Visionen. Hervorgerufen durch eine Wucherung zwischen meinen Hirnwindungen.
Ich schlafe ein und träume von dem Gespräch, das ich kurz vor der Operation zwischen Brinkmann und dem Uniformierten mitbekommen hatte. Damals zu der Zeit, als ich nicht mehr Realität von Fiktion unterscheiden konnte:

„Er ist ein Seher!“, keucht Professor Brinkmann.
„Ich werde ihn rüberbringen“, sagt eine weitere Stimme, die mir bekannt vorkommt, und die ich trotzdem nicht zuordnen kann.
„Er hat schon viel zu viel gesehen“, dröhnte jetzt der Polizist. „Wir müssen es hier und jetzt erledigen!“
„Er hat sich bereits“, kreischt Brinkmann, „mit meiner Version des Hirntumors abgefunden. Sie hätten daher nicht auf ihn schießen müssen, mein Lord.“

Ich schreie. Öffne die Augen und blinzle in die abgeschirmte Neonlampe an der Wand. Sie wirkt dunkler als vorhin.
Mein Hals brennt immer noch, und meine Lippen sind dermaßen trocken, dass ich das Gefühl habe, sie beständen aus Stein. Hatte ich wirklich geschrieen? Oder handelte es sich lediglich um den befreienden Abschluss eines Albtraums?

Pip … pip … pip …

Das stetige Piepen des EKG dringt in meinen Verstand, und kurz bevor ich wieder einschlafe, weiß ich, dass irgendetwas nicht stimmt.


2

„Es ist schön, dass es dir wieder besser geht, David.“
Ich hebe das Bierglas und proste meinem Gegenüber zu. „Ja“, sage ich und nehme einen kräftigen Schluck.
Martin steckt sich eine Zigarette an. „Rauchst du eigentlich noch?“
„Habe ich geraucht?“
Martin grinst. „Allerdings.“ Er hält mir die Schachtel entgegen. „Willste eine?“
„Ich glaube nicht.“
„Hm“, die Schachtel verschwindet in der Brusttasche seines Hemdes. „Wie ist es jetzt eigentlich?“
„Wie ist was?“ Rauch steigt mir in die Nase, und ich kann nicht sagen, ob er gut oder schlecht riecht. Er riecht einfach nur nach … Geruch.
„Ich meine“, fährt Martin fort, „kannst du dich an alles erinnern? Tut es weh?“
„Ich weiß nicht, ob ich mich an alles erinnern kann.“ Ich merke an Martins Blick, dass er nicht versteht, was ich damit sagen will, und schnell füge ich hinzu: „Und es tut nicht weh.“
Eine Kellnerin taucht hinter Martin auf. „Braucht ihr noch was, Jungs?“
Sie schaut mir tief in die Augen, während ihre Mundwinkel unnatürlich stark zucken.
Martin sagt „Zwei Bier“, ohne aufzusehen, und als die Kellnerin lächelnd nickt, erkenne ich, dass ihr ein Schneidezahn fehlt.

Die Kneipe, in der wir uns befinden, ist bis auf den letzten Platz besetzt. Ich lasse meinen Blick unauffällig über die Menschen schweifen, während Martin mir irgendwelche Erlebnisse aus unserer Schulzeit erzählt und herzlich lacht.
Etwas stimmt mit den Gästen nicht; sie scheinen aufs Schärfste bemüht, nicht in unsere Richtung zu schauen. Auch der Wirt hinter dem Tresen interessiert sich mehr für den Boden zu seinen Füßen, als um das Geschehen in der Kneipe. Die Kellnerin mit dem fehlenden Zahn sehe ich nicht.
„Zwei Bier“, sagt sie im selben Augenblick neben mir und ich zucke dermaßen zusammen, dass mein Stuhl auf dem Holzboden ein quietschendes Geräusch erzeugt.
Martin starrt mich an, und für einen kurzen Moment schwebt eine erdrückende Stille durch den Raum. Wie in diesen dämlichen Westernfilmen, wenn der Killer durch die Schwingtür schreitet.
„Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken“, lächelt die Kellnerin, stellt mein Bier auf den Tisch und streichelt mir über den Rücken. Sie beugt sich zu mir herab – die typische Kneipengeräuschkulisse setzt wieder ein – und haucht mir ins Ohr: „Ich würde mich heute Abend gern von dir ficken lassen.“
Dann geht sie davon.
„Ist alles in Ordnung?“, will Martin wissen.
Ich sage nichts.


3

Pip … pip … pip …

„So, das brauchen wir jetzt nicht mehr.“ Professor Brinkmann drückt einen Knopf und das Piepen verstummt.
Ich lausche, und als ich mein Herz heftig gegen die Brust schlagen spüre, weiß ich, dass ich nicht tot bin. Wo ist Martin? Wo die Kellnerin, die unbedingt mit mir ficken wollte?
„Irgendetwas stimmt nicht“, krächze ich.
Brinkmann beugt sich über mich, tastet über den Verband, der um meinen Kopf gewickelt ist. „Natürlich stimmt irgendwas nicht, Herr Riemschneider. Sie wurden am Gehirn operiert.“
- Er hat sich bereits mit meiner Version des Hirntumors abgefunden, mein Lord. -
„Es wird noch eine Weile dauern," fährt Brinkmann fort, „bis alles wieder so funktioniert wie früher.“ Er gibt mir eine Spritze. „Aber Sie sind hier ja in guten Händen.“
„Was ist mit den Visionen“, frage ich leise.
Brinkmann legt die Spritze auf ein kleines silbernes Tablett. „Nun … ja“, er scheint zu überlegen, „die gehören der Vergangenheit an. Ja, der Vergangenheit.“ Er steht auf. „Eine üble Zeit. Übel, übel.“
Er dreht sich um, verlässt das Zimmer, und ich weiß, dass er mich belogen hat.


4

„Nimmst du noch eins?“
Ich schüttle den Kopf, und wieder steigt mir der geruchlose Rauch von Martins Zigarette in die Nase.
Ich greife nach seiner Hand. Martin hebt die Brauen, dann sieht er sich beschämt um. „Äh… David. Du … du hältst meine Hand.“
„Martin, ich weiß nicht, ob die OP gut verlaufen ist.“
„Wie meinst du das?“ Sanft zieht er seine Hand weg, grinst und greift nach seinem Glas, ohne davon zu trinken.
„Ich … ich weiß noch immer nicht, was echt ist.“ Ich stelle fest, dass viele der Gäste gegangen zu sein scheinen. Ein ungutes Gefühl keimt in mir auf. Wann ist das geschehen? Und warum hatte ich nichts mitbekommen? Auf einmal kommt mir ein Gedanke: „Wie oft waren wir hier?“, frage ich. Martin sieht mich verdutzt an, und ich fahre fort: „Seit meiner Operation. Wie oft waren wir seitdem hier?“
„David, du machst mir Angst. Weißt du das wirklich nicht?“
„Wie oft?“
„Wir sind jeden Freitag hier.“
„Und das heißt?“
Wieder blickt sich Martin um.
„Was heißt das?“, frage ich noch einmal. „Wie oft?“
„Nun, deine OP ist über ein Jahr her.“


5

„Wie weit ist er?“
„Geben Sie uns noch ein paar Tage“, flüstert Professor Brinkmann zu einer Person, die ich nicht erkennen kann, weil er sie mit seinem Körper verdeckt. Sie stehen neben der Tür des Krankenzimmers.
Ich will etwas sagen, doch noch immer schmerzt mein Hals. Außerdem macht mich so langsam dieses Piepen des EKG irre.
- Deine OP ist über ein Jahr her. - Martins Worte jagen mir einen Schauer über den Rücken.
„Warum dauert es so lange?“, fragt die nicht sichtbare Person.
Brinkmann blickt herüber und ich schließe schnell die Augen. „Er wird verstehen“, sagt er leise. „Nur noch ein paar Tage.“
Jetzt blickt die zweite Person an dem Professor vorbei und ich erkenne Martin. Seine Haare sind länger, viel länger als vorhin in der Kneipe. Vorhin?
- Deine OP ist über ein Jahr her. -

Nichts stimmt hier, durchfährt es mich. Noch immer ist alles genauso wirr, wie vor meiner Operation.
Ich warte, bis die beiden den Raum verlassen haben, dann stütze ich mich auf meine Arme und setze mich hin. Für einen Moment dreht sich der Raum, es rauscht in meinem Kopf, und ich meine wieder, das Piepen des EKG zu hören. Doch ich weiß, dass es nur in meinem Kopf ist. Ist es das?
Ich blicke neben das Bett. Kein Gerät mit endlosen Schnüren, die mit meinem Körper verbunden sind.
Vorsichtig lasse ich die Beine aus dem Bett gleiten. Der Boden ist angenehm warm.
An der Wand unter der abgeschirmten Neonröhre hängt ein Spiegel; darunter ein kleines Waschbecken. Als ich Sekunden später vor dem Waschbecken stehe, sehe ich meine Brust im Spiegel. Warum hängen sie das Ding so tief auf?
Ich bücke mich und starre in das bleiche Gesicht eines Mannes mit Dreitagebart.
Der Verband um meinen Kopf glänzt hell. Ich sehe die Stelle, wo das Ende befestigt ist, greife mit den Fingern danach, und es dauert nicht lange, bis die weiße Stoffschlange vor mir im Waschbecken liegt.
Vorsichtig drehe ich den Kopf; mein Haar sieht strähnig aus, doch sosehr ich meinen Kopf auch drehe, da ist überall Haar. Meine Finger tasten am Hinterkopf und auch dort fühle ich Haare. Nur Haare. Trocken schlucke ich nicht vorhandenen Speichel.
Keine Operation! Sie haben dich definitiv nicht operiert!
- Deine OP ist über ein Jahr her. -
„Warum hast du mich angelogen, Martin?“, frage ich in den Spiegel. Noch einmal drehe ich den Kopf in alle Richtungen. Keine Narbe.


6

Glücklicherweise befanden sich meine Sachen im Schrank des Krankenhauszimmers, so dass ich nicht in diesem erniedrigenden Engelshemdchen meine Flucht antreten musste.
Ich gehe auffällig unauffällig über den Flur und meide den Blickkontakt zu den Schwestern, die meinen Weg kreuzen. Das Bedürfnis zu rennen nimmt mit jedem Schritt zu, doch ich reiße mich zusammen.
Was ist das hier für eine Klinik? Was ist mit meinem Hirntumor? Ich weiß nur soviel, dass ich von hier verschwinden muss.
„Hallo“, zwinkert mir ein entgegenkommender Pfleger zu. Er trägt eine silberne Schüssel mit beiden Händen, die bis zum Rand mit breiigem Kot gefüllt ist. Ich bleibe stehen, als er keine Anstalten unternimmt, mir aus dem Weg zu gehen. Flach atme ich durch den Mund.
„Auch einen Schluck?“ Er hält mir die Schüssel entgegen, während ein Teil der Flüssigkeit über den Rand schwappt und seine Finger umspült.
Ein Würgereiz steigt in mir auf.
„Nun, wer nicht will, der hat schon“, lächelt er, macht einen Schritt zur Seite, und als er hinter meinem Rücken den Flur entlang geht, höre ich ihn schmatzend schlürfen.
Warum haben sie mich nicht operiert? Alles ist so wie zuvor. Visionen!
Ich beschleunige meinen Gang, als ich in weiter Ferne die großen Glastüren des Ausganges sehe.
Die Hostess hinter dem Informationstresen blickt auf. „Wo wollen Sie hin, Herr Riemschneider?“ Es ist die Kellnerin mit dem fehlenden Schneidezahn.
„Wir haben doch noch gar nicht gefickt“, ruft sie mir hinterher, als ich durch die Glastür nach draußen trete.


7

Die Luft riecht seltsam. Ich kann nicht sagen wonach; ein wenig erinnert sie mich an den sterilen Geruch von Martins Zigarette in der Kneipe.
Ich bleibe stehen und starre auf die menschenleeren Straßen vor mir. Dunkle Wolken bedecken den Himmel, der Asphalt zu meinen Füßen ist feucht.
Langsam gehe ich weiter, als helles Kinderlachen um eine Ecke zu mir herüber dringt. Dann ist es wieder still.
Was hast du eigentlich vor?, frage ich mich.
Ich werde mir ein Taxi nehmen und zur nächsten Polizeistation fahren. Ja genau. Und dann wird dieses Krankenhaus, oder was es auch immer sein mochte, gewaltig eins auf den Deckel bekommen.
Ich blicke mich um, doch unabhängig von der Tatsache, dass sich keine Menschenseele hier aufhält, kann ich auch keinerlei Fahrzeuge ausmachen. Kein Taxi, David.
Wieder dringt das Kinderlachen zu mir herüber. Diesmal verstummt es nicht.
Ich mache mich auf den Weg zu der Häuserecke, von wo es kommt, und kurz bevor ich sie erreiche, ist es wieder still. Ich bleibe stehen. Lausche.
Ein mir bekanntes Gefühl überfällt mich. Ich weiß, dass hier etwas nicht stimmt, und dieses Gefühl schreit mich aus meinem Innern heraus an, von hier zu verschwinden.
Vorsichtig blicke ich um die Ecke. Vor mir befindet sich eine breite Gasse, die in einiger Entfernung durch eine hohe Mauer begrenzt wird. Etwa auf halbem Weg stehen fünf Kinder und starren in meine Richtung. Eines von ihnen, ein Junge in kurzen Shorts und Krawatte, hält einen Armstumpf, dessen Finger noch zucken, in den Händen. Ein blondes Mädchen hat sich einen unterhalb der Nase abgetrennten Kopf auf ihr blondes Haar gesetzt, und das Blut tropft stetig von ihren langen Zöpfen auf ihr helles Kleid. Die drei anderen sind ebenfalls mit rot schillernden Tropfen übersät.

Alles wie früher. Warum haben sie mich nicht operiert?
Hinter den Kindern taucht eine weitere Gestalt auf. Ich erkenne in ihr den Pfleger, der mich vorhin auf dem Flur an seinem Mahl hatte teilnehmen lassen wollen.
„Kommen Sie rüber zu uns!“, brüllt er mir entgegen, während seine Augen herausplatzen und sich spinnenähnliche Beine aus den Höhlen bohren, länger werden und kurz darauf den Boden berühren. Der Kopf des Pflegers reißt am Scheitel auseinander und ein waberndes Hirn mit hunderten von winzigen Zähnen schiebt sich durch die Schädeldecke. „Kommen Sie doch endlich herüber!"
Diesmal klingt seine Stimme, als hätte er einen Schwamm im Mund.
Die Kinder fallen auf die Knie und verbeugen sich, als ich ganz um die Ecke trete.


8

„Was ist mit dir, David?“ Diesmal umfasst Martin meine Hand.
Ich öffne die Augen. Mein Blick ist verschleiert. Habe ich geheult?
„Geht es dir nicht gut?“, fragt Martin erneut.
Als sich das Bild vor meinen Augen klärt, erkenne ich, dass die Kneipe wieder voll ist. Mein Hals schmerzt und ich nehme einen großen Schluck aus meinem Glas. Das Bier schmeckt abgestanden.
Ich blicke Martin in die Augen. „Ich wurde nicht operiert.“ Martin zieht seine Hand zurück. Lächelt mich an. „Stimmt’s?“
„Sieh dich um, David. Sieh dich um. Fällt dir denn gar nichts auf?“
Ich sehe die Gäste, die mit gesenktem Blick auf ihre Getränke starren. Einige unterhalten sich leise.
„Nein“, sage ich. „Was soll mir auffallen?“
Martin dreht sich herum. „Hey, ihr Wichser!“
Ich zucke zusammen. Was geht in Martin vor?
„Ihr dummes Gesocks! Arschlöcheeeer!“
Ich erstarre. Blicke auf die Gäste. Nicht einer von ihnen reagiert auf Martins Beleidigungen.
Jetzt umspielt ein breites Grinsen mein Gesicht. „Huuu… The sixth sense! Huuu… Wir sind tot, richtig? Ist es das, was du mir weis machen willst?“
Martin sieht mich an. „Was immer du mir sagen willst, aber wir sind ganz und gar nicht tot. Woran erinnerst du dich, David? Ich meine, woran erinnerst du dich vor deiner Operation?“ Er betont das Wort Operation auffällig.
„Ich hatte Visionen.“
„Etwas genauer bitte.“
„Es gab viele. Seltsame Gerüche. Undefinierbare Geräusche. Wesen, deren Augen heraus fielen.“
„Und du meinst, das waren Visionen?“
Ich sehe Martin an. „Ich war verheiratet“, platzt es aus mir hervor. Warum bin ich nicht früher darauf gekommen? Was war mit Molly, meiner Frau?
„Du warst nie verheiratet, David.“ Martins Stimme klingt ruhig.
Ich erinnere mich an die Situation vor diesem Laden, als Molly versucht hatte, mich mit ihrem Wagen zu überfahren. Damals, als dieser riesige Polizist mich verfolgt hatte.
„Da war dieser Cop“, flüstere ich.
„Du meinst diesen Cop, der dich verfolgt hat? Der dich beinahe erschossen hätte?“
Ich sehe mich durch die Menschenmenge rennen, den Uniformierten hinter mir, der sich schießend einen Weg durch die reaktionslosen Menschen bahnt. Ja, niemand reagierte auf diesen Berserker. Wie hüllenlose Puppen. Genau, wie hier in der Kneipe.
„Ich war der einzige, der ihn gesehen hat“, stelle ich flüsternd fest.
„Du hattest keine Visionen, David. Du warst die Vision.“
Ich schlucke.
„Dein Verstand wollte in die Welt der Minderwertigen abdriften“, fährt Martin fort.
„Der Minderwertigen?“
Martin macht eine Geste mit dem Arm. „Die Welt der Minderwertigen. Menschen, David.“
„Ich verstehe gar nichts mehr.“
„Zwei Welten, David. Nicht mehr lange, aber zurzeit sind es noch zwei Welten.“ Martin lächelt. „Wir stehen kurz vor der großen Schlacht, David. Komm mit nach draußen.“
Wir stehen auf. Die zahnlose Kellnerin sitzt auf einem Barhocker vor dem Tresen, lächelt herüber und spreizt ihre Beine. Ich sehe, dass sie unter ihrem Mini keine Unterwäsche trägt, als Martin mich am Oberarm packt und zur Tür schiebt. „Später“, sagt er.
Noch immer blickt keiner der übrigen Gäste auf. Ich sehe, wie sie anfangen zu flimmern, durchsichtig werden.
„Willkommen zurück!“, grinst Martin breit, als er die Kneipentür aufstößt.
Ein beißender Gestank schlägt mir entgegen, doch als ich hinaustrete, empfinde ich ihn nur noch halb so unerträglich.

Wieder ist der Himmel von einer dicken schwarzen Wolkenschicht gesäumt. Tornadogleich wirbeln sie umher, immer wieder unterbrochen durch gewaltige Explosionen aus gleißendem Licht.
„Er ist zurück!“, brüllt Martin neben mir, und die Menge vor uns fällt auf die Knie.
Es sind Tausende, vielleicht sogar Millionen von Wesen, die den unendlich scheinenden Platz vor uns ausfüllen. Dampfende Krater verteilen ihr Brodem unter die zuckenden Körper, speien giftige Gase in die schwarze Wolkenfront, die jetzt wie schwangere Leiber herabhängt. Ich sehe haarige Spinnenbeine, die aus fleischigen Körpern ragen, Wesen mit mehreren Köpfen auf spindeldürren, meterlangen Hälsen, deren Gesichter ausschließlich aus hunderten von Zähnen bestehen. Einige von ihnen haben menschliche Gestalten, recken die Arme, aus deren Fäusten jetzt hornähnliche Schwerter platzen, gen Himmel. Ganz vorne steht das blonde Mädchen mit den blutigen Zöpfen und dem halben Kopf auf ihrem Haar. Sie verschränkt die Arme vor der Brust und verbeugt sich. Ein einheitlicher Schrei aus tausenden Kehlen wälzt sich zu mir herüber und gibt mir zu erkennen, dass sie bereit sind. Bereit für die endgültige Schlacht.
Jetzt sehe ich Professor Brinkmann, der sich erhebt und auf uns zuschreitet. Seine behaarten Beine enden in blutigen Hufen und aus seiner Schädeldecke hat sich ein gewaltiges Horn geschoben. Seine Augäpfel sind verschwunden, und irgendetwas, das Ähnlichkeit mit einer Zunge hat, zuckt in den leeren Höhlen.
Ich blicke neben mich. Martin steht an meiner Seite und reicht mir gerade mal bis zur Hüfte. Sein Blick ist verklärt auf die Menge gerichtet.
„Der König ist zurück!“, keucht er, nimmt seine Augen heraus und lässt sie neben sich auf den dampfenden Asphalt fallen.

Brinkmann kommt vor mir zum Stehen. „Euer Hut, mein Lord!“
Ich nehme die riesige Polizeimütze entgegen und lächle.


9

Pip … pip … pip …

 

Hallo Salem,

Eigentlich hatte ich die Geschichte ja nur einmal wegen des Titels angeklickt, ohne Absicht, sie doch wirklich zu lesen. Doch dann interessierte es mich zu sehr, was für eine Horrorgeschichte man mit einem Zitat eines Liedes von Manowar einleiten kann. ;)
Ich bin jedenfalls froh darüber, diese Neugier verspürt zu haben, denn deine Geschichte fand ich ausgezeichnet.
Das Verwirrspiel mit dem häufigen Szenenwechsel ist nie zu anstrengend, da dein Stil keinen Anlass bietet, ins Stocken zu geraten. Er ist knapp aber dennoch atmosphärisch bedrückend dicht.
Die Ekelszenen sind dir gut gelungen (was auch an meiner leichten Spinnenphobie liegen mag) doch als noch beklemmender empfand ich die Stellen, bei denen man einfach nicht so recht wusste, woran man (also der Protagonist) gerade ist. Zum Beispiel als Martin sagt, der Protagonist solle sich die anderen Gäste genauer anschauen...
Für mich schwächelte die Geschichte ein wenig ab da, wo dem Protagonisten die Wahrheit enthüllt wird. Die Auflösung ist zwar nicht unplausibel, entrückt den Protagonisten aber dem Leser, löscht praktisch die Identifikation mit ihm aus. Spätestens als die Menschen als "Minderwertige" bezeichnet werden, hatte ich nichts mehr mit ihm zu schaffen. Auch finde ich die Erkenntnis mit der du am Ende aufwartest einfach zu gewaltig, als dass ich sie rein emotinal "glauben" könnte. Die ganze Zeit irrt man in der Geschichte durch die düsteren und engen Gänge der offenbar verwirrten Wahrnehmung des Protagonisten, nur um plötzlich die letzte Biegung zu passieren und unvermittelt vor einem unfassbaren weiten Panorama eines eigens für den Plot konstruierten Kosmos zu stehen.
Da kam mir der letzte Abschnitt (Peep!) doch richtig rettend vor, weil er es ermöglicht, an dieser aufgeblasenen Auflösung zu zweifeln.
Aber alles in allem ein großes Kompliment für die Geschichte.


Gruß,
Abdul

 

Da kam mir der letzte Abschnitt (Peep!) doch richtig rettend vor, weil er es ermöglicht, an dieser aufgeblasenen Auflösung zu zweifeln.
:Pfeif:

Hallo Abdul,

als Erstes: Danke fürs Lesen und Kommentieren.
Wie im ersten Teil habe ich hier versucht, dem Titel gerecht zu werden. Angelehnt an Ravels Komposition sollte die stetige Steigerung und das Halten der Spannung bis zum Schluss interpretiert werden.
Hört sich jetzt hochtrabend an, ist es aber nicht ;)
Hauptintention war, den wirren Zustand des Prot auf den Leser zu übertragen. Hin und her gerissen zwischen Realität und scheinbarer Fiktion, hervorgerufen durch den Hirntumor (?), soll der Leser die Verwirrung und die Vermischung der Realitäten des Prot nachvollziehen können. Was ist real? Ist es die Situation mit Martin oder die in der Klinik?

Es ist eine Geschichte, in der man richtig schön spinnen kann (ups, sorry, wollte jetzt nicht auf deine Phobie anspielen :D )

Die ganze Zeit irrt man in der Geschichte durch die düsteren und engen Gänge der offenbar verwirrten Wahrnehmung des Protagonisten, nur um plötzlich die letzte Biegung zu passieren und unvermittelt vor einem unfassbaren weiten Panorama eines eigens für den Plot konstruierten Kosmos zu stehen.
Du hast Recht, und genau da habe ich anfangs auch das Problem gesehen. Da ich aber zu "Nie mehr Bolero" unbedingt eine Fortsetzung schreiben wollte, musste, bezugnehmend auf den ersten Teil, eine solche Wendung her, denn sonst hätten sich die beiden Geschichten doch zuuu sehr geglichen.
Eine Fortsetzung zu schreiben ist ja eigentlich schon ein Frevel, doch wenn schon, dann doch etwas anderes, oder?!

Ich danke dir nochmals herzlich für deinen Kommentar und freue mich, dass dir die Geschichte doch größtenteils gefallen hat.

Gruß! Salem

 

Tach Salem!

Nach einigen Geschichten von dir hat es sich ja herauskristallisert, dass du auf Blut stehst;) , und das hast du mal wieder wunderschön bewiesen:D ! Am Besten gefiel mir das Mädchen mit dem halben Kopf als quasi Hut aus dem noch Blut lief *schauer*.
Ich hab vor dieser Geschichte nochmal den ersten Teil gelesen:read: . Mit Fortsetzungen ist das ja immer so ne Sache, aber du hast die Stimmung wieder genau richtig aufgegriffen. Auch hast du den Leser in Davids Position gebracht - man weiß einfach nicht, was nun Realität ist und was nicht. Schön:thumbsup:
Die Kreaturenmasse zum Schluss fand ich irgendwie cool (hatte was erlösendes, wie der Froschregen bei Magnolia, fallste kennst). Das er dann die Polizistenkappe gereicht bekommen hat, hat mich dann doch überrascht. Weiß noch nicht ganz, ob mir das Ende gefällt oder nicht...:confused:

Aber mir hat's die Geschichte auf jeden Fall gefallen. Flüssiger Schreibstil, guter Spannungsaufbau. Ich hatte meinen Spaß!


Gruß, Scharker

 

Hi Scharker!

Nach einigen Geschichten von dir hat es sich ja herauskristallisert, dass du auf Blut stehst
GERÜCHTE!!!


Am Besten gefiel mir das Mädchen mit dem halben Kopf als quasi Hut aus dem noch Blut lief *schauer*.
Das ist schön, dass du gerade sie erwähnst. Auch wenn es nicht so aussieht, aber sie ist eine Figur, an der ich lange gefeilt habe. Zuerst hatte sie keine Gesichtshaut und tulpenähnliche Gewächse wuchsen aus ihrem Bauch; der halbe Kopf wuchs seitlich aus ihrem Schädel. Doch irgendwie erschien mir die jetzige Form noch grausamer (ja, ich weiß, ausgerechnet das sage ich :) ).
Die Schlichtheit der Figur erinnerte mich ein wenig an Henry Fonda in "Spiel mir das Lied vom Tod", wo er das Böse verkörpert und eigentlich recht lieb aussieht.


Ich hab vor dieser Geschichte nochmal den ersten Teil gelesen .
Wow, Hut ab.

Mit Fortsetzungen ist das ja immer so ne Sache
Da gebe ich dir Recht. Allerdings auch immer eine interessante Herausforderung, die aber leider meist in die Hose geht.
Umso mehr hat es mich natürlich gefreut, dass dir die Geschichte gefallen hat.

Die Kreaturenmasse zum Schluss fand ich irgendwie cool
Auch das freut mich, wobei ich immer noch überlege, ob das Ende nicht zu kurz ist :hmm:


Aber mir hat's die Geschichte auf jeden Fall gefallen. Flüssiger Schreibstil, guter Spannungsaufbau. Ich hatte meinen Spaß!
Vielen herzlichen Dank!

Gruß! Salem

 
Zuletzt bearbeitet:

Tach Dru.


Hhm, irgendwie bin ich jetzt noch weniger schlau, als nach dem ersten Teil...
:Pfeif:

Gibt es eigentlich eine wirkliche Auflösung zu der Geschichte in deinem Kopf, oder weißt du selber nicht, was Realität ist und was Vision?
In manchen Kreisen nennt man mich auch Salem Escher ;)


Zitat:
wieder steigt mir der geruchlose Rauch
Ist der Qualm nun geruchlos oder riecht er nach "Geruch"? Für mich ist da ein Unterschied.
Mit "nur Geruch" mein ich etwas nicht Spezifisches, also wie geruchlos.

Zitat:
„Auch einen Schluck?“ Er hält mir die Schüssel entgegen,
Antonio lässt grüßen...
Hehe... wo der sich alles so rumtreibt ...

Zitat:
ein waberndes Hirn mir hunderte von winzigen Zähnen
mit und ich glaube es müsste hunderten heißen
Laut meinem Rechtschreibprogramm gibt es den Begriff "hunderten" nicht :read:

Zitat:
Ein mir bekanntes Gefühl überfällt mich. Ich weiß, dass hier etwas nicht stimmt
Ich glaube, langsam hat jeder verstanden, dass etwas nicht stimmt.
Aber nicht David, denn er denkt ja immer noch, dass er operiert wurde.

Zitat:
Wieder dringt das Kinderlachen zu mir herüber.
Du kommst nicht ohne aus, was?
In "Deadline" habe ich es ja schon rausgeschmissen. NET HIER!!!

Du hast eine schöne Fortsetzung geschrieben, die man (durch diverse Rückblenden) auch nachvollziehen kann, wenn man den ersten Teil nicht gelesen hat.
Puh, das freut mich; obwohl ... kannst du das überhaupt sagen? Schließlich hast du den ersten Teil doch gelesen ...

Jede weitere Erklärung würde nur langweilig werden.
Net, wenn meine kranke Fantasie ans Werk gehen würde.

Restliche Fehler werden ausgemerzt. Danke fürs Finden, Lesen und Kommentieren. Und freut mich natürlich, dass ich dich unterhalten konnte.

Gruß! Salem

 

Hallo Salem!

Nachdem ich dann doch über die Hürde in Form des Manowar-Textes gesprungen bin (ein paarmal nahm ich vergeblich Anlauf – im Titel der Bolero und dann ein Manowar-Text … :shy: … und deshalb erwähn ich das auch gleich zu Beginn, so mußt Du jetzt genauso über diese Hürde drüber … :p), hat es mich dann doch recht schnell in die Geschichte, oder besser gesagt die Wahrnehmung des Protagonisten, hineingezogen.
Ich hab ja glaub ich schon länger nichts von Dir gelesen (überhaupt wenig in der Rubrik), dafür kann ich Dir jetzt als Trost sagen: Seit der letzten Geschichte, die ich gelesen hab, hast Du Dich stilistisch stark verbessert! Damit will ich nicht die früheren schlechtreden, aber die hier las sich wirklich sehrsehr flüssig. Auch wird die Verzweiflung des Protagonisten sehr gut spürbar – ich muß grad an die Geschichte in dem Bergwerk (Titel fällt mir grad nicht ein) denken, wo Dir das noch nicht so gelungen ist. Also da hast Du echt ordentlich zugelegt! :thumbsup:

Die Vorstellung, wegen eines Gehirntumors nicht mehr zwischen Realität und Vision unterscheiden zu können, oder überhaupt gewisse Dinge zu vergessen, durcheinanderzubringen usw., ist ja an sich schon schaurig, aber was Du hier draus gemacht hast, ist wirklich Horror. (Das wäre es übrigens auch mit weniger blutigen Gestalten, aber die kann man Dir eh nicht ausreden … :D)

Einzig der Schluß hat mir nicht so gefallen, was aber wohl mehr daran liegt, daß ich ihn nicht so recht verstanden habe. Klar kann man einfach sagen, es steigert sich, und dann ist ja auch wieder das »Peeep« (warum eigentlich englisch und nicht »Piiiep«?). Aber Du verwendest doch den Begriff »die Minderwertigen« nicht einfach nur so, oder? Und daß der Protagonist David heißt und die Figur mit der Polizeimütze irgendwie hitlerartig wirkt, ist doch sicher nicht Zufall, nur komm ich nicht so recht dahinter, was, wie, … :confused: Ich vermute fast, mir fehlt da etwas aus dem ersten Teil, um das richtig zu verstehen? – In dem Fall solltest Du sie als Serie deklarieren, Serien lese ich fast immer der Reihe nach. ;)

Apropos »der Reihe nach«: der Rest, und der ist erstaunlich wenig:

»deren Augäpfel in meinem Beisein heraus fielen.«
– herausfielen

»Sie wirkt dunkler, als vorhin.«
– ohne Beistrich


2

»Martin sagt: „Zwei Bier“, ohne aufzusehen, und als die Kellnerin nickend lächelt,«
– ohne Doppelpunkt
– würde ich umdrehen: lächelnd nickt

»sie scheinen aufs schärfste bemüht, nicht in unsere Richtung zu schauen.«
– aufs Schärfste


3

»Peeep … peeep … peeep …«
– damit es oben nicht untergeht: Ich würde das jeweils auf deutsch schreiben. Außerdem meine ich mich zu erinnern, daß das Piep jeweils nur kurz ist, nicht so lang, wie Du das hier schreibst.

»Er dreht sich herum, verlässt das Zimmer, und ich weiß, dass er mich belogen hat.«
– wenn er sich »herum« dreht, dreht er sich einmal im Kreis, Du meinst, er dreht sich um.


4

»Auf einmal kommt mir ein Gedanke: „Wie oft waren wir hier?“, frage ich.
Martin sieht mich verdutzt an, und ich fahre fort: „Seit meiner Operation. Wie oft waren wir seitdem hier?“«
– keinen Zeilenwechsel innerhalb der direkten Rede (auch wenn sie unterbrochen ist)


5

»Warum hängen sie das Ding so tief auf?«
– Weil in die Knie gehen leichter geht als hinaufschweben. :p


6

»Glücklicherweise befanden sich meine Sachen im Schrank des Krankenhauszimmers,«
– befinden

»Das Bedürfnis zu Rennen nimmt mit jedem Schritt zu,«
– zu rennen

»Er trägt eine silberne Schüssel mit beiden Händen,«
– würde ich umdrehen: Er trägt mit beiden Händen eine silberne Schüssel


7

»Ich blicke mich um, doch unabhängig von der Tatsache, dass sich keine Menschenseele hier aufhält, so kann ich auch keinerlei Fahrzeuge ausmachen.«
– das »so« paßt da irgendwie so gar nicht hin, würde es also streichen

»Vorsichtig blicke ich um die Ecke herum.«
– »um die Ecke« reicht, »herum« ist überflüssig

»Etwa auf halben weg stehen fünf Kinder«
– auf halbem Weg

»Der Kopf des Pflegers reißt am Scheitel auseinander und ein waberndes Hirn mit hunderte von winzigen Zähnen«

Laut meinem Rechtschreibprogramm gibt es den Begriff "hunderten" nicht
*hüstel*


8

»„Ich wurde nicht operiert.“
Martin zieht seine Hand zurück. Lächelt mich an.
„Stimmt’s?“«
– keinen Zeilenwechsel, wenn die direkte Rede weitergeht

»Wir sind tot, richtig? Ist es das, was du mir weiß machen willst?“«
– weis (kommt von weise, Weisheit)

»deren Gesichter ausschließlich aus hunderte von Zähnen bestehen.«
– wieder: aus hunderten

»Arme, aus deren Fäusten jetzt horn ähnliche Schwerter platzen,«
– zusammen: hornähnliche

Piep-piep-piep…

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Salem!

Das Manowar-Zitat am Anfang würde ich an deiner Stelle nochmal überdenken. ;)

Was Neues erzählen oder wirklich konstruktiv werden kann ich mal wieder nicht. Die Geschichte ist stilistisch und inhaltlich sehr gut gelungen. Ein, zwei Szenen (der "böse" Cop und v.a. die Kinder) haben mich an den schönen Film "Die Mächte des Wahnsinns" erinnert, der ja thematisch auch gar nicht soweit weg ist. ;)

Das einzige, was ich noch anmerken kann, ist, dass mir die Geschichte länger vorkam, als sie tatsächlich war. Positiv ausgelegt: Vll steckt also noch mehr drin, was die gute Atmo schon rüberbringt. :)

Beste Grüße

Nothlia

 

Hey Salem,
ich wusste doch, es ist "Sie leben!" mit Rowdy Roddy Piper! Das hab ich nach der ersten Geschichte schon gewusst!

Nein, sehr guter Text. Ganz ehrlich, ich hatte die erste Geschichte auch noch im Hinterkof, stilistisch sehr starke Geschichte, nur das "sage ich und ..." kommt am Anfang zu gehäuft vor. Da würd ich ausdünnen und die Überlegung, dass er zu einer Polizeistation will, wirkt so aufgesetzt. Wenn er durch leere Straßen läuft und ein Kinderlachen hört, dann lass ihn doch einfach gedankenlos durch die Gegend taumeln.

Das Ende ist ein bisschen hektisch, finde ich. Ohnehin ist der Text wesentlich schneller als der erste. Der hat sich ja in den Visionen und Schreckensszenarien richtig gesuhlt. Der hier steuert zielsicher auf sein Ende zu und legt auf der Zielgeraden sogar einen richtigen Sprint hin.

Aber gute Geschichte, hat mir sehr gut gefallen, ich hab nicht einmal die Finger auf dem Word-Icon gehabt, weil ich so in der Geschichte war. Das ist immer ein gutes Zeichen
Quinn

 

Tach Salem,

geil Alter, einfach klasse die Geschichte.
Mit der Geschichte hast du genau meinen Geschmack getroffen, abgefahren, krank und total abgefuckt. Ich konnte mich einfach gut in den Charakter hineinversetzen und mir die ganze Scheiße bildlich vorstellen.

Was soll ich noch großartig sagen, was nicht bereits gesagt worden ist.
Stillistisch einwandfrei und inhaltlich genau da, wo ich sie haben will.
Ach, wäre doch nur jede Geschichte so krank und gestört.... was wäre dass nur für eine Welt.

Und von mir ein großes Lob an die blutiges Stellen... schöner Splatter.
Ich lobe dich ohne irgendwas konstruktives zu sagen, aber das haben die Vorredner ja bereits zur Genüge getan, ich bin nur hier um dich wegen der Geschichte die sehr atmosphärisch ist, nebenbei gesagt, zu loben.


Good Job, Salem!

Es grüßt dich herzlich und mit einem eingemeißelten Grinsen in der Fresse,

Jekyll and Hide

ps. verlier die kranke Ader bloß nicht....

 

Hallo Häferl, Nothlia, Quinn und J and H,

zunächst bedanke ich mich mal für eure einfühlsamen Worte. Freut mich wirklich.
So, jetzt im Einzelnen:

Hi Häferl,

Nachdem ich dann doch über die Hürde in Form des Manowar-Textes gesprungen bin (ein paarmal nahm ich vergeblich Anlauf – im Titel der Bolero und dann ein Manowar-Text
Hey, was habt ihr gegen den Text. Zur Intention: Der Titel soll wie im ersten Teil die äußere Struktur des Textes symbolisieren. Der Manowar-Text den Inhalt. Also ich finde, der passt hervorragend (wollte jetzt nicht den ganzen Song zitieren :D )


Seit der letzten Geschichte, die ich gelesen hab, hast Du Dich stilistisch stark verbessert!
Wow, danke. An deinem Urteil liegt mir echt viel, das weißt du (schreibt man hier "weiß" auch nur mit "s"?):shy:

(Das wäre es übrigens auch mit weniger blutigen Gestalten, aber die kann man Dir eh nicht ausreden … )
Hehe... Stimmt!

In dem Fall solltest Du sie als Serie deklarieren, Serien lese ich fast immer der Reihe nach.
Ohweh, ich glaube fast, es könnte eine werden. Habe gerade mit Teil 3 begonnen ...

Deine gefundenen Fehlerchen wurden, soweit von mir nachvollziehbar, ausgemerzt (für das "hunderten" schäm ich mich. Sorry auch an dich, Dru!)

Hi Nothlia

Das Manowar-Zitat am Anfang würde ich an deiner Stelle nochmal überdenken.
:xxlmad:

Was Neues erzählen oder wirklich konstruktiv werden kann ich mal wieder nicht. Die Geschichte ist stilistisch und inhaltlich sehr gut gelungen. Ein, zwei Szenen (der "böse" Cop und v.a. die Kinder) haben mich an den schönen Film "Die Mächte des Wahnsinns" erinnert, der ja thematisch auch gar nicht soweit weg ist.
Da hatte ich jetzt nicht dran gedacht, aber der Film gefiel mir auch.

Das einzige, was ich noch anmerken kann, ist, dass mir die Geschichte länger vorkam, als sie tatsächlich war.
Das freut mich. Vielen Dank!

Hi Quinn.

Nein, sehr guter Text. Ganz ehrlich, ich hatte die erste Geschichte auch noch im Hinterkof, stilistisch sehr starke Geschichte, nur das "sage ich und ..." kommt am Anfang zu gehäuft vor.
Hab ein bisschen was raus genommen.

Da würd ich ausdünnen und die Überlegung, dass er zu einer Polizeistation will, wirkt so aufgesetzt.
Das seh ich im Moment nicht so, aber mal schauen ...

Das Ende ist ein bisschen hektisch, finde ich.
Bewusst, mein Lieber. Der dritte Teil ist dann etwas ausführlicher ... :D

Hi J+H,

ja, was soll ich zu deinem Kom noch sagen. Vielen Dank!!! Der haut mich ja um.

ps. verlier die kranke Ader bloß nicht....
VERSPROCHEN!

Euch allen nochmal einen lieben Gruß! Salem

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Salem,

Ich bin Professor Brinkmann

:rotfl:

Eine bedeutungsschwangere Pause folgt erneut.

Das erste Mal war die Pause nicht bedeutungsschwanger, deshalb: „Eine erneute Pause. Diesmal klingt die Stille besorgniserregend und bedeutungsschwanger.“

Die Kneipe, in der wir uns befinden, ist bis auf den letzten Platz besetzt.

Ja warum, um alles in der Welt, wollte sich denn da niemand hinsetzen?

sehe ich im Spiegel meine Brust. Warum hängen sie das Ding so tief auf?

„sehe ich meine Brust im Spiegel“, sonst liest es sich, als würde David sich fragen, warum er Hängetitten hat.

Er trägt eine silberne Schüssel mit beiden Händen, die bis zum Rand mit breiigem Kot gefüllt ist.

Als Ex-Zivi kann ich dir sagen: Das ist unmöglich. Niemand kann soviel ... Und wenn er tagelang nicht. Bis zum Rand, das hieße glaub ich drei Liter oder so. Das geht nicht.

auf halben weg

auf halbem Weg

Damals, als dieser riesige Polizist mich verfolgt hatte.

Was gibt’s hier für einen Grund fürs Plusquamperfekt?

Gute Geschichte, gut geschrieben, spannend ... auch wenn ich dann zum Schluss nicht mehr so ganz mitgekommen bin. Im Sinne von es würde mir schwer fallen, die Auflösung in Worte zu fassen beziehungsweise verbindlich sagen zu können, ob es überhaupt eine Auflösung des bis dahin fantasievoll gestrickten Verwirrspiels gibt. Sind David und Martin Engel? Wird einer von ihnen von Satans Helfern in einer Art biblischen Matrix gefangengehalten, in der ihm das Leben eines Menschen mit Hirntumor vorgegaukelt wird? Sowas in der Art?

Flüssigkot und sonstiges Geschmiere sind natürlich mal wieder von echt Salemscher Qualität. Glückwunsch dazu. :anstoss:


Grüße

JC

 

Hi Proof.

Zitat:
Ich bin Professor Brinkmann
:rotfl:
Zitat aus "Nie mehr Bolero (1)"
Institut für Neuropathologie; Zimmer 305; Prof. Dr. med Walter Brinkmann
Meine Finger hatten sich ineinander geschlungen, so dass die Kuppen einen lilafarbenen Kontrast zum Weiß der Knöchel abgaben.
Nachdem ich die Autobahnfahrt heil überstanden hatte, war ich vor gut fünf Minuten in der Klinik eingetroffen. Ich saß vor dem mächtigen Schreibtisch von Professor Brinkmann, grinste ein wenig aufgrund der Assoziation zu einer längst vergangenen Fernsehserie, und blickte in meinen Schoß.
:D


Zitat:
Die Kneipe, in der wir uns befinden, ist bis auf den letzten Platz besetzt.
Ja warum, um alles in der Welt, wollte sich denn da niemand hinsetzen?
Immer wieder für ein kleines Scherzchen zu haben, der Herr Proof ;)

Als Ex-Zivi kann ich dir sagen: Das ist unmöglich. Niemand kann soviel ... Und wenn er tagelang nicht. Bis zum Rand, das hieße glaub ich drei Liter oder so. Das geht nicht.
Ich könnte dir ja mal ne Liste machen, was sonst noch so in dieser Geschichte nicht geht *g*
Außerdem: Wer weiß, welch großes Wesen da diesen großen Sch... fabriziert hat ...

Was gibt’s hier für einen Grund fürs Plusquamperfekt?
Hm... kann man das so nicht schreiben?

Sowas in der Art?
Äh, ja, ganz entfernt ...

Flüssigkot und sonstiges Geschmiere sind natürlich mal wieder von echt Salemscher Qualität
Ich verneige mich in Ehrfurcht :D

Thx fürs Lesen und Kommentieren. Restliche Fehler ausgebessert!

Gruß! Salem

 

Hey Salem!

Nu hab ich endlich mal Ruhe und Muße gefunden, den Bolero zu lesen. Und, was soll ich sagen ... Das war ein großer Spaß!

Einziges Manko aus meiner Sicht: Der Schluss kam mir ein wenig zu schnell. Noch eine Seite mehr, und ich wäre überglücklich gewesen - denn das ganze Ding hat mir richtig gut gefallen. Diese puzzlehaften Geschichten, die sich erst zum Ende erklären, finde ich derzeit sowieso extrem reizvoll. Und wenn's dann noch so souverän gut geschrieben und aufgebaut wurde ... Mehr davon!

There they wait in fear with swords in feeble hands
With dreams to be a King first one should be a man
I call them out and charge them all with a life that is a lie
And in their final hour they shell confess before they die

- Manowar -

Huh huh! Huh! Manowar rules. Huh huh huh!

... während seine Augen herausplatzen und sich spinnenähnliche Beine aus den Höhlen bohren, länger werden und kurz darauf den Boden berühren. Der Kopf des Pflegers reißt am Scheitel auseinander und ein waberndes Hirn mit hunderten von winzigen Zähnen schiebt sich durch die Schädeldecke.
Whoa! Yesss! Huh huh huh! Dat wuz cool!

Gestolpert bin ich lediglich an einer Stelle. Und zwar über die "kurzen Shorts". Da kam der Pedant durch. Weil lange Shorts gibt's machen ja auch nicht wirklich Sinn irgendwie so.

Jau, wie gesagt: Ein großer Spaß. Supergerne gelesen! Ick freu mir uff Episode III.

Bis denne,
Fisch

 

Ick freu mir uff Episode III.
Is in Mache! :D

Tach Fisch.

Ja, ich sag ma: Herzlichen Dank!

Noch eine Seite mehr, und ich wäre überglücklich gewesen
Es werden ein paar mehr werden. Wie gesagt, bin am Basteln.

Hab mich über deinen Kom echt gefreut; und die kurzen Shorts fliegen rus ;)

Gruß! Salem

 

tach Salem, ich war nach dem erstem Teil sehr verwirrt, leidet er an Hirntumor, oder sieht er die wirckliche Realität die den normalen Menschen verschlossen bleibt? Stellt er mit dem lezterem eine Bedrohung für die "anderen"(wie dem Polizisten) da? oder war dies nur eine weitere Vision?
Na wie auch immer, der Schluss vom 2 Teil gefällt mir sehr gut! Bringt etwas Licht ins Spiel, überhaupt hat mit Teil eins und zwei SEHR GUT gefallen...

Liebe Grüsse Jonas

 

Hallo Jonas.

ich war nach dem erstem Teil sehr verwirrt,
Das war Absicht; ich wollte die Verwirrung des Prot auf den Leser übertragen. Schön, wenn es funktioniert hat

überhaupt hat mit Teil eins und zwei SEHR GUT gefallen...
Na, das freut mich. Dank dir für deinen Kommentar.

Gruß! Salem

 

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