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Normalität 2
Für uns ist gesorgt. Alles passt so perfekt zueinander, es grenzt schon an ein Wunder.
Trockenperioden wechseln mit reichhaltigem Wasserangebot ab und - als wäre es geplant - kommt unsere Welt zu diesem Zeitpunkt in Bewegung, die Nährstoffe in dem heißen Nass werden uns so optimal zugeführt. Später herrscht wieder Ruhe, Trockenheit, die Zeit des Nachdenkens. Über Generationen hinweg ist es Forschern gelungen, viele Rätsel des Universums zu lösen, die Vorgänge in unserer Lebenssphäre zu verstehen. Offensichtlich leben wir nicht im Mittelpunkt des Kosmos. Wir sind aber abhängig von dessen Innenraum: Wenn er sich mit Masse füllt, was in unregelmäßigen Abständen geschieht (oder ist die Beobachtungsdauer zu kurz, um das Muster zu erkennen?), wird auch die für alles Leben unverzichtbare, nährstoffhaltige, heiße Flüssigkeit erzeugt. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass sich nichts aus dem Nichts bilden kann, auch wenn dies die Annahme eines ersten Etwas beinhaltet. Die so wichtige wässrige Lösung halten wir deshalb für eine andere Form des Ruhezustands. Aus diesem ‚Verbrauch’ der Ruhe ergibt sich schließlich, ein wenig zeitverzögert, auch eine Rotation unserer Biosphäre. Nicht vorhandene Ruhe bedeutet zwangsläufig Bewegung. Es dauert eine Weile, dann wird die für unseren Stoffwechsel so wichtige Flüssigkeit aufgrund der Fliehkraft in die Außenwelt geschleudert, kehrt aber in Form von Stillstand wieder zurück. Danach verschwindet die erwähnte feste Substanz, ein Vorgang, den kein Wissenschaftler bis jetzt in die etablierte Erklärung des ‚Ruhe-Flüssigkeit-Bewegungs-Trialismus’
einfügen konnte. Manche Forscher vermuten aufgrund theoretischer Schlüsse, dass die ‚Innenmaterie’ aus einem anderen Universum kommt und wieder dahin verschwindet. Die Gegner dieser Theorie lehnen es aber ab, Dinge zu postulieren, die wissenschaftlich nicht erforschbar sind.
Trotz dieser Erkenntnisprobleme ist es faszinierend - wie wunderbar perfekt ist die Welt für uns gemacht!
„Warum denn das?“, schimpfte Karlheinz und verzog verächtlich seinen Mund. „Was hast du gegessen? Sutchi?“
„Sushi - das ist roher Fisch mit Klebereis in Algen, ganz lecker!“ Lisa gefiel es, ihren Mann mit diesen Fakten zu provozieren. Schrecklich, seine Engstirnigkeit.
„Du mit deinem Ausländerfraß. Kann gar nicht verstehen, wie man von so was leben kann. Sushi in der Kantine, was es nicht alles gibt - zum Glück ist unser Haushalt noch normal!“
Lisa hatte keine Lust auf weitere kleingeistige Kommentare. Sie ging in den Keller, die Waschmaschine musste ‚gefüttert’ werden.