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November 1954

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November 1954

Der Rest wurde freigekauft, um sogleich das Übriggebliebene wieder ins Gestern zu versetzen.

Paul lebte in schwarzweiß, seit dem letzten Bombenangriff. Er unterschied sich von den Tausenden Nachkriegsjungen nicht, er hangelte sich durch das jammernde Berlin, wollte nur weiterleben.
Sein Alteisengeschäft lief gut, er pendelte täglich zwischen Gesundbrunnen und Charlottenburg.

Heute saß er in der Straßenbahn! Ein erster Erfolg an diesem Morgen, denn dieser kleine Klappsessel hinter dem Führer, war noch zu bekommen, als er einstieg. Er lehnte den Kopf zufrieden an die verregnetet Scheibe, um durch das Dröhnen, sein immer währendes Summen im Kopf, zu vergessen.

Seine Gedanken klimperten durch die Kleinigkeiten, um jäh, durch ein klopfendes Geräusch, ins Leben gerufen zu werden.
Ein aggressiver, alter Mann trommelte mit seinem Stock an den Sitz.

„Steh auf, Lümmel, siehst du nicht, das kein Platz für mich frei ist? Für sowas habe ich mich zum Krüppel schießen lassen! Früher hätte man dich aus dem fahrenden Zug geworfen. Hoch mit dir!“

Paul blickte den Mann an, ohne dessen Aufforderung nachzukommen.

Die noch vor Sekunden gleichgültigen Insassen der Bahn nahmen Gestalt. Die Gesichter wurden zu Grimassen, schimpfende Masse ergoß sich über Paul, der auf einem Klappsessel sitzend, dem Faschismus nicht einfach so Platz machen wollte.

„Aufstehen, sonst schleifen wir dich raus!“

Paul widerstand. Als seine Station ausgerufen wurde, sortierte er seine Beine, schob einen Fuß in Richtung Tür, um sich mit einem Schwung an die Stange zu hangeln. Zog sich mit aller Kraft aus dem Sitz. Stand endlich. Die Insassen erstarrten, schauten in alle Richtungen nur um den Jungen und ihre Schuld nicht zu erkennen. Gebeugt und mit auf dem Boden schleifenden Bein bewegte er sich zur Tür der Tram. Der alte Mann wollte ihm helfen, Paul schlug den Arm weg, stolperte, konnte sich aber fangen, um endlich die zwei Stufen nach draußen zu überwinden.
Er stand im Regen, vor diesem Behälter der Vergangenheit. Alle lächelten, ihn um Verzeihung bittend, an. Die Türen wurden geschlossen. Die Bahn fuhr an.
Das war der Moment!

Paul schüttelte sich, machte eine lange Nase, tanzte, hüpfte und schlug die Füße aneinander.

Die Gesichter der anderen wurden grün und das Gift in dieser Straßenbahn hätte die gesamte Menschheit verderben können.
Paul tanzte und drehte sich, um seinen Triumph nicht enden zu lassen, dabei vergaß er, das er auf den Gleisen stand...

 

Hallo filifilos,

tut mir leid, aber mich hat die Geschichte nicht eben vom Hocker gehauen. Mehr noch: Sie hat mir nicht gefallen. Wenn ich versuche, das irgendwie zu begründen, dann kann ich das zum einen inhaltlich, weil dein Text nichts wirklich Neues hergibt (ich glaube, eine recht ähnliche Geschichte steht sogar schon auf kg.de) und (der Hauptpunkt!) alle Figuren deiner Geschichte unsympathisch sind. Ja, alle. Der alte Mann, die weiteren Insassen, aber auch dein Prot. Und wenn wirklich alle Figuren unsympathisch sind, ist es schwer, mit einer Geschichte das zu transportieren, was du transportieren willst.

Der erste Satz ergibt erst einen Sinn, wenn man die Geschichte gelesen hat und somit Thematik und Intention kennt. Bis dahin hat man ihn aber schon fast wieder vergessen. Das ist formal zumindest ein Problem.

Die Sprache kommt recht altbacken daher, das ist bei einer Geschichte, die in den 50er Jahren spielt, natürlich völlig legitim. Bei manchen Geschichten passt es auch und hilft, den Inhalt zu transportieren. Hier konnte es mich jedoch nicht ansprechen.

Ein bisschen Kleinkram (es gäbe noch mehr):

Paul lebte in schwarzweiß,
Schwarzweiß

Er unterschied sich von den Tausenden Nachkriegsjungen
tausenden

Heute saß er in der Straßenbahn!
Warum steht hier ein Ausrufezeichen hinter dem Satz? Als Leser stolpere ich darüber. Willst du damit sagen, dass das etwas völlig Ungewöhnliches ist, vielleicht nur ein Mal im Jahr vorkommt, dass der Prot sich eine solche Fahrt eigentlich gar nicht leisten kann? Dann sag es.

„Steh auf, Lümmel, siehst du nicht, das kein Platz für mich frei ist?
dass


Für mich ein Text, den ich gelesen und gleich sicher wieder vergessen habe. Ich denke mal, du willst mit dieser Geschichte ein paar Leute aufrütteln, zumindest zum Nachdenken anregen. Wenn ich damit richtig liege, erfüllt dein Text seine Intention nicht. Dazu müsstest du noch stark an den Figuren arbeiten und den Aufbau überdenken.

Viele Grüße
Kerstin

 

Was soll das? Der Text könnte irgendwo irgendwann spielen. Langweilig, holprig...und dieses Klischee:

Die noch vor Sekunden gleichgültigen Insassen der Bahn nahmen Gestalt. Die Gesichter wurden zu Grimassen, schimpfende Masse ergoß sich über Paul, der auf einem Klappsessel sitzend, dem Faschismus nicht einfach so Platz machen wollte.

Wow. Klar, jeder Deutsche war damals ein Nazi. Jede Frau, jeder Mann und jedes Kind. Ganz besonders die 16-und 17 Jährigen, die zu Klumpen geschossen wurden. Aaaber deine Geschichte lässt hier Raum für Interpretationen: Er erschießt seine Opfer ja nicht, er vergast sie. Vielleicht will er eine Art Racheengel spielen? Dabei wird er aber zu dem selben Monster, dass er hasst. Ich hoffe, ich hab das richtig verstanden...sonst...ups^^


Paul schüttelte sich, machte eine lange Nase, tanzte, hüpfte und schlug die Füße aneinander.

Jetzt ist er auch noch Rumpelstielzchen? Hm...


Dein Ausdruck ist toll, aber vor lauter tollen Bildern konstruierst du Sätze, die umständlich sind, und auf manch einen verwirrend wirken werden, was schade ist. Vielleicht entschlackst du deine Sprache etwas?

MfG
Rabbit

 

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