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Nur ein Penner

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11.01.2002
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Nur ein Penner

Frühling, Hauptbahnhof Münster:

Jemand wankte auf mein Taxi zu. Ich stand neben dem Wagen, und was da in meine Richtung kam, war ein dicker Penner. Die nackte Kugel seines Bauches quoll über die Hose. Die Haut seines Gesichtes war krebsrot.
"Hallo, Herr Taxifahrer." sagte er.
"Hallo." sagte ich. Natürlich wollte er schnorren, hier am Bahnhof gab es viele von denen.
"Habe doch gleich gesehen, dass du ein Kumpel bist." sagte er. "Ich war gerade beim Spiel auf Schalke und habe unsere Mannschaft nach vorne geschrieen. Jetzt bin ich hungrig. Kannst du nicht einem armen Schalker Kumpel mit ein paar Groschen aushelfen, damit er sich ein Brötchen kaufen kann?"
Erstaunt sah ich ihn an. Ich war nämlich ergebener Schalke-Fan, schon seit dem Kindergarten, und auf meiner Heckablage lag immer eine Fahne. Das Spiel hatte ich im Radio verfolgt, leider hatte unsere Mannschaft verloren, und er schien darüber noch trauriger zu sein als ich. "Natürlich", sagte ich und drückte ihm fünf Groschen in die Hand, dann überlegte ich kurz und legte noch einen nach: 60 Pfennig kostete bei Aldi gegenüber das billigste Bier.
"Danke." Er steckte das Geld in die Tasche und starrte auf meine Hand, auf die Zigarette, die dort qualmte. Es dauerte einige Sekunden, bis ich begriff. "Willst du eine?"
"Danke." Diesmal lächelte er. "Du bist ein guter Kumpel." Er hob die Hände, als wolle er mich umarmen, und eine Wolke bitteren Schweißes schlug mir entgegen. Schnell wich ich zurück.
"Ich muss arbeiten", sagte ich, "Auf Wiedersehen." Ich drehte ihm den Rücken zu. Er stand noch einige Sekunden hinter mir, dann wankte er davon.

"Was wollte der Bursche?" fragte Andreas, ein hagerer Kerl mit verkniffenem Gesicht. Er fuhr seit 23 Jahren und saß im Vorstand der Genossenschaft.
"Hat Unsinn erzählt." sagte ich.
"Aber du hast ihm was gegeben?" Er sah mich misstrauisch an, als wäre das ein Verbrechen.
"Warum nicht?"
Andreas wandte sich zu den anderen Fahrern, die neben ihm standen: "Vielleicht war das sein Vater." Sie lachten und ich wurde rot, aber sagen konnte ich nichts; ich war nur einfacher Fahrer.
"Apropos Schmutz." sagte Andreas. "Heute ist Samstag. Die Woche ist rum und du hast deinen Wagen noch nicht gewaschen. Alle Taxen müssen picobello sauber sein. Wenn du nicht gleich noch in die Waschanlage fährst, muss ich dich sperren lassen."
Ich war schon gestern in der Waschanlage gewesen, aber es wäre nicht gut, ihn zu provozieren. "Natürlich fahre ich in die Waschanlage." sagte ich.

Zwei Wochen später war der Dicke wieder da. Er ging zum Wagen vor mir. "Geh lieber arbeiten." sagte der Fahrer. Ein Windstoß ließ die Hose des Penners flattern und ich sah, die Beine waren dünn wie Stelzen.
Er kam zu mir. "Hallo, Kollege."
"Hallo." sagte ich. "Wie war das Spiel heute?" Seine glasigen Augen blinzelten und er öffnete und schloss die Lippen mehrmals, als müsse er sich erst erinnern, wie man ein Gespräch führt. Der Wind wehte in mein Gesicht und nun konnte ich ihn riechen: eine ölige Mischung aus Fäulnis, Kot und altem Schweiß dünstete aus seinem Schritt, und ich fragte mich, wie er das aushielt?
"Ich war nicht im Stadion." sagte er. "Sie lassen mich nicht mehr rein." Seine Stimme bekam einen weinerlichen Unterton. "15 Jahre war ich auf Schalke und jetzt lassen sie mich nicht mehr rein."
Er kam näher. Einen Moment sah ich ihn vor dem Stadion stehen, alleine vor dem Tor, während er mit offenem Mund dem Johlen und Trompeten lauschte. Seine Augen glänzten. Er wollte in seinem Suff doch nicht anfangen zu heulen - hier, vor allen Leuten, direkt neben meinem Wagen?
"Komm mir nicht zu nahe!" zischte ich, etwas härter, als ich das gewollt hatte. Erschrocken wich er zurück. "Hier." sagte ich. 50 Pfennig drückte ich ihm in die Hand. Achtlos steckte er das Geld in die Tasche. Er wollte gehen, da hielt ich ihn zurück. "Noch 'ne Zigarette?"
"Danke." sagte er und lächelte. Die Zigarette steckte er in seine Tasche. Eine alte Ledertasche, die über seiner Schulter hing. Die Tasche hatte er immer dabei, aber geraucht hat er nie. Vielleicht rauchte er zu Hause, obwohl, wo sollte das schon sein bei so einem?

In den nächsten Wochen wurde es ein Ritual. Jeden Samstag schlenderte der Dicke zu meinem Taxi. Meistens nannte er mich seinen Schalker Kumpel, manchmal sagte er auch "Bonjour Monsieur" und lüpfte einen imaginären Hut. Ich gab ihm eine Mark und natürlich seine Zigarette.

Ein paar Wochen später:
Etwas stimmte nicht mit ihm. Er kam wie immer aus dem Park. Die anderen Penner hatten so eine Art Treffpunkt dort, wo sie rauchten, tranken und Karten spielten, aber ich hatte ihn noch nie zusammen mit den anderen gesehen. Er ging zu mir, sagte höflich Guten Tag und bekam die Mark und die Zigarette. Ich reichte sie ihm, aber er konnte sie nicht halten. Seine Finger zuckten und auch die eine Hälfte seines Gesichtes; erst dachte ich, ist er verrückt geworden, was zwinkert er wie ein Bekloppter, aber es mussten wohl Krämpfe sein. Die Zigarette fiel auf den Boden. Nach einigen Sekunden entspannte er sich und ging weiter, sah mich gar nicht mehr an. Aber die Zigarette hatte er vergessen.

Am Abend stand ich mit den anderen Fahrern zusammen. "Ist der Pennbruder jetzt dein Freund?" fragte Andreas.
"Das arme Schwein tut mir Leid." sagte ich. "Wenn ich ihm 'ne Mark gebe, kann er sich ein Bier kaufen, sonst hat er ja nichts mehr vom Leben."
"Der soll arbeiten, ich arbeite ja auch." sagte er. Die anderen murrten zustimmend.
Ich musste an die stelzendünnen Beine des Penners denken und an seine Hände, die immer zitterten; er konnte ja nicht einmal mehr richtig gehen.
"Wir sollten das Pack nicht tolerieren." sagte Andreas. "Ist 'ne Schande, dass die Junkies und Penner hier rumlaufen und die Polizei tut nichts dagegen. Und wir Fahrer müssen mitten drinstehen."
"Er ist Penner und kein Verbrecher." sagte ich. "Wenn jemand Heroin verkauft, ist das was anderes."
"So wird man nicht ohne Grund." sagte Andreas. Ein ICE war gekommen und nun strömten die Leute aus dem Bahnhof. Wir mussten zu unseren Wagen.

Andreas sagte nichts mehr. Ich auch nicht. Ich hatte gerade Kontakte zu Leuten, die mir gute Fahrten vermitteln könnten, weite Fahrten mit Gewinn; seit ich vor drei Jahren selbstständig geworden war, lebte ich von der Hand in den Mund - ich wollte keinen jetzt Ärger mit ihm, er hatte Beziehungen.
Ich dachte schon, er hätte die Sache vergessen. Aber eines Morgens kam ich zum Bahnhof und es gab Ärger. Der dicke Penner stand auf dem Platz und die Fahrer umringten ihn.
"Nein!" rief er. Jemand zog an seiner Tasche und er schrie wie ein verwundetes Tier. Sie wichen zurück, kamen aber sofort wieder näher.
"Was ist los?" fragte ich.
"Hinterm Kiosk standen Zigaretten. Jetzt fehlen welche." sagte Andreas. Er deutete auf den Dicken. Dessen rote Augen bildeten zwei erschrockene Os.
"Er klaut immer Zigaretten!" rief jemand. "Alle wissen das."
Ein Arm stieß aus der Menge und traf den Penner in den Rücken. Der klatschte aufs Pflaster. Seine Kordhose rutschte nach unten. Er hatte nur einen Bindfaden als Gürtel. Aber er griff nicht nach der Hose, er presste die Tasche an seine Brust wie eine Mutter ihr Baby.
"Herrgott - das nenne ich einen Bremsstreifen." rief Andreas. Die Fahrer johlten. Er hatte Recht, da war Kot in der Unterhose, uralter Kot, schwarz und trocken. Einige Leute blieben stehen. Ein Vater hielt seinen Sohn an der Hand und gaffte, beide aßen Döner und starrten auf den schmutzigen Po.
"So helft ihm doch!" sagte eine alte Frau neben mir. Sie sah mich an und ich wurde rot.
"Die tun nichts." sagte ich. Sofort kam mir das unglaublich dumm vor, so was sagen Hundebesitzer immer - schließlich taten sie ihm etwas, wir sahen das ja beide.
"Mach dir nicht die Finger schmutzig", sagte jemand zu Andreas, "wenn er sich verletzt, hast du den Ärger."
Andreas nickte. "Verpiss dich." Der Dicke stand zitternd auf und stolperte davon. Er ging an mir vorbei und ich war fast dankbar, dass er mich nicht ansah.
Am nächsten Tag kam er nicht mehr.

Ich traf Hildegard. Sie arbeitete in der Bahnhofsmission, schon seit über 30 Jahren. "Kennst du den Dicken?" fragte ich.
"Welchen Dicken?"
"Der so aussieht wie Räuber Hotzenplotz. Rote Nase."
"Ach so." Hildegard lachte. "Er hatte mal einen Laden. Irgendwann bekam er einen Schlaganfall. Ich glaube, seit ein paar Jahren ist er verrückt. Er erzählt immer noch, er würde es schaffen, käme wieder nach oben."
"Was hat er denn zuletzt verkauft?"
"Er hatte einen Tabakladen." Hildegard seufzte. "Man sieht's ihm nicht mehr an, aber er war ein großer Schmeichler. Hätte viele Frauen haben können, wäre er nicht so geizig gewesen."
"Woher weißt du das so genau?"
"Erzählt man sich." Hildegard wurde rot.

Er kam nicht mehr. Einmal ging ich durch die Stadt und dachte, ich hätte ihn gesehen. Ich lief hinterher, die Zigarette lag schon in meiner Hand. Aber dann war es doch ein anderer. Auch ein Penner und er sagte erstaunt Danke, als ich ihm die Zigarette in die Hand drückte, nur lächelte er nicht, er zog auch nicht zum Dank seinen Hut, wie der Dicke es immer getan hatte.
Es wurde Winter. Die Luft voller Flocken, der Wind schnitt ins Gesicht und die Bank ganz weiß. Da hätte er auch nicht sitzen können. Erst im April war er wieder da. Er schaute in den Park. Die Sonne schien und die Röcke der Frauen wurden kürzer. Eine Blonde ging vorbei, mit Apfelpo und blauen Kuhaugen. Hätte mich interessiert, ob er das noch bemerkte.
Aber er kam nicht, obwohl ich rauchte, als ich schließlich neben ihm stand.
Später schlenderte ich an ihm vorbei. Seine Augen blieben starr.
"Hallo, Kollege." flüsterte ich. Er hustete.
"Willst du eine Zigarette?" fragte ich. Die großen Hände auf seinen Knien zitterten, aber er drehte nicht einmal den Kopf, obwohl ich die Zigarette direkt vor seine Nase hielt. Ich klappte seine Tasche auf und steckte sie hinein. Etwas sagen wollte ich auch noch, aber die Leute schauten schon.

Am nächsten Tag kippte er von der Bank. Er kippte gar nicht, er rutschte nur langsam zur Seite und lag auf dem Boden. Wir haben das erst gar nicht bemerkt, denn er rief ja nicht um Hilfe, sondern blieb einfach liegen; ein Speichelfaden lief aus seinem Mund, aber gesagt hat er nichts. Ein Krankenwagen kam und sie brauchten vier Mann, um ihn auf die Trage zu legen. Dabei rutschte sein Pullover nach oben und entblößte die gewaltige Wampe. Sie hätten ihn wenigstens runterziehen können, obwohl ich glaube, er war da schon tot.
Was sie wohl gedacht haben, als sie seine Tasche öffneten? Eine braune Masse aus Tabak und Papierfetzen, und dazwischen die Filter. Es waren Tausende, und er musste Jahre gebraucht haben, um sie zu sammeln.

[Beitrag editiert von: Quasimodo666 am 27.02.2002 um 21:35]

 

Abend,
insgesamt eine gut geschriebene Geschichte, hat mir echt gefallen.

Kritik:
-unlogische Überschrift
-vom Ende hätte ich "mehr" erwartet
-einmal hast du
geschrieben "...sagte jemand" klingt in diesem Moment komisch, würde ich spezifizieren... z.B. sagte der Chef von dem Taxifahrer oder so.

Aber sonst echt interessant und in sich stimmig. Lassen sich sogar gesellschaftskritische Aspekte dran festmachen, und ich mag es, wenn eine Geschichte eine tiefere Bedeutung hat und sich nicht nur einfach weglesen läßt.
Ist allerdings Geschmacksache!

Bye

Divolus

 

Hi Quasimodo.

Harte Story. Ein von denen die man lieber nicht hören will, weil man sowas gerne verdrängt.
Aber verdammt gut geschrieben. Die Stelle die mich am meisten berührt hat war

Einen Moment sah ich ihn vor dem Stadion stehen, alleine vor dem Tor, während er mit offenem Mund dem Johlen und Trompeten lauschte.
dieser Satz alleine erzählt schon eine Tragödie. Sich vorzustellen was dieser Mann in dem Moment durchmacht... nach 15 Jahren lassen sie ihn nicht mehr rein. Als Autor soviel Inhalt in einen Satz verpacken zu können zeugt von Können (meiner Meinung nach). Weiter so!

b2d

 

Hi Quasimodo,

wenn es der Sinn und Zweck von Geschichten ist, im Leser etwas anzurühren, dann hat Deine Story dieses Ziel voll erreicht. Ich hatte zum Ende zu einen Kloß im Hals, und das geschieht nicht allzu oft.

Besonders gut hat mir gefallen, das sich das eigene Verhalten in dem des Protagonisten wiederspiegelt. "Sag' mir, mit wem du umgehst, und ich sag' dir, wer du bist" - das steckt tief in uns allen. Auch ich habe mich schon dabei erwischt, wie ich mich über Mitmenschen erhoben und ihnen Hilfeleistung versagt habe aus Angst vor dem Gespött anderer, die auch nicht besser sind als ich. Warum eigentlich diese Angst?

Alles Liebe
P.

 

Danke für eure Kritik
Die Überschrift habe ich geändert, aber ich denke, mir sollte noch eine bessere einfallen.
Das "jemand" habe ich gestrichen.
Ansonsten scheint ihr ja gute Laune zu haben oder keine Lust, richtig hart zu kritisieren.

Vielen Dank
Stefan

 

Sie wollen Kritik?
Hier haben Sie Kritik: Die Geschichte ist zu lang und viel zu nett geschrieben. Ein bißchen mehr Schärfe wäre auch nicht schlecht.

Im übrigen halte ich den Taxifahrer für das ärmere Schwein. Schreckliche Vorstellung, in diesem geistigen Umfeld seine Brötchen zu verdienen.

Also, kürzen und schärfen. Erwarte Vollzugsmeldung.

Hochachtungsvoll
Ihr Zensor ;)

 

Sehr geehrter Zensor!

Kürzen ist natürlich immer eine gute Idee, wobei mich interessieren würde, welche Stellen du am ehesten weglassen würdest, also welche Stelle dich (am meisten) gelangweilt hat?

Du schreibst, ich sollte schärfen: Meinst du die Sprache? Oder ist dir zuwenig Action in der Geschichte? Oder hast du erwartet, dass ich - als Autor? - deutlicher Stellung beziehe?


Apropos 'schärfen': Wie schon Divolus bemerkte, ist das Ende ja nicht gerade ein Kracher - hätte dir was anderes besser gefallen?

Mit freundlichen Grüßen

Stefan

[Beitrag editiert von: Quasimodo666 am 01.03.2002 um 13:58]

 

Kürzen ist vielleicht das falsche Wort. Komprimieren wäre angebrachter.
Mich persönlich stört Ihr braver, ausschweifender Stil, einfach zu trocken.
Die Thematik verdient mehr Feuer, mehr Anklage gegen die Ignoranz und Dummheit unserer Gesellschaft. Nur die Geschichte erzählen, die Achseln hochziehen und das Gegebene hinnehmen, das ist zu mager.
Der Geschichtenschreiber muss mehr leisten, als nur zuschauen und das Wahrgenommene in schöne Worte kleiden. Er ist kein Fotograf, der nur einen Moment optisch und unkommentiert festhält. Ein Erzähler muss lügen, fälschen, übertreiben, verharmlosen und Grenzen überschreiten. Gehen Sie ran an die Fratze, deren faulen Atem Sie nicht riechen wollen.. Ihr dargestellter Andreas verdient was auf die Schnauze, würde ich mal denken. Alles andere ist harmloses Geseiere und verpufft im Nichts.

Herzlichst
Ihr Zensor

 

also ich kann mich des zensor kritik überhaupt nich anschließen. Die geschichte würde sehr viel verlieren, wenn man sie 'schärft'

denn wie ich die meisten leute einschätze, würden sie bei allzu 'scharfer' sprache eher den grund finden, sie nicht weiter zu lesen. gerade der ruhige stil geht unter die haut und lässt zeit, ins grübeln zu kommen. wenn mir jemand die rute ins fenster stellt im sinne von: 'schau wie schlecht wir doch alle sind und du bist auch ein schwein' dann gehe ich in opposition und spare mir jeden weiteren gelesenen satz.

die kritik in deiner form erreicht meiner meinung nach mehr menschen als es zensors methode könnte. das ist nur eine vermutung, aber auf mich trifft sie zu.
ich habs einfach nicht gern, wenn mir die nase in die scheisse gedrückt wird. oft reicht ein sanfter windstoss um mir gestank zu vermitteln.
(das hab ich aber schön gesagt, nicht ? ;) )

also ich war berührt von der geschichte finde auch den schluss sehr gelungen, eben weil er so fein ist und nochmals nachgedacht werden muss.

leider kann ich keine konstruktive kritik abgeben, weil wenn es fehler gibt, mir diese sicher entgangen sind, da ich zu gerne gelesen habe.

liebe grüße,
franzl

 

Hallo Franzl

Du hast quasi schon für mich geantwortet. In Punkto Stil haben wir den gleichen Geschmack. Mir ist es eher unangenehm, wenn der Autor sich in den Text einmischt. Eine Geschichte muss die Fantasie anregen; der Leser soll den Schluss selbst ziehen.
Wenn ich die Geschichten der richtig guten Autoren lese, merke ich, wie schwierig es ist wenig zu sagen und dennoch präzise zu sein. Gerade habe ich Kgs von Raymond Carver gelesen und die können halt mehr als man selbst; die sagen mit der halben Textmenge das Doppelte.

Der Zensor hat natürlich Recht: Andreas verdient etwas auf die Schnauze, aber das will ich ihm nicht geben. Der Text soll keine Rachegelüste befriedigen, sondern . . . na ja, ich will jetzt nicht meinen eigenen Text interpretieren.

Ein kritischer Leser wird sicherlich noch einiges zum Meckern finden. In folgenden Punkten bin ich mir unsicher, das heißt, ich weiß nicht, wie (ob?) ich sie verbessern soll:

1. Ist sofort klar, wann und wo die Geschichte spielt? Ist man sofort mittendrin, oder muss man erst nachdenken und zurückblättern?

2. Ich wollte den Ich-Erzähler vor eine schwierige Entscheidung stellen. Allerdings ist mir nicht klar, ob das überhaupt rüberkommt.

3. Der Leser soll über den Penner nachdenken. In welcher Form, kann ich natürlich nicht sagen, das müsste ja im Text stehen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich gebe zu wenig Informationen über meine Personen.

4. Beim Schluss bin ich mir nicht sicher, ob er zum Text passt. Weil ein Schluss muss sich logisch aus dem Text ergeben.

5. Und was ist mit der schlichten Sprache? Passt die zum Inhalt?

Und deine metaphorische Ausdrucksweise trifft natürlich den Nagel auf den Kopf, Franzl. :)


Mit freundlichen Grüßen

Stefan

[Beitrag editiert von: Quasimodo666 am 04.03.2002 um 14:21]

 

ups...mal schnell doppelt gemoppelt?! da wird ein moderator wohl so freundlich sein müssen, deine zweifache antwort zu löschen. zumindest eine davon ;)

aber zum eigentlichen:
die fragen die du gestellt hast, helfen mir sehr dabei, meine positive kritik zu präzisieren:

1. ich fand mich sofort zurecht. war schon nach dem ersten satz voll im bilde und im lesen.

2. wenn du die schwierige situation des erzählers gut rüberbringen wolltest, dann kannst du das sicher noch verdeutlichen.
allerdings auf kosten der identifikation des lesers mit dem taxifahrer.
genauer gesagt: ich bemerkte nicht so sehr, wie schwer es für den erzähler war; vielmehr war die entscheidung schwer, die ICH treffen mußte.

was ich viel natürlich besser finde.

3. ich glaube, es ist schwerlich möglich, sich keine gedanken über der armen kerl zu machen.

4.meiner meinung nach muss ein schluss nicht logisch 'hervorgehen', er soll nur logisch dazupassen. auf deine geschichte bezogen: ich hatte keine ahnung, was mich beim schluss erwarten wird. aber rückwirkend ergibt alles einen sinn, z.b: warum er nie geraucht hat, immer die tasche bei sich hatte, etc.

das heisst, wenn du wirklich einen schluss willst, den man durch schlußfolgerungen erahnt, solltest du ihn ändern. ich persönlich würde dir aber davon abraten, da ich den schluss schon beinahe genial halte. aber nur beinahe ;)
will ja NOCH besseres von dir lesen :D

5. ob die sprache zur beschreibung eines solchen sachverhaltes passt, ist geschmackssache. und mir hats geschmeckt, fände einen anderen stil sogar für unpassender.

tja, meine gute kritik mag dir keine große hilfe fürs schreiben sein, denke aber auch nicht, dass dich das sonderlich stören wird :D

gutgelaunte grüße aus dem süden,
franzl

 
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Aus der Mottenkiste

Hallo und vielen Dank, habe jetzt erst bemerkt, dass 2 Jahre nach der letzten Kritik noch eine gekommen ist. Einige Dinge deiner Kritk habe ich schon umgesetzt. ;)

Am Bahnhof Münster gibt es einen Taxistand, einen Park und sogar ZWEI Dönerbuden - allerdings kein Fußballstadion, da soll der Penner laut Geschichte mit dem Zug hingefahren sein. Nun werdet ihr vielleicht fragen, woher hatte er das Geld, aber ich dachte, wenn der Zug voll ist, kann er doch Schwarz fahren. Klingt das realistisch?

Den Penner gab/gibt es übrigens wirklich, ich habe ihm manchmal etwas gegeben, ich arbeite nebenbei als Taxifahrer. Aber keine Sorge, geschlagen hat ihn niemand, zumindest nicht, solange ich dabei war.

Allerdings habe ich ihn jetzt schon seit Jahren nicht mehr gesehen ...

 

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