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Ohne Titel
Eine weitere Rauchschwade stieg von dem Zigarettenstummel im Mund des fetten Mannes am Nachbartisch auf, während wieder und wieder das Ende rot glühte. Es war lange her gewesen, dass ich meine letzte Zigarette geraucht hatte, doch ich merke langsam, dass das Verlangen mich verlässt und es mich nicht mehr überkommt bei dem Anblick eines jeden Rauchers.
Der Mann am Nachbartisch gab ein schallendes Gelächter von sich, während er die Karten vor seinen Freunden auf den Tisch schmiss.
Nur ein mitleidiges Lächeln huschte über meine Züge, während ich nur den Kopf schüttelte wie ein Vater der die Tat seines Sohnes belächelt.
Ich wusste nicht, was er für ein Kartenspiel spielte und es war mir auch egal. Ich wusste nicht, ob er wirklich gewann oder nicht und es war mir auch egal. Ich wusste nicht welches Spiel ich spielte und es war mir auch egal. Ich wusste nicht ob ich wirklich gewann und es war mir auch egal.
Jeden Abend verbringe ich nun alleine in dieser Kneipe, seit mittlerweile drei Monaten, seit dem Verlust meiner Arbeit versuche ich jeden Abend wieder die Zuflucht im Alkohol zu finden, doch es funktioniert nicht. Ich hätte sicher das Rauchen wieder begonnen, wenn ich nicht wüsste, dass es ja doch nicht hilft. Erst wenn die Hoffnung gestorben ist, erschlägt einen die ernüchternde Einsicht mit ihrer vollen Kraft. Beim Alkohol würde dieser Moment noch ein bisschen auf sich warten lassen.
Plötzlich riss mich die Kellnerin aus meinen Gedanken und ich brauchte einige Augenblicke bevor ich verstand was sie von mir wollte. "Woll`n se noch was?", fragte die junge Dame, während sie sich mit einem Bleistift an ihren Kopf kratzte und mit dem Kaugummi in ihrem Mund schmatzte."Hör`n `se schlecht?", fragte sie und wurde lauter.
Ich schaute sie nur mit einem wehmütigen Blick an und hoffte, dass sie ging, doch mir war bewusst, dass mir dieser Gewinn nicht zu gute kommen konnte.
"Ein Bier, bitte!", forderte ich mit kratziger Stimme. Es war lange her, dass ich gesprochen hatte, wozu auch?
Die Kellnerin nickte nur und die Abscheu mir gegenüber traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich wusste nicht, woran ich sie erkannte, aber ich war mir sicher, dass sie da war. Vielleicht war es der Blick der Kellnerin gewesen, vielleicht auch einfach ihr Tonfall.
Ich schaute mich noch einmal in der Kneipe um, bevor mein Blick wieder auf die Tischkante rutschte und meine Welt wieder kleiner wurde. Kleiner, aber nicht einfacher.
Oh wie viel einfacher wäre sie mit dir gewesen, warum musstest du mir genommen werden?
Lange verharrte ich so. Das Geschehen vor mir ging an mir vor ohne mich zu berühren oder zu grüßen. Die Kellnerin stolzierte zu meinem Tisch, stellte das Bier ab und ging wieder. Der Mann nebenan lachte dieses Mal nicht und schmiss die Karten eher trotzig auf den Tisch. Es kostete mich Kraft den 10 Markschein auf den Tisch zu legen und die Kneipe zu verlassen, aber was sollte ich machen? Warum sollte jemand dort bleiben, wo ihm die Kälte ins Gesicht schneidet? Warum sollte ich hier verweilen?
Der triste Blick des gebrochenen Mannes hob sich ein letztes Mal und legte mit zittriger Hand das Geld auf die Tischplatte, bevor er in leicht geduckter Haltung die Bar verließ.
Am Ende des Abends fand man einen herrenlosen Mantel in der Garderobe. Am Ende der Nacht einen Toten, dessen Leben schon lange vorher beendet war.