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Old Hocksley, ein Versuch...
Old Hocksley
Endlich war es soweit. Die Sommerferien begannen und auch in dem kleinen Vorort, von Middlerock, nicht weit von der Staatsgrenze zu Kanada, fingen die Schüler an verrückt zu spielen. Voller Vorfreude auf den kommenden Sommer sprangen sie mit Geschrei aus der Vorschule, des kleinen Örtchens Larsington. Nicht die knappe Einwohnerzahl machten diesen Ort zu einem schönen Gebiet, es waren mehr die Anschaulichkeiten, verschiedenster Naturspektakel, die es sich in jedem Sommer nicht nehmen ließen, über Middlerock und auch über das kleine Örtchen Larsington zu zaubern. Doch waren es wirklich Naturspektakel, die immer etwa zur selben Zeit, sich in den Himmel erstreckten und die Bewohner erstaunen ließen? Einige Bewohner hielten es wohl dafür, andere hingegen waren der sichtlichen Überzeugung, das hat nichts mit rechten Dingen zu tun.
„Ach, erzähl doch nicht schon wieder diese alte Geschichte, du alter Zattergreis!“, hallte es durch die kleine Bar, direkt inmittem unseres kleinen Ortes Larsington.
„Ich erzähle es so oft wie ich will, du, du Dummkopf“, lallte es aus dem Hals von Old Hocksley. Alle nannten ihn so, sein vollständiger Name war auf der Strecke geblieben, da ihn niemand mehr so recht kannte, außer als alten Trinkenbold, der mit seinen Geschichten die Kinder erschreckte. Niemand wußte mehr so genau, dass er damals mal ein gepflegter, junger Mann, mit Zielen war, der keiner Fliege was zu Leide tun konnte.
Sein Gebrüll nach neuem Drink und dem Verfluchen der „Ungläubigen“ ging unter, in dem Lachen der anderen Gäste, die eigentlich immer an diesem Ort waren und Old Hocksley schon nicht mehr wahr nahmen. Manchmal fingen sie Gespräche mit ihm an, um sich zu belustigen, über seine Geschichten aus dem alten Middlerock Wald. Wie es dazu kam, dass er seine Seele verlor und dazu verbannt war in diesem kleinen Ort festzusitzen und er der Retter sein werde. Der sie erlösen würde aus den Ketten derer, wie er sie nannte: „Die von der anderen Seite.“
„Ach, ihr habt doch alle keine Ahnung, ihr habt sie nicht gesehen“, brüllte Old Hocksley in die Menge, „ihr habt nicht gesehen, wie sie den kleinen Jungen zu sich nahmen und ihr habt sie nicht gesehen, ihr ward nicht dort. An diesem verfluchten Ort...ihr Bastarde!“ „geh nach Hause“, rief einer vond er anderen Seite des Tresens. Old Hocksley wurde umso wütender, wie sie alle über ihn lachten und ihn auf den Arm nahmen. Alle hielten ihn für alt, senil und verrückt. „Rutscht mir doch den Buckel runter, Dreckspack, euch wollte ich warnen und ihr dankt es mir mit Spott!“, ruderte seine Zunge in seinem feuchten Mund, „Gib mir n Whiskey, los, sofort!“
Er nuschelte noch ein wenig in sich hinein, stand auf und wollte sich an jemandem festhalten, der ihn aber beiseite schubste. Hocksley fiel zu Boden. Die Menge schrie vor Lachen, sie waren ausser sich, wie sie es immer waren, wenn der alte Hocksley wieder so viel getrunken hatte, dass er sich nicht mehr auf seinem Beinen halten konnte.
Doch diesmal blieb er liegen und wachte nicht mehr auf.
„Jerry, hast du deinen Rucksack gepackt?“ rief Liz. „Ja, Mum“, ertönte eine zarte Stimme aus dem oberen Zimmer. Jerry war grad neun geworden und durfte mit seinem Dad das erste Mal, zum Zelten in den Wald. Seine Mum trennte sich vor zwei Jahren von seinem Vater. Mitch sei nicht das, was sie sich unter einem Ehemann vorstelle, hieß es.
Jerry kam die Treppe hinunter und setzte sich auf den Treppenabsatz, um sich seine Schuhe zu binden.
„Hast du alles eingepackt, so wie ich es dir hingelegt habe, Jerry?“, fragte Liz beunruhigt. Ihr war nicht sehr wohl dabei, dass Jerry mit seinem Vater, über das Wochenende hinaus fuhr.
„Mum, ich habe alles eingepackt, ich bin neun Jahre alt, ich bin alt genug.“, erwiderte Jerry.
Liz konterte: „Du bist alt genug, wenn ich dir das sage, mein Schatz“, sie lächelte und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Mum!“, fuhr Jerry hoch. Er ist da!“
Ein großer, schlanker Mann stieg aus einem Van und ging auf die Haustür zu, als diese aufsprang und Jerry ihm in die Arme lief.
„Hey, kleiner Rambo!“, rief Mitch und umklammerte seinen Sohn. „Bist du bereit für einen wilden Weg durch den Wald?“ „Klar, Dad.“, entgegnete Jerry voller Begeisterung.
Sie fuhren hoch, über die alte Calymore Bridge, die hölzern und halb verfallen, den Weg zwischen Middleton und Arbresk verband. Hoch in den Bergen, war ein alter Pfad, den manche den letzten Pfad der Indianer nannten, weil sie dort wohl damals, vor hunderten Jahren, ihren Weg in die Berge antraten, um sich ein Winterquartier zu erichten, aber nie zurückkamen.
Der Van parkte auf einem Parkplatz, direkt am westlichen Eingang in den Middlerock Wald.
„Komm, mein Junge, wir haben noch einen weiten Weg vor uns“, lächelte Mitch seinen Sohn an.
Sie machten sich auf den Weg, zu dem alten Pfad und gingen hinein. Der Wald roch nach einer frischen Brise aus Holz und grünem Blättern. Die Luft war angenehm in den Bergen und wehte kühl zwischen den Ästen der alten Bäume. „Genieße die Luft, Jerry, atme durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus.“ Jerry tat wie ihm geheißen und fühlte sich wohl in der Nähe seines Vaters. „Sind wir bald da,Dad?“ Sie kamen an eine Lichtung, wo die Sonne inmitten einer großen Wiese, einen warmen Fleck schien. Es waren Spuren zu erkennen, von Vorgängern, die sich dort schon niedergelassen haben. Auch Mitch´s Vater war mit ihm schon dort gewesen. Sie ließen sich nieder in der Sonne, um sich auszuruhen.
„Es wird bald dunkel Jerry, wir müssen noch das Zelt aufbauen und dann habe ich noch eine Überraschung für dich“, lächelte Mitch. „Was für eine Überraschung, los sag schon“, freute sich Jerry, konnte kaum erwarten das Zelt in die Hand zu nehmen, um zu erfahren was sein Vater für ihn bereit hielt. Nach einer Weile hatten sie das kleine Iglu Zelt aufgebaut und machten Feuer. „Was ist es denn nu, Dad?“, Jerry konnte es nicht erwarten was es war. Er war an diesem Tag so glücklich, wie selten, nicht wegen der Überraschung. Er war glücklich mit seinem Vater etwas alleine unternehmen zu können. „Wenn das Feuer brennt machen wir geröstete Äpfel und Marshmellows. So wie du es dir immer gewünscht hast, Jerry.“ Jerry saß da und freute sich.
Die Dämmerung brach hinein, mit ihr verschwanden auch das Zwitschern der Vögeln und das Klopfen der Spechte. Ruhig wurde es in dem Wald, an dem die beiden um ihr Feuer saßen und Jerry sich Geschichten anhörte, die Mitch in seiner Kindheit erlebte.
Als plötzlich etwas merkwürdiges geschah. Ein Lichtblitz überzog den Himmel. Wie aus dem Nichts erleuchtete es kurz den dunklen Wald und verschwand. Dann ein zweiter. „Sternschnuppen, Dad, dort schau!“, sprang Jerry auf. Mitch sah sie, aber war nicht sehr begeistert davon. Denn solche Sternschnuppen hatte er noch nie gesehen. In blauen und gelben Farben schossen sie wie Pfeile über den Himmel, beunruhigend Hell und Schnell schossen sie vorüber. Man hörte kein Tier mehr im Wald, nur noch ein eigenartiges Knistern, dass langsam aber sicher auf die beiden zukam. „Was ist das, Dad?“ fragte Jerry ängstlich seinen Vater. „Psst Jerry, komm her zu mir.“ Mitch nahm seinen Sohn in den Arm und schaute in die Dunkelheit, wo das Knistern immer näher zu kommen schien. Auf einmal war alles Still, es baute sich Nebel auf und umschloss die beiden. Ein Lichtkegel aus blauen und gelben Blitzen erstrahlte nun die Lichtung, man erkannte Umrisse, die sich auf die beiden zubewegten. Mitch schrie: „Was wollt ihr, haut ab. Lasst und in Ruhe!“ Gelächter war zu hören und ein komisches Flüstern ging durch die Reihen, als Mitch plötzlich seinen Sohn los lies und zu Boden gedrückt wurde. Etwas hielt ihn an den Schultern fest. Er musste zusehen wie die Gesatlten seinen Sohn in die Dunkelheit mitnahmen. Jerry war wie starr und steif vor Angst. Er wollte um Hilfe rufen, nach seinem Vater schreien, aber er konnte nicht. Plötzlich war alles dunkel und Mitch lag allein inmitten der Lichtung.
2 Tage später wurde die Leiche des jungen Jerry in einem Fluss gefunden. Die Augen starr und den Mund geöffnet, er hatte weiße Haare und war in ein seidenes Tuch gewickelt.
In der Zeitung schrieb man als Überschrift:
„Jerry Hocksley, 9 Jahre alt, Tot geborgen.“