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Papi wollte schlafen
Heute ist mir total langweilig. Ich könnte Luc ärgern aber der haut mich dann und er ist leider viel stärker wie ich. Er spielt gerade mit seinem neuen Auto. Das hat er nämlich zum Geburtstag bekommen. Mama muss arbeiten und Papa schläft, genau wie das Baby. Das sind solche Langweiler!
„Papa, spielen wir was?“, frag ich ihn. Obwohl er ja schläft. Aber ich geh extra ganz nah zu ihm hin und rüttle ihn, damit er mich auch hört. „Nicci, ich will mich ausruhen an meinem freien Tag. Spiel doch mit deinen Puppen.“ Dann schnarcht er gleich wieder, wie ein Elefant. Ich weiß zwar nicht genau wie ein Elefant schnarcht, aber ich glaube so wie Papi. Halt ganz laut.
„Ich kann mich aber gar nicht konzentrieren, weil du so laut schläfst“, sag ich und rüttle ihn wieder. Aber da sagt er einfach gar nichts mehr außer irgendein komisches Geräusch und ich bin beleidigt.
Gerade überlege ich, wem ich mehr böse bin. Entweder Papi, weil er sich nicht um mich kümmert oder Luc, wegen seinem blöden Auto, mit dem er die ganze Zeit spielt. Das ist wirklich eine schwierige Entscheidung.
Da klingelt es an der Tür. Ich laufe natürlich gleich zum Fenster und schaue, wer da ist.
„Paaaaaaaapppiiiiiiii! Da ist die alte Frau mit der Warze und dem schiefen Rücken an der Tür!“ Ich bin ein bisschen stolz auf mich, dass ich nicht Hexe gesagt habe, weil der Papi sagt, das darf ich nicht, obwohl sie ja so aussieht.
„Psst! Wir gehen nicht an die Tür, weil die nur wieder Geld von uns will“, murmelt Papi. Ich mache das Fenster auf und will gleich bescheid geben: „Ich darf nicht an die Tür gehen weil-“ aber da zieht Papi mich schon vom Fenster weg.
„Nicki! Das sollst du ihr doch nicht sagen. Dann geh zur Tür und sag, dass du allein zu Hause bist“, flüstert Papi.
Ich geh also hin und sag es ihr und dann fragt die alte schiefe Frau gleich: „Wo ist denn dein Papa?“
„Im Wohnzimmer“, sag ich. Weil mir ist sonst nichts eingefallen und es stimmt ja auch. „Niccoline! Verdammt! Diese Kinder!“, seufzt Papi und schaut mich ganz böse an. Das ist wirklich gemein von ihm! Zuerst will er nicht mit mir spielen und dann schimpft er mich, wo ich doch gar nichts getan habe.
Und deswegen fange ich an zu weinen, weil das so ungerecht ist. Wenn ich mal groß bin, dann bin ich immer nett zu meinen Kindern, nicht so wie Papi.
Dann geht er zur Tür und sagt: „Sie macht gern Scherze.“ Er sieht ein bisschen lustig aus, weil das Muster von unserem großen gelben Kissen in seinem Gesicht ist, das ist so ein Wellenmuster mit Punkten. Und seine Haare stehen auch ganz lustig weg und er lächelt genauso komisch, wie wenn meine Tante Selma zu Besuch kommt. Und da freut er sich nämlich nie, weil er immer Kopfweh bekommt, wenn Mama sagt, dass sie uns besuchen kommt.
Und wie ich daran denke, mit Papi und Tante Selma und dem Kissen im Gesicht, da muss ich kurz lachen. Aber dann fällt mir gleich wieder ein, dass ich Papi ja böse bin und er gemein zu mir gewesen ist und fange gleich wieder an zu weinen.
„Na, ich schau mal was wir da haben für die Kirchenrenovierung“, sagt er zur Hexe und geht in die Küche. Dann läuft er ganz schnell nach oben, fast so schnell wie letzte Woche, wo Mami nach Hause gekommen ist und er ganz vergessen hat, die Wäsche zu bügeln vor lauter Fußball anschauen.
Dann kommt er wieder runter und murmelt: „Wo ist das verdammte Geld?“ und noch andere schlimme Wörter. Das ist so gemein! Uns schimpft er immer wenn wir sowas sagen! Ein tolles Vorbild mein Papa!
Und dann rutscht Papi, weil er ja läuft, auf dem neuen Auto von Luc aus und das Auto knallt an die Kiste, wo das Baby drin schläft und dann an die Wand und dort zerbricht es dann in drei Teile. Da wacht das Baby auf und schreit ganz laut und Luc fängt an zu weinen, weil sein Auto kaputt ist und Papi liegt am Boden. Und weil das so lustig aussieht, muss ich schon wieder lachen. Aber nicht lange, weil dann kommt Luc und schubst mich, weil ich ja gelacht habe und dann weine ich wieder und schreie: „Papi, Luc schlägt mich!“ Der ruft dann ganz laut: „Lasst mich jetzt in Ruhe ihr … Kinder“, und läuft wieder rauf.
Die Warzenfrau sagt: „Gott hilf dieser Familie“, dabei schüttelt sie den Kopf, wo sie noch mehr aussieht wie eine Hexe und dann geht sie.
Dann stürzt Papa wieder herunter und hat endlich fünf Euro gefunden, aber die Oma ist ja schon weg.
"So ein Mist!", ruft er und fasst sich an den Kopf, genau wie Mama kommt. Die schimpft Papa dann ganz stark, weil man ihn nie mit den Kindern allein lassen kann und weil er solche Wörter vor den Kleinen sagt und weil 100% seiner Kinder weinen und weil es im ganzen Haus aussieht, wie wenn eine Bombe eingeschlagen hat.
Papi schaut genauso wie ich, wenn ich gleich weine, aber er weint nicht. Dann tröstet Mami uns und Papi muss aufräumen und kochen.
Das war lecker! Eigentlich ist mein Papi schon ganz toll! Und der Tag ist doch noch gut ausgegangen. Aber das Beste ist: Luc kann jetzt nicht mehr mit seinem Auto spielen und wir haben auch noch fünf Euro gespart!