Pappa, noch`n Grappa
Pappa, noch`n Grappa!
In dem Moment, als unser Sohn gelernt hatte, mit Schwimmflügeln durch das Wasser zu pflügen, entschlossen wir uns Urlaub in der Toskana zu machen.
Dort angekommen stürzte sich unser vierjähriger zum ersten Mal in seinem Leben ins salzige Nass. Vor lauter Begeisterung stand sein Mund ständig offen und er schluckte literweise Salzwasser. Wir konnten ihm leider nicht beibringen, dass man auch einmal den Schnabel halten kann, zumindest für die Dauer einer mittelschweren Welle.
Papa spielte weißer Hai und Mama pustete andauernd sandgespicktes Plastikschwimmzeug auf, baute Schlösser, Tunnels, und Vulkane die nicht hoch genug sein konnten. Entsprechend weit flog auch die Lava. Auf sonnengecremte Pappas und Mammas – mit, oder ohne Kreuzworträtsel.
Bella Italia!
Buen, danach kamen die Dusch – und Föhnorgien im Appartemento, die sich unweigerlich über eine Stunde hinzogen, da alle fünf Minuten der Strom ausfiel, oder das Duschwasser eiskalt wurde.
Nun, Mammas und Pappas haben auch ab und zu Hunger!
Nix mangare! Kein Hunger! Mensch ärgere Dich nicht spielen! Das Kind weigerte sich mit allem, was ihm an Trotz zur Verfügung stand.
Überredungsversuche wie: „Es gibt auch ein groooßes Eis, Schockolade, ganz braun!“ nützten nichts Es endete damit, dass er uns drohte: „Ich mag kein braunes Eis, wenn Ihr nicht sofort mit mir spielt!“
Hat Mamma einen Grappa für Pappa? Sie hat.
Wenn es dann tatsächlich so weit war im Restaurant sitzen zu dürfen, kam die Frage, die sicher alle Eltern dieser Welt selbst im Tiefschlag an die nächste Wand schreien könnten: „WANN KOMMEN ENDLICH MEINE POMMES???“
Das Kind hatte Hunger, es litt entsetzlich. Es hatte auch Durst, stürzte die Limonade herunter und zappelte mit den anderen fünfzig Bambinis im Takt auf seinem zu hohen Stuhl herum. Das ganze Elend schrie ihm aus seinen schlaftriefenden Kinderaugen.
Oh, Mamma, noch`n Grappa!
Dann endlich – oh Himmel – das Essen kam. Serviert von einem kalkweißen Italiener, der krampfhaft lächelte: „Gett gutt?“, und was passierte? Der ganze Hunger schrumpfte auf ein Schokoladeneis zusammen. Pfff! Nix Pommes! „Mama, ich bin ja sooo müde !“ Der kleine Dickkopf senkte denselben auf das Tischtuch, die Krokotränen durchnässten die Pommes.
Nun hatten Mamma und Pappa auch keinen Appetit mehr. Mucho Kravallo von fünfzig Schokoeismonstern.
Mama und Papa sind es gewöhnt in ruhiger Atmosphäre zu essen.
Pappa, wooo bleibt das Schockoeis und die Grisinis für Bambino?
Der grüngesichtige Kellner trug mit unergründlicher Miene das heißbegehrte, unberührte Essen wieder in die Küche und erschien Sekundenbruchteile später mit Schockoeis, echt aus Bella Italia, lächelte, wie es uns schien, etwas satanisch und verschwand blitzschnell wieder in der Küche. Es war plötzlich so still. Wir blickten uns an und fühlten uns plötzlich wie zu Hause...
Hab`Dank, dem fleißigen Ober. Fünfzig Schockoeis zu servieren ist nicht einfach. Mochte er sich eine Stunde ausruhen, wir auch.
Pappa, jetzt ein Grappa...
Danach ging es in`s Appartemento. Wir freuten uns auf ein Buch, oder ein Kreuzworträtsel. Und – siehe da- das Kind ,das eben noch vor Müdigkeit fast vom Stuhl fiel – es wachte auf, es war so entsetzlich wach, wollte Menschärgeredich spielen, die Augen blitzten, Pappas auch. Eine Runde noch, laß`ihn Du lieber Himmel noch mal gewinnen, dann ist Ruhe! Er kann ja sonst nicht verlieren, er ist Einzelkind! Und was passierte in diesem schönen Land? Die Sonne hatte Schuld, nur die Sonne! Bambino verlor, wurde von seinem Pappa ein halbes Dutzend Mal `rausgeschmissen, lachte und räumte blitzschnell die Männchen zu neuer Formation auf mit dem Spruch:“ Mami, nun darfst Du mal gewinnen, kriegst auch `ne Schokolade dafür!
Oh Pappa, noch zwei Grappa!