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Passwort Knutfisch
Also, alles hört damit auf, dass ich im Regen liege, eine Zigarette rauche und versuche, Knut zu erschießen. Es ist nichts Persönliches, er ist ja ganz süß, aber es gibt so viel Wichtigeres, um das es sich zu kümmern lohnt, und, ich sag es nicht gerne, ich habe auch einen gewissen Hass auf Eisbären. Ich glaube, das fing damals mit der Cola Werbung an oder noch eher mit der McDonald’s Nummer, also vielleicht muss ich früher anfangen, also zu erzählen.
Ich war damals mit Vanessa nun nicht zusammen, aber doch nun ja, wir gingen von meiner Seite aus miteinander. Und als Beweis meiner Liebe, als Zeichen für die cremige DeBeukela-Plätzchenfüllungs-Weiche meines Charakters, kaufte ich ihr in einem McDonald’s einen Eisbären, so einen Cola-Eisbären, also praktisch einen Stoffknut, der eine kleine Flasche Cola hielt. Gut, dazu aß ich noch einen McRib oder ein Geflügeldings, das weiß ich nicht mehr genau.
Auf jeden Fall fahre ich dann gleich zu ihr – also nicht gleich, sondern ich mache eben ein paar Fahrten vorher, ich bin Taxifahrer, hab ich das schon erwähnt? – also, ich fahre zu ihr, klingel an der Tür, sehe aber gleichzeitig, dass die nur ein Stück weit angelehnt ist und ich öffne – schwerer Fehler – die Tür und gehe mit dem Cola-Eisbären unterm Arm ins Wohnzimmer. Und da ist Vanessa, meine kleine, süße, zierliche Vanessa, und dann ist da noch Roger Whittaker.
Ja, klar, werden Sie nun sagen. Roger Whittaker! Aha! Du erzählst uns doch hier was vom Bären … aber nein, ganz ehrlich, Roger Whittaker, der mit dem, ach nee, das war James Last. Auf jeden Fall sitzt Vanessa, meine kleine, süße, zierliche Vanessa, dort vor Roger Whittaker und bläst ihm einen.
So, jetzt ist es raus. Ich natürlich sofort … Urks. Also praktisch Gesichtszugentgleisung. Und sie mit vollem Mund: „Äh, ich kann alles erklären.“ Und Roger will auch was sagen, aber geht nicht, weil puterrot im Gesicht und Herzinfarkt.
Und ich so, total geistesgegenwärtig: „Ruf nen Krankenwagen.“ Und sie am Heulen. Und ich so: „Wie konntest du nur?“ Und sie am Haarezerzausen.
Na ja, ich hab dann nen Krankenwagen gerufen und natürlich sofort mit Vanessa Schluss gemacht. Aber den Bären hab ich ihr dagelassen.
Knut wird gerade abgeknuddelt. Von Sigmar Gabriel, das ist sein Patenonkel, hab ich mal gehört. Ich lege also an und ziele auf Knuts kleinen Knutster. Knut ist ja ein Männchen und er hat es wirklich verdient, dieser Knut, das muss man mal so sagen, Süße hin, Süße her, es muss ein Ruck durch Deutschland gehen. Wenn ich hier diesen Eisbären-Wichser abknalle, dann ist das wie ein Flügelschlag eines Schmetterlings, sozusagen.
Ach ja, und außerdem hasse ich Eisbären.
Als das mit Vanessa vorbei war, hatte ich was mit Andrea, obwohl ich könnte eigentlich auch die Geschichte erzählen, wie wir uns kennen gelernt haben, das ist vielleicht spannender. Also ich bin grad Taxi gefahren und dann am Bahnhof steigt eine Frau ein, setzt sich hinten hin und gleich am Losheulen „Wäääääh“ (also praktisch Sirene). „Wäääh, fahr’n Sie mich nach Rosenallee 42.“ – wobei ich die Straße jetzt nicht mehr genau weiß, und mir irgendwas ausgedacht hab. Ich also Gang eingelegt und losgefahren, so und jetzt muss man wissen, dass Taxifahrer für weinende Frauen so was sind wie Priester, also praktisch sofort Beichte. Alle Männer Schweine, schon wieder verlassen, große Liebe, dann mit Flittchen durchgebrannt, war grad eingezogen, kein Job, kein Garnix, jetzt wieder bei Eltern wohnen. Also praktisch Höchststrafe. Und ich sage, so aus einer Laune heraus: „Aha, kleine Brüstchen.“
Und sie: „Was? Wie können Sie das denn?“
Und ich so: „Eigentlich dürfte ich das nicht sagen, weil großes Indianermännergeheimnis, aber Schlüssel zum Erfolg bei Männern geht nicht über Bauch sondern über Dr. Misemowitz, Schönheitschirurg.“ Na ja, und da hab ich sie dann gleich abgesetzt. War mehr so ne Aktion, damit ich was in Kneipen zu erzählen hatte, weil es war natürlich immer hart die Sache mit Roger und Vanessa wieder aufzuwärmen und außerdem glaubt mir das keiner, quasi Taxifahrerlatein.
Aber ich wollte ja erzählen, warum ich Eisbären hasse. Also Jahre später sitze ich in einem Taxi und fahr bei nem Kollegen mit. Also praktisch Beifahrer und gleichzeitig Seelsorger, weil der Typ hält sich für Gandhi. Noch nicht lange, aber man hat schon hinter seinem Rücken über ihn geredet.
Und er so: „Ich bin nicht verrückt.“
Und ich so: „Du bist doch Gandhi.“
Und er so: „Reinkarnation.“
Und ich so: „Ja, aber Gandhi war doch verrückt. Total der Skin und überhaupt eßgestört.“
Und er so: „Ja, aber Friedensnobelpreis.“
Und ich so: „Ja, aber du kannst gar nicht Gandhi sein.“
Und er so: „Warum denn nicht?“
Und ich so: „Gandhi konnte kein Deutsch.“
Er hat dann nichts mehr gesagt und auf seiner Oberlippe rumgekaut, aber man muss sagen, Tour zu Ende gefahren, also wirklich vorbildlich, diese Inder. Er hält dann an und lässt eine Frau einsteigen und – wie sag ich das jetzt? – also einfach zwei Öltanks, also Hupen, also wirklich Pamela Anderson nix dagegen.
Klar, Sie denken sich ja jetzt sofort: „Ach, das ist ja die eine da, die von vorhin.“ Aber dazu muss ich sagen, für Sie ist das ja erst ein paar Zeilen her, für mich waren’s damals aber ein paar Jährchen. Ich sie also gar nicht erkannt und sie schaut immer in den Rückspiegel und schminkt sich ein bisschen dabei und ich denk so: „Mannomann, richtig Klunker an den Fingern, die Frau hat’s geschafft.“ Gandhi hält an, die Frau steigt aus, ich guck ihr noch so nach und sage „Mannomann, Gandhi, was hat die denn für Hupen?“ Und Gandhi sagt gar nix, dann auf einmal geht meine Tür auf und sie zieht mich raus und macht hier sofort einen auf Gina Wild, also praktisch Porno, mit Zungenkuss und allem und sagt dann: „Ich bin die Andrea. Du weißt schon Wääääh.“ Und ich: „Aha, ich erkenne einen Misemowitz, wenn ich ihn sehe.“ Und ab da praktisch Märchen. Weil wenn du heute so eine Frau hast, dann bist du gleich der Star überall. Praktisch Lebensqualität. Ich sag nur eins: Abitur-Treffen, praktisch Horrorfilm, weil allen Augen aus dem Kopf gefallen.
Und das Ganze ging auch ein paar Monate gut, bis vor zwei Wochen, und dann war Kirmes irgendwo und wir laufen an ner Schießbude vorbei. Und sie sieht da so ein Knut-Bärchen, also praktisch Stoff-Knut und ich gleich gemerkt und hier gesagt: „Komm, ich schieß dir den.“
Und sie: „Ach nein, ist doch Quatsch, bin doch schon groß.“ Aber ich ganz Gentleman: „Nee, du, ich schieß dir den jetzt.“
Und was soll ich sagen? Also ich schieße da und die Kugel trifft praktisch nicht Knut, sondern Plastikvase neben Knut und prallt ab und praktisch Querschläger und voll in das Silikonkissen aus Doktor Misemowitzs Geheimlager. Quasi Blattschuss.
Dann natürlich Krankenhaus und Besuch und ich komm ins Zimmer und seh schon: Aha, total asymmetrisch. Also ich seh’s schon, obwohl sie unter ner Decke liegt. Und sie wieder: Wäääääh. Und ich so: „Ach, das ist doch kein Problem, ich mag dich auch so.“
Aber sie schon am Schmollen und wir probieren’s zwar noch, aber irgendwie Wurm drin. Streit wegen gar nix und ruckzuck wieder Koffer gepackt, Eltern angerufen und Taxi bestellt, also nicht meins.
Ich steh dann noch draußen und seh sie in das Taxi steigen und, das glaubt mir jetzt ohnehin keiner, aber Gandhi fährt sie, also besser gesagt Ex-Ghandi. Und Andrea kriegt die Tür nicht zu und ich höre dann Gandhi einfach rufen: „Erst den Knopf ganz hoch ziehen und dann einfach fest zu schlagen.“ Und dann schlägt Andrea die Tür fest zu und verschwindet aus meinem Leben.
Und alles wegen dem Eisbären.
Also lieg ich jetzt hier in so einem Gehege und lege auf Knut an. Ich meine praktisch Selbstverteidigung oder Rache von mir aus, mexikanisch sozusagen. Ich will aber noch warten, bis Sigmar Gabiel aus der Schusslinie ist, obwohl der ist natürlich Popexperte und SPD also eigentlich idealer Kollateralschaden.
Und dann ist Sigmar Gabriel weg und ich hab genau die Knopfaugen von Knut im Visier und auf einmal zwinkert mir Knut so zu, also durch das Zielrohr hindurch, und das Fadenkreuz liegt genau auf dem Zwinkerauge und ich denk mir so: „Warum zwinkert der jetzt?“ Und dann zoome ich ein bisschen raus und ich sehe, wie Knut mit so einer supisüßen Patschpranke zu mir rüberwinkt und dabei blinzelt er immer noch. Und ich seh seinen rosigen Handballen wie bei so einer süßen Mieze-Katze. Und dann leckt er sich mit seiner Eisbärenzunge über seine Eisbärentatze und ist wirklich herzallerliebst. Und er zwinkert mir immer noch zu. Und da muss ich sagen, dass der Knut eigentlich ein ganz feiner Kerl ist.