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Pauls Fragen

Seniors
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23.08.2001
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Pauls Fragen

Marie biegt in ihrem Fiat Panda um die letzte Kurve, und mit dem durch die Wolken brechenden Sonnenlicht reißt der innere Vorhang des Vergessens.

Schwarz. Wann immer ich versuchte, meine Kindheit zu erinnern, versank ich in undurchdringlicher Dunkelheit. Es war mir lange nicht aufgefallen, ich gehörte nie zu den Menschen, die in der Vergangeheit leben, doch dann kam Paul, und mit ihm kamen die Fragen. Er stöberte arglos in den wenigen Erinnerungskisten, die ich besaß, zog Spielzeug und Bücher hervor und hielt sie mir entgegen. Und je knapper meine Antworten ausfielen, desto tiefer bohrte er nach. Er wurde mir lästig und ich versuchte, ihn loszuwerden, doch er blieb hartnäckig, beharrte darauf, dass ich wissen müsse, wer ich sei und glaubte fest, seine Fragen könnten mir helfen. Jeden anderen hätte ich hinausgeworfen, aber nicht Paul.
Paul war neun Jahre alt, als wir uns kennenlernten, der Sohn einer Nachbarin in dem Mietshaus, in das ich gerade gezogen war. Nicht die schönste Gegend, aber das war mir egal. Ich hatte kaum Geld und brauchte ein Dach über dem Kopf, da kam mir diese Wohnung gerade recht.
Als ich einzog – nur ein geliehener Kombi voller Sachen, keine Möbel, kein überflüssiger Schnickschnack – stand Paul abwartend im Treppenhaus und sprach kein Wort, aber seine fragenden Blicke folgten mir überall hin. Am Ende waren noch zwei alte, ramponierte Kisten übrig, und Paul trug wortlos und ungefragt eine von ihnen zu mir hoch wie einen kostbaren Schatz.
„Danke. Magst du eine Limo?“
„Ist sie kalt?“
Ich schüttelte bedauernd den Kopf, der Kühlschrank funktionierte noch nicht, aber er zuckte bloß die Achseln und nahm sie trotzdem. Als er zwei lange, durstige Kinderschlucke getrunken hatte, deutete er auf die Kiste, die er getragen hatte.
„Was ist da drin?“ Sein wachsamer Blick ruhte auf mir.
Ich machte eine abwertende Geste. „Nichts Besonderes, nur alter Kram.“
„M-hm.“ Er glaubte mir nicht und ließ es mich spüren. Dieses Kind war mir von Sekunde zu Sekunde unheimlicher.
„Hör zu, ich muss jetzt hier auspacken. Danke für deine Hilfe, und besuch mich mal wieder.“ Es war ein Rauswurf, und er stand achselzuckend auf.
„Okay.“
Er ging zur Tür. Dann, sich noch einmal umdrehend, als fiele ihm plötzlich noch etwas Wichtiges ein: „Bei den paar Sachen, die du hast, ist es schon komisch, dass du zwei Kisten mit unwichtigem Kram mit dir herumträgst.“

Ein paar Tage später stand er im Hof, als ich nach Hause kam. Er löste sich von der Mauer und folgte mir wie selbstverständlich. Ich fragte mich kurz, wie lange er gewartet haben mochte, dann war es mir egal. Er war nicht mein Kind. Oben angekommen nickte ich auffordernd mit dem Kopf, und er kam mit herein, setzte sich auf eine der Bananenkisten, die als Stühle herumstanden und sah sich um. Ich hatte mich in den Kartons eingerichtet, sie standen offen als Regale herum oder verschlossen als Sitzgelegenheiten. Mein Bett war noch immer eine Isomatte mit Schlafsack. Er sah sich suchend um, entdeckte dann meine Erinnerungskisten in der hintersten Ecke des Raumes.
„Darf ich?“, fragte er und ging hinüber. Ich nickte, obwohl ich den Kopf schütteln wollte. Ich kannte ihn nicht, er war ein mir fremdes Kind, das in meine Vergangenheit eindringen wollte. Er öffnete den Deckel, zog ein Buch heraus. Pu der Bär, völlig zerfleddert. Vorsichtig strich er mit einem Finger über den Einband, legte die zerrissenen Kanten des Schutzumschlages aneinander und sah das Buch erfürchtig an. Fragend hielt er es dann in die Höhe. Ich starrte es an wie etwas Fremdes. Dunkel. Keine Erinnerungen, die geweckt wurden. Mir wurde kalt, aber ich wollte Paul nicht zeigen, was in mir vorging. Ich zuckte die Achseln und tat gleichgültig. Er griff wieder in die Kiste, eine abgeliebte Puppe. Unerbittlich hielt er sie mir entgegen. Ich schüttelte den Kopf, drehte mich zum Fenster.
Draußen spielte die Sonne mit den Mauervorsprüngen der Fassade, die Blätter der verkrüppelten Birke wiegten sich leise im Wind. Eine Idylle, wie sie im Buche steht, trügerisch friedlich. Ich schluckte hart. Pauls Hand schob sich in meine, mit großen braunen Augen sah er mich an. Wo waren meine Erinnerungen, wo meine Kindheit geblieben? Und wann waren sie unbemerkt von mir im Dunkel abgetaucht?
„Was ist das alles?“
„Ich weiß es nicht.“
„Du hast zwei Kisten mit Dingen, die du nicht kennst?“
„Nein. Ich habe zwei Kisten mit Dingen, an die ich mich nicht erinnern kann.“
In Pauls Gesicht arbeitete es. Dann leuchteten seine Augen auf, und er zog mich mit sich. Vor der offenen Kiste blieben wir stehen.
„Ich hab eine Idee. Ich denke mir einfach Geschichten dazu aus, und du sagst mir, ob du dich erinnerst. Vielleicht kommen wir so dahinter, was das alles ist.“
Ein Teil von mir wollte weglaufen, ein anderer stupste ganz vorsichtig meine Erinnerung an, und ein dritter sagte mir sehr deutlich, dass ich mitspielen sollte, wenn ich endlich wisen wollte, wer ich war. Hin und hergerissen ging ich zwischen Kisten, Fenster und Küchentür auf und ab, beobachtet von Paul.
„Okay, aber erst mache ich uns einen Tee.“

Beide mit einem Teebecher ausgerüstet saßen wir uns auf dem Fußboden gegenüber, zwischen uns meine vergessenen Erinnerungen und ein Teller Kekse. Paul nahm meine Puppe und betrachtete sie von allen Seiten wie ein seltenes Insekt, das ihm zufällig über seine Hand kroch.
„Wie heißt du?“, sprach er sie an.
„Mirabell“, antwortete er sofort für sie mit piepsender Stimme. Ich war nur noch Zuschauerin in einem Schauspiel, das mein Leben werden sollte und doch nicht sein konnte.
„Du bist die Puppe Mirabell, die aus einem Samenkorn wuchs?“
„Ja. Marie hat mich jeden Tag gegossen, hat das Unkraut gezupft und die Erde gelockert, so dass ich wachsen und gedeihen konnte.“
Astrid Lindgren. Ich kannte die Geschichte, es war eine meiner liebsten gewesen, ich hatte sie wieder und wieder hören wollen – aber wer hatte sie mir vorgelesen? Der Vorhang, der sich kurz um wenige Millimeter gehoben hatte, fiel wieder und senkte die bleierne Dunkelheit über meine Erinnerungen. Ich sah auf und Tränen rannen über mein Gesicht.
„Du erinnerst dich.“ Paul fragte nicht, er stellte fest. Ich schüttelte den Kopf, nickte, schüttelte ihn dann wieder, gab dann achselzuckend auf.
„Das Märchen. Ich kenne es, und einen Moment schien die Erinnerung zurückzukommen. Aber dann war wieder alles schwarz. Es tut mir leid, deine Idee war gut, aber ich erinnere mich einfach nicht.“
Paul lächelte, es schien ihm nicht im Mindesten etwas auszumachen, dass sein Plan nicht aufgegangen war. Er trank seinen Tee aus und stand dann auf. Seine Mutter wartete mit dem Abendessen. Für einen Moment hatte ich vergessen, dass er noch ein Kind war.
„Spiel das Erinnerungsspiel allein für dich, wenn du dich erinnern willst. Du kannst es, du musst nur wollen.“ Er lächelte ein uraltes Lächeln und ging.

Ich verbrachte meine Tage mit Arbeit, Essen und Verdrängen. Ich ignorierte Mirabell und Pu und alle anderen Schätze in der Kiste, rührte sie nicht an und trampelte Pfade um sie herum.
Paul hatte Ferien, die er bei seiner Oma verbrachte, und meine Wohnung wirkte seltsam leer ohne ihn.
Eine Woche, bevor er wiederkam, nahm ich meinen Mut zusammen, öffnete beide Kartons und legte einen Gegenstand nach dem anderen um mich herum auf den Boden.
Es waren vor allem Bücher, aber auch ein Springseil, dessen Fasern grau und starr vor Schmutz waren, eine Blockflöte, auf der zu spielen ich mich nicht traute, ein paar Glasmurmeln und ein Poesiealbum. Ich brauchte lange, um den Mut zu finden, es zu öffnen. Auf der ersten Seite stand krakelig mein Name mit einer mir fremdem Adresse, und darunter der übliche Spruch, der zur pfleglichen Benutzung des Büchleins aufruft.
Freundinnen, deren Namen mir nichts sagten, hatten Sinnsprüche hinterlassen, teils rührselig, teils zum Schmunzeln. Und dann ein Eintrag von Omama.
Der Vorhang riss auf, ihr Gesicht stand im Rampenlicht, klar und lebendig. Ich hörte sie sagen: „Weine nicht, Marie, wir sehen uns wieder“, und ich spürte eine unendliche Trauer und Verzweiflung. Dann fiel der Vorhang wieder, und alles weitere blieb im Dunkel.
Lange saß ich auf meinem Boden, das Poesiealbum in der einen, Mirabell, die einst anders geheißen hatte, in der anderen Hand. Erst, als es draußen längst dunkel war, rührte ich mich wieder. Und während ich mein Leben seltsam fremd betrachtete, reifte in mir ein Entschluss.

Marie biegt in ihrem Fiat Panda um die Kurve, und mit dem durch die Wolken brechenden Sonnenlicht reißt der innere Vorhang des Vergessens.
Das Backsteinhaus ist verlassen, hier und da sind die Fenster gesprungen, der Efeu hat sich auch den letzten Rest der Mauern erobert. Marie bremst hart, stellt den Wagen am Straßenrand ab. Die letzten hundertfünfzig Meter muss sie zu Fuß zurücklegen, sich ihrer Vergangenheit behutsam nähern. Bei jedem Schritt, den die erwachsene Frau macht, tritt das Kind in ihr weiter ins Licht. Die Abfahrt vor so vielen Jahren:
Marie sitzt auf der Rückbank des vollgestopften Kombis, sieht zurück und schreit nach Omama, die Augen vor Tränen blind. Niemand hat mit ihr gesprochen, und doch weiß sie, dass sie nicht wiederkommen wird, dass sie Omama unwiderbringlich verloren hat, und mit ihr das Paradies ihrer Kindheit.
Papa faucht Mama an, dass sie das Kind zum Schweigen bringen soll, doch diese ist genauso hilflos wie er. Marie lässt sich nicht beruhigen, nicht durch eine nagelneue Märchenkassette, nicht durch Schokolade, nicht mal durch ein neues Buch. Neben ihr stehen zwei Kisten mit ihren Spielsachen. Alles, was sie in den letzten Jahren besaß, ist dort verstaut. Aber all ihre Liebe ist bei Omama, dem einzigen Menschen, der immer für sie da war.

Der Türrahmen ist verzogen, aber die Tür nicht abgeschlossen, ganz so wie früher. Marie stemmt sich dagegen, erinnert sich, dass Omama immer leicht die Klinke anhob, und es funktioniert auch heute noch, die Tür schwingt auf.
Sie ist im Haus. Gerüche stürzen auf sie ein, bringen die lange vergessenen Bilder mit sich, welche in rasender Abfolge ihre Erinnerungen zurückbringen. Ihr wird schwindelig, sie muss sich am Treppengeländer festhalten, setzt sich auf die Stufen, atmet tief durch.
Die Räume sind leer, doch Maries neu erwachte Erinnerung addiert mühelos die Möbel ihrer Kindheit. Der alte schwere Esstisch, den Omama immer verfluchte und von dem sie sich doch nie trennen konnte, das verstimmte Klavier, dem sie trotzig Beethovens Ode an die Freude entlockte und auf dem Marie alles über Musik lernte, was sie auch heute noch weiß, und schließlich ihr Zimmer. Bett, Schrank, Schreibtisch. Nicht viel, nicht edel, aber ihr geliebtes Reich. In der Wand sind noch die Dübellöcher ihres Bücherregals zu erkennen, und für einen Moment hört Marie die Helden ihrer Kindheit wie ein fernes Echo vorüberziehen: Die Kindliche Kaiserin ruft sie zu sich, Käpt'n Ahab setzt sie auf Moby Dick an, Christopher Robin führt sie durch den Hundert-Morgen-Wald.
Marie denkt an Paul und dankt ihm leise für seine Hilfe. Als sie ihre Runde durch das Haus im Wohnzimmer beendet, blitzt kurz etwas im Staub des Fußbodens auf, getroffen von einem verirrten Sonnenstrahl. Sie geht hin und hebt den Gegenstand auf, ein gerahmtes Foto, das Glas ist gesprungen.
Als sie den Staub wegwischt, kommt Omamas liebes, faltiges Gesicht zum Vorschein. Marie betrachtet es lange, eine Träne tropft auf das Bild.
„Weine nicht, Marie. Ich habe doch gesagt, wir sehen uns wieder.“ Die Stimme steht einen Moment lang klar im Raum, doch Marie ist nach wie vor allein. Das Bild scheint ihr zuzuzwinkern, und Marie lächelt. Sie nimmt die Kerze aus der Tasche, die sie aus einem Gefühl heraus eingesteckt hat, zündet sie an und stellt sie gemeinsam mit dem Bild auf den Kaminsims.
„Mögest du hier und in meinem Herzen ewig leben, Omama“, sagt sie feierlich und geht dann, ohne einen letzten Blick zurückzuwerfen, hinaus in ihr neuen, endlich vollständiges Leben.
________________
30.05. - 04.06.2006

 

Ultraknapp, ich weiß. :shy:
Da der Text morgen weg muss, wäre es grandios, wenn trotzdem der eine oder die andere ein wenig Zeit zum Anschauen hat, so dass ich heute Abeend notfalls noch feilen kann. :)

 

Aloha Chaosqueen

Marie biegt in ihrem Fiat Panda um die letzte Kurve, und mit dem durch die Wolken brechenden Sonnenlicht reißt der innere Vorhang des Vergessens.
Nenn mich pingelich, aber so einen Satz als Einstieg, das ist eher schlecht, der liest sich nämlich ziemlich kompliziert. Der Grund: man klemmt keine Wörter zwischen Artikel und Substantiv ---> und mit dem durch die Eventuell klingts so etwas besser: Marie biegt in ihrem Fiat Panda um die letzte Kurve. Sonnenlicht bricht durch Wolken, und mit ihm reißt der Vorhang des Vergessens. - Ich lasse gern ab und zu mal Artikel weg, dann liegt die Betonung stärker auf dem Substantiv, aber das ist Geschmackssache.
Wann immer ich versuchte, meine Kindheit zu erinnern, versank ich in undurchdringlicher Dunkelheit.
entweder: mich an meine Kindheit, oder mich meiner Kindheit zu erinnern
Am Ende waren noch zwei alte, ramponierte Kisten übrig, und Paul trug wortlos und ungefragt eine von ihnen zu mir hoch wie einen kostbaren Schatz.
hoch, wie
Ich schüttelte bedauernd den Kopf, der Kühlschrank funktionierte noch nicht, aber er zuckte bloß die Achseln und nahm sie trotzdem.
Klingt ein bisschen verstellt. Vielleicht so: Ich schüttelte bedauernd den Kopf, der Kühlschrank funktionierte noch nicht. Er zuckte kurz mit den Achseln, nahm sie aber trotzdem.
Ich starrte es an wie etwas Fremdes.
an, wie
Er griff wieder in die Kiste, eine abgeliebte Puppe.
abgeliebt??? Gibts das Wort wirklich? *noch nie gehört*
In Pauls Gesicht arbeitete es.
Show don't tell ;) Vielleicht kannst du das irgendwie besser erklären.
Marie biegt in ihrem Fiat Panda um die Kurve, und mit dem durch die Wolken brechenden Sonnenlicht reißt der innere Vorhang des Vergessens.
Siehe Erklärung vom Anfang.
Marie lässt sich nicht beruhigen, nicht durch eine nagelneue Märchenkassette, nicht durch Schokolade, nicht mal durch ein neues Buch.
einmal
Bett, Schrank, Schreibtisch. Nicht viel, nicht edel, aber ihr geliebtes Reich. In der Wand sind noch die Dübellöcher ihres Bücherregals zu erkennen, und für einen Moment hört Marie die Helden ihrer Kindheit wie ein fernes Echo vorüberziehen: Die Kindliche Kaiserin ruft sie zu sich, Käpt'n Ahab setzt sie auf Moby Dick an, Christopher Robin führt sie durch den Hundert-Morgen-Wald.
Tolle Passage.

Super Idee. Du hast ein tolles Sprachgefühl und irgendwie passt in dieser Geschichte alles. Die Formulierungen, der Rhythmus, die sparsam eingeschoben Dialoge, die Narrationen und die geschickt eingewebten Andeutungen. Sehr Gefühlvoll geschrieben - ich hatte fast Tränen in den Augen - und trotzdem frei von Klischees. Du hast deine Charaktere nur Umrissen und trotzdem sieht man sie deutlich vor sich, genau wie die Schauplätze.
Von mir gibts das::thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:

Dann würde ich sagen: Viel Glück beim Wettbewerb.

Lieben Gruß, Ph:gelb:

 

Hej Phoenix,

danke für die schnelle Rückmeldung. Ob ich meinen einstieg ändere, muss ich noch mal überlegen - ich bin ja nicht "man" und klemme nämlich durchaus gerne mal Wörter zwischen Artikel und Substantiv! :D Mal gucken, ob noch jemand etwas dazu sagt, dann schaue ich mal, was evtl. besser ist.

bist Du sicher, dass vor jedes "wie" ein Komma kommt? Ich nämlich nicht, werde es aber gleich mal nachschauen und ggf. ändern. Danke auf jeden Fall für die Hinweise.

"Abgeliebt" ist zumindest in meiner Familie ein passables Wort, und solange man es versteht, würde ich es gerne drin lassen.

Freut mich sehr, dass Dir der Text gefällt, das macht mir Mut, ihn morgen auch abzusenden!

Alle weiteren Anmerkungen werde ich dann auch noch mal akribisch prüfen und ggf. ändern. Meine hin und wieder leicht sperrigen Formulierungen würde ich gerne behalten, allerdings nur, wenn sie nicht massiv den Lesefluss und / oder das Verständnis stören.

Danke! :kuss:
chaosqueen

 

Hallo chaosqueen,

Du hast die Geschichte zwar schon abgegeben, aber wenn ich sie schon mal gelesen habe...
Die Situation ist zauberhaft, es kommt aber am Anfang zu wenig heraus, dass da eine ältere Frau und ein kleiner Junge sind, die aufeinander treffen. Die Fundstücke und die Erinnerung an die liebe Omama - all das berührt die Erzählerin. Aber geht das nicht jedem so? Da müsste noch etwas Besonderes sein, um die Geschichte zu etwas Besonderem zu machen. Die Puppe Mirabelle und Puh der Bär wären gute Anknüpfungspunkte. Was man machen könnte, wäre: irgendwie in die Welt des Kindes Marie eintauchen.

Der Schluss, die Rückkehr in die Kindheit, durch Begegnung mit Gegenständen, ist ein schöner Gedanke - funktioniert aber noch nicht. Und last but not least: Was hat das alles mit "Lichtern" zu tun?

Lieben Gruß,

Fritz

 

Hej Fritz,

danke für die Anmerkungen.

Ich hab da gleich mal eine Gegenfrage: Wie alt schätzt Du Marie? Also ab wann bezeichnest Du eine Frau als "ältere Frau"? Und woran machst Du ihr Alter fest?

Und die Frage nach dem Licht ... Hm, ich fand es eigentlich schon viel zu heftig aufgetragen, um es nicht zu sehen. Licht muss ja nicht immer eine Lampe oder Kerze sein, man kann schließlich auch Licht ins Dunkel bringen.

Und dann verstehe ich nicht ganz, was Du mir hiermit sagen willst:

Die Fundstücke und die Erinnerung an die liebe Omama - all das berührt die Erzählerin. Aber geht das nicht jedem so? Da müsste noch etwas Besonderes sein, um die Geschichte zu etwas Besonderem zu machen.
Vielleicht kannst Du Deine Anmerkung / Frage noch etwas deutlicher machen ...

Liebe Grüße
chaosqueen

 

Hey chaosqueen,

mein Eindruck war, dass Dich beim Schreiben die Geschichte sehr berührt hat. Zu mir als Leser ist der Funke nicht übergesprungen. Du könntest vielleicht etwas einbauen, damit man auch als Leser die Oma gern haben muss. Die Oma als Retterin, als Seelenverwandte, die besondere Worte der Weisheit von sich gibt. Ich bin mir selbst nicht sicher, was es ist, das uns Charaktere in Kurzgeschichten lieben lässt. Es könnte etwas sein, was die Erzählerin erst in späteren Jahren verstehen gelernt hat.

Was ich nicht verstanden habe: Warum ist ihre "versteckte" Vergangenheit für die Erzählerin wichtiger als für andere Menschen?

Lieben Gruß,

Fritz

 

Hej Fritz,

ich gehe davon aus, dass nicht jeder seine komplette Kindheit vergessen hat. Das unterscheidet meine Protagonistin von "jedem normalen Menschen". Bei den meisten geht die frühkindliche Amnesie etwa bis zum dritten Lebensjahr, bei Marie ist die Amnesie aber durch ein Trauma ausgelöst und geht bis in die Grundschulzeit hinein. Wenn Dir auffällt, dass Dir Jahre Deines Lebens fehlen, wirst Du vermutlich auch irgendwann wissen wollen, was damals passiert ist.

Magst Du noch mal auf meine Frage(n) von oben eingehen? Mich interessiert, welchen eindruck meine Figuren vermitteln, da ich ja nie neutraler Leser sein kann. Wie alt ist Marie Deiner Meinung nach, als sie Paul kennenlernt?

Liebe Grüße
chaosqueen

 

Das Alter der Erzählerin: Gefühlsmäßig hätte ich zuerst auf eine alte Frau (70+) getippt. Der Verstand sagt allerdings: Wegen der Dinge, die in der Kindheit eine Rolle spielen, kann sie nicht so alt sein. Sagen wir also: Mitte 50.

 

Also bei mir ist die Erzählerin um die dreißig oder darunter. Nicht nur wegen der paar Sachen, die sie bloß hat, sondern auch weil das das Alter ist, in dem sowas meistens aufzubrechen beginnt.

Kritik kommt noch, auch, wenn es jetzt für den Wettbewerb schon zu spät ist. Ist mir leider nicht rechtzeitig aufgefallen.
Datum im Titel oder eine PM hätten dagegen geholfen... :sad:

Alles Liebe,
Susi :)

 

Hej Fritz,

ich überlege immernoch, woran Du das Alter festmachst. Ich kann mir zum Beispiel schwer vorstellen, dass eine Siebzigjährige mit einer Isomatte als Bett zurechtkommt (eine Fünfzigjährige würde das vermutlich eine Weile mitmachen, je nach Fitness), geschweige denn, dass sie diesen Begriff verwendet. Es gibt noch ein paar mehr Sachen, die mir nicht zu einer "alten" Frau passen wollen, daher nehme ich gerne Gegenbeispiele entgegen. :)

Liebe Susi,

ich werde nächstes Mal den Einsendeschluss mit reinschreiben - bei mir darfst Du aber eh pauschal davon ausgehen, dass ich immer erst kurz vor knapp fertig werde ... :sad:
Du liegst mit Deiner Alterseinschätzung genau da, wo ich die Frau auch einsortiert habe.

Ich weiß, dass ich ein wenig drauf herumreite, aber mir ist es tatsächlich wichtig, zu erfahren, wie die Figuren auf den Leser wirken, damit ich weiß, welche Signale wichtig sind, um zum Beispiel das Alter festzulegen oder zumindest eine grobe Richtung anzuzeigen.

Liebe Grüße
chaosqueen

 

Liebe chaosqueen!

bei mir darfst Du aber eh pauschal davon ausgehen, dass ich immer erst kurz vor knapp fertig werde ...
Das versteh ich schon, mir würde es wahrscheinlich nicht anders gehen. ;) Aber auf der anderen Seite posten halt kurz vor Schluß dann manchmal gleich mehrere, und dann kann man sich zum Kritisieren, bzw. der Autor zum Überarbeiten, nicht mehr viel Zeit nehmen.

Ich hab zwar meine Kritik jetzt fertig, warte aber noch bis Dienstag, weil ich mir das, was ich geschrieben habe, in dem Fall von meiner Therapeutin als richtig bestätigen lassen will, bevor ich es poste. Nicht, daß ich mir so unsicher wäre, aber ich will auch nicht durch eine mögliche Wissenslücke etwas Falsches behaupten. ;)

Hoffe, Du hast so lang Geduld,

liebe Grüße,
Susi :)

 

Klar hab ich so lange Geduld. :)
Danke Dir schon mal, dass Du Dir den Text trotzdem vorgenommen hast, obwohl der Einsendeschluss vorbei ist. :)

 

Liebe chaosqueen!

Entschuldige bitte die lange Wartezeit, aber das zu posten, fiel mir nicht leicht. :sad:

Die Idee zu Deiner Geschichte hat mich gleich angesprochen, und sprachlich ist sie Dir natürlich gut gelungen. :)

Die Kindheit mit den beiden Kisten alter Sachen zu verbinden, dazu der fragende Junge, das hat mir ausgesprochen gut gefallen. Aber das mit den verlorenen Erinnerungen paßt so nicht ganz mit allem anderen zusammen.
Daß man wirklich die ganze Kindheit vergißt, ist ein eindeutiges Zeichen für schwere Traumatisierungen bereits in den ersten Lebensjahren und vermutlich auch darüber hinaus (das wars, wovon ich mich bei meiner Therapeutin überzeugt habe). – In Deiner Geschichte kommt es aber so rüber, als sei der Verlust der Oma die einzige Traumatisierung gewesen, Du schreibst sogar von einem Paradies …
Zu einem Trauma kommt es ja immer erst, wenn ein Kind etwas erlebt, was es nicht verarbeiten kann. Wenn eine Situation etwa mit so viel Angst einhergeht, daß die kindliche Seele damit nicht fertig werden würde, wird sie ins Unterbewußtsein verdrängt, wo es vorerst auch bleibt, damit das Kind »normal« weiterleben kann, das heißt, auch wieder bewußt weiterleben kann. Die Traumatisierung betrifft dann nur die Zeit dieses Erlebnisses oder eine gewisse Zeitspanne danach. Viele Mißhandelte oder Mißbrauchte haben irgendwelche dunklen Flecken in ihrer Erinnerung, zu denen sie keinen Zugang finden, aber die Zeit davor ist erinnerbar und danach beginnt das bewußte Erinnern auch irgendwann wieder. Bei mir ist es zum Beispiel so, daß ich mich bei so speziellen Erlebnissen, wie dem mit den Stecknadeln vor den Augen oder als mich meine Mutter zu ersticken versuchte (oder zumindest so tat), sehr genau an alles erinnern kann, weil ich da hochkonzentriert war, damit ich immer richtig reagiere; aber in dem Moment, wo sie aus dem Zimmer geht und die Tür zuschlägt, ist alles danach weg – sie schlägt die Tür in doppeltem Sinn zu. Da hatte ich einfach nur unheimliche Angst, daß sie zurückkommt und es noch schlimmer wird (was wiederum auf entsprechenden Erlebnissen beruhen muß, sonst wäre die Angst nicht dagewesen). Irgendwann war die Gefahr aber vorüber, und da hört auch die Verdrängung auf.
Eine die ganze Kindheit betreffende Verdrängung hat auf jeden Fall triftigere Gründe als ein einzelnes Erlebnis. Da müssen irgendwo ständige Angst oder ständiger Druck gewesen sein.
Wenn sie sich nur an die Oma erinnern kann, ist es ein Zeichen dafür, daß die Oma die einzige Person war, bei der sich das Mädchen wohl gefühlt hat, bei der sie sie selbst sein konnte. Was auf der anderen Seite aber heißt, daß sie das bei den Eltern nicht konnte und auch sonst niemand da war, bei dem sie sich so sicher gefühlt hat, daß sie die Zeit mit ihm bewußt erleben hätte können.
Der Tod der Oma kann ja auch nur dann so ein Trauma hervorrufen, wenn das Mädchen ohne die Oma Grund zur Angst hat. Der Tod an sich tut dem Mädchen ja nichts, da wäre kein Grund für ein Trauma vorhanden. Ein Kind in einer gesunden Familie verliert nur einen von mehreren Menschen, die es lieben, die es auch zu trösten versuchen und nicht nur Augen für ihre eigenen Probleme haben. Erst, wenn das Leben ohne Oma nicht verkraftbar ist, wird verdrängt.

– Ist natürlich die Frage, ob Du das so etwas darstellen willst, oder ob es nicht besser wäre, die Traumatisierung zeitlich einzugrenzen.

Mein erster Gedanke zu den Umzugskartons war dahingehend, daß man, wenn man viel altes Zeug mit sich schleppt bzw. aufhebt, von dem man sich nicht trennen kann, meistens auch innerlich viel Unaufgearbeitetes hat.
Darüberhinaus fand meine Therapeutin aber auch, daß es unwahrscheinlich sei, daß zwar so viel an Erinnerungsstücken da ist, aber keine Erinnerung. Sie meinte, irgendjemand muß das ja für sie aufgehoben haben. Also entweder hat z. B. die Mutter es ihr aufgehoben, dann würde die damit wollen, daß sie sich an ihre Kindheit erinnert, und es wäre eher ein Zeichen, daß ihr an der Tochter als Mensch doch irgendwie etwas liegt, was permanente Traumasituationen unwahrscheinlich macht, denn dann würde sie nicht unbedingt wollen, daß sich die Tochter allzuviel erinnert. Und wenn sie selbst es war, die die Sachen aufgehoben hat, müßte ein Bezug dazu da sein. Besonders im Verhältnis zur Menge der anderen Sachen betrachtet, sind ganze zwei Kisten Sachen doch etwas viel, um sie ohne Bezug dazu aufzuheben.
Klar kann man auch Sachen haben, bei denen man einfach spürt, daß man mit ihnen verbunden ist und sie nicht weggeben kann, die Erinnerung aber trotzdem ausbleibt. Aber auch dafür scheinen mir zwei Kisten ziemlich viel.

Ich denke, Du solltest versuchen, die Ungereimtheiten auch noch zu korrigieren, wenn die Geschichte veröffentlicht wird. An sich schilderst Du ja alles recht glaubwürdig, außer für jemanden, der sich etwas besser damit auskennt. ;-) Es gibt ja dann sicher noch ein Lektorat, und wenn es die Geschichte glaubwürdiger macht, werden die zu ein paar kleinen Änderungen ja vielleicht nicht nein sagen. So, wie sie jetzt ist, gibt sie ein ziemlich falsches Bild von Traumatisierten ab, das jemandem, der sich auskennt, wohl eher negativ auffällt, und ich glaube zumindest nicht, daß das Dein Ziel ist. So wünsche ich Dir zwar, daß in der Jury niemand sitzt, der sich soweit auskennt, aber ich würde die Hoffnungen nicht allzu hoch schrauben – dann ist die Enttäuschung nicht zu groß, und wenn es doch klappt, kann die Freude umso größer ausfallen. ;-)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, daß man so eine Kindheit, auch, wenn man sich nicht daran erinnern kann, nicht einfach abstreifen kann. Das hat alles auch Folgen, die einen behindern, aber von denen sieht man überhaupt nichts in Deiner Geschichte. Die Frau macht den Eindruck, als wäre das alles spurlos an ihr vorübergegangen. Aber gerade, wenn sie eine derart traumatisierende Kindheit hatte, muß sich das irgendwie auswirken. Wenn sie in ihrem Elternhaus ihr Selbst so verstecken mußte, daß sie sich gar nicht mehr daran erinnern kann, kann sie nicht hinterher selbstbewußt sein und selbstsicher handeln – das tut sie aber, etwa als sie den Jungen wegschickt (ich z. B. würde mir erst einmal eine halbe Stunde Gedanken machen, wie ich es ihm sagen kann, ohne daß er beleidigt ist oder glaubt, ich hätte was gegen ihn, und währenddessen hoffen, daß er inzwischen von selbst gehen will).
Man lernt ja in so einem Elternhaus nicht dasselbe wie in einer gesunden Familie. Dann versucht man mit fünfundzwanzig, den normalen Umgang mit anderen Menschen zu lernen, oder ähnliches. Dazu kommt, daß das Unterbewußtsein die den jeweils erlebten Situationen zuzuordnenden Gefühle und Reaktionen aus der Summe der Erfahrungen nimmt – wozu auch die verdrängten gehören –, und das heißt, daß man z. B. auf ein Geräusch mit undefinierbarer Angst reagieren kann (vereinfacht ausgedrückt). Kann man sich bei einem Geräusch noch darauf ausreden, daß man eben einfach allergisch ist auf dieses Geräusch, kann man das beim Umgang mit anderen Menschen nicht lange. Meistens so um die dreißig kommt man dann drauf, daß da irgendwie mehr dahintersteckt – zum Beispiel, daß man nicht ohne Grund immer Angst vor dem Verlassenwerden hat usw.

Meine Vorschläge dazu:

Wenn Du die Geschichte so haben willst, daß tatsächlich diese völlige Traumatisierung stattgefunden hat, würde ich sie erstens unsicherer handeln lassen, zweitens, würde ich sie, wenn sie sich an die Oma erinnert, an ein konkretes Erlebnis erinnern lassen, in dem sie dann etwa ihre Angst vorm Wieder-abgeholt-Werden entdeckt. So könntest Du die Angst vor den Eltern andeuten, ohne irgendwelche Mißhandlungen oder ähnliches breitzutreten, und vor allem mit wenig Änderungen in der Geschichte.

Sollen die Eltern aber doch halbwegs normal gewesen sein, würde ich die Dauer des Traumas auf eine Zeitspanne von höchstens ein paar Jahren beschränken und den Tod der Oma nur als einen Teil des Grundes für das Trauma darstellen.
Beispielsweise könnte sie bei der Oma gewesen sein, und als sie irgendetwas wollte, wofür die Oma nach oben ins Regal greift, um es zu holen, hat sie einen Schlaganfall und stirbt drei oder vier Jahre lang. Das Mädchen könnte dann aufgrund des Schuldgefühls, der Oma sei das alles nur wegen ihrem Wunsch passiert, dieses Trauma haben. Vielleicht hat sie sich ja auch aus Angst vor Bestrafung nicht getraut, das jemandem zu erzählen.
Zumindest an die Zeit davor müßte sie sich dann aber auf alle Fälle wenigstens ansatzweise erinnern können – rückwirkend erfolgt keine Traumatisierung.


So, das war jetzt sicher ein harter Brocken. ;) Aber Du weißt ja, daß mir dieses Thema sehr wichtig ist, und daß ich mir nicht so viel Mühe machen würde, wenn mir die Geschichte nicht grundsätzlich gefallen würde. :)

Noch ein paar Anmerkungen:

»Wann immer ich versuchte, meine Kindheit zu erinnern,«
mich an meine Kindheit zu erinnern

»und Paul trug wortlos und ungefragt eine von ihnen zu mir hoch wie einen kostbaren Schatz.«
– wäre für einen Beistrich vor dem »wie«

»Er ging zur Tür. Dann, sich noch einmal umdrehend, als fiele ihm plötzlich noch etwas Wichtiges ein: „Bei den paar Sachen, die du hast, …«
– da fehlt sowas wie ein »sagte er«. Ich würde es aber andersrum und ohne Doppelpunkt schreiben: Dann drehte er sich noch einmal um, als fiele ihm plötzlich noch etwas Wichtiges ein. (Columbo … :D)

»Oben angekommen nickte ich auffordernd mit dem Kopf,«
– »mit dem Kopf« kannst Du streichen (womit sonst sollte man nicken?)

»Pu der Bär, völlig zerfleddert.«
– Puuh

»legte die zerrissenen Kanten des Schutzumschlages aneinander und sah das Buch erfürchtig an.«
– ehrfürchtig

»Hin und hergerissen ging ich zwischen Kisten, Fenster und Küchentür auf und ab, beobachtet von Paul.«
– Hin- und hergerissen

»Beide mit einem Teebecher ausgerüstet saßen wir uns auf dem Fußboden gegenüber,«
– ausgerüstet, saßen
– Teehäferl :D

»Paul lächelte, es schien ihm nicht im Mindesten etwas auszumachen, dass sein Plan nicht aufgegangen war.«
– würde nach »lächelte« einen Punkt machen.

»Ich ignorierte Mirabell und Pu und alle anderen Schätze in der Kiste,«
– Puuh

»Auf der ersten Seite stand krakelig mein Name mit einer mir fremdem Adresse,«
– einer mir fremden Adresse
– auch das kommt mir übertrieben vor – Adressen haben ja mit Gefühlen nichts zu tun, die bleiben doch eher haften.

»und darunter der übliche Spruch, der zur pfleglichen Benutzung des Büchleins aufruft.«
– und vielleicht ein Hinweis, von wem sie das Büchlein bekommen hat? Ist ja normal der erste Eintrag … ;-)

»Dann fiel der Vorhang wieder, und alles weitere blieb im Dunkel.«
– alles Weitere

»Der Türrahmen ist verzogen, aber die Tür nicht abgeschlossen, ganz so wie früher.«
– Ein interessantes Klischee, das mir schon in anderen Geschichten untergekommen ist: Die Häuser, in denen Erinnerungen gesucht werden, stehen grundsätzlich immer leer. Das ist sehr praktisch. ;-)

»ohne einen letzten Blick zurückzuwerfen, hinaus in ihr neuen, endlich vollständiges Leben.«
– ihr neues
– Anhand des oben Gesagten wäre dann die Aussage auch noch zu überdenken, da es eben weder so einfach sein kann, noch einzig um das Wiederfinden der Erinnerung gehen kann. Mit dem Finden eines Teils der Erinnerung ist das Leben noch nicht neu – mit dem Aufdecken kommt erst die Aufarbeitung (während es verdrängt war, waren da keine Heinzelmännchen, die es für einen verarbeitet hätten – das bleibt einem dann nicht erspart, mit der Erinnerung kommt auch der Schmerz, das Gefühl der Angst, die man hatte, etc. wieder) und das Beseitigen der Folgen (was besonders langsam vor sich geht, weil das Unterbewußtsein ja weiterhin die Reaktionen aus den gesammelten Erfahrungen schöpft und damit nicht einfach aufhört, nur weil man es inzwischen besser weiß – das Gefühl untersteht dem Unterbewußtsein, nicht dem rationellen Denken), bevor man von einem neuen Leben sprechen kann.


Alles Liebe,
Susi :)

 

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