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Perfektion

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10.10.2006
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Perfektion

Für einen Moment habe ich ein perfektes Leben. Der Wagen gleitet schwer durch die Dunkelheit, am Straßenrand fallen Bäume an mir vorbei. Der Mittelstreifen flüstert im Morsecode zu mir. Und auf dem Beifahrersitz liegt Nicole. Ihre schwarzen Haare hängen weit hinunter wie ein Vorhang und füllen den Raum mit Pfirsichduft. Sie hat die Schuhe ausgezogen und ihre Füße gegen die Frontscheibe gedrückt, über Kreuz liegen sie da, Schmetterlingsfüße. Wenn sie schläft, ist sie ein fleischgewordener Diminutiv. Apart, würden meine Kollegen sie nennen, filigran, illuminativ. Vielleicht auch verwegen, eskalatiös, klimaxisch. Von einer klassischen Eleganz würden sie schreiben und von atemberaubender Schlichtheit, von kristalliner Klarheit der Komposition würden sie sprechen, von einer minimalistischen Fülle. Ihre edle Textur würden sie preisen und der anarchisch-aristokratischen Essenz ein Lob darbringen. Ja, meine Kollegen würden so über sie schreiben, natürlich nur wenn sie etwas zu essen wäre und still. Deformation professionelle nennt man das, unsere Berufskrankheit. Meine Kollegen sind Restaurantkritiker. Sehr zu meinem Verdruss.
Für einen Moment hab ich ein perfektes Leben, dann wacht sie auf. Die Bäume hören auf zu fallen und ziehen nur noch an mir vorbei. Der Wagen gleitet nicht mehr, er fährt.
„Sind wir schon da?“, fragt sie.
„Nein.“
„Und warum weckst du mich dann?“ In ihrer Stimme schwingt die Euphorie eines U-Bahn-Ansagers mit.
„Ich hab dich nicht geweckt“, antworte ich, während ich auf den Mittelstreifen starre. Es kann kein Morsecode sein, der Abstand ist immer gleich. T-T-T-T-T-T, sagt der Mittelstreifen. Daraus kann man schwer Poesie stricken.
„Klar, hast du mich geweckt, ich hab deine Hand genau an der Hüfte gespürt.“
T-T-T-T-T-T.
„Notgeiler Bock“, sagt sie und zieht ihre Beine ein.
Wir fahren schweigend, sie tippt mit ihren zweiwöchentlich manikürten Fingernägeln gegen die Fensterscheibe. Sie weiß, dass ich das hasse.
„Warum hab ich mich noch mal breitschlagen lassen, mitzukommen?“, fragt sie.
Sie hat gebettelt. Hat geschworen, ruhig zu sein. Sich dezent zu verhalten, mir meine Konzentration zu lassen. Mir versichert, ich bemerke sie praktisch nicht, und mir darüber hinaus Sex in Aussicht gestellt, richtig guten, schwitzigen, fast schon brünstigen Sex.
Nein, eigentlich hat sie nichts davon getan.
„Du wolltest mitkommen. Irgendeine deiner Freundinnen hat dir den Floh ins Ohr gesetzt, du müsstest dich mehr für meine Arbeit interessieren.“
„Du kennst nicht mal ihren Namen!“, entgegnet sie sofort.
„Tiffy?“, rate ich halbherzig, ernte ein „Pah!“ und lauteres Fingertippen.
Damit ich etwas anderes höre als das Tippen, denn das Tippen macht mich wahnsinnig, fange ich an zu sprechen: „Man muss sonst bis nach Spanien fahren, um Molekularküche von dieser Qualität zu bekommen.“
„Spanien wäre toll gewesen!“
„Die Leser meines Blattes wollen hier essen, nicht in Spanien.“
„Uuuuuh, dein Blatt“, sagt sie.
„Was ist denn daran so komisch?“
„Uuuuh, mein Blatt. Uuuuh, meine Leser. Uuuuh, Molekularküche dieser Qualität. Uuuh, was ich für Wörter kenne. Uuuh, wie wichtig ich bin.“
Ich schaue nach rechts herüber. Früher hat sie gelacht, wenn sie sich über mich lustig gemacht hat, heute schaut sie dabei aus dem Fenster.
„Stephanie sagt auch, das ist eine Sackgasse.“ Sie spricht Stephanie tatsächlich so aus, als sei es ein ganz exquisiter Name.
„Das wird ganz anders sein als das, was man sonst kriegt“, sage ich als Friedensangebot. „Die kochen wissenschaftlich, zusammen mit Physikern und Chemikern, manchmal auch mit Künstlern. In Chicago gibt es einen, der Sternanis mit einem tausend Grad heißen Laser beschießt, den Dampf in einem Rotweinglas einfängt und dann serviert.“
Das Tippen wird lauter, meine Hände verkrampfen sich um das Lenkrad.
Sie fragt: „Sind wir schon da?“
„Nein.“
„Und warum hast du mich dann geweckt?“

Ich parke den Wagen vor einer Häuserfront, mitten in einer kleinen Stadt. Ich schließe die Augen und versuche, heimischen Boden zu fühlen, Oberwasser zu trinken. Klar zu sein, meinen Geist zu öffnen. Worte zu finden, die passen. Klare, gute Worte. Nichts Apartes, keine Superlative, mein Gehirn zu einer Kamera machen, um die Speisen zu fotografieren, in mehr als drei Dimensionen zu zerlegen, damit ich sie später vermitteln kann, damit ich den Leuten in ihren Wohnzimmern ein Körnchen Geschmack, eine Prise des Zaubers in die Münder streuen kann.
Während ich all dies versuche, sagt Nicole: „Hilf mir mit den Schuhen“ und „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“
Ich gehe um den Wagen herum und dort sitzt sie in all der Pracht, die die Innenbeleuchtung des Wagens gerade noch fassen kann. Eins ihrer Beine hält sie mir entgegen, das nachtblaue Kleid geht ihr nur bis zu den Knien. Sie reicht mir einen Schuh und sagt: „Von da oben wird das kaum gehen.“
Ich schaue auf den Boden, Asphalt zwar, aber bestimmt dreckig, und auf meine weiße Hose.
„Mach schon, kein Mensch wird Augen für dich haben.“
Ich drücke mein Knie gegen die Fußleiste des Wagens und versuche irgendwie ihren Fuß in den Schuh zu zwängen. Sie hat zierliche Füße, aber keine perfekten. Ihr Spann ist zu breit, der große Zeh zu dick. Um irgendeinen Hebel zu finden, fass ich ihr an die Wade. Sie keucht auf, stößt mir den zweiten Fuß gegen die Schulter und ich setze mich auf die nasse Straße.
„Notgeiler Bock“, sagt sie.
An meinen Händen fühle ich die Straße und mein Hirn spuckt Adverbfetzen aus. Körnig, rau, fest, rustikal, echt.
„Leck mich doch“, sage ich ganz leise und helf ihr in die Schuhe.
Sie klackern laut auf dem Asphalt, als wir über die Straße und auf das Restaurant zugehen.
„Wie heißt das hier?“, flüstert sie.
„Es hat keinen Namen.“
„Was soll das heißen, es hat keinen Namen? Hältst du mich für bescheuert! Woher sollen die Leute wissen, dass es hier diesen Super-Molekular-Fraß gibt?“ Das Flüstern ist nur noch eine angenehme Erinnerung, ihre Worte schneiden durch mich wie ein Sushi-Messer.
„Die Leute wissen es einfach“, sag ich.
„Vielen Dank, Meister Yoda.“
Dann ist sie ruhig, ich öffne die Tür. Eine Tür wie zu einem Mietshaus, im Rahmen Holz und in der Mitte ein schäbiger Glasbaustein. Hinter der Tür empfängt uns ein krankenhausweißer Korridor. Fünf Türen zur linken, fünf zur rechten, eine vor uns. Über den Türen links und rechts leuchten rote Lämpchen.
Nicole kichert. „Was wirst du schreiben“, fragt sie, „Charme einer Entbindungsstation?“
Eine der Lampen zu unserer linken wechselt von rot zu grün und ich öffne die dazugehörige Tür.
„Die müssen überall Kameras haben“, sagt Nicole und folgt mir.
Die Wände sind auch hier von sterilem Weiß, in der Mitte steht ein kniehoher Glastisch, vielleicht vierzig Zentimeter breit und neunzig lang, an beiden Enden des Tisches steht ein einfacher Stuhl. Minimalistisch, auf die Essenz beschränkt, nichts was ablenkt, sagen die Adverben in meinem Kopf.
Nicole schnüffelt lautstark. Fragt: „Riecht’s hier nach Chlor?“
Ich sage nichts und gehe über den Boden. Er schluckt meine Schritte. Nichts hallt. Als ich den Stuhl zurückziehe, gibt es ebenfalls kein Geräusch.
„Streich das mit der Entbindungsstation, schreib Pinkelbecken.“
„Setz dich doch“, sage ich. „Du siehst bezaubernd aus.“
Ich schaue gegen die Wände und gegen die Decke. Weiß, einfach weiß, zwei Meter nach links und rechts, vielleicht drei nach oben, und mir wird klar, was Nicole so verärgert. Das Vögelchen hat sich rausgeputzt und singt doch nur für mich. Ich muss grinsen.
„Was?“, fragt Nicole.
„Och“, mache ich.
Früher hätte sie sich totgelacht, über die Frau, die sie jetzt ist. Aber jetzt lacht sie nicht. Jetzt schaut sie mich an und mein Lächeln flüchtet vor ihr und ich lasse meine Hände über den Glastisch gleiten und heiße die Adverbfetzen willkommen. Rein, kühl, steril, friedlich.
Nicole tippt mit den Fingern gegen die Tischplatte.

Der Kellner steht neben mir, schwarze Halbschuhe, schwarze Hose, schwarzes Hemd, schwarzes Jackett. Ein schwarzer Ziegenbart, die Augen kalt und tot, keine Haare auf dem Kopf.
Nicole wartet auf ein Kompliment. Nicole streckt das Kinn heraus, weil ich ihr früher mal gesagt habe, dass ihr Kinn gar nicht zu ihrem Gesicht passt. Es ist zu kantig, zu ausgeprägt, zu hart für die weichen Wangen und die schmale Nase. Und gerade das mache sie so schön, habe ich gesagt. Dieser Widerspruch. Und auch wenn die Nicole von heute mit meiner nichts mehr zu tun hat, das weiß sie noch. Nur streckt sie das Kinn nicht mehr für mich raus. Und dem Kellner ist es auch egal. Warum hat er so tote Augen?
Ich lächle ihn an und nicke ihm zu.
„Uuuuuund?“, fragt Nicole von der anderen Seite.
„Ja, bitte?“ Die Stimme des Kellners klingt substanzlos. Der Raum frisst den Bass auf.
„Die Kaaarten vielleicht?“ Nicole dehnt das „A“ von Karten, als spräche sie mit einem Kleinkind.
„Wir haben hier keine Kaaarten.“ Der Kellner nimmt ihren Tonfall auf und ich muss lächeln, als die Adverbfetzen für den Service kommen: Unverfroren, mysteriös, augenbrauenlos. Ist das ein Adverb? Er hat keine Augenbrauen.
„Was ist denn hier so verdammt lustig?“, will Nicole wissen.
„Sie servieren hier Menüs“, erkläre ich. „Sag ihm am besten nur, wenn du irgendwelche Allergien hast, dann ändern sie den Gang entsprechend.“
„Gänge?“, fragt Nicole. „Du willst mich wohl mästen, Schätzchen.“ Ihre Liebenswürdigkeit ist kalt und glitschig wie Fisch in einer alten Zeitung. „Dann für mich möglichst wenig Kohlehydrate.“
„Sie irren sich“, sagt der Kellner. „Wir fragen nicht nach Allergien, sondern nach Ihrer Lieblingsfarbe.“
„Blau“, sagt Nicole unwirsch.
Und als ich grade meinen Mund öffnen will, legt mir der Kellner eine kalte Hand auf die Schulter und flüstert: „Nur die der Dame. Ich bin mir sicher, Ihnen wird es munden. Genießen Sie Ihre Zeit bei uns.“
Dann geht er.
„Ist das nicht die Höhe?“, fragt Nicole, als er weg ist.
„Unfassbar“, sage ich. Schon wieder schleicht sich das verdammte Lächeln in mein Gesicht.
„Du sagst mir doch, wenn ich was Ekliges esse, oder?“, fragt Nicole nach einer Weile.
Ich nicke. „Wenn er texanische Austern bringt, lehnst du lieber ab.“
„Ich hab nichts gegen Austern“, sagt Nicole.
„Das sind auch keine Austern.
Nicole schaut mich fragend an.
„Stierhoden.“ Ich lächle ein wenig.
„Wenn ich rauskriege, dass das hier nur ein Witz von dir ist.“ Sie zeigt mit dem Finger auf mich, als wäre es ein Dolch.
„Dann kastrierst du mich, ist mir schon klar.“
„Ich töte dich!“, sagt Nicole und tippt auf den Glastisch.
„Hast du die Augen von dem Typ gesehen?“, frage ich.
„Sie hätten wenigstens etwas zu trinken bringen können, ich sterbe vor Durst.“
„In einem Restaurant neulich, hatten sie eine Flasche Bling H-zwei-O. Fünfzig Euro Mineralwasser.“
„Und wie hat es geschmeckt?“, fragt Nicole.
„Nun, wie Wasser.“
„Und warum erzählst du mir das dann?“ Wieder die U-Bahn-Stimme.
Neben uns beginnt die Wand zu flackern.
Eine Videoinstallation, denke ich, irgendwo müssen doch hier die Fugen sein, während eine grüne Schrift erscheint. „Soylent Green“, steht dort zu lesen. Makaber, denke ich und muss schon wieder grinsen.
„Was heißt das?“, fragt Nicole.
„Das ist aus einem alten Charlton Heston Film aus den Siebzigern und …“
„Laaaangweilig“, sagt Nicole und gähnt affektiert.
Gut, denke ich mir und lächle weiter.

Während wir auf den ersten Gang warten, geht neben uns die Welt unter. Die Videoinstallation lässt ein Unwetter toben. Ein Fischer steht in gelbem Regenmantel vor der zornigen See. Blitze teilen die Welt entzwei.
Nicole schnüffelt: „Riechst du das?“
Ich atme tief durch die Nase ein. „Ozon“, sage ich. „Was für eine schöne Idee.“
Geruchsinstallationen. Gas. Davon hab ich noch nie gehört. Brillant.
„Kalt ist es auch geworden“, sagt Nicole und streicht mit den Händen über ihre Oberärmchen.
Auf dem Glastisch bildet sich eine Reif-Schicht. Ich ritze mit dem Fingernagel eine Spur hinein.
„Mach, dass das aufhört“, sagt Nicole, doch die Videowand zeigt schon den Herbst. Man sieht einen Rechen, er fährt durch Blätter in sämtlichen Braun- und Welktönen, die man sich nur vorstellen kann.
„Nicht schlecht“, sagt sogar Nicole und strahlt, dass es mir ganz zartbitter wird.
„Muss ein Vermögen kosten“, sage ich.
„Was hast du für die Tische bezahlt?“ Ihre Augen glitzern gierig. Die Summe wird sie sich merken, für Stephanie und Tiffy und ihre Maniküre.
„Nichts“, sag ich und dreh mich um, weil ich den Kellner kommen höre. Früher hätte ich ihr eine Freude gemacht und irgendeine absurde Zahl genannt, aber sie macht mir auch schon lange keine Freude mehr. Und wenn sie einmal lacht und strahlt wie früher, dann ist das ein kurzes Sommergewitter, aber der Winter naht und dann ist es besser, wenn man sich schon an die Kälte gewöhnt hat.
Konzentrieren jetzt. Klar, stark, echt.
Der Kellner stellt uns Teller auf den Tisch.
„Spiegeleier? Ist das ein Witz?“, fragt Nicole. Eine silberne Gabel liegt neben dem Teller. Das Ei selbst: Perfekt wie eine Zielscheibe, in der Mitte das Gelbe zum tadellosen Kreis geformt, umgeben von zartestem Weich.
„Spiegeleier, also echt, die krieg sogar ich hin“, mault Nicole noch, bevor ein Schnurren über ihre zarten Lippen kommt.
Als ich den ersten Bissen nehme, verstehe ich sie. Das Eiweiß ist weiße Schokolade mit schwarzem Pfeffer, das Eigelb Orangenschaum. In meinem Kopf brennt ein Feuerwerk ab, Nicole seufzt wie seit drei Jahren nicht mehr und die Stimme in meinem Kopf schreit: Explosiv, gewagt, süß, süß, süß, knallig!
Die Videoleinwand zeigt uns einen Eisberg und ich rieche Vanille.
Nicole strahlt vom einen bis zum anderen Ohr, sie hat die Hände auf ihre Knie gelegt und strahlt sogar noch den Kellner an, auf dessen Tablett diesmal nur zwei Löffel liegen, er beugt sich zu Nicole hinunter, die wie ein Spatz den Mund öffnet und die Augen schließt. Als der Löffel ihren Mund verlässt, bin ich eifersüchtig auf den Kellner. Ich hab sie nie so glücklich machen können.
Salzig, süß, sauer, bitter, umami schreit die Stimme in meinem Kopf, als ich den Mund öffne. Zerleg es. Merk’s dir, aber meine Zunge schreit: Wermut. Gefrorener Wermut! Nein, zerstoßenes Eis, süß, Trüffel? Holz? Holz?! Tränen steigen mir in die Augen.
„Gott, war das gut“, stöhnt Nicole.
Gegen meine Schläfen brandet dumpfer Schmerz, während das Ding auf meiner Zunge die nächste Stufe zündet und mir fast die Besinnung raubt.
Der nächste Gang ist fruchtig. Eine aufgeschnittene Mango mit gefrorenem Grappa gefüllt und von Limetten gekrönt. Ein Bob Marley-Foto ziert die Leinwand und es wird jamaikanisch heiß im Raum. Ich starre auf Nicoles Brüste, während ich: Kalt, warm, wow notiere.
Ein zweiteiliger Cocktail als nächstes. Ananassaft unten, Gin oben, mit einer Prise Wacholder. Wir trinken aus Strohhalmen.
Danach: Eine Eiskugel gefüllt mit klarer Flüssigkeit, wir ziehen sie an einer Vanille-Schote in uns hinein. Die Stimmen in meinem Kopf schreien: Schön, schön, schön. Und sind sonst stumm.
Wir essen Flusskrebs mit Birnen in Rotweinsauce, Hähnchenflügel mit Hummer, Eukalyptuseis im Schokoladenmantel, gefrorene Trüffel mit Teilen einer Passionsfrucht gespickt, andere mit Himbeerbeschlag.
Ich sehe Marilyn Monroe und Pete Sampras, einen Eisbären auf einer Scholle und Feuer. Feuer im Vulkan. Ein brennendes Schiff. Mir wird heiß und kalt. Ich rieche Rosenblüten und Asche und blicke in das aufgehende Gesicht Nicoles.
„Sonne“, sagt sie. „Das schmeckt wie Sonne.“
Der Kellner kommt und geht, schaut mich kurz aus seinen brauenlosen Augen an und Nicole länger. Er legt mir einen Eiswürfel in den Mund und Dampf schießt aus meiner Nase. Nicole kichert, als sie es sieht.
Es ist etwas an dem Essen, das so richtig ist, dass es nur falsch sein kann, denke ich nach Venusmuscheln mit Kirschen und Seegras, und denke es wieder nach Krabbensalat mit geräuchertem Hühnchenfleisch und Artischocken.
Es stimmt nicht, denke ich, während mir heiß und kalt wird, und meine Zunge in Flammen steht. Ich denke es, wenn mein Kopf umami schreit und Tsunami flüstert. Denke es, wenn ich Luft koste mit Erdbeergeschmack. Wenn ich Weihrauch trinke und Erhabenheit schwitze.
Und ich nehme alle Kraft zusammen und fasse dem Kellner an die Hand, als er den nächsten Gang bringt und frage: „Wie? Wie macht ihr das? Ich habe schon so viel gelesen. Stickstoff? Laser? Was injiziert ihr da rein? Ist es das Gas? Nehmt ihr Drogen?“
Der Kellner sagt: „Unser Koch hat seine Seele verkauft.“
Ich sehe ihn mit großen Augen an und warte auf ein Lächeln, während Nicole sich mit den Fingerspitzen an einer geschlossenen Überraschung zu schaffen macht, die auch auf mich wartet.
„Magie“, sagt der Kellner. „Ihr Essen wird lau.“
„Ich muss es sehen!“, flehe ich ihn an. Nicole greift über den Tisch und angelt sich meine Überraschung, ihr Kleid raschelt, als es über den Tisch gleitet.
„Überlegen Sie sich das gut“, sagt der Kellner und geht ohne ein weiteres Wort.
Ich schaue Nicole an, während wir alleine sind. Eine Pause nur, eine kurze Pause. Ich rieche nichts, die Videoleinwand ist blind.
„Wir sollten gehen“, sage ich, „irgendetwas stimmt hier nicht.“
„Bist du verrückt?“, fragt Nicole mit geschlossenen Augen. „Ich würde sterben für den nächsten Gang.“
„Würdest du mich auch töten?“, frage ich.
Nicole lächelt, drückt den Kopf in den Nacken und sagt verträumt: „Für eine Messerspitze von dem Zeug, mein Liebling.“
Als der Kellner den nächsten Gang bringt, folge ich ihm.

Wir laufen durch eine menschenleere Küche und ich bombardiere den Kellner mit Fragen: „Wie ist die Flüssigkeit in die Eiskugel gelangt? Was für einen Teint hatte der Gin? War das wirklich Holz? Wie kann Holz so köstlich schmecken?“ Ich frage und frage. Frage nach dem Geruch und den Bildern, nach Lasern, Sternanis und Gasen.
Irgendwann stehen wir vor einer Schaltzentrale, ich sehe elf Monitore, drei sind leer, einer zeigt den Gang, der Rest besetzte Tische. Ich sehe einen Politiker aus der Zeitung, so einen jungen Dicken, verzückt seine Geliebte anstarren und einen von den Ärzten, glaube ich. Oder ist das Campino? Eine Frau füttert einen Mann zwischen ihren Brüsten. Ein alter Mann isst alleine. Nicole für zwei.
„Sie sollte das nicht tun“, flüstert der Kellner. „Die Portionen sind auf zwei Personen abgestimmt.“
Ich frage weiter. Flehe, er möge mich in die Mysterien einweihen, mir die Küche zeigen, die Gerätschaften, mir die Wunder erklären.
„Ich bin nur der Kellner.“ Er macht eine umfassende Geste. „Und das hier ist die Küche.“
Ich schaue mich um: Leere Anrichten, keine Töpfe, ein paar kalte Öfen. Silbernes Küchengeschirr.
Nicole fällt von ihrem Stuhl, ich sehe es auf dem Monitor.
Ich höre ein Rattern, neben dem Video-Mosaik öffnet sich eine Klappe und ein abgedecktes Tablett offenbart sich.
„Die Küche ist im Keller!“, rufe ich.
„Es führt kein Weg hinunter“, sagt der Kellner und nimmt das Tablett heraus.
„Bitte!“ Ich packe den Kellner am Kragen. „Ich muss ihn sehen!“
Der Kellner starrt mit seinen toten Augen auf meine Hände. Wenn er Augenbrauen hätte, zöge er sie wohl nach oben. Sein Blick fällt auf den winzigen Speiseaufzug, ich verstehe und lasse ihn los. Ich falte mich zusammen, atme tief aus – Restaromen echoen in meinem Kopf umher – und quetsche mich in die kleine Box.
„Lassen Sie mich herunter!“, rufe ich noch. Doch der Kellner schließt bereits die Klappe und sagt: „Nur ganz kurz. Und bleiben Sie da drin.“ Dann setzt sich der Aufzug in Bewegung. Nach unten.

Ich bin wie tot, als ich nach unten fahre. Ich wünsche mir, es würde nie aufhören. Ich wünsche mir, es wäre schon vorbei. Meine Knie drücken gegen die Nieren. In meinem Kopf rast es. Ambrosia, rast es. Nektar, rast es. Die elysischen Felder. Bin ich auf PCP?
Der Aufzug kommt zum Stehen, die Klappe öffnet sich. Ich sehe auf den Rücken eines Mannes, er sitzt in einem Korbstuhl, ich kann seinen nackten Rücken sehen, den Po und auch die Schultern. Er sitzt vor einem riesigen Rad, ein Rad mit dreizehn Speichen, in jeder hängt eine Frau. Nein, nicht in jeder. Eine ist noch frei.
Die Frauen schreien gegen die Knebel zwischen ihre Zähnen. Nadeln beißen in ihre Körper, Flüssigkeit läuft durch Röhren in eine Apparatur, die der Meister-Koch verdeckt. Ihre Augen blinzeln, vielleicht wollen sie mir morsen, aber ich sehe nur T-T-T-T-T-T. Was seht ihr da, ihr göttlichen Zutaten? Was erblicken eure Augen da? Ist es Euer Wesen? Eure Essenz?
Ich räuspere mich im Angesicht seiner Heiligkeit, das Herz droht mir in der Brust zu zerspringen. Oh, wie dankbar bin ich Gott für diesen Moment erhabener Reinheit. Hatte ich je Zweifel an seiner Existenz, so sind sie getilgt. Ich sehe an seinen Schultern, dass er kocht, ich rieche es in der Luft, dass er kocht, die Erde zerbirst, wenn er kocht.
Der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung. Ich flüstere: „Kompliment an die Küche.“
Und eine Stimme antwortet: „Alles zu Ihrer Zufriedenheit?“
Doch als ich „Zu meiner vollsten Zufriedenheit“ antworte, sage ich die Worte in das Gesicht des Kellners, der mir kühl eine Hand reicht und mir tadelnd auf den Rücken schlägt, als ich mich auf die Küchenfliesen übergebe.
Während ich Köstlichkeiten dem Boden anvertraue, die so riechen, dass ich sie sofort wieder in mich saugen möchte, sagt der Kellner: „Das wird nicht nötig sein. Sie haben ja nun reserviert.“
„Hm?“, mache ich, während da unten ein Büschel Seegras schwimmt.
„Ja, stehende Reservierung. Wir sehen uns im nächsten Monat.“
Ich strahle ihn an.
„Ist das in Ordnung für Sie?“, fragt er mich noch.
„Perfekt“, sage ich. „Einfach perfekt.“
„Bei ihrem nächsten Besuch wird es tatsächlich perfekt sein. Dank Ihnen.“

Auf dem Weg nach Hause fallen die Bäume an mir vorbei. Und der Mittelstreifen morst mir Poesie ins Herz. Es ist still und mein Kopf ist frei. Wenn es ein Adverb geben sollte, für heute Nacht, dann nur eins.

 

Hallo Quinn,

diese Story habe ich mit Genuss gelesen. Hat richtig Spaß gemacht, ehrlich. Deine Typenzeichnungen haben mir besonders gut gefallen. Zudem lebt die Geschichte natürlich auch von ihrem besonderen atmosphärischen Reiz, von der unbändigen Formulierungslust, der immer absurder werdenden Situation und der besonderen "quinn'schen" Note, die deine Werke jetzt schon irgendwie unverwechselbar macht.

Bei deinen Texten habe ich oft das Problem, mich irgendwie so gar nicht als konstruktiver Kritiker produzieren zu können. Beim Lesen fühle mich saugut unterhalten und danach kann mich gar nicht aufraffen, das Ganze nun noch mal bewusst kritisch unter die Lupe zu nehmen, um wenigstens auch mal einen Tadel loswerden zu können. Möglicherweise liegt es aber auch daran, dass ich die Story während meines Urlaubs in bester und entspannter Laune las, und kurz danach zum Essen ging. Natürlich in ein Restaurant für Feinschmecker. *g*

Egal. Mir hat der Text ausgesprochen gut gefallen. Punkt.

Rick

 

Hallo Rick,

sie sollen ja auch gefallen. ;) Und wenn du da sowieso schon in einem Feinschmecker-Restaurant warst, dann sind natürlich die idealen Rahmenbedingungen geschaffen. Das freut mich, dass dir die Geschichte so gut gefällt.

Gruß
Quinn

 
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Hallo Quinn,

ich glaub ich sagte es schon: Mit Essensgeschichten bin ich leicht gluecklich zu machen. Die Beschreibung des molekularen Mahls ist natuerlich gut, aber fuer meinen Geschmack haette es tatsaechlich noch ne Schippe mehr sein koennen. Weniger Beschreibung worum es sich handelt und mehr Sinnliches. Obwohl, ich hab grad nochmal nachgelesen, es ist schon gut so wie es ist. Er ist ja nunmal Restaurantkritiker. Dass ein Molekularkoch mit dem Teufel im Bunde ist, kommt mir uebrigens ganz logisch vor. Viele Goumets meinen ja, dass es sich beim molekularen Kochen irgendwie um ein Verbrechen gegen die Natur handelt, sowas Demiurgisches eben, aber weiter lehne ich mich diesmal interpretatorisch nicht aus dem Fenster.
Am besten hat mir der Einstieg gefallen, mit den fallenden Baeumen, den Schmetterlingsfuessen und den Adjektiven. Und damit sind wir bei der Preisfrage, die mich die ganze Zeit ueber beschaeftigte: Warum sind es Adverben? Schon klar, das kann man am Einzelwort nicht unbedingt unterscheiden, aber wenn die Worte wie hier fuer sich allein und in Abwesenheit von Verben stehen, wuerde ich sowas wie, "suess" oder auch "unami" immer erst als Adjektiv klassifizieren. Wenn ich ein englisher Restaurantkritiker waere, wuerde ich auch "delicious" und nicht "deliciously" denken. Ist natuerlich ne Kleinigkeit, aber weil es so oft vorkam, hat es mich ganz wirr gemacht, so dass ich tatsaechlich nachschlagen musste, ob ich ueberhaupt weiss, was ein Adverb ist.
Was mich neben den Adverben gestoert hat, ist die gnadenlos ueberzeichnete Frau. Das war mir einfach zuviel der Schreckschraubigkeit. Als sie ihn da immer als geilen Bock beschimpft und sich die Schuhe anziehen laesst, nee, da verabschiede ich mich innerlich von beiden Figuren.

Ansonsten nur noch Kleinvieh:


„Und warum weckst du mich dann?“ In ihrer Stimme schwingt die Euphorie eines U-Bahn-Ansagers mit.
Irgendwie, ich weiss auch nicht, mir kams zu gewollt vor.

An meinen Händen fühle ich die Straße und mein Hirn spuckt Adverbfetzen aus. Körnig, rau, fest, rustikal, echt.
Es sind doch vollstaendige Adverben/Adjektive. Fetzen waeren oernig und stikal

Eine der Lampen zu unserer linken wechselt von rot zu grün und ich öffne die dazugehörige Tür..
Da hats nen Punkt zuviel.

„Wenn er texanische Austern bringt, lehnst du lieber ab.“
Oh, Herrenwitz.

Auf dem Glastisch bildet sich eine Reif-Schicht. Ich ritze mit dem Fingernagel eine Spur hinein.
Das ist schoen.

umgeben vom zartesten Weich
da dachte ich allerdings auch: von zartestem Weich

er beugt sich zu Nicole hinunter, die wie ein Spatz den Mund öffnet und die Augen schließt.
dieses Bild gefiel mir sehr.

„Ich bin nur der Kellner“, sagt er. Der Kellner macht eine umfassende Geste.
Hast Du da extra nen Doppelkellner. So als Gag?

Er sitzt vor einem riesigen Rad, ein Rad mit dreizehn Speichen, in jedem hängt eine Frau. Nein, nicht in jedem. Eine ist noch frei.
Hier muesstest Du dich mal fuer ein genus entscheiden. Ich wuerde vorschlagen: die Speiche, daher: in jeder haengt eine Frau. Nein, nicht in jeder. Es ist ja nur ein Rad, wenn ich es richtig verstehe.

So, an Andreas Stelle haette ich auch diese Geschichte kopiert.
lg
fiz

Es gibt uebrigens schoene Videos von Bourdain bei Adria auf youtube.

Edit: Hab grad gelesen, dass Apfelstrudel die Adverben schon bekrittelt hat und Du Dich mit der Schoenheit von Adverbfetzen verteidigt hast. Da hab ich wahrscheinlich schlechte Karten mit Kritik an Adverben und Fetzen.

 

Hallo Quinn.

Obwohl sich Deine Geschichte schön liest und sogar in Richtung des Erbaulichen geht, so möchte ich mich doch im Allgemeinen der Kritik anschließen, daß Du teilweise dreist von Süßkind abgeschrieben hast und im Speziellen behaupte ich, daß es eben nicht einfach völlig durchgeknallter Kram ist, wie Du behauptest, sondern, daß Du einen schwerlich genügbaren Anspruch an Deine Schreibkunst hast, siehe Titel.
Manchmal wird Dein Text mühselig für den Leser, da Du weniger um der Lesbarkeit Willen schreibst als dem Versuch, möglichst viele schön- und gebildet-klingende Worte in einem Satz unterzubringen.

F

 

so möchte ich mich doch im Allgemeinen der Kritik anschließen, daß Du teilweise dreist von Süßkind abgeschrieben
Sorry, aber ... :lol:

 

so möchte ich mich doch im Allgemeinen der Kritik anschließen, daß Du teilweise dreist von Süßkind abgeschrieben hast

Also, Moment mal. "Dreist von Süskind abgeschrieben" hat niemand gesagt, weil das ziemlicher Unfug wäre. Es gibt eine Gemeinsamkeit mit "Das Parfüm - es geht in der Geschichte unter anderem die Gewinnung einer geheimnisvollen "Essenz", die einem besondere Genüsse verschafft, aus jungen, schönen Frauen. Aber das war's auch schon.
Um daraus einen quasi-Plagiatsvorwurf zu konstruieren, muss man schon ... äh ... entweder "Das Parfüm" oder diese Geschichte nicht richtig gelesen haben?

 

Weder noch, Perdita, Jo.

Die Gesamtheit der Sinneseindrücke, welche den Mittel- und somit Hauptteil dieser Geschichte ausmacht, sowie die Essenz aus 13 (Jung)Frauen, sind dreist kopiert! Da gibt es keine Zweifel. Ich habe das Parfum gelesen, sonst würde ich hier nicht mitreden und ich weiß nicht, wie man das Buch falsch lesen könnte, denn, obwohl teilweise opulent ausgestattet, bleibt es dennoch ein Märchen für Erwachsene, mehr nicht.

F

 

Guten Morgen, Felix-Florian,

Nach deiner Logik wäre dann also jede Horrorgeschichte, in der das Necronomicon erwähnt wird, eine "dreiste Kopie" von Lovecraft, oder jedes Buch, wo Vampire vorkommen, ein Plagiat von Bram Stoker's Dracula oder wer immer die Idee zuerst hatte?
Nur weil ein Text von anderen Texten inspiriert ist oder auf sie Bezug nimmt oder ein Motiv verarbeitet, was auch in anderen Texten verarbeitet wurde, ist er noch lange nicht "kopiert", und schon gar nicht dreist.
Die Ähnlichkeit zu "Das Parfüm" wurde von anderen Kritikern schon mehrfach festgestellt. Dann bist du gekommen und hast das noch mal wiederholt, nur in so einem vorwurfsvollen Tonfall, als sei die Geschichte durch Copy-and-Paste entstanden und würde keinerlei eigene geistige Leistung erkennen lassen. Das kann ich echt nicht nachvollziehen.

Grüße von Perdita

 

Die Gesamtheit der Sinneseindrücke, welche den Mittel- und somit Hauptteil dieser Geschichte ausmacht, sowie die Essenz aus 13 (Jung)Frauen, sind dreist kopiert!
Nein, nein, die Gesamtheit der Sinneseindrücke können unmöglich eine Kopie sein, nach der Logik wäre das Parfüm selbst nur eine Kopie. Akkumlationen von Sinneseindrücke gibt's seit ewigen Zeiten, man denke nur an die Lyrik. Das ist auch wirklich gefährlich, mit solchen Begriffen rumzuhantieren; folgte man dieser Logik dürfte man gar nichts schreiben oder würde sich um einige der schönsten Techniken betrügen.
Dass das Ende an "Das Parfüm" erinnert, weil da auch das Wort "Essenz" drin vorkommt und weil da irgendwie etwas extrahiert wird, damit kann ich leben. Die Szene ist halt sehr karg beschrieben nur, so dass sich da jeder was eigenes vorstellen kann. Und nun haben halt viele Das Parfüm gesehen oder gelesen und stellen sich das dann vor.
Dass in dem Text wenig eigene Leistung liegt, ja mei. Manchmal muss ich mich über die Kommentare schon wundern. Genau wie über diese Idee hier:
daß es eben nicht einfach völlig durchgeknallter Kram ist, wie Du behauptest, sondern, daß Du einen schwerlich genügbaren Anspruch an Deine Schreibkunst hast, siehe Titel.
Also ... das ist, mit Verlaub, große Scheiße.
Man muss schon mal Ansprüche stellen, aber so eine seltsame Folgerung von Titel auf meine Ambitionen, also ehrlich. Ich kann mir das nur so erklären, dass meine Kritik anderer Texte dir als überzogen erscheint, das lässt sich ja ganz einfach abstellen. Dann kritisier ich halt nicht mehr. ;)

So, soviel zu Felix-Florian, für die anderen Kommentare (okay, okay, für den EINEN anderen Kommentar) bedank ich mich artig, hab sie auch alle gelesen und gehe am Wochenende, oder so, darauf ein
Quinn

 
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Hallo Quinn. Wieso bedankst Du Dich nur für Lob?

Ich kann mir das nur so erklären, dass meine Kritik anderer Texte dir als überzogen erscheint, das lässt sich ja ganz einfach abstellen. Dann kritisier ich halt nicht mehr.

Ich glaube, das wäre ein großer Fehler und so will ich meinen Kommentar auch nicht verstanden wissen.
Aber ich gehe gerne mehr ins Detail um aufzuzeigen, daß es, aufgepasst Perdita, sowohl das Abschreiben einer existierenden Geschichte, als auch das Verwenden eines altbekannten Themas in einer ansonsten vom Ur-Stoff völlig unabhängigen Geschichte, und das haben wir hier zumeist, gibt.
Nehmen wir zB einen Vampir. Ich kann eine ernste Geschichte über einen schreiben, der von einem Professor und seinem Assistenten gejagt wird, schon weiß jeder bescheid. Oder ich kann einen Vampir in der Gegenwart auf ein kleines Dorf in Alaska loslassen, wo er zu "überwintern" gedenkt (gibts einen Comic und einen Film drüber). Ein Vampir ist demnach Allgemeingut, es gibt keinen alleinigen Urheber. Und er steht ersteinmal für sich selbst. Ich kann ihn mit seinen bekannten Eigenschaften ausstatten oder welche weglassen oder hinzufügen. Dann kann ich ihn in eine beliebige Geschichte einfügen. Also wenn Quinn einen Satz schreibt und sofort denkt jeder Leser an das Parfum, so ist das gleichwohl nicht der Fall mit einem Vampir und Bram Stocker.

Ich habe behauptet, in dieser Geschichte Quinns teilweise eine dreiste Kopie des "Parfums" zu erkennen und habe das an Folgendem ausgemacht:

- Ziel der Prot. ist es jeweils, etwas Perfektes zu schaffen bzw. zu kosten
- Eine perfekte Frau, welche als Krönung des perfekten Dufts/Menus benötigt wird; bereits 12 (bei Quinn) bzw. 24 (Parfum) sind "benutzt" worden
- Nur ihr Aussehen ist perfekt (siehe Anfang aus dem Parfum. Nur solange sie schweigt fasziniert sie Grenouille), bei Quinn wird das sogar noch durch einen Satz verdeutlicht.
- "Das Parfum" basiert wesentlich auf Annahmen über den Geruchssinn und die emotionale Bedeutung von Düften, Gerüchen und deren Nachahmung in Form von Parfüms (aus "Wiki"); ersetzt man Geruch durch Geschmack und hat eine Kurzbeschreibung von Quinns Geschichte.

Dagegen steht lediglich:
- Quinns Geschichte handelt in der Gegenwart
- Der Prot. ist nicht gleichzeitig der Mörder (oder doch?)
und die kreativste und beste Eigenleistung: Die Molekularküche. Das ist, glaube ich, ein Novum in der Horror-Kurzgeschichten-Sparte.

 

Hallo Quinn. Wieso bedankst Du Dich nur für Lob?
Hey felix-florian,
ich will gar nicht groß darauf eingehen. Nur soviel: Wenn du zu einem Wirt sagst: Dein Bier schmeckt scheiße; oder ob du zu ihm sagst: Du bist ein Betrüger, dein Bier ist gepanscht; das ist nochmal ein Unterschied. ;)

Du wirfst mir hier eine Straftat vor und wirst sicher verstehen, dass ich mit Dank dann knausrig bin.

Gruß
Quinn

Hallo Kollege feirefiz!

ich glaub ich sagte es schon: Mit Essensgeschichten bin ich leicht gluecklich zu machen. Die Beschreibung des molekularen Mahls ist natuerlich gut, aber fuer meinen Geschmack haette es tatsaechlich noch ne Schippe mehr sein koennen. Weniger Beschreibung worum es sich handelt und mehr Sinnliches.
Meinst du? Noch mehr Sinnliches? Wär vielleicht ein Overkill dann, Salem hat es z.B. so schon gelangweilt. Dachte ich hätte da ein ganz gutes Maß gefunden.

Obwohl, ich hab grad nochmal nachgelesen, es ist schon gut so wie es ist. Er ist ja nunmal Restaurantkritiker. Dass ein Molekularkoch mit dem Teufel im Bunde ist, kommt mir uebrigens ganz logisch vor. Viele Goumets meinen ja, dass es sich beim molekularen Kochen irgendwie um ein Verbrechen gegen die Natur handelt, sowas Demiurgisches eben, aber weiter lehne ich mich diesmal interpretatorisch nicht aus dem Fenster.
Nee, das ist echt gut. Mir kam der Gedanke für so einen faust'schen Pakt da auch, als ich über den Spanier da recherchiert habe, der ewig seine Restaurant zu macht, um an neuen Kreationen zu arbeiten.

Schon klar, das kann man am Einzelwort nicht unbedingt unterscheiden, aber wenn die Worte wie hier fuer sich allein und in Abwesenheit von Verben stehen, wuerde ich sowas wie, "suess" oder auch "unami" immer erst als Adjektiv klassifizieren. Wenn ich ein englisher Restaurantkritiker waere, wuerde ich auch "delicious" und nicht "deliciously" denken. Ist natuerlich ne Kleinigkeit, aber weil es so oft vorkam, hat es mich ganz wirr gemacht, so dass ich tatsaechlich nachschlagen musste, ob ich ueberhaupt weiss, was ein Adverb ist.
Ich hab mich im Vorfeld mit der Sprache von Restaurantkritikern auseinandergesetzt, also jetzt nicht ewig alles gelesen, sondern halt oberflächlich mal geschaut. Und sie verwenden wirklich Adverben, keine Adjektive (und übrigens ganz furchtbar; also das kann man kaum überzeichnen, die Texte quillen vor Adverben über).
Und Adverben auch einfach deshalb, weil die Satzmelodik nun darauf ausgerichtet ist, das weiche Adverben im Gegensatz zum kantigen Adjektiv.

Was mich neben den Adverben gestoert hat, ist die gnadenlos ueberzeichnete Frau. Das war mir einfach zuviel der Schreckschraubigkeit. Als sie ihn da immer als geilen Bock beschimpft und sich die Schuhe anziehen laesst, nee, da verabschiede ich mich innerlich von beiden Figuren.
Ich seh's nicht. Also deutlich gezeichnet - ja; "gnadenlos überzeichnet" - mäh. Ich find sie hat durchaus charmante Seite. Also ... ich muss gestehen ... dieser Konflikt macht doch Spaß. Diese kindliche Freude, auch das kindlich Trotzige, das Nicole oft ausstrahlt, hat doch was, oder? Ich hab da mit Bauchschmerzen wirklich gelesen in dem anderen Thread, wie da wieder auf meine Figuren losgegangen wird. ;) Sie ist schon nervig, aber nicht tot oder so. Sie löst ja an vielen Stellen - was anhscheinend gar keinem aufgefallen ist - eine melancholische Reaktion beim Erzähler aus. Dass sie ihn immer noch an etwas erinnert, das früher war. Also vielleicht bin ich da eigen, aber ich find's nicht so schlimm.


Deine Detailanmerkungen, für die ich mich wie auch für den Kommentar bedanke, arbeite ich noch ein; schön, dass du es gelesen und kommentiert hast
Quinn

 

Bei Soylent Green und Charlton Heston, Quinn, hat es bei mir geklingelt, da wußte ich, wohin die Reise gehen wird. Auch in deiner Geschichte werden Menschen gegessen, allerdings nicht auf so plumpe Art wie in jenem Film oder bei Süßkind. Wer kennt Ferran Adrià nicht (auf ihn spielst Du wohl an, wenn da beiläufig gesagt wird, daß man sonst nach Spanien reisen müsse?), der Essenszutaten erst auseinander nimmt, um sie dann wieder in überraschenden Form zusammenzusetzen und geschmacklich pointiert zu präsentieren. Das hast du ganz hervorragend beschrieben, allein wie die anfänglich nur herummosernde Nicole ob der Köstlichkeiten dahinschmilzt, ist ganz große Klasse und eine Hymne an diese Art von Küche.

Natürlich gibt es auch Dinge, die Dir nicht so gelungen sind. Zum Beispiel kann sich eine Reif-Schicht nicht so schnell auf dem Glastisch gebildet haben, dafür reicht die Zeit einfach nicht, und wenn doch, dann würden beiden längst vor Kälte geschlottert haben. Auch fand ich die Videowand wenig glaubhaft, lenkt so ein Ding doch vom Essen ab, dem in einem Feinschmeckerrestaurant allein die ganze Aufmerksamkeit gebühren sollte. Doch diese Kritik solltest Du nicht zu ernst nehmen, denn ohne der Videowand gäbe es die vielen kleinen Hinweise nicht mehr, und die sind für die Geschichte allemal wichtiger als diese kleine Ungereimtheit – schließlich kann man sie auch als ein Zeichen der Dekadenz betrachten.

Den Schluß fand ich passend, denn was oder wer kann besser schmecken als Frau – ich habe dich zum Fressen gern! -, zumindest für einen Heteromann. Und weil die Frauenessenzen auch Nicole geschmeckt haben, muß man vielleicht darüber nachdenken, ihr ein paar lesbische Züge angedeihen zu lassen, die zugleich hilfreich sein könnten, die gegenseitige Abneigung hintergründig zu beleuchten.

Absolute Klasse, diese Geschichte.

Dion

 

Grüß dich Dion,

Bei Soylent Green und Charlton Heston, Quinn, hat es bei mir geklingelt, da wußte ich, wohin die Reise gehen wird.
Soylent Green ist schon Foreshadowing da, klar. Mag die Stelle auch gern. ;)

Wer kennt Ferran Adrià nicht (auf ihn spielst Du wohl an, wenn da beiläufig gesagt wird, daß man sonst nach Spanien reisen müsse?),
Ich kannte ihn vor der Recherche nicht, aber: Fast alle Speisen, die in dem Text vorkommen, sind von ihm so kreiert und serviert worden (paar hab ich auch bisschen variiert, glaub ich), gibt da eine Webseite, auf der man die Menüs all seiner Jahre nachlesen kann.

Das hast du ganz hervorragend beschrieben, allein wie die anfänglich nur herummosernde Nicole ob der Köstlichkeiten dahinschmilzt, ist ganz große Klasse und eine Hymne an diese Art von Küche.
Nicole hat auch etwas Kindliches, dahinschmelzen ja, auch eine Begeisterung einfach. Sie legt dann den Habitus für eine Weile ab.

Natürlich gibt es auch Dinge, die Dir nicht so gelungen sind. Zum Beispiel kann sich eine Reif-Schicht nicht so schnell auf dem Glastisch gebildet haben, dafür reicht die Zeit einfach nicht, und wenn doch, dann würden beiden längst vor Kälte geschlottert haben.
Ja, stimmt schon. Nicole schlottert in der Tat auch an der Stelle, aber es ist schon ein Stück weit effekthascherisch, die Welt funktioniert da auch nach anderen Gesetzen. Ich könnt mir jetzt noch was aus den Fingern saugen und in den Glastisch eine Kühlanlage einbauen, aber ... das Bild ist halt so schön.

Auch fand ich die Videowand wenig glaubhaft, lenkt so ein Ding doch vom Essen ab, dem in einem Feinschmeckerrestaurant allein die ganze Aufmerksamkeit gebühren sollte.
Jap, den Gedanken hab ich im Sparatnischen des Raumes verfolgt; die Videoleinwand ist ein erzählerischer Kniff, um noch mehr Sinneseindrücke hineinzubringen, damit man sich letzlich eben doch nicht nur auf das Geschmackliche beschränken muss, sondern darüberhinaus noch dazugeben kann.

Doch diese Kritik solltest Du nicht zu ernst nehmen, denn ohne der Videowand gäbe es die vielen kleinen Hinweise nicht mehr, und die sind für die Geschichte allemal wichtiger als diese kleine Ungereimtheit – schließlich kann man sie auch als ein Zeichen der Dekadenz betrachten.
Dekadenz auf jeden Fall, als Nicole anfängt, "für zwei" zu essen, erschlägt sie die Fülle ja förmlich.

Den Schluß fand ich passend, denn was oder wer kann besser schmecken als Frau – ich habe dich zum Fressen gern! -, zumindest für einen Heteromann. Und weil die Frauenessenzen auch Nicole geschmeckt haben, muß man vielleicht darüber nachdenken, ihr ein paar lesbische Züge angedeihen zu lassen, die zugleich hilfreich sein könnten, die gegenseitige Abneigung hintergründig zu beleuchten.
Ja, Nicole eine Lesbe, dann hätte ich bestimmt noch mehr Ärger ihretwegen gehabt. Ich seh sie einfach anders; sie legt ihrem Mann gegenüber keine Maske mehr auf, das ist alles weg. Er kriegt sie ungefiltert, in all ihren Launen. Auch das, was viele an ihm bemängelt haben, das Rückgratlose - provoziert sie noch zusätzlich; da wird auch getestet, wie weit sie gehen kann. Vor dem Kellner legt sie dann eine Maske auf, die zieht aber nicht.
Für mich ist Nicole schon eine Figur, die nicht nur auf eine sexuelle Frustration oder Kratzbürstigkeit reduziert werden sollte.

Absolute Klasse, diese Geschichte.
Sehr schön, Dion, das hat mich gefreut. Danke dir für den Kommentar
Quinn

 

Hey Quinn,

boah, ihr habt mir vorenthalten das die Geschichte in Horror steht! Aber ich war angeschmeckt und dachte, na gut, dann eben Horror. Jetzt muss ich sagen, gut das ihr mir das nicht gesagt habt, sonst hätte ich die doch gleich wieder von der die will ich lesen - Liste gestrichen.

Ich bin mir relativ sicher, beim nächsten Mal bekommt er etwas serviert, dass sehr bitter und zuckersüß gleichzeitig schmeckt.
Ich verzichte mal auf Kritik in irgendeiner Form, die Geschichte dürfte für Dich ohnehin abgeschlossen sein und nehme mir daher die Annehmlichkeit heraus, nur eine Auswahl von das fand ich irre gut Stellen zu zitieren.

Meine Kollegen sind Restaurantkritiker. Sehr zu meinem Verdruss.

Hehe.

Diesen Dialog im Auto, der ist schon schön böse. Sehr genossen! Und wie schön, dass er sich lieber mit dem Mittelstreifen unterhält, als mit ihr. Ach ... :).

Früher hätte sie sich totgelacht, über die Frau, die sie jetzt ist.

Mochte ich sehr. Da kann man sie für einen ganz kurzen Moment einmal mögen. Danke dafür.

Und ich mochte den Kellner, das Essen, das Ambiente, ich mochte wie er in den Fahrstuhl krabbelt und hab erwartet, er landet in der Hölle. Okay, es war eine Süßkindsche Küche, und eher die Hölle für so Ladys like seiner, statt die Hölle für Genießer, aber okay, die Rechnung geht auf.

„Sie irren sich“, sagt der Kellner. „Wir fragen nicht nach Allergien, sondern nach Ihrer Lieblingsfarbe.“
„Blau“, sagt Nicole unwirsch.
Und als ich grade meinen Mund öffnen will, legt mir der Kellner eine kalte Hand auf die Schulter und flüstert: „Nur die der Dame. Ich bin mir sicher, Ihnen wird es munden. Genießen Sie Ihre Zeit bei uns.“

:thumbsup:

Während wir auf den ersten Gang warten, geht neben uns die Welt unter. Die Videoinstallation lässt ein Unwetter toben. Ein Fischer steht in gelbem Regenmantel vor der zornigen See. Blitze teilen die Welt entzwei.
Nicole schnüffelt: „Riechst du das?“
Ich atme tief durch die Nase ein. „Ozon“, sage ich. „Was für eine schöne Idee.“
Geruchsinstallationen. Gas. Davon hab ich noch nie gehört. Brillant.
„Kalt ist es auch geworden“, sagt Nicole und streicht mit den Händen über ihre Oberärmchen.
Auf dem Glastisch bildet sich eine Reif-Schicht. Ich ritze mit dem Fingernagel eine Spur hinein.

Einfach nur - aah.

Salzig, süß, sauer, bitter, unami schreit die Stimme in meinem Kopf, als ich den Mund öffne. Zerleg es. Merk’s dir, aber meine Zunge schreit: Wermut. Gefrorener Wermut! Nein, zerstoßenes Eis, süß, Trüffel? Holz? Holz?! Tränen steigen mir in die Augen.

Ich komm gar nicht nach mit all den Geschmäckern, die du mir da in den Mund legst. Auf jeden Fall, kann ich die Überforderung und Befriedigung bei ihm nachvollziehen und ich kaufe auch, dass Holz ganz toll schmecken muss, nach diesem Satzaufbau. Respekt.

Der Kellner sagt: „Unser Koch hat seine Seele verkauft.“

Schön wie der Kellner da immer das Paradies zerstört. Also, wie er da immer zum Gegenstück wird für alles, was sie sonst so empfinden. Man denkt, der Koch ist ein Gott und zack, er hat sich an den Teufel verkauft.

Und der Mittelstreifen morst mir Poesie ins Herz.

Mein Lieblingssatz.

Ja, schöne Geschichte.
Beste Grüße Fliege

 

Danke fürs Ausgraben, Fliege. :D Hab die Geschichte noch mal gelesen, hatte ja ganz vergessen, wie grässlich die Figuren sind. So, vier Jahre später finde ich sie immer noch schlimm, subtil hat wohl damals - vor vielen, vielen Jahren - nicht in dein Konzept gepasst. Das sind ja voll die Karikaturen. Schlimm, schlimm. Hab dann auch gleich Andys copywrite gelesen. Schlimm, schlimm. Ist wie alte Fotos von sich anzugucken und über die peinlichen Frisuren und Klamotten zu lachen.

Ich geh wieder in mein Rad und bin still.

 

Lieber Ernst!

Das Parfum. Ja, na und? Von mir aus kann jemand schreiben, dass die Essenz, die er produzieren wollte, der Furz ist, den sein Held lässt, nachdem er 72 Jungfrauen verspeist hat. Wenn man das so gut schreibt, wie es hier geschrieben ist, lese ich gerne noch 356 Geschichten pro Jahr, die mich an das Parfum erinnern.
Für mich war das Parfum ein sehr gutes Buch. Diese Geschichte ist eine sehr gute Geschichte. Ich bin seit langem verliebt in sie. Jo Black, ist das dein Ernst mit den Figuren hier? Ich finde, dass die Figuren sich auch mal hinten anstellen können, wenn jemand Bock hat, den Leser zu verzaubern. Ich glaube, es war eh nicht dein Ernst. Ich meine, du gibst mir Pluspunkte, weil ich von einem nawelichen Rumpsteak schreibe, und dann kritisierst du hier die Figuren? Scheiß auf die Figuren. Das ist eine fantastische Schreibe. Ich liebe die Frische in diesem Text. Quinn, das hat gerockt. Schreib doch einfach. Wird schon sehr gut werden, schreib doch einfach mal über einen Furz, der das Lebenswerk eines Menschen wird. Ganz egal.

Der Text hat mich überzeugt. Ich glaube, du kannst schreiben. (Und zwar, was du willst, es wird immer sehr gut.) Ich meine, come on ... Dann schreib halt mal schnell was für uns.

Lollek

 

Hallo Quinn,

eigentlich alles gesagt, zu dem Text. Wie du weißt, finde ich sie stark. Schreibe ungewöhnlich, packend, Thema abgefahren. Alles sehr schräg, kann man gar nicht richtig in Worte fassen, entzieht sich einer direkten Definition, was ja meist das Beste ist.

Wie gesagt, finde ich richtig, richtig stark.

Gruss, Jimmy.

 

Weil das gerade mit den Figuren wieder auf den Tisch kommt:
Ich kann nicht für Jo sprechen, aber es ist mein ernstester Ernst, dass ich die Figuren hier misslungen finde. Die stellen sich eben nicht hintenan (ja, ich kenne auch Geschichten, die mit farblosen Figuren funktionieren, weil der plot so abgefahren ist zB), aber hier sind die zwei Hauptdarsteller plastisch und offensiv nervtötend. Ich hätte die beide auf das Rad gebunden ... also es gibt hier eine Zicke und einen Waschlappen, das ist keine funktionierende Figurenkonstellation. Besonders Waschlappen sind als Figuren problematisch, finde ich. Wer will über Waschlappen lesen? Das geht vielleicht nur, wenn die innerhalb der Geschichte eine Entwicklung durchmachen und wenigstens am Ende mal irgendwas reißen. Und hier der Erzähler, der kotzt am Ende und bleibt passiv und seine Probleme (seine Freundin) lösen sich durch äußere Umstände.

Die Beschreibungen von Essen und Szenerie sind tatsächlich großartig!
Das hat beim Lesen wirklich Spaß gemacht, auf den Text sollte man eigentlich immer verweisen, wenn in einer Forumsdiskussion "sinnliches Schreiben" aufkommt.
Lieblingsstelle, bei der ich grinsen musste:
"Der nächste Gang ist fruchtig. Eine aufgeschnittene Mango mit gefrorenem Grappa gefüllt und von Limetten gekrönt. Ein Bob Marley-Foto ziert die Leinwand und es wird jamaikanisch heiß im Raum. Ich starre auf Nicoles Brüste, während ich: Kalt, warm, wow notiere."

 
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Hallo Quinn,


wenn mein Kopf unami schreit und Tsunami flüstert

Süß, sauer, salzig, bitter und umami

Umami ist der fünfte Geschmackssinn.

Ich find die zweite Hälfte nicht mehr ganz so stark, weil die ein bisschen auf der Stelle tritt irgendwie. Es zischt und knallt und explodiert und das den ganzen Text über. Die Stellen mit der Freundin find ich auch am Anfang besser, danach wird es immer abgedrehter.
Also der Text geht schon ab, der gibt fast an, der kommt daher wie ein junger Basketballer, der in die Halle kommt und beim Warmlaufen schon dreißig Dunkings macht. Und nach jedem Zweiten guckt er so, als könne er selbst nicht glauben, wie viel Kraft er hat. Und dann beim Spiel sieht er je nach Gegner entweder wie der beste Spieler aller Zeiten aus, oder wie ein Harlem Globe Trotter, der zur falschen Halle gefahren ist, und sich jetzt wundert, warum die Washington Generals plötzlich Defense spielen können.

Also ich denke, dass so was aus einem anderen Trieb heraus geschreiben wird, als vieles andere eben … das ist ja ein Abgehen hier ein bisschen. Mir gefällts schon gut, man kommt sich blöd vor, wenn man den Text kritisiert, weil er ganz offensichtlich das ist, was er ist, und viele schaffen gar kein Dunking erst und man soll Spaß dabei haben. Aber es gibt doch vieles aus der Zeit, das mir besser gefällt.

MfG,

JuJu

 
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Hey Lollek,

klar ist das mein Ernst.
Wie dramatisch wäre die Geschichte, wenn Nicole eine zauberhafte Frau wäre, eine die quasi mit dem Essen konkurriert, der Prot. von beidem so angetan ist, dass er sich gar nicht entscheiden kann, ob er jetzt seine Frau opfern soll und dafür, lebenslänglich den Gaumen kitzeln lässt oder lieber mit seiner Traumfrau alt werden - Quinn spricht immer von einem destruktiven Element in der Geschichte, genau das wäre das hier - wenn der Prot. mal in eine Situation geworfen wird, wo er in einem Dilemma ist und der Leser mitfiebert, scheiße, wird er die Frau jetzt wegen des Essens umbringen lassen? Andererseits ist es das geilste Essen, was man kriegt, ist fast schon wie eine Droge, macht abhängig. Das ist kein Gammel-Rumpsteak.
Und hier ist das: Ja, er kann sie nicht mehr zügeln, sie ist ne Zicke; man verzichtet gerne auf sie. Das ist zu einfach gemacht. Die Figuren sind eindimensional und werden buchstäblich dem Plot bzw. der Idee geopfert.

Die Idee rockt natürlich, der Stil auch, das stelle ich auch gar nicht zur Diskussion, aber die Figuren find ich zu oberflächlich.

Aber das wäre ne andere Geschichte.
Eine viel geilere Geschichte. :P

 

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