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Pfeffer und Salz
Sergeant Pfeffer reckt den faltigen Kopf unter seinem Panzer hervor und schnuppert an dem Löwenzahn, den ich ihm hinhalte. Schnuppert, knabbert, und ich lächle zufrieden. Ich höre Kati an der Wohnungstür mit den Farbeimern, sobald sie kommt, wird es laut. Nichts für Sergeant Pfeffer und mich.
„Puh“, schnauft sie und schleudert ihre Schuhe von den Füßen. Das Geräusch lässt Pfeffer den Kopf rasch wieder einziehen. „Puh!“ Dann sieht sie Pfeffer und mich. Sie strahlt und kommt zu uns, fummelt an ihren Haaren herum, die aussehen wie Weizen, dreht sie zu einem stratzeligen Knäuel, das fix noch mit Stricknadeln befestigt wird.
„Na, Uffz Feffer? Gibt’s Happa-Happa? Los, fass!“
Sergeant Pfeffer rührt sich nicht, er mag es nicht, Uffz genannt zu werden. „Er ist doch kein Hund.“
„Zum Glück“, meint Kati, denn Garfield streicht ihr um die kurzen Beine, sie kniet sich hin und krault ihm das Fell. Garfield ist ein fetter Kater, und natürlich ist er rot und verfressen. Als Kati fragte, ob ich was gegen Haustiere hätte, habe ich verneint, aber wer konnte schon ahnen, dass sie eine Katze mitbringt. Einen Goldfisch, meinetwegen einen Hamster, damit hätte ich leben können. Aber gut. Man arrangiert sich.
Kati, meine neue Mitbewohnerin, hat Farbeimer mitgebracht, sie will das Wohnzimmer streichen. „Bisschen kahl hier, meinst du nicht?“, hat sie gesagt und ich hab genickt. Ich habe nichts gegen weiße Wände, aber gelbe stören mich auch nicht. Erst wollte sie Wände in Schokobraun, weil sie das so bei Ikea gesehen hat, aber ich hab ja auch noch was mitzureden. Ich bringe Sergeant Pfeffer in Sicherheit und öffne dann die Farbeimer, während Kati auf der Leiter rumhantiert und die Leisten abklebt. „Vanille“, sagt sie und ich nicke. Vanille, steht auf dem Etikett. Ich tauche den Holzlöffel in die dicke Farbe und ziehe ihn wieder heraus. Es tropft. An der Oberfläche hat sich Flüssigkeit abgesetzt, ich tauche das Holz wieder in die Masse und rühre. Wie Pudding sieht das aus. „Wie Pudding sieht das aus“, sage ich und Kati kichert. „Mein Vater konnte guten Pudding“, sage ich, weiß aber nicht, ob sie das hört, denn sie raschelt mit der Folie herum. „Der sah genauso aus.“
Noch einmal ziehe ich den Löffel aus der Farbe, patsche darauf herum, bis es ein bisschen spritzt. Dann schnuppere ich daran. Es riecht nicht im Ansatz nach Vanillepudding und ich lasse das Holz wieder los. Erst bleibt es obenauf, dann versinkt es langsam in der vanilligen Masse.
Ich nehme von dem Zeitungspapier, das überall herumliegt und falte einen Malerhut. „Willst du auch einen?“
„Was?“ Kati steht auf der Leiter, Folie in der Hand und guckt über die Schulter in ungefähr meine Richtung.
„Einen Hut.“
„Kannst du mir mal helfen, bitte?“
Kati richtet die Wohnung ein und ich kann nichts dagegen tun. Ich beobachte Sergeant Pfeffer beim Fressen, als es laut wird in der Wohnung. Ich bahne mir den Weg zwischen Stapeln von Soziologiebüchern ins vanillegelbe Wohnzimmer und sehe Katis Einkäufe auf dem Holztisch. Irgendwo hinter dem Berg juckelt Kati herum, packt aus, packt ein, packt weg. Dann Garfield, der auf dem Tisch herumturnt und seine Nase in der Blasenfolie vergräbt und der immer nur dann auftaucht, wenn Kati da ist. Vor mir versteckt er sich. Nicht, dass ich mich beschweren würde.
„Badesalz“, sagt Kati und pflückt ein kleines Päckchen vom Boden, das sie gerade erst dort abgestellt hat.
„Badesalz“, murmle ich, weiß aber nicht, ob sie das hört, weil sie Garfield gerade von der Blasenfolie wegscheucht.
Badesalz mit Algenextrakt, steht auf dem Etikett. Die Japaner essen ja auch Algen, denke ich. Ich mag das Z im Salz, sofort habe ich eine Pfütze auf der Zunge. „Kann ich das haben?“, frage ich und versuche so nebenbei zu klingen.
„Klar“, sagt Kati geistesabwesend. „Ich hab dasselbe hier nochmal in Vanille.“ Vanille mit Salz, denke ich, dann doch lieber Algen.
Ich kann nichts dafür, es ist Abend, abends kann ich nicht widerstehen. Sergeant Pfeffer ist Zeuge, ich wollte ihm nur etwas Wasser holen. Ich kann nichts dafür, dass das Badesalz genau neben dem Wasserhahn steht. „Salzzzzz“, flüstere ich und schlucke.
„Kann ich mal rein?“, tönt es von draußen.
„Hmmmmmppfffff!“
„Was?“
„Huuummppfff!“
„Ich muss mal!“
Ich spucke und spucke den bitteren, seifigen Schaum aus, spüre Sergeant Pfeffers Blick auf meinen Kniekehlen, er sitzt dort auf dem Klodeckel und schaut vorwurfsvoll. Wenn Schildkrötenblicke vorwurfsvoll sein können.