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Pilzschwemme 1976

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21.10.2004
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Pilzschwemme 1976

Ulf und Achim teilten an Schultagen das Frühstück. Ulf hatte wenig Freude an Achims Margarinebroten und Achim hatte jeden Tag Margarinebrote in der Blechdose. Aber sie handelten nach dem Grundsatz, Freunde teilen immer. Ein paar Spritzer Maggi, etwas Salz, ab und an einen Apfel; auf mehr Abwechselung konnte Achim nicht hoffen. „Meine Eltern sparen eisern für einen Trabi und da müsse die ganze Familie helfen, meint mein Vater.“ seufzte Achim und biss mit Lust in die dicken Wurstbrote von Ulf, dessen Familie jeden Monat Schlachtepakete von den Großeltern bekam, die hoch im Norden in einem kleinen Dorf lebten. „Wenn die nicht schlachten würden“, sagte Ulf, „müssten wir Margarinebrote tauschen; mein Vater hat ständig die Spendierhosen in der „Einheit“ an.“ Die „Einheit“ war ein recht verrufenes, schäbiges Lokal ohne Tischtücher, Speisekarte oder Blumengedeck, aber bekannt für freie Tische und ein schnelles, kaltes, gezapftes Bier in dickwandigen, schweren Gläsern.

Die Freundschaft blieb auch zur Zeit der Pubertät unerschütterlich als Ulf den kleinen Freund um Kopfeslänge überragte und ihm seine zu kurz gewordenen Hosen überließ. Nun, in der zehnten Klasse waren schlaksige, blonde Jugendliche aus ihnen geworden, die nicht nur mit ihren wachen, blauen Augen erkannten, dass das Finden der Wahrheit in ihrer Heimat DDR ein schwieriges Unternehmen war. Lehrer, Eltern, Zeitungen, Radio, West- und Ostfernsehen; die Versuche, ihnen die Welt zu erklären, konnten vielfältiger kaum sein. So recht glauben wollten sie keinem und sie zogen vor, eigene Schlüsse zu ziehen und in den letzten Monaten Ihrer Jugend durch das heitere Fenster ins Leben zu schauen. Ihre Schulnoten waren durchweg gut und das Lernen fiel ihnen leicht. Nur in einer Hinsicht waren sie vielen anderen Jugendlichen hoffnungslos unterlegen. Einen Pfennig Taschengeld bekamen sie nie zu sehen.

Unsinn, kommt nicht in Frage, widersprach Achims Vater der Bitte um wöchentlich zwei Mark; eigenes, selbst verdientes Geld könne er ausgeben, aber nicht fremdes und für Firlefanz schon gar nicht. Und Ulfs Mutter musste am Monatsende bei Nachbarn Geld leihen, so eng war das Haushaltsgeld bemessen oder so großzügig der Rest, den ihr Ehemann in nächtelangen Gelagen in den Kneipen verzechte. So litten sie an chronischem Geldmangel bis sie im Sommer 1976 mit Fleiß und dem Trick des doppelten Verkaufs von Pilzen genug Geld verdienten und in einem Tempo ausgaben, dass Achims Vater um den Verstand gebracht hätte.

Ihr Trick war recht einfach. Ulf hatte beim Verkauf von Pilzen bemerkt, dass ihm die gesammelten Pilze im Konsum für sieben Mark pro Kilo abgekauft wurden, aber für nur zwei Mark pro Kilo verkauft wurden. Verkaufen, kaufen, verkaufen! So lautete Ulfs Vorschlag. Nicht sieben sondern zwölf Mark an zwei Pfund verdienen.

Der fünfzehnte Oktober 1976 war so ein Tag des Geldverdienens und Ulf erledigte gerade den ersten mit Fleiß versehenen Teil, bevor Achim den listigen Part ihrer Verabredung übernahm.

Heute zählte Ulf die 81 Stufen hoch zur Wohnung Frau Meyers in der vierten Etage nicht mit. Seine Gedanken formten ihr verdutztes Gesicht beim Anblick seiner Ausbeute. Er schaute auf seinen Spankorb voller Steinpilze, Maronen, Schirmpilze und Rotkappen und die Erinnerung wanderte drei Tage zurück.

Er aß gerade das vierte Brot; dick mit Butter bestrichen und viel Zucker bestreut als er durch das Grollen des Donners aufmerksam wurde. Er zog die Gardine am Fenster im Kinderzimmer zur Seite und schaute gebannt auf den Zug der Wolkenfront. Die Hainleite blieb trocken, auch am Frauenberg fiel kein Tropfen. Er befürchtete, dass das Gewitter jetzt weiter in den Osten ziehen und die Wälder bei Frankenhausen beregnen würde. Aber das Sperrgebiet wurde dunkler und mächtige, gelbe Blitze entluden sich im Sekundentakt am Zimmerberg mit seinen großen Birken– und Buchenwäldern. Er schätzte, dass pro Quadratmeter mindestens 20 Liter Regen gefallen waren. Und die Tage und Nächte danach waren warm, ungewöhnlich für Mitte Oktober. Ideales Pilzwetter. Und im militärischen Sperrgebiet sammeln nur die besonders Mutigen und zu denen gehöre ich, frohlockte er.

Jetzt schleppte er den großen Spankorb hoch zur Pilzberaterin. Er schwitze und nahm den Korb in die andere Hand. Die Heizungen waren bereits seit zwei Wochen angestellt. Auch in diesem Treppenhaus. Unangenehm, dachte Ulf, ein Treppenhaus muss kühl sein; außerdem war es Verschwendung. Aber so war es jedes Jahr, pünktlich zum ersten Oktober wurden die Neubausiedlungen mit Wärme bis ins Frühjahr vollgepumpt. Er knöpfte im Steigen die Jacke auf und war im obersten Stock angelangt. Er stellte den Korb ab und klingelte.

Ulf mochte Frau Meyer. Sie war um die 75 Jahre alt und sie redete wenig. Klein, rundlich und mit sehr dicken Beinen voller Wasser stand sie vor ihm. Sie trug eine Schürze mit Blümchenmuster. Heute eine blaue mit Veilchen. Vor ihrer Tür standen ein kleiner Holztisch und ein Stuhl. Sie setzte sich. Der Tisch war mit einer Plastikdecke überzogen. Auch Blümchenmuster. Sie begrüßte Ulf seit vier Jahren mit den gleichen Worten. „Na, mein Junge, warst du wieder in den Pilzen!“ Vorsichtig leerte sie den Korb über den verblassten roten Nelken auf der Decke aus. Sie betastete und roch jeden Pilz und der Duft des Waldes verdrängte den Geruch von Mauerwerk und gebratenen, grünen Heringen, der aus einer der Wohnungen strömte.

„Ich war schon acht Jahre nicht mehr im Wald, mein Junge; die Beine wollen nicht mehr.“, sagte sie und schloss kurz die Augen. Sie zog tief den Geruch eines großen Steinpilzes ein. Auf seinem Hut waren noch Erdreste und Fichtennadeln. Ihre Sehnsucht nach dem Wald ist bestimmt groß, dachte Ulf, und wenn sie den Wald so mag wie ich, muss es schlimm sein, nur ein bißchen von ihm zu schnuppern. Nicht diesen Moment erleben dürfen, wenn die Pilze majestätisch im Moos stehen. Und sich Pilzliebhaber einen kurzen Moment fragt: entstelle ich diesen schönen Anblick? Aber mit dem Wissen um die Vergänglichkeit des Pilzes und dem Instinkt des Sammlers wird der Pilz abgeschnitten. Ein Speisepilz hat eigentlich nur eine Chance sein kurzes überirdischen Leben zu vollenden, dachte Ulf; er darf nicht gefunden werden.

Vorsichtig legte sie alle Pilze wieder in den Korb. „Und“, fragte sie, „willst du sie verkaufen?“ Ulf nickte und Frau Mayer holte Stift und Formularblock aus ihrer Schürzentasche. Langsam füllte sie die Felder aus und Ulf las neugierig mit. Speisepilze Güteklasse I, ca. sechs Kilogramm, Unterschrift der staatlich geprüften Pilzberaterin und Datum. Ulf nahm beim Herabgehen mit jedem Schritt zwei Stufen und war voller Vorfreude auf zweiundvierzig Mark Lohn, die er für sechs Kilogramm Speisepilze Güteklasse I im Konsum bekommen würde. Frau Meyer saß noch auf dem Holzstuhl und überlegte, wo dieser Bengel bloß diese schönen Pilze finden mochte. Beim nächsten mal frage ich ihn, beschloss sie und strich mit der Hand Erdkrümel und ein paar abgebrochene Lamellen der Schirmpilze vom Tisch.

Achim betrat den leeren Konsumladen und suchte die Verkäuferin Frau Hannes. Sie stapelte Konserven und sah ihn nicht. Frau Hannes war Verkaufstellenleiterin, Lageristin und Putzfrau. Für eine zweite Planstelle war der Laden acht Quadratmeter zu klein. Das stimmte sie aber nicht verdrießlich. Im Gegenteil. Sie war unantastbar und allein herrschend. Hier regierte, verwaltete und verteilte sie den Mangel. Die Hälfte der Frauen aus dem Wohnviertel lag ihr zu Füßen. Einmal hatte sie die komplette Lieferung Bananen im Lager gelassen. „Ich habe eben noch Bananen rein bekommen.“, raunte sie über den Tresen und genoss die dankbaren Augen der von ihr auserwählten Kunden. Sie freute sich sehr auf die Zeit vor dem Weihnachtsfest und die Zuteilung von Apfelsinen und Nüssen.

Sie stellte die letzte Konserve auf und sah den jungen Mann. Wie so oft in den letzten Wochen und es stimmte sie nicht freundlich. Er fragte, „Haben sie Pilze? Ich möchte Pilze kaufen.“ Frau Hannes Ärger nahm zu. Die schönen Pilze! Davon wollte sie eigentlich keinen einzigen verkaufen. Die Hälfte wollte sie trocknen, ein paar heute Abend braten und den Rest ihren erwachsenen Kindern schenken. Der Kunde sprach weiter, „Da war doch eben einer. Ich habe ihn auf der Strasse getroffen. Er hat mir gesagt, sie hätten ihm alle abgekauft.“
„Sind die wieder für ihre Mutter?“ fragte Frau Hannes spröde.
„Ja, das sind sie. Schön, dass sie es noch wissen. Es ist wegen ihrer schweren Stoffwechselkrankheit. Alles was im Wald gedeiht, hilft ihr, sagt der Arzt.“
„ Ich kann drei Kilo verkaufen. Mehr habe ich nicht.“
Der junge Mann stellte einen leeren Spankorb auf die Waage. Frau Hannes wog die Pilze und nahm die abgezählten sechs Mark vom Tresen. Der hat doch nie im Leben eine kranke Mutter, vermutete sie noch; so viele Pilze kann ja kein gesunder Mensch essen. Rasch huschte sie ins Lager, um den Rest der Pilze im Pausenraum zu verstecken.

Achim ging zügig zum Pilzberater Detlef Abramzyk in der Oberstadt und verkaufte eine halbe Stunde später die Pilze im Konsum am Bahnhof für 21 Mark. 15 Mark auf die Schnelle dazu verdient, stellte er freudig fest und dachte an seine Mutter, die für 15 Mark Lohn einen halben Tag am Fliessband arbeiten musste.

Ulf und Achim trafen sich eine Stunde später und saßen hinter den grauen Garagen auf der Erde. Die Beine ausgestreckt, den Rücken an die Garagenwand gelehnt. Ihre Füße berührten leicht den grünen Maschendrahtzaun zum Grundstück von Kirchners. Im Hof der Kirchners pickten die Hühner in der Erde und ab und zu hob ein Huhn den Kopf und blickte auf die Füße oder in die Gesichter der beiden. Die Hühner hielten einen respektablen Abstand zum Zaun. Nur der Hahn rannte ab und zu ein paar Schritte auf sie zu, krähte und beendete die Scheinattacke. Eine Wespe schwirrte träge durch die letzten, wärmenden Sonnenstrahlen des Herbstes und der feuchten Erde entströmte ein letztes mal der schwere, süße Duft des vergangenen Sommers. In den Händen hielten Ulf und Achim eine Flasche Kaffeelikör. Viel lieber tranken sie Pfefferminzlikör, aber den gab es seit einer Woche in keinem Geschäft der Stadt zu kaufen.

„Und? Wie war es bei dir?“ fragte Ulf. Achim drehte den Verschluss von seiner Flasche. „Erst mal Prost!“ Die vollen Flaschen schlugen aneinander und sie tranken einen Schluck.
„Ich glaube nicht, dass es noch lange gut geht, Ulf. Die Alte im Konsum hat mich auf dem Kicker; die riecht den Braten. Hast du nur drei Kilogramm gefunden?“, sagte Achim und zündete für beide zwei filterlose Jubilar mit dem Streichholz an. Das erloschene Streichholz schnippte er über den Zaun zwischen die pickenden Hühner, die wild auf das Streichholz stürzten und enttäuscht gackerten, dass es nichts fressbares war.

„Nee, sechs Kilogramm. Schau mal, was sind die blöde;“, kommentierte Ulf den Hühnerauflauf, „die raffen das nie.“ Und zu Achim gewandt, „Ist vielleicht auch besser, wenn wir aufhören. Ich habe schon Angst und träume schlecht. Die stecken uns noch in den Jugendwerkhof. Und ein schlechtes Gewissen habe ich auch. Ist doch ziemlich, hm,-“, Ulf fand nicht den richtigen Ausdruck und beschrieb kleine Kreise mit der Zigarette, die er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt "-ziemlich kapitalistisch unsere Verkaufsstrategie. Findest du nicht auch?“

„Kapitalistische Verkaufsstrategie? Du meine Güte nein.“ widersprach Achim und setzte zu einem kleinen Vortrag an. „Auf kapitalistische Art und Weise würde es doch ganz anders laufen. Stell dir vor, du gehst in einen westdeutschen Wald und sammelst fünf Kilo wunderschöne Steinpilze. Erfreust Dich an ihrem Anblick und denkst, wenn ich die verkaufe, werde ich endlich mal meine Kinder eine Woche satt bekommen. Du bist nämlich ein armes, arbeitsloses Schwein. Deine Frau, du und deine vier Kinder; ihr kennt das Gefühl hungrig ins Bett zu gehen, ziemlich gut. Mit dem warmen Gedanken an genügend Brot für deine Familie betrittst du erwartungsvoll den Laden um die Ecke. Dort lauert schon der kapitalistische Ladenbesitzer. Er denkt nur an seinen Profit und die vielen Taler auf der Bank und sagt zu dir, hm, ich weiß nicht, Pilze gehen im Moment schlecht und ihre sehen auch nicht so frisch aus. Naja, ich will mal nicht so sein, ich kaufe sie ihnen für zehn Mark ab. Und er zwingt dich noch, davon die Hälfte für abgelaufene Lebensmittel in seinem viel zu teuren Laden auszugeben. Danach wässert er die Pilze und sie wiegen das doppelte. Er verkauft sie Grammweise. Zwei Mark für hundert Gramm. So kann er abends für zehn Kilogramm Wasserpilze 200 Mark einstreichen. D –Mark, Ulf, stell dir das mal vor! Nach Abzug seiner paar Kosten bleibt ihm ein fetter Gewinn. Ulf, so stelle ich mir das vor. Das ist kapitalistisches Handeln in Reinkultur.“

Achim hob die Flasche. „Ein Salut diesem Geschäftsmann. Ich würde es jedenfalls drüben genau so machen!“
Achims Lachen steckte Ulf an. „Hey, das hast du aber schön erklärt.“ stellte Ulf fest. Das Lachen ließ die Hühner kurz im Picken verharren. Durch die unverputzte Mauer hörten sie kurz das helle Motorengeräusch eines Trabanten. „Mein Vater ist gerade mit unserem neuen Luxusschlitten gekommen.“ sagte Achim, „wegen dem haben wir acht Jahre zu hören gekriegt - schmiert euch die Margarine nicht so dick! Prost.“ Und nach einen kleinen Pause fuhr er fort, “Und nun haben wir Spritkosten und meine Eltern wollen einen Farbfernseher; die Zeit des Darbens geht also weiter!.“
Leicht beschwipst hob Achim dozierend den Zeigefinger. „Tja, und jetzt bist du dran. Interpretiere bitte unseren doppelten Pilzverkauf im Hinblick auf die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge in unserer sozialistischen Gesellschaft!“

„Was verlangst du da?! Das kann ich nicht. Ich sammle sie – das reicht.“ antworte Ulf.

Achim zündete eine zweite Zigarette an und steckte das verbrannte Streichholz zurück in die Schachtel und sprach, „Durch unser fleißiges Pilzesammeln, Ulf, wird für zwei Pilzberater und Gemüseläden enorme Beschäftigung gesichert. Das Wildfruchtaufkommen des Jahres 1976 ist durch uns gewaltig gestiegen. Ich schätze, weit über das Plansoll hinaus. Der Fünfjahresplan wird bereits im dritten Jahr erfüllt und auf die Konsummitarbeiterinnen wartet ein Orden, eine Prämie oder ein Ausflug in den Harz, bei dem die Partei Essen und Trinken spendiert. Die Pilzberater fahren auch mit und deine fusskranke Frau Meyer wird extra aus dem Haus in den Bus getragen. Von diesen Ehrungen werden sie noch den Enkelkindern mit verklärten Augen berichten und der Sozialismus braucht glückliche Menschen. Und wir sind Garanten für die Gesundheit der Bevölkerung. Pilze sind nahrhaft, sie enthalten Spurenelemente und Vitamine und fördern die Konzentration. Das ist wirklich nicht zu leugnen.“

„Wir sollten aber auch einen Orden kriegen!“ nuschelte Ulf.

Es war dunkel geworden. Sie blickten auf das große Neubaugebiet. Die Menschen kamen nach Hause in ihre Wohnungen. Darin gingen Lichter an. Ulf zeigte auf die Wohnblöcke und sagte zu Achim, „Schau mal, in jeder zweiten Küche kannst du die gleiche Szene erleben. Der Vater haut auf den Tisch und brüllt, ich will mal wieder Rührei mit Steinpilzen.“
Er wandte Achim den Kopf zu. „Du, ich habe heute morgen mindestens 25 kleine Steinpilze mit Laub zugedeckt und bei den Birken hinter dem alten Russenpanzer kommen die Rotkappen raus. Was hältst du von übermorgen früh? “, fragte Ulf.

„Ja klar“, antworte Achim, „übermorgen gehe ich mit. Du musst doch nicht alleine Schule schwänzen. Ich kaufe Kuchen und Limonade.“ Sie schlugen ein letztes mal die Flaschen aneinander. Der Ton war jetzt viel heller und die Flaschen fast leer.

 

Hallo Kardinal,

Textkram:

Unsinn, kommt nicht in Frage, widersprach Achims Vater der Bitte um wöchentlich 2 Mark; eigenes, selbst verdientes Geld könne er ausgeben, aber nicht fremdes und für Firlefanz schon gar nicht.

Zahlen bis zwölf sollten ausgeschrieben werden. Das wirkt sonst bissl unschön.

Es ist wegen ihrer schweren Stoffwechsel-krankheit

Stoffwechselkrankheit

Zur Geschichte:
Die Idee fand ich eigentlich nicht schlecht, obwohl ich etwas nicht kapiert habe - wie funktioniert das, mit dem zweiten Verkaufen der Pilze. Sorry, ich hab´s einfach nicht gerafft, obwohl ich die Stelle mehrmals gelesen habe... Vielleicht kannst du es mir erklären?

Die beiden Jungen sind für mich sehr lebensecht rübergekommen. Das fand ich sehr gut.

Manchmal hast du, meiner Meinung nach, zu sehr versucht Passagen aus dem Alltagsleben in der DDR einfliessen zu lassen. An mancher Stelle wird das etwas belehrend.

Du solltest deinen Text nochmal durchgehen und alle Zahlen bis 12 ausschreiben. Das hast du an sehr vielen Stellen nicht gemacht.

Ansonsten kann ich mir, glaub ich, ein besseres Urteil bilden, wenn ich die eine Sache kapiere. Dann melde ich mich nochmal.

LG
Bella

 

Hallo Bella,

danke für die Hinweise zum Text; habe ich gleich korrigiert.

Also, in der DDR war das so, dass Pilze für einen höheren Preis im Laden angekauft wurden als später an den Konsumenten verkauft.

Hier in der Geschichte werden die Pilze für sieben Mark angekauft und für zwei Mark verkauft.

Von daher war es ein leichtes, die Pilze „billig“ zurückzukaufen und erneut „teuer“ zu verkaufen.

In der Geschichte gelingt dies nur teilweise, da die Verkäuferin nur drei Kilogramm wieder rausrückt, aber Ulf und Achim haben neben den 42 korrekt verdienten Mark noch 15 zusätzlich „erwirtschaftet“ durch den doppelten Verkauf.

Bis später.

Gruss Kardinal

 

Hallo Kardinal,

ok, jetzt habe ich es kapiert. Das war jetzt wahrscheinlich DDR-Insiderwissen? *g*

Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, gefällt mir die Geschichte eigentlich noch besser. Die Jungen haben ja offensichtlich moralische Bedenken, ob ihres Handelns. Allerdings kann ich die beiden Jungen sehr gut verstehen, wenn man von ihren familiären Verhältnissen ausgeht. Ihr moralisches Zweifeln macht sie jedoch sehr symphatisch.

LG
Bella

 

hallo bella,

ja, das war es. ich komme von dort.

nochmals danke für das lesen und kommentieren.

gruss kardinal

 

Hallo Kardinal,
eine ruhige Geschichte über die Cleverness der Jungs mit unaufdringlichen Hintergrundinformationen, hat mir gut gefallen. Ich bekomme fast Lust, selber mal Pilze zu sammeln, wir haben versucht Austernpilze auf einem Strohballen zu züchten, aber daraus ist nicht viel geworden, ich hätte sie wohl auch zudecken sollen, damit sie weiter wachsen! Achims Vorstellungen über den Kapitalismus ist recht naiv, das passt zu jungen Leuten, die keine richtigen Vorstellungen von diesem System haben. Das mit dem zweimal Verkaufen habe ich erst verstanden, nachdem ich deine Antwort auf Bellas Kritik gelesen habe. Das solltest du für nicht Insider mehr erklären.
Dein anschaulicher Stil hat mir sehr gut gefallen, hier z. B.:
" Sie zog tief den Geruch eines großen Steinpilzes ein. Auf seinem Hut waren noch Erdreste und Fichtennadeln." Du brauchst den Geruch gar nicht näher zu beschreiben, klasse!

An einigen Stellen fand ich deine ansonsten so schöne Sprache ein wenig holprig. Hier einige Verbesserungsvorschläge (alles nur meine Meinung!): Der erste Satz ist besonders wichtig, er sollte den Leser fesseln. Hier würde ich sofort auf die Comichefte, noch besser auf die Margarinebrote eingehen und danach schreiben, dass sie dadurch Freunde wurden. Eigentlich ist das dann gar nicht mehr notwendig.
"zwei große, schlaksige, blonde, junge Männer". Ich habe nichts gegen Adjektive, aber fünf hintereinander? Zwei kannst du ganz streichen, jung sind sie in der 10. Klasse natürlich auch noch und wenn man schlaksig ist, ist man auch groß. Bleibt also schlaksig und blond, das würde mir reichen. Ersetzt Männer durch Jugendliche, dann ist das jung auch überflüssig.
" Er war oben und klingelte." Der Satz kommt so plötzlich, da ist keine Verbindung zu dem langen Satz vorher und "er war oben" klingt umgangssprachlich. Wie wäre es mit "Schließlich war er oben angekommen und drückte auf den Klingelknopf." ?
Den Satz habe ich nicht verstanden: " Und kurz Bedenken kommen, entstelle ich dieses schöne Bild?"
" Frau Hannes im Konsum vereinte alle Berufe im Laden in einer Person. Sie war Verkaufstellenleiterin, Verkäuferin, Lageristin und Putzfrau." Beschreibe in einem Satz einfach ihre Berufe in dem Konsum. Dadurch vermeidest du auch das "im ... in".

lG tamara

 

pilzschwemme 1976

hallo tamara,

ich habe alle vorschläge berücksichtigt und ich hoffe, dass der trick von ulf und achim jetzt beim lesen klar wird. vielen dank für die konstruktive kritik.

gruss kardinal

 

@Kardinal:
Die Verkaufsstrategie und der Vergleich mit dem Kapitalismus ist jetzt viel klarer!

Hm, mit dem Anfang ist mein kritisches Auge immer noch nicht glücklich. Was hälst du davon, direkt mit der wörtlichen Rede von Achim anzufangen: "Meine Eltern sparen eisern für einen Trabi..." Der Leser ist dann sofort mitten im Geschehen, gefesselt. Show, don't tell! auf Neu-Denglisch! Verstehst du, was ich meine? Die ersten beiden Sätze werden dadurch überflüssig und die Erklärung "Aber sie handelten nach dem Grundsatz, Freunde teilen immer. Ein paar Spritzer Maggi, etwas Salz, ab und an einen Apfel; auf mehr Abwechselung konnte Achim nicht hoffen." kannst du danach bringen.

Das mit den Jugendlichen klingt wirklich besser.

Wofür brauchst du eigentlich den Absatz, der mit "Er aß gerade das vierte Brot; dick" kommt unvermittelt" anfängt? Er verwirrt mich immer noch. Jetzt ist klar, dass es eine Erinnerung ist. Fange dann mit "Er hatte gerade das vierte Brot gegessen" an. Wenn du beschreiben willst, dass es sich über den Regen freut und dass er im Sperrgebiet Pilze sammelt, würde ich eine Szene im Wald beschreiben, wo er z. B die feuchte Erde riecht und einen alten Panzer sieht etc. Eben sinnlicher, bildlicher.

Das mit Frau Hannes ist jetzt auch flüssiger, streich noch "die Verkäuferin" in "suchte die Verkäuferin Frau Hannes", das erklärst du ja hinterher.

Ja, ich weiß, es ist schwierig, zu merken, wo man zuviel und wo man zuwenig erklärt! Es hilft, das bei anderen Geschichten zu suchen. (Deshalb ist das hier eine Übung für mich! :D)

Hier noch eine Kleinigkeit:
"Ulf fand nicht den richtigen Ausdruck und beschrieb kleine Kreise mit der Zigarette, die er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt......, ziemlich kapitalistisch unsere Verkaufsstrategie. Findest du nicht auch?“
Da fehlt ein Anführungsstrich. Außerdem würde ich statt der vielen Punkte einen Gedankenstrich machen, auch an den anderen Stellen.
lG tamara

 

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