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Pizza wunderbar
Peter schmiss die Wohnungstür hinter sich ins Schloss. Die Aktentasche flog quer durch den Flur, Jacke und Schuhe gleich hinterher. Nach einem grauenhaften Tag auf der Arbeit war er mal wieder mächtig bedient. Nichts als Ärger. Hunderttausend Anrufe. Ein Berg an Papier. Und wieder keine Zeit für eine Mittagspause gehabt.
Sein Magen hing ihm bis zu den Fußsohlen hinunter. Die letzten zwei Stunden war das einzige, was seinen Lebenswillen aufrechterhalten hatte, der Gedanke an die Pizza im Kühlschrank. Vor zwei Tagen hatte er sie geholt, heute war sie fällig.
Wie ein Grizzlybär im Blutrausch stürmte er zum Kühlschrank, riss die Pizza hinaus und schmiss sie in den Ofen. Eine Viertelstunde noch!
Unruhig wanderte Paul vor dem Backofen hin und her. Er war so ausgehungert! Nachdenklich begann er die Pizza zu mustern.
Nur Tomaten und Käse drauf. Bisschen langweilig. Ob er vielleicht…
„PalimmPalimm“ sagte auf einmal seine Haustürklingel.
Sofort riss sich Peter seine Klamotten vom Leib, packte das Fleischermesser in die rechte Hand und rannte zur Tür. Vor ihm stand ein dicker Pfadfinderjunge, der ihm schüchtern eine Packung Kekse vor die Nase hielt. Peter sah dem Jungen fest in die Augen.
„Ich bin … dein Vater!“ rief er und stach sich das Messer tief in die Brust. Dann brach er zusammen.
Vorsichtig legte der Pfadfinder seine Kekse auf der schnell ausblutenden Leiche ab und betrat die Wohnung. Zielsicher steuerte er die Küche an. Aus seiner Brusttasche nahm er ein Lätzchen heraus und zog es sich an. Dann wartete er, bis die Pizza völlig verbrannt war, und biss in den verkohlten Teig hinein.
Als der Junge satt und zufrieden war, stand er auf und ging zum toten Peter. Er schob ihn auf den Flur hinaus und schloss die Tür. Er weinte ein wenig und fing dann an mit Zahnbürste und Zahnpasta die Wände neu zu streichen. Dabei schlief er ein.
Als er am nächsten Morgen aufwachte, war er wieder Peter. Er schrie vor Entsetzen wie ein Tier, so wie er es jeden Morgen tat. Und den Morgen danach. Und den Morgen danach. Er war unsterblich. Und doch starb er jeden Tag aufs neue. Und immer tötete er sich selbst. Er schrie bis ihm die Lunge zu platzen drohte.
Sein Vater, der wie jeden Morgen an Peters Bettchen stand, nahm ihn aus der Wiege heraus, und legte ihn beruhigend auf seinen Arm.