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Pläne
Dass er sich halt seine Gedanken gemacht habe, ließ Prokurist H. am Frühstückstisch auf die Frage nach den Gründen für seine jüngst geäußerten Pläne verlauten, und da sich dieses gelegentliche Gedankenmachen in der Vergangenheit zwar selten als gewinnbringend, nie jedoch als ungünstig oder gar schädlich erwiesen hatte, zumindest, was die unmittelbaren Lebensumstände betraf, widmete Penelope sich wieder ihrem Ei, biss anschließend ins Aprikosenmarmeladentoast und seufzte mit der leisen, allmählich weichgespülten Erleichterung vieler gemeinsam verbrachter Jahre.
"Er hat sich wohl wieder mal seine Gedanken gemacht", war daher auch das, was Clara L., die Frau des Uhrmachers, nachmittags in der Konditorei Wenzel in gelöstem Plauderton von ihr zu hören bekam, woraufhin beide Damen die Augen rollten, an den Wenzelschen Cremetörtchen knabberten - "soso, er hat sich also wieder mal seine Gedanken gemacht, was?", verkniff Clara L. sich vergeblich eine Bemerkung - und mit einer Mischung aus gönnerhaftem Verständnis und milder Verachtung vor sich hinprusteten.
Uhrmacher L. war es denn auch, der des Abends am Stammtisch in den Zunftstuben die Neuigkeit zum Besten gab, H. habe sich anscheinend mal wieder seine Gedanken gemacht. Dies sei bekanntermaßen nichts Ungewöhnliches, habe man sich doch längst daran gewöhnt, aber die jüngst von ihm (H.) geäußerten Pläne, über deren Wesen seine (des Uhrmachers) Frau nur fragmentarische Andeutungen habe machen können, ließen den Schluss zu, dass es H. diesmal Ernst sei, was, wie L. mutmaßte, auf gewisse Umstände hindeute.
"Papperlapapp!" fuhr Oberstudienrat K. dazwischen, H. mache sich halt hie & da seine Gedanken, man solle sich doch nur einmal an die noch gar nicht weit zurückliegende Angelegenheit erinnern, in welcher der Sachverhalt ein ganz ähnlich gelagerter gewesen sei, ein Einwurf, den L. mit einer unbestimmten aber vielsagenden Geste quittierte, die ein nicht zu übersehendes Unbehagen in der Runde auslöste.
Nein nein, dass H. sich unter den von L. beschriebenen Umständen seine Gedanken mache, sei nach Ansicht Dechant Ws., der offenbar nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet hatte, seine erheblichen Bedenken anzumelden, durchaus beunruhigend und unter Berücksichtigung eines von K. offenbar verdrängten (eine bewusste Unterschlagung wolle man ihm natürlich nicht unterstellen) Ereignisses geradezu erschreckend, was A., langjähriger Vorsitzender des hiesigen Schützenvereins und Wirt der Zunftstuben, unter explosionsartiger Zustimmung, allerlei Andeutungen und Heraufbeschwörung diverser Tragweiten nur bestätigen konnte, auch sei eine Rechnung seit Monaten unbezahlt.